Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. Mai 2005
Aktenzeichen: 11 W (pat) 319/02

(BPatG: Beschluss v. 30.05.2005, Az.: 11 W (pat) 319/02)

Tenor

Auf den Einspruch wird das Patent 197 31 064 widerrufen.

Gründe

I.

Die Patentanmeldung ist am 19. Juli 1997 beim Deutschen Patentamt eingereicht worden. Nach der Prüfung ist die Erteilung des Patents 197 31 064 mit der Bezeichnung "Aluminium-Montagezarge für Türöffnungen oder dergleichen" am 7. Februar 2002 veröffentlicht worden.

Gegen das Patent hat die Fa. A... GmbH am 6. Mai 2002 Einspruch er-

hoben. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und macht geltend, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag des angegriffenen Patents nicht neu sei, zumindest nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe und die Gegenstände der Patentansprüche nach den Hilfsanträgen 1 bis 3 ebenfalls nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhten und außerdem unzulässig erweitert seien.

Zum Stand der Technik sind zu den bereits im Prüfungsverfahren berücksichtigten Schriften D1: DE 23 58 674 A1 D2: DE 33 23 498 C2 D3 : DE 36 39 701 C2 D4: DE 42 09 516 C1 im Einspruchsverfahren noch genannt worden die Schriften:

D5: DE 25 38 417 A1 D6 : DE 79 03 259 U1 D7 : EP 0 775 795 B1 D8 : EP 0 555 929 B1 D9: CH 369 276.

Die Einsprechende beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent wie erteilt in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise nach Maßgabe der Hilfsanträge zu 1) - 3) gemäß Schriftsatz, eingegangen am 25. Mai 2005.

Sie legt zu den Hilfsanträgen 1) - 3) eine überarbeitete Beschreibung, S 1 - 5, eingegangen am 25. Mai 2005, vor. Sie begründet ihre Anträge damit, dass sowohl der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hauptantrag als auch die Gegenstände nach den Hilfsanträgen neu seien und auf erfinderischer Tätigkeit beruhten. Insbesondere lege der Wärmedämmleisten zeigende Stand der Technik (D5 und D7) weder die thermische Entkoppelung des Türanschlagrahmens für sich noch das Vorsehen der Entkoppelung im Bereich des von der geschlossenen Tür abgedeckten Zargenfalzes nahe (SS, eingegangen am 25. Mai 2005, S 6).

Die Patentinhaberin ist - wie am 23. Mai 2005 schriftlich angekündigt - nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II.

1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 1 PatG nF durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der frist- und formgerecht erhobene Einspruch ist zulässig.

3. Der Einspruch ist begründet.

A) Zum Hauptantrag:

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag entspricht dem erteilten Anspruch 1. Er lautet:

"Aluminium-Montagezarge für Türöffnungen oder dergleichen in Wänden mit einem im wesentlichen L-förmigen Türanschlagrahmen (20) und einer mit dem Türanschlagrahmen verschraubbaren, im wesentlichen L-förmigen Zargenverkleidung (10), wobei die Zargenverkleidung (10) und der Türanschlagrahmen (20) einerseits die Wand umfassen und andererseits sich im Bereich ihrer der Stirnseite der Wand gegenüberliegenden Schenkel teilweise überlappen, wobei die Montagezarge mittels Ankerstegen (60) an der Wand fixiert ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Türanschlagrahmen (20) im Bereich des von der geschlossenen Tür abgedeckten Zargenfalzes (30) eine thermische Entkopplung aufweist."

Die auf diesen Anspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 und 3 betreffen weitere Ausgestaltungen des Gegenstands des erteilten Anspruchs 1.

Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe besteht sinngemäß darin, den Problemfällen bei bekannten Montagezargen - wie große Temperaturunterschiede zwischen den Innen- und Außenbereichen eines Gebäudes oder gar extreme Temperaturunterschiede wie im Falle eines Brandes - dahingehend Rechnung zu tragen, dass die ungestörte metallische Wärmeleitung zwischen Innen- und Außenbereich , insbesondere auch im Brandfall unterbrochen ist.

