Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. März 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 24/04

(BPatG: Beschluss v. 09.03.2006, Az.: 25 W (pat) 24/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Mai 2002 und 15. Dezember 2003 aufgehoben. Die Widersprüche aus den Marken Nr 398 52 607 und 398 52 608 werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die am 22. März 2000 angemeldete Marke 300 22 565 Grafik der Marke 30022565.2 ist am 30. August 2000 für die Dienstleistungen

"Durchführung von klinischen Studien für die pharmazeutische Industrie"

in das Markenregister eingetragen worden. Die Eintragung wurde am 28. September 2000 veröffentlicht.

Die Inhaberin der am 12. September 1998 angemeldeten und am 5. August 1999 jeweils für die Waren und Dienstleistungen

"Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; Medizinprodukte (soweit in Klasse 5 enthalten); diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel; Computersoftware (gespeichert); Medizinprodukte (soweit in Klasse 10 enthalten); Werbung; Verpflegung; Beherbergung von Gästen; ärztliche Versorgung, Gesundheits- und Schöneitspflege; Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und der Landwirtschaft; Rechtsberatung und -vertretung; wissenschaftliche und industrielle Forschung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Information und Beratung im Bereich des Gesundheitswesens, Planung und Durchführung von Projekten auf dem Gebiet der Arzneimittelversorgung"

eingetragenen Marken Nr 398 52 607 Grafik der Marke 39852607.9 und Nr 398 52 608 Grafik der Marke 39852608.7 hat dagegen Widerspruch erhoben. Nach dem Widerspruchsschriftsatz richtet sich der Widerspruch "gegen alle gleichen oder gleichartigen Waren aus dem Warenverzeichnis der Markenanmeldung". Im Beschwerdeverfahren ist die Einrede der Nichtbenutzung erhoben worden. Zur Glaubhaftmachung hat die Widersprechende eine eidesstattliche Versicherung, Faltschachteln, Beipackzettel, Werbematerial, sowie Kopien aus Roter Liste, Gelber Liste, Lauer Taxe eingereicht.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit zwei Beschlüssen vom 7. Mai 2002 und vom 15. Dezember 2003, wovon letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, die angegriffene Marke wegen der beiden Widersprüche gelöscht.

Der Erstprüfer geht von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken aus. Die Dienstleistung "Durchführung von klinischen Studien für die pharmazeutische Industrie" sei mit der Dienstleistung "wissenschaftliche und industrielle Forschung" nahezu identisch bzw liege im engen Ähnlichkeitsbereich. Es sei daher ein leicht über dem Durchschnitt liegender Abstand zwischen den Marken zu fordern, der jedoch nicht eingehalten werde. Beim Zusammentreffen von Wort und Bildbestandteilen in einem Markenzeichen messe der Verkehr i. d. R. dem Wort eine prägende Bedeutung zu, wobei die angegriffene Marke mit "MERCURA" und die Widerspruchsmarken mit "Merck dura" wiedergegeben würden. Bei unmittelbarer Gegenüberstellung der Marken möge es zwar noch möglich sein, sie phonetisch auseinander zuhalten. Gleichwohl müsse bedacht werden, dass der Käufer regelmäßig nur ein Zeichen vor sich habe, bezüglich des anderen aber auf ein Erinnerungsbild angewiesen sei. Die Marken seien in Vokalfolge und in ihrem Klang- und Betonungsrhythmus identisch. Der einzige klangliche Unterschied bestehe in der ohnehin weniger beachteten Wortmitte zwischen dem zusätzlichen klangschwachen Konsonanten "d" der Widerspruchsmarken, der an dieser Stelle nur schwach anklinge und häufig verschluckt werde. Die Erinnerungsprüferin wies zusätzlich darauf hin, dass auch bei Zugrundelegung eines Fachverkehrs davon auszugehen sei, dass eine mündliche Benennung der Markenbezeichnungen eine erhebliche Rolle spiele, z. B. bei einer telefonischen Auskunfts- und Informationsweitergabe. Die jeweilige graphische Ausgestaltung stehe gegenüber dem Wortbestandteil nicht kennzeichnend im Vordergrund. Auch der zusätzliche Wortbestandteil "INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE FORSCHUNG" werde zur Benennung der angegriffenen Marke nicht herangezogen.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat dagegen Beschwerde eingelegt und beantragt, den Widerspruch zurückzuweisen.

