Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. November 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 184/99

(BPatG: Beschluss v. 22.11.2000, Az.: 29 W (pat) 184/99)

Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 1999 insoweit aufgehoben, als die Anmeldung hinsichtlich der Waren "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere Teilnehmerendgeräte und deren Zubehör, nämlich Netzgeräte, Netzladegeräte, Akkumulatoren, Anschlußkabel, an Teilnehmerendgeräten angepaßte Halterungen und Autohalterungen, Tragetaschen, Antennen; Datenverarbeitungsgeräte, Computer," und der Dienstleistungen "Hoch-, Tief- und Ingenieurbau, Reparaturarbeiten an Bauwerken, Installation und Montage von Funk- und Fernmeldeeinrichtungen, Reparatur und Instandhaltung von Erzeugnissen der Elektrotechnik; Bau- und Konstruktionsplanung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere der Telekommunikation" zurückgewiesen worden ist.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke

"Partner-Tarif"

soll für die Waren und Dienstleistungen

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere Teilnehmerendgeräte und deren Zubehör, nämlich Netzgeräte, Netzladegeräte, Akkumulatoren, Anschlußkabel, an Teilnehmerendgeräten angepaßte Halterungen und Autohalterungen, Tragetaschen, Antennen; Datenverarbeitungsgeräte, Computer, SIM-Karten (Subscriber Identification Module); auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Sekretariatsdienste; Hoch-, Tief- und Ingenieurbau, Reparaturarbeiten an Bauwerken, Installation und Montage von Funk- und Fernmeldeeinrichtungen, Reparatur und Instandhaltung von Erzeugnissen der Elektrotechnik; Telekommunikation, insbesondere Mobilfunk, Betrieb eines Telekommunikationsnetzes, insbesondere Mobilfunknetzes, Nachrichtenübermittlung, Mehrwertdienste, nämlich Leistungen, die in Zusammenhang mit den eigentlichen Netzdiensten bestehen, insbesondere Einrichtung eines Anrufbeantworters als Funktion eines zentralen Computers, einer Mailbox, Übermittlung von Kurznachrichten, Anrufweiterschaltungen, Konferenzschaltungen; auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Reisebürodienste; auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Hotelreservierung, Wetterberichte; Bau- und Konstruktionsplanung, Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere der Telekommunikation; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen, insbesondere Telekommunikationsgeräten"

in das Markenregister eingetragen werden.

Mit Beschluß vom 18. Mai 1999 hat die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zurückgewiesen und dabei offen gelassen, ob die angemeldete Bezeichnung "Partner-Tarif" freihaltungsbedürftig ist. Der Wortfolge fehle jegliche Unterscheidungskraft. Von diesem Eintragungshindernis würden auch nicht beschreibende allgemeine Begriffe, Werbeschlagwörter und Reklamesprüche (Werbeslogans) umfaßt, da durch sie nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise lediglich der Kaufanreiz gefördert oder die Aufmerksamkeit des Publikums erregt werden solle. Dies treffe auch auf das angemeldete Zeichen zu, das lediglich in dem Sinne verstanden werde, daß die angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu einem speziellen Tarif angeboten würden. Auch wenn es unterschiedliche Arten von Partnern gebe, führe dies nicht zu einer Mehrdeutigkeit oder Unklarheit der angemeldeten Marke, aus der sich ihre Unterscheidungskraft herleiten ließe. Der Begriff "Partner" umfasse als Oberbegriff sämtliche Arten von Partnerschaften, so daß der Verkehr den Begriff "Partner-Tarif" nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen werde, sondern ihn lediglich als werbenden Hinweis auf einen günstigen Tarife für Partner verstehen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft setze voraus, daß das betreffende Zeichen in irgendeiner Beziehung zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen stehe, was hier nicht der Fall sei. Der Verkehr fasse den Begriff "Tarif" nicht als Entgelt für die hier beanspruchten Waren und Dienstleistungen auf, es bestehe allenfalls ein mittelbarer Bezug zu einigen Dienstleistungen wie zB den Sekretariatsdiensten oder den Mobilfunkleistungen. Dies reiche jedoch nicht aus, die Unterscheidungskraft zu verneinen. Es genüge nicht, wenn sich die Bezugnahme erst aufgrund gedanklicher Schlußfolgerungen erkennen lasse, da der Verkehr nicht dazu neige, Marken zu analysieren. Eine bestimmte Aussage könne dem Zeichen nicht entnommen werden. Im Hinblick darauf, daß nicht gesagt sei, welcher Art die Partnerschaft sei oder ob überhaupt eine Partnerschaft vorliegen müsse, sei die Marke mehrdeutig und damit unterscheidungskräftig. Da sie keinerlei konkrete Beschreibung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen enthalte, sei die Marke auch nicht freihaltungsbedürftig.