Fachmann ist ein Fachhochingenieur des Maschinenbaus oder Bauwesens mit einschlägiger Berufserfahrung in der Herstellung von Tür- und Fenster-Zargen, insbesondere von Montagezargen.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist zulässig.

Er entspricht dem erteilten Anspruch 1. Seine Merkmale sind ursprünglich offenbart - und zwar im Anspruch 1 unter Hinzufügung des aus der Figur und der Beschreibung entnehmbaren Merkmals, dass die thermische Entkoppelung im Bereich des von der geschlossenen Tür verdeckten Zargenfalzes liegt, vgl. dazu die mit den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen übereinstimmende Offenlegungsschrift DE 197 31 064 A1, Sp 2, Z 35-40.

Der Gegenstand nach Anspruch 1 nach Hauptantrag mag zwar neu sein, er beruht aber nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Aus der DE 23 58 674 A1 (D1) - der die ebenfalls in der Beschreibungseinleitung abgehandelten DE 33 23 498 C2 (D2) und DE 36 39 701 C2 (D3) weitgehend entsprechen - ist eine Aluminium-Montagezarge für Türöffnungen oder dergleichen bekannt, die alle Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 nach Hauptantrag aufweist, vgl. Fig und S 1, Z 2 und S 4, 4. Abs. ff, der D1.

Wegen der guten metallischen Wärmeleitung sind die Zargen für Wandöffnungen nach D1 jedoch bei großen Temperaturunterschieden zwischen den Innen- und Außenbereichen von Gebäuden problematisch, was einerseits bei tiefen Außentemperaturen Kälteübertragung und somit Schwitzwasserbildung auf der wärmeren inneren Zargenseite, andererseits im Brandfall Hitzeentwicklung auch auf der dem Brandherd abgewandten Zargenseite bedeutet. Zur Lösung dieses Problems sieht die Erfindung nach dem kennzeichnenden Teil des Anspruchs 1 vor, dass der Türanschlagrahmen 20 im Bereich des von der geschlossenen Tür abgedeckten Zargenfalzes 30 eine thermische Entkopplung aufweist.

Aus der DE 25 38 417 A1 (D5), Fig 1 und Anspruch 1, ist bereits ein Leichtmetall-Blendrahmen für Fensteröffnungen bekannt, der eine zwischen einer inneren und einer äußeren Rahmenschale 1, 3 verlaufende Wärmedämmleiste 4 aus Kunststoff aufweist. Da der Anspruch 1 Zargen für "Türöffnungen oder dergleichen in Wänden" betrifft - was somit auch Fensteröffnungen in Wänden mit einschließt - zieht der gleichermaßen für Tür- und Fenster-Zargen zuständige Fachmann auch die Rahmen für Fensteröffnungen zur Lösung der Aufgabe in Betracht.

Aus D5 entnimmt der Fachmann somit die Anregung, einen im metallischen Blendrahmen von Fenstern (der insoweit einem Zargenrahmen bei Türen entspricht) angeordneten, thermisch entkoppelnden Wärmedämmsteg 4 in Form einer Wärmedämm-Leiste aus Kunststoff vorzusehen, S 3, Z 1-6.

Wie für den Fachmann offensichtlich, schlägt der an Beschlägen in der Nut 12 angelenkte Fensterflügel (S 3, le Abs) ) am Anschlag 5 der äußeren Rahmenschale 3 des Blendrahmens an. Dadurch wird beim Rahmen nach D5 die Wärmedämmleiste 4 vom geschlossenen Fensterflügel abgedeckt, was dann der geschlossenen Tür auch beim Streitgegenstand entspricht. Dadurch ist für den Fachmann ohne weiteres die erfindungsgemäße Art und Lage der thermischen Entkoppelung im Bereich des von der geschlossenen Tür abgedeckten Zargenfalzes bereits aus D5 nahegelegt.

Der Einwand der Patentinhaberin gemäß dem Schriftsatz vom 25. Mai 2005, S 4-6, überzeugt nicht, dass der Stand der Technik weder die thermische Entkoppelung des Türanschlagrahmens für sich noch das Vorsehen der Entkoppelung im Bereich des von der geschlossenen Tür abgedeckten Zargenfalzes nahe lege. Es bleibt dem Fachmann nämlich unbenommen, wie er die Zargenteile beiderseits der Wärmedämmleiste bezeichnet.