Es seien ausschließlich Fachleute angesprochen. Die Marken wiesen nicht nur schriftbildlich und begrifflich, sondern auch klanglich einen ausreichenden Abstand auf. Es sei für jedermann unüberhörbar, dass sich bei den Widerspruchsmarken zwischen dem "K" und dem "u" noch ein Buchstabe befinde, zumal sich daraus ein unterschiedlicher Sinngehalt ergebe, und Fachleute dies bemerkten. Es bestehe absolute Produktunähnlichkeit. Bei einem pharmazeutischen Unternehmen, das auf die Herstellung von Arzneimitteln spezialisiert sei, erwarte man allenfalls, dass es die dafür erforderlichen Labors für wissenschaftliche und industrielle Forschung zur Verfügung stelle, so dass andere Firmen mit den solchermaßen gewonnenen Erkenntnissen eigene Produkte entwickeln könnten. Klinische Untersuchungen fänden jedoch ausschließlich mit fertig formulierten Arzneimittelkompositionen statt. Es handele sich im Wirtschaftsleben um völlig unvereinbare Dienstleistungen. Nachdem im Beschwerdeverfahren die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten worden sei, lägen insbesondere für die Dienstleistungen der Klasse 42 keine Benutzungsunterlagen vor. Allenfalls stünden den Dienstleistungen der angegriffenen Marke Waren gegenüber, die nicht ähnlich seien. Für Waren der Klasse 5 wäre zudem der Wortbestandteil "Mercura" der angegriffenen Marke gar nicht schutzfähig, da er auf Quecksilberverbindungen hinweise.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Widersprechende nimmt für sich in Anspruch, mit ihrem Produkt "MERCK DURA" einen nicht unerheblichen Marktanteil auf dem Gebiet der "Beratung im Bereich des Gesundheitswesens" zu belegen. Sie trägt vor: "der Zusammenhang der Dienstleistung der Klasse 42 Durchführung von klinischen Studien für die pharmazeutische Industrie", für die die angegriffene Marke eingetragen ist, werde "von dem Dienstleistungsverzeichnis der Klasse 42 ärztliche Versorgung, Gesundheit, Schönheitspflege, Dienstleistungen auf dem Gebiet der Tiermedizin und Landwirtschaft, Informationen und Beratung im Bereich von Gesundheitswesen, Planung und Durchführung von Projekten auf dem Gebiet der Arzneimittelversorgung" der Widerspruchsmarken "voll abgedeckt". Die Nähe der "Streitwaren bezüglich der Klasse 42" sollte als "kollisionsfördernder Umstand" bewertet werden. Geringe Abweichungen genügten nicht, um eine Unterscheidung zu sichern. Die Marken seien klanglich und schriftbildlich ähnlich. Bei "MERCK dura" handele es sich um eine seit Jahrzehnten als Firmen- und Produktmarke umfangreich benutzte Marke. Die von Hause aus normale Kennzeichnungskraft sei durch intensive Benutzung noch gestärkt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat in der Sache Erfolg, da keine Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

Auch wenn sich nach dem Widerspruchsschriftsatz der Widerspruch "gegen alle gleichen oder gleichartigen Waren aus dem Warenverzeichnis der Markenanmeldung" richtet, ist dieser dahingehend zu verstehen, dass er sich gegen die Dienstleistungen der angegriffenen Marken richtet, da diese gar nicht für Waren geschützt ist, und daher klar ist, dass mit den Widersprüchen aus den Marken 398 52 607 und 398 52 608 die Löschung der Dienstleistungen der angegriffenen Marke gewollt ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Auf., § 42 Rdn. 61). Insoweit ist daher die falsche Bezeichnung "Waren" statt "Dienstleistungen" im Widerspruchsschriftsatz unschädlich.

Im Beschwerdeverfahren hat die Inhaberin der angegriffenen Marke die nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zulässige Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarken erhoben.