Zum Ergebnis der ihr übermittelten Internet-Recherche des Senats (Bl 21 bis 32 dA) führt die Anmelderin aus, daß sich ein Freihaltebedürfnis auch danach nicht ergebe. Die Marke beschreibe weder die Waren der Klasse 9 noch die Dienstleistungen der Klasse 37 noch die übrigen unmittelbar. Da das Zeichen mehrdeutig sei, liege auch keine Beschaffenheitsangabe oder Bestimmungsangabe vor. Wie die Internet-Recherche zeige, werde durch den Begriff nicht zum Ausdruck gebracht, für welche Kunden genau der "Partner-Tarif" gedacht sei.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Mai 1999 aufzuheben.

Hilfsweise beantragt sie, die Rechtsbeschwerde zu der Frage zuzulassen, ob bei einer Vielzahl von Deutungsmöglichkeiten eines Begriffs ein Freihaltebedürfnis anzunehmen sei.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Die Markenstelle hat dem angemeldeten Zeichen bezüglich der Dienstleistungen "auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Sekretariatsdienste; Telekommunikation, insbesondere Mobilfunk, Betrieb eines Telekommunikationsnetzes, insbesondere Mobilfunknetzes, Nachrichtenübermittlung, Mehrwertdienste, nämlich Leistungen, die in Zusammenhang mit den eigentlichen Netzdiensten bestehen, insbesondere Einrichtung eines Anrufbeantworters als Funktion eines zentralen Computers, einer Mailbox, Übermittlung von Kurznachrichten, Anrufweiterschaltungen, Konferenzschaltungen; auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Reisebürodienste; auf dem Telefonwege zu erbringende Dienstleistungen, nämlich Hotelreservierung, Wetterberichte" sowie bezüglich der Ware "SIM-Karten (Subscriber Idetification Module)" zu Recht die Eintragung versagt, da diesbezüglich ein Freihaltungsbedürfnis besteht und der Wortfolge "Partner-Tarif" insoweit auch jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

Dies läßt sich aber nicht für die aus dem Beschlußtenor ersichtlichen weiteren angemeldeten Waren und Dienstleistungen feststellen.

1. Es bestehen hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr die Wortkombination "Partner-Tarif" als beschreibende, freihaltungsbedürftige Sachangabe für die oben zunächst genannten Dienstleistungen benötigt. Die Internet-Recherche hat ergeben, daß gegenwärtig bereits in vielfältiger Weise in unterschiedlichen Branchen mit dem Begriff "Partner-Tarif" geworben wird, ua für Dienstleistungen im hier betroffenen Telekommunikationsbereich (Bl 21, 23 bis 26 sowie 29, 30 und 32 dA). "Partner-Tarife" werden aber auch in anderen Bereichen (Sport, Reisedienstleistungen, Vermietung von Kraftfahrzeugen und Versicherungen) angeboten. Die angesprochenen Verkehrskreise werden den Hinweis "Partner-Tarif" stets so verstehen, daß unter bestimmten Umständen, bei denen "Partner" eine Rolle spielen, für die jeweiligen Dienstleistungen besondere, regelmäßig günstigere Preise gelten sollen. Entgegen der Auffassung der Anmelderin handelt es sich hierbei nicht nur um einen bloß mittelbaren Bezug zu den beanspruchten Dienstleistungen, vielmehr beschreibt die angemeldete Wortkombination unmittelbar einen für den Waren- und Dienstleistungsverkehr und für die umworbenen Abnehmerkreise bedeutsamen positivem Umstand im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 letzte Alternative MarkenG, nämlich einen besonderen Tarif, also einen Preisvorteil. Die Antragstellerin weist zwar zu Recht darauf hin, daß dem Begriff "Partner-Tarif" als solchem nicht entnommen werden kann, wie die Partnerschaft in einzelnen ausgestaltet sein muß und daß der Begriff je nach dahinterstehendem Angebot unterschiedlich gebraucht wird. Diese begriffliche Unklarheit kann aber am unmittelbar beschreibenden Charakter der Wortfolge nichts ändern. Denn sie bezieht sich gerade nicht auf die Kernaussage des Zeichens "Partner-Tarif", so wie ihn die angesprochenen Verkehrskreise verstehen. Allen denkbaren Fällen ist nämlich gemeinsam, daß sie dieselbe Sachaussage treffen, daß der jeweilige Anbieter seinen Partnern oder für Partner einen besonderen Tarif bereithält. Welche weiteren Umstände hierbei eine Rolle spielen, steht außerhalb dieses Aussagegehalts. Insofern bedeutet "Partner" eine Sammelbezeichnung, um im Sinne eines möglichst umfangreichen Angebots eine Vielzahl möglicher Partnerschaften erfassen zu können (vgl BGH MarkenR 2000, 330 ff - "Bücher für eine bessere Welt"). Bei keiner der möglichen Verwendungen geht der beschreibende Inhalt der Wortfolge verloren, daß Preisvorteile angeboten werden. Wie bereits angesprochen, wird die angemeldete Wortfolge im Bereich der Telekommunikation bereits in diesem Sinn in der Werbung verwendet, so daß kein Zweifel daran bestehen kann, daß "Partner-Tarif" hier freihaltebedürftig ist. Aber auch bezüglich der angemeldeten Dienstleistungen, für die sich eine Verwendung der angemeldeten Wortfolge derzeit nicht nachweisen läßt, bestehen klare Anhaltspunkte dafür, daß die beteiligten Verkehrskreise sie als Sachangabe benötigen. Ihre rein sachbeschreibende Bedeutung kann die Wortfolge problemlos auch bei den außerhalb der unmittelbaren Telekommunikationsdienstleistungen stehenden Sekretariatsdienstleistungen, Reisebürodienstleistungen sowie Hotelreservierungen und Wetterberichte dienen, zumal sie einerseits ebenfalls auf dem Telefonwege zu erbringen sind und zum anderen die ermittelten Beispiele zeigen, daß "Partner-Tarif" für eine Vielzahl unterschiedlichster Dienstleistungen als sachbeschreibender Hinweis auf Preisvorteile verwendet wird. Entsprechendes gilt für die "SIM-Karten (Subscriber Identification Module)", auf denen die jeweiligen Tarife gespeichert sind.