Funktionell lehrt D5 dem Fachmann an einem Leichtmetall-Blendrahmen einen Falzabsatz, in den ein beweglicher Fensterflügel eingreift sowie einen im Falzabsatz so angeordneten Wärmedämmsteg 4, dass der Wärmedämmsteg 4 vom geschlossenen Fensterflügel, für den die Profilscheibe 5 den Anschlag bildet, abgedeckt ist.

Dieses Vorbild der Funktionsanordnung aus D5 bei einer gattungsgemäßen Türzarge anwendend, bei der die Tür dem Fensterflügel und der Falzabsatz mit Flügelanschlag dem Zargenfalz im Anschlagrahmen entspricht, führt den Fachmann unmittelbar dazu, die Wärmedämmleiste zur thermischen Entkopplung gemäß D5 in dem Bereich des Zargenfalzes anzuordnen, der von der geschlossenenTür abgedeckt wird.

Die beanspruchte thermische Entkopplung im Türanschlagrahmen ist somit für den zuständigen Fachmann durch die Zusammenschau von D5 mit der gattungsgemäßen Schrift D1 nahegelegt, so dass erfinderische Tätigkeit nicht vorliegt.

Somit hat der Anspruch 1 nach Hauptantrag keinen Bestand.

Die Ansprüche 2 und 3 fallen mit Anspruch 1.

B) Zu den Hilfsanträgen 1) - 3):

Der einzige Anspruch nach Hilfsantrag 1 lautet:

"Aluminium-Montagezarge für Türöffnungen in Wänden mit einem im wesentlichen L-förmigen Türanschlagrahmen (20), an welchem die Türe über ein Türband drehbar gelagert ist, und einer mit dem Türanschlagrahmen verschraubbaren, im wesentlichen L-förmigen Zargenverkleidung (10), wobei die Zargenverkleidung (10) und der Türanschlagrahmen (20) einerseits die Wand umfassen und sich andererseits im Bereich ihrer der Stirnseite der Wand gegenüberliegenden Schenkel teilweise überlappen, die Montagezarge mittels Ankerstegen (60) an der Wand fixiert ist und der Türanschlagrahmen gegenüber der Zargenverkleidung so abgesetzt ist, dass ein Absatz entsteht, dadurch gekennzeichnet, dassder Türanschlagrahmen (20) im Bereich des von der geschlossenen Türe abgedeckten Zargenfalzes (30) eine thermische Brandfallhitzenentkopplung aufweist, die durch eine längs des mit der Zargenverkleidung verschraubbaren L-Schenkels des Türanschlagrahmens form- und kraftschlüssig zwischengefügte Leiste aus schlecht wärmeleitendem Material realisiert ist."

Der einzige Anspruch nach Hilfsantrag 2 lautet:

"Aluminium-Montagezarge für Türöffnungen in Wänden mit einem im wesentlichen L-förmigen Türanschlagrahmen (20), an welchem die Türe über ein Türband drehbar gelagert ist, und einer mit dem Türanschlagrahmen verschraubbaren, im wesentlichen L-förmigen Zargenverkleidung (10), wobei die Zargenverkleidung (10) und der Türanschlagrahmen (20) einerseits die Wand umfassen und sich andererseits im Bereich ihrer der Stirnseite der Wand gegenüberliegenden Schenkel teilweise überlappen, die Montagezarge mittels Ankerstegen (60) an der Wand fixiert ist und der Türanschlagrahmen gegenüber der Zargenverkleidung so abgesetzt ist, dass ein Absatz entsteht, dadurch gekennzeichnet, dassder Türanschlagrahmen (20) im Bereich des von der geschlossenen Türe abgedeckten Zargenfalzes (30) eine thermische Brandfallhitzenentkopplung aufweist, die durch eine längs des mit der Zargenverkleidung verschraubbaren L-Schenkels des Türanschlagrahmens form- und kraftschlüssig zwischengefügte Leiste aus schlecht wärmeleitendem Material auf jener Seite der Montagezarge realisiert, an der die Türe angehängt ist."