Es bestehen bereits erhebliche Bedenken, ob eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarken hinreichend glaubhaft gemacht wurde. Die vorgelegten Unterlagen lassen eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarken zur Kennzeichnung von deren Waren und Dienstleistungen nicht hinreichend erkennen. So ist die eingereichte eidesstattliche Versicherung vom 22. November 2004 völlig allgemein gehalten. Es wird darin eidesstattlich lediglich versichert, dass die Marke "Merck dura" von der Merck dura GmbH im Jahr 1997 zur Kennzeichnung von Produkten in Benutzung genommen worden sei und seit diesem Datum ununterbrochen im Handel sei. Selbst wenn man die eingereichten Kopien aus Roter Liste, Gelber Liste, Lauer Taxe sowie die Faltschachteln, Beipackzettel und das Werbematerial mitberücksichtigt, so spricht dies allenfalls für eine Benutzung im Bereich von Arzneimitteln. Soweit die Widersprechende für sich in Anspruch nimmt, mit ihrem Produkt "MERCK DURA" einen nicht unerheblichen Marktanteil auf dem Gebiet der "Beratung im Bereich des Gesundheitswesens" zu belegen, handelt es sich dabei um Werbematerial für die Arzneimittel und Informationsmaterial für Apotheken und Patienten über diese Arzneimittel bzw der damit behandelbaren Krankheiten. Zudem enthält die vorgelegte Eidesstattliche Versicherung keine näheren Angaben hierzu. Hinsichtlich der weiteren Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarken fehlen gänzlich Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung.

Selbst wenn man zugunsten der Widersprechenden unterstellt, dass sie die Widerspruchsmarken rechtserhaltend zur Kennzeichnung von "Arzneimitteln" und "Beratung im Bereich des Gesundheitswesens, nämlich durch Informationsmaterial für Apotheken und Patienten über die Arzneimittel der Widersprechenden und der damit behandelbaren Krankheiten" benutzt hat, besteht keine Verwechslungsgefahr.

Deren Beurteilung bemisst sich nach der Identität oder Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken und dem Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr, wobei ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen ausgeglichen werden kann (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn. 22).

Entscheidend kommt es darauf an, wie die Marken auf den Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art von Waren oder Dienstleistungen wirken, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann (EuGH, MarkenR 2006, 67 -Picasso). Anzuknüpfen ist dabei an das Verbraucherleitbild des EuGH, der auf den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der entsprechenden Waren oder Dienstleistungen abstellt (EuGH GRUR 2004, 943 -SAT.2).

Die Dienstleistung "Durchführung von klinischen Studien für die pharmazeutische Industrie" richtet sich an spezialisierte Fachleute, deren Aufmerksamkeit über das im Gesundheitsbereich ohnehin gesteigerte Maß noch hinausgeht. Außerdem ist der Fachverkehr auch stärker mit den Kennzeichnungen vertraut als Laien, so dass er Unterschiede schneller erkennt und behält.

Die nach den eingereichten Benutzungsunterlagen allenfalls zu berücksichtigenden Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, nämlich "Arzneimittel" und "Beratung im Bereich des Gesundheitswesens, nämlich durch Informationsmaterial für Apotheken und Patienten über die Arzneimittel der Widersprechenden und der damit behandelbaren Krankheiten" weisen einen deutlichen Abstand zu den Dienstleistungen der angegriffenen Marke auf, falls man überhaupt noch eine Ähnlichkeit annimmt. So ist Adressat der Dienstleistungen der angegriffenen Marke die pharmazeutische Industrie, während die genannten Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke von Laien oder von Ärzten und Apotheken erworben bzw. in Anspruch genommen werden. Zwar weisen die sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen insoweit eine Gemeinsamkeit auf, als alle im weitesten Sinne einen Bezug zur Medizin haben, jedoch sind die Art der Erbringung, der Zweck der Waren und Dienstleistungen sowie die Abnehmerkreise so verschieden, dass ein großer Abstand zwischen den Dienstleistungen der angegriffenen Marke und den nach der Benutzungslage allenfalls noch relevanten Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke besteht.

Bei der Widerspruchsmarke in ihrer Gesamtheit ist von einer eher durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen. Für die Annahme einer gesteigerten Kennzeichnungskraft dieser Gesamtmarke, weil sie - wie die Widersprechende geltend macht - eine seit Jahrzehnten als Firmen- und Produktmarke umfangreich benutzte Marke sei, liegen keine hinreichenden Unterlagen vor. Außerdem sind wegen des großen Abstands der sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen und der speziellen Abnehmerkreise der Dienstleistungen der angegriffenen Marke und auch der gesteigerten Aufmerksamkeit der Laien im Gesundheitsbereich, wozu die Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zu rechnen sind, selbst bei gesteigerter Kennzeichnungskraft des Bestandteils "MERCK" in der Widerspruchsmarke nur unterdurchschnittliche Anforderungen an den einzuhaltenden Zeichenabstand zu stellen.

