Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. November 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 229/03

(BPatG: Beschluss v. 22.11.2006, Az.: 29 W (pat) 229/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet ist die Wortmarke Kalenderfabrikfür die Waren Druckereierzeugnisse, insbesondere Kalender.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit zwei Beschlüssen vom 18. März 2003 und 31. Juli 2003 als freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Die sprachüblich gebildete Zusammensetzung der beiden gängigen Begriffe "Kalender" und "Fabrik" beschreibe unmittelbar den Herstellungsort der beanspruchten Waren. Mit dieser Bedeutung werde das Zeichen auch bereits von Mitbewerbern des Anmelders verwendet. Im Übrigen fehle der angemeldeten Marke die erforderliche Unterscheidungskraft, da das angesprochene Publikum die Angabe "Kalenderfabrik" als reinen Sachhinweis auf die Produktionsstätte und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis erfasse.

Der Anmelder hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, dass Kalender üblicherweise gedruckt würden. Aus diesem Grund sei die den angesprochenen Durchschnittsverbrauchern geläufige Bezeichnung für eine Produktionsstätte für Kalender die Bezeichnung "Druckerei" und nicht der Begriff "Fabrik". Die angemeldete Marke finde dementsprechend im Inland keine Verwendung und stelle deshalb eine ungewöhnliche Bezeichnung dar. Die von der Markenstelle ermittelten Verwendungsbeispiele bezögen sich ausschließlich auf die Schweiz. Ergänzend weist der Anmelder darauf hin, dass zu seinen Gunsten bereits die Marken "Posterfabrik" und "Plakatfabrik" jeweils für Druckereierzeugnisse eingetragen wurden.

Der Anmelder hat keinen Antrag gestellt. Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Internetrecherche wurde ihm übermittelt.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung des angemeldeten Zeichens steht das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (vgl. EuGH GRUR 2006, 229, Rn. 27 f. - BioID; GRUR 2004, 674, Rn. 34 - POST-KANTOOR; BGH GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2006, 850, Tz. 18 - FUSSBALL WM 2006). Die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt einer Wortmarke nur dann, wenn das Zeichenwort einen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen klaren und ohne weiteres verständlichen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, da bei solchen Bezeichnungen kein Anhaltspunkt besteht, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel erfasst (vgl. BGH GRUR 1999, 1089 - YES; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Dies gilt auch für Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen nicht unmittelbar betreffen, wenn durch die Angabe zu diesen ein enger beschreibender Bezug hergestellt wird und der Verkehr deshalb den beschreibenden Aussagegehalt auch unmittelbar hinsichtlich dieser Waren oder Dienstleistungen erfasst (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; BPatG MarkenR 2007, 36, 37 - BuchPartner). Dies ist hier der Fall.

2. Das sprachüblich aus den beiden Substantiven "Kalender" und "Fabrik" zusammengesetzte Zeichen ist ohne weiteres als Hinweis auf eine Produktionsstätte für Kalender verständlich. Nach dem lexikalischen Eintrag zum Wort "-fabrik" als Wortbildungselement bezeichnet dieses in Zusammensetzungen mit Substantiven oder Verben den Ort einer fließbandmäßigen Produktion bzw. eine Einrichtung, in der jemand unpersönlich und ohne individuelle Beratung behandelt wird, wie z. B. "Denkfabrik, Hitfabrik" (vgl. Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]. Im Kontext der hier verfahrensgegenständlichen Waren kommt nur die erste der genannten Bedeutungen im Sinne einer Produktionsstätte in Betracht. Dementsprechend findet der Begriff "Kalenderfabrik" nach der vom Senat durchgeführten Internetrecherche im Inland Verwendung für eine Fabrik, in der Kalender hergestellt werden, z. B. www.wagemann.de - "Gustav A. Wagenmann GmbH - Kalenderfabrik. Unsere Kunden schätzen: Erfolgreiches Kalendersortiment [...]; www.bindwerk.de - Industriebuchbinderei & Kalenderfabrik Bindwerk; http://web2.cylex.de - "Kurth Richard GmbH Industriebuchbinderei und Kalenderfabrik, Dresden). Lediglich eine einzelne Fundstelle zeigt eine von dieser Bedeutung abweichende Verwendung für ein Softwareprogramm zur Berechnung von Kalenderdaten (www.gerdskalender.suedatelier.de). Da die angemeldete Marke aber keinen Schutz für Computerprogramme beansprucht, ist diese Fundstelle hier nicht einschlägig.

3. Zwischen einer Kalenderfabrik und den dort hergestellten Kalendern besteht ein enger sachlicher Bezug, weil Kalender das unmittelbare Ergebnis der in einer Kalenderfabrik erbrachten Tätigkeiten sind (vgl. BGH GRUR 2003, 342, 343 - Winnetou; GRUR 2001, 1042, 1043 - REICH UND SCHÖN; GRUR 2001, 1043, 1045 - Gute Zeiten). Dem steht nicht entgegen, dass die Marke nicht Schutz für Kalender, sondern für die Ware "Druckereierzeugnisse" beansprucht. Denn der Oberbegriff "Druckereierzeugnisse" umfasst auch die Ware "Kalender", mit der Folge, dass sich der mit der Eintragung gewährte Markenschutz auch auf diese Ware erstrecken würde. Dementsprechend ist die Schutzfähigkeit für den gesamten Oberbegriff bereits dann zu verneinen, wenn ein Zeichen lediglich für eine unter diesen Oberbegriff fallende Einzelware einen beschreibenden Bedeutungsgehalt aufweist (vgl. BGH GRUR 2002, 261, 262 - AC).

4. Die vom Anmelder geltend gemachten Voreintragungen führen zu keiner anderen Beurteilung. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich darstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche unrechtmäßig waren. Anhaltspunkte für eine solche ungleiche Amtspraxis sind aber für den Senat nicht ersichtlich und vom Anmelder auch nicht vorgetragen.

4.1. Zu Wortmarken, die aus Zusammensetzungen mit einer Sachangabe und dem Begriff "-fabrik" gebildet sind, zeigt die Recherche im amtlichen Schutzrechtsinformationssystem DPINFO, dass das Deutsche Patent- und Markenamt solchen Zeichen in ständiger Entscheidungspraxis als rein beschreibenden Hinweisen auf eine Betriebsstätte die Eintragung versagt hat, vgl. z. B. die Zurückweisung der Marken "Die Spiele Fabrik, Marketing Fabrik, PR Fabrik, Solar-Fabrik, tonfabrik". Soweit Marken mit dem Bestandteil "Fabrik" zur Eintragung gelangt sind, handelt es sich um Wort-/Bildmarken, die wegen ihrer grafischen Gestaltung mit der hier in Rede stehenden Marke nicht vergleichbar sind.

4.2. Die beiden vom Anmelder geltend gemachten Voreintragungen stehen damit im Widerspruch zur Entscheidungspraxis des Amtes und können als rechtswidrige Entscheidungen keinen Eintragungsanspruch begründen. Denn eine nicht gerechtfertigte Eintragung verpflichtet das Deutsche Patent- und Markenamt nicht zu einer entsprechend sachwidrigen Behandlung weiterer Anmeldungen (vgl. BGH GRUR 1989, 420, 421 - KSÜD).






BPatG:
Beschluss v. 22.11.2006
Az: 29 W (pat) 229/03


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