Der einzige Anspruch nach Hilfsantrag 3 lautet:

"Aluminium-Montagezarge für Türöffnungen in Wänden mit einem im wesentlichen L-förmigen Türanschlagrahmen (20), an welchem die Türe über ein Türband drehbar gelagert ist, und einer mit dem Türanschlagrahmen verschraubbaren, im Wesentlichen L-förmigen Zargenverkleidung (10), wobei die Zargenverkleidung (10) und der Türanschlagrahmen (20) einerseits die Wand umfassen und sich andererseits im Bereich ihrer der Stirnseite der Wand gegenüberliegenden Schenkel in zusammenziehbarer Weise teilweise überlappen, die Montagezarge mittels Ankerstegen (60) an der Wand fixiert ist und der Türanschlagrahmen gegenüber der Zargenverkleidung so abgesetzt ist, dass ein Absatz entsteht, dadurch gekennzeichnet, dassdie Aluminium-Montagezarge als Brandschutzzarge ausgebildet ist, wobei der Türanschlagrahmen (20) im Bereich des von der geschlossenen Türe abgedeckten Zargenfalzes (30) eine thermische Brandfallhitzenentkopplung aufweist, die durch eine längs des mit der Zargenverkleidung verschraubbaren L-Schenkels des Türanschlagrahmens form- und kraftschlüssig zwischengefügte Kunststoff-Leiste auf der Türanschlagrahmen-Seite der Montagezarge realisiert ist, an der die Türe auch angehängt ist, wobei die Leiste als Kunststoff-Leiste im Bereich zwischen Türband und einer Dichtlippe am Türanschlagrahmen vorgesehen ist, die beim Absatz (30) vorgesehen ist, und wobei der Türanschlagrahmen mit den an der Wand fixierten Ankerstegen (60) im Innenbereich des Zargenspiegels verspannt ist."

Die Ansprüche nach den Hilfsanträgen 1) - 3) sind nicht zulässig.

In allen drei Ansprüchen ist in gleicher Weise u.a. zusätzlich aufgenommen, dass "der Türanschlagrahmen gegenüber der Zargenverkleidung so abgesetzt ist, dass ein Absatz entsteht". Dies ist in dieser Form weder in der veröffentlichten Streitpatentschrift noch in der - den ursprünglichen Anmeldeunterlagen entsprechenden - Offenlegungsschrift offenbart. Vielmehr ist in der DE 197 31 064 C2, vgl Sp 1, Z 67 bis Sp 2, Z 1, und in der DE 197 31 064 A1, vgl Sp 1, Z 65 - 67, stets nur davon die Rede, dass zur Bildung des Absatzes 30 "der Türanschlagrahmen 20 der Zargenverkleidung 10 gegenüber rechtwinklig abgesetzt ist". Mit der Weglassung des Begriffs "rechtwinklig" in allen drei Hilfsanträgen ist jedoch stets eine unzulässige Erweiterung eingetreten, da nun auch Montagezargen beansprucht sind, deren Absatz zwischen Türanschlagrahmen 20 und Zargenverkleidung 10 einen Winkel größer oder kleiner als 90¡ aufweist.

Die Gegenstände der Hilfsanträge 1) - 3) gehen demnach über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinaus, in der sie ursprünglich eingereicht worden ist.

Aus diesem Grund liegt der Widerrufsgrund nach § 21 (1) Nr 4 PatG, vor, so dass auch die Ansprüche nach den Hilfsanträgen 1) - 3) keinen Bestand haben.

Bei dieser Sachlage bestand keine Notwendigkeit, den weiteren Einzelheiten zu den von der Einsprechenden vorgebrachten Widerrufsgründen nachzugehen.

Aus diesen Gründen ist das Patent zu widerrufen.

Dr. Henkel Prietzel-Funk Skribanowitz Harrer Bb






BPatG:
Beschluss v. 30.05.2005
Az: 11 W (pat) 319/02


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