Insoweit steht der angemeldeten Wortfolge auch noch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen. Bei der Prüfung der konkreten Eignung einer Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens aufgefaßt zu werden, ist zwar grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen. Die Wortfolge "Partner-Tarif" hat aber aus den oben genannten Gründen nicht die erforderliche Unterscheidungskraft. Da sie keinen über den im Vordergrund stehenden sachbeschreibenden Begriffsinhalt hinausgehenden Aussagegehalt besitzt, wird sie vom Verkehr stets nur als allgemeine Anpreisung und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden.

2. Hinsichtlich der weiteren angemeldeten Waren und Dienstleistungen "Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild, insbesondere Teilnehmerendgeräte und deren Zubehör, nämlich Netzgeräte, Netzladegeräte, Akkumulatoren, Anschlußkabel, an Teilnehmerendgeräten angepaßte Halterungen und Autohalterungen, Tragetaschen, Antennen; Datenverarbeitungsgeräte, Computer; Hoch-, Tief- und Ingenieurbau, Reparaturarbeiten an Bauwerken, Installation und Montage von Funk- und Fernmeldeeinrichtungen, Reparatur und Instandhaltung von Erzeugnissen der Elektrotechnik; Bau- und Konstruktionsplanung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, insbesondere der Telekommunikation; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen, insbesondere Telekommunikationsgeräten" kann der Senat an der angemeldeten Wortmarke weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) feststellen noch fehlt ihr insoweit jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Insbesondere im Bereich der Waren wird der Verkehr für den Erwerb keine Tarife erwarten, so daß es insoweit an einem hinreichend konkreten und eindeutig beschreibenden Hinweis auf eine hinreichend enge mit den Waren zusammenhängende Eigenschaft fehlt. Gleiches gilt bezüglich der hier noch in Frage stehenden Dienstleistungen, für die teilweise öffentlichrechtliche Gebührenordnungen bestehen und im übrigen Sondertarife nicht üblich sind und vom Verkehr auch nicht erwartet werden.

3. Der Senat hat im vorliegenden Fall keinen Anlaß gesehen, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die von der Anmelderin aufgeworfene Rechtsfrage ist vom Bundesgerichtshof bereits in der oben zitierten Entscheidung "Bücher für eine bessere Welt" entschieden worden (MarkenG aaO), der Senat ist von den Grundsätze dieser Entscheidung nicht abgewichen.

Meinhardt Baumgärtner Pagenberg Hu






BPatG:
Beschluss v. 22.11.2000
Az: 29 W (pat) 184/99


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