Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2011
Aktenzeichen: 11 W (pat) 37/11

(BPatG: Beschluss v. 23.05.2011, Az.: 11 W (pat) 37/11)

Tenor

1.

Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird nicht gewährt.

2.

Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat gegen die Zurückweisung ihrer am 20. August 2003 eingereichten Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung zum Steuern der Andruckkraft einer Schweißzange" durch den ihr am 27. November 2009 zugestellten Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 23 K des Deutschen Patentund Markenamts vom 30. Oktober 2009 am 15. Januar 2010 verspätet Beschwerde eingelegt und mit beigefügter Einzugsermächtigung die Beschwerdegebühr bezahlt.

Sie beantragt sinngemäß

Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist sowie die Erteilung eines Patents.

Die Beschwerdeführerin trägt zu ihrem Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen vor, an der Versäumung der Frist zur Einlegung der Beschwerde treffe weder sie selbst noch ihren Vertreter ein Verschulden. Ihr Vertreter habe ihr den Zurückweisungsbeschluss unter Hinweis auf die Beschwerdefrist und den Fristablauf mit Schreiben vom 11. Dezember 2009 am 14. Dezember 2009 übersandt. Mit Telefax vom 22. Dezember 2009 habe der Vertreter nochmals auf den Ablauf der Beschwerdefrist am 27. Dezember 2009 hingewiesen und mitgeteilt, dass er ohne Weisung kein Rechtsmittel einlegen werde. Ihr ausschließlich zuständiger Mitarbeiter, der als Patent Professional und Innovation Manager die Abteilung Intellectual Property/Innovation Management führe, habe sich vom 14. Dezember 2009 bis einschließlich 5. Januar 2010 im Weihnachtsurlaub befunden. Nach seiner Rückkehr habe er am 7. Januar 2010 Kenntnis der Schreiben des Vertreters erhalten. Der zuständige Mitarbeiter sei wegen seines Urlaubs an der rechtzeitigen Kenntnis verhindert gewesen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Anmelderin sowie des Verfahrensablaufs wird auf die Amtsund Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

1. Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird nicht gewährt.

Die Anmelderin hat lediglich Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist beantragt (§ 123 PatG i. V. m. § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG).

Der Senat sieht auch keine Veranlassung, Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 123 Abs. 2 Satz 3 PatG ohne Antrag zu gewähren. Bei der Prüfung hat er den zum Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist vorgetragenen Sachverhalt zu Grunde gelegt.

Die Anmelderin war nicht ohne Verschulden verhindert, die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr -ebenso wie die Beschwerdefrist -einzuhalten (§ 123 Abs. 1 PatG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG).

Die Anmelderin trifft nämlich ein Organisationsverschulden, denn es muss als grob fahrlässig angesehen werden, während der Abwesenheit des zuständigen Mitarbeiters weder eine Vertretung noch die Kenntnisnahme patentamtlicher Entscheidungen und Möglichkeit der Anweisung einer Rechtsbehelfseinlegung vorzusehen.

Von einem Unternehmen beachtlicher Größe mit einer eigenen Abteilung für den gewerblichen Rechtsschutz sind professionelle Sorgfaltsobliegenheiten zu erwarten, die insbesondere sicherstellen, dass einem mit der Vertretung beauftragten Patentanwalt in einem laufenden Verfahren rechtzeitig die erforderlichen Weisungen erteilt werden können.

Das Vorbringen der Anmelderin, ihr zuständiger Mitarbeiter habe, insbesondere wegen des grundsätzlich positiven Verfahrensverlaufes, auch nicht mit dem Ablauf einer Rechtsmittelfrist während seiner Abwesenheit rechnen müssen, trifft ebenso wenig zu wie ihre Behauptung, das Patentamt habe die Anmeldung zurückgewiesen, obwohl zuvor eine Erteilung in Aussicht gestellt worden sei. Vielmehr hat der Prüfer das Patentamt in zwei Prüfungsbescheiden dargelegt, dass die Patentansprüche nicht gewährbar seien, und darauf hingewiesen, dass mit der Zurückweisung zu rechnen sei.

Soweit der Vertreter selbständig hätte Beschwerde einlegen sollen, wäre die verschuldete Unterlassung ebenfalls der Anmelderin zuzurechnen (§ 85 Abs. 2 ZPO).

2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt, weil die Beschwerdegebühr verspätet gezahlt worden ist (§§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 2. Halbsatz PatKostG).

Die Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung (§ 79 Abs. 2 PatG analog; Schulte, PatG, 8. Auflage 2008, § 123 Rdn. 161).

Dr. Maier v. Zglinitzki Dr. Fritze Fetterroll Bb






BPatG:
Beschluss v. 23.05.2011
Az: 11 W (pat) 37/11


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