Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 11. August 2011
Aktenzeichen: I-4 W 66/11 OLG Hamm

(OLG Hamm: Beschluss v. 11.08.2011, Az.: I-4 W 66/11 OLG Hamm)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der angefochtene Beschluss abgeändert.

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Mo-naten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der persönlich haftenden Ge-sellschafterin, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr gegenüber Letztverbrauchern zu werben, ohne gleichzeitig die Identität und die Anschrift des Unternehmers anzugeben, und dies geschieht wie in der Anlage A 1 wiedergegeben.

Die Kosten des Verfahrens nach einem Beschwerdewert von 20.000,-- € trägt die Antragsgegnerin.

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Entgegen der Einschätzung des Landgerichts hat der Antragsteller einen zu sichernden Unterlassungsanspruch nach §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3, 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 UWG ausreichend glaubhaft gemacht.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die Schilderung des Sachverhalts im angefochtenen Beschluss Bezug genommen.

Gegen die Annahme eines Verfügungsgrundes bestehen keine Bedenken. Da der Antragsteller einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch geltend macht, wird die Dringlichkeit nach § 12 Abs. 2 UWG vermutet. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass diese Vermutung hier widerlegt sein könnte. Der Antragsteller ist nach seinem Vorbringen erst unmittelbar vor der Abmahnung am 4. Juli 2011 auf die angegriffene Werbung aufmerksam geworden. Am 19. Juli 2011 ist bereits der Verfügungsantrag beim Landgericht eingegangen. Auch wenn die Antragsgegnerin bereits seit längerer Zeit so geworben haben sollte, folgt daraus nicht, dass der Antragsteller schon früher Kenntnis von der Werbung erlangt haben muss. Die Unkenntnis ist ihm auch nicht vorzuwerfen, da ihm insoweit keine Marktbeobachtungspflicht oblag.

Dem Antragsteller steht auch ein Verfügungsanspruch zu. Die Antragsgegnerin hat mit der beanstandeten Prospektwerbung eine unlautere irreführende Werbung im Sinne der §§ 5a Abs. 2, Abs. 3 Nr. 2 UWG vorgenommen. Sie hat wesentliche Informationspflichten verletzt, die ihr nach diesen Vorschriften oblagen. Diese Pflichten gelten für konkrete Warenangebote, die den Verbraucher in die Lage versetzen, einen Kauf zu tätigen. Diese Angebote müssen die essentialia negotii wie Merkmale der Ware und deren Preis bekannt machen. Der Schutzbereich ist von seinem Schutzzweck auch nach der europarechtlichen Vorgabe der "Aufforderung zum Kauf" weit zu fassen. Es ist kein bindendes Angebot erforderlich, jedenfalls genügt eine invitatio ad offerendum (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage, § 5a Anm. 30). Bei Warenprospekten geht es dann um Angebote, die die Informationspflicht auslösen, wenn diese die Abgabe eines Angebots ermöglichen (Fezer/Peifer, UWG, 2. Auflage, § 5a Rdn.37). Unter diesen Voraussetzungen ist hier von solchen Angeboten auszugehen. Die Waren werden so deutlich vorgestellt, dass sich der Verbraucher jedenfalls ganz in der Regel von ihren Merkmalen eine klare Vorstellung machen kann und dann auch ihre (ermäßigten) Preise kennt. Er kann sich zum Kauf der konkreten Waren entschließen und sich darum bemühen, auch wenn er dazu erst ein Geschäftslokal aufsuchen muss. Eine unmittelbare Bestellmöglichkeit ist insoweit nicht erforderlich.

Bei solchen Angeboten muss nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG die Identität und Anschrift des Unternehmers angegeben werden. Anbietendes Unternehmen ist hier die Antragsgegnerin. Diese hat weder ihre Identität noch ihre Anschrift angegeben. Es reicht insoweit nicht aus, dass der Verbraucher sich die Informationen über eine Internetseite der Antragsgegnerin beschaffen könnte. Die Informationen sollen es dem Verbraucher ermöglichen, ohne Schwierigkeiten Kontakt mit dem anbietenden Unternehmen aufzunehmen (Köhler/Bornkamm, a.a.O. Rdn. 33). Wenn der Verbraucher erst Internetseiten aufrufen oder sich zum Geschäftslokal begeben muss, um die für erforderlich gehaltenen Informationen zu erhalten, wird dem gewünschten Verbraucherschutz nicht hinreichend Genüge getan.

Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Antragsgegnerin ihre Informationspflichten auch dadurch erfüllen könnte, dass sie gegebenenfalls nur die Identität und Anschrift der von ihr vertretenen Unternehmen angeben müsste, hätte sie auch diese Pflicht nicht erfüllt. Selbst wenn es aus Sicht der Verbraucher nicht auf die Antragsgegnerin als die Werbung koordinierendes Mutterunternehmen ankäme, sondern auf die in ihrer Nähe liegenden Filialen, in denen sie die Käufe tätigen könnte, wären auch die auf diese Filialen bezogenen Informationen nicht ausreichend. Zwar hat die Antragsgegenerin die Anschriften von fünf Filialen in C2 und Umgebung angegeben. Das reicht aber nicht aus, weil im Hinblick auf diese Filialen die erforderlichen Angaben zu deren Identität unzureichend sind. Bei Handelsunternehmen hätten die Firma und die Rechtsform angegeben werden müssen (Fezer/Peifer, a.a.O. § 5a Rdn. 50). Daran aber fehlt es, obwohl eine entsprechende Ergänzung ohne jede Mühe hätte vorgenommen werden können.

Da es sich bei der Werbung der Antragsgegnerin um die Verletzung wesentlicher Informationspflichten gehandelt hat, steht fest, dass auch die geschäftliche Relevanz gegeben ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.






OLG Hamm:
Beschluss v. 11.08.2011
Az: I-4 W 66/11 OLG Hamm


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