Die Zeichen kommen sich jedoch nicht so nahe, dass mit rechtserheblichen Verwechslungen zu rechnen wäre.

Maßgeblich ist der Gesamteindruck der Zeichen.

In ihrer Gesamtheit sind sie bereits durch die graphische Gestaltung so unterschiedlich, dass nicht mit Verwechslungen zu rechnen ist. Keines der graphischen Elemente der Widerspruchsmarken wie die Kontrastumkehr zwischen den beiden Wörtern "MERCK" und "dura", mit langem dunklen abgeschrägten Streifen als Hintergrund für das letztere Wort und Kreis bzw Kreisfläche im Hintergrund der Widerspruchsmarken ist in der angegriffenen Marke enthalten. Bei der angegriffenen Marke wirken die Bestandteile "MER" und "CURA" als einheitliches Wort, da die Schriftgestaltung identisch ist und die eingefügte Figur durch Stellung und Haltung ebenfalls diese Wortbestandteile verbindet. Hinzu kommt, dass die angegriffene Marke mit "INSTITUT FÜR MEDIZINISCHE FORSCHUNG" noch einen zusätzlichen Wortbestandteil enthält, der allerdings durch seinen beschreibenden Gehalt und durch Stellung und Schriftgröße deutlich untergeordnet ist, und daher zur Unterscheidbarkeit der Zeichen weniger beiträgt.

Die Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks zwingt indessen nicht dazu, stets die Marken in ihrer Gesamtheit zu vergleichen. Vielmehr kann auch ein Markenbestandteil eine selbstständig kollisionsbegründende Bedeutung haben, wenn er den Gesamteindruck einer mehrgliedrigen Marke prägt, indem er eine eigenständige kennzeichnende Funktion aufweist (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 9 Rdn. 370).

Selbst wenn man bei einem rein klanglichen Vergleich nur die Wörter "MERCURA" und "MERCK dura" gegenüberstellt, sind unter Berücksichtigung des großen Abstands der sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen, der speziellen Abnehmerkreise und die Besonderheiten auf dem Gesundheitssektor die Unterschiede ausreichend.

Es ist bereits fraglich, ob bei den Dienstleistungen der angegriffenen Marke die klangliche Wiedergabe nicht eine eher untergeordnete Rolle spielt, da klinische Studien vorwiegend schriftlich durchgeführt werden. Doch selbst wenn man diese Bedenken ebenso hintanstellt wie die Bedenken der Beschwerdeführerin (vgl. BGH GRUR 2003, 963 - AntiVir/AntiVirus) hinsichtlich der Schutzfähigkeit des Wortes "MERCURA" der angegriffenen Marke für Waren der Klasse 5, für die die Widerspruchsmarke ua geschützt ist, weil "MERCURA" ein Hinweis auf Quecksilberverbindungen sein könnte, besteht keine Verwechslungsgefahr.

Im klanglichen Gesamteindruck sind die Wörter "MERCURA" und "MERCK dura" hinreichend verschieden. Der Wortbestandteil "MERCURA" der angegriffenen Marke wird als einheitlicher Begriff ausgesprochen, die Widerspruchsmarken dagegen enthalten erkennbar zwei Wörter, zwischen denen eine deutliche Zäsur ist. Es ist nicht damit zu rechnen, dass der Laut "d" am Anfang des zweiten Wortbestandteils der Widerspruchsmarke verschluckt wird. Vielmehr wird dieser Unterschied zu einem anderen Sprechrhythmus führen. Selbst wenn noch beachtliche Verkehrskreise die angegriffene Marke wegen der Zweizeiligkeit als zwei Wörter aussprechen sollte, womit jedoch allenfalls in Ausnahmefällen zu rechnen sein könnte, wäre die Zäsur an ganz anderer Stelle, so dass keiner der Wortbestandteile der Zeichen identisch wäre.

Außerdem ist anzunehmen, dass zumindest der Fachverkehr, bei dem sich die Zeichen vorwiegend begegnen können, in den einzelnen Wörtern einen Begriffsanklang wahrnimmt, der einer Verwechslungsgefahr zusätzlich entgegenwirkt. "MERCURA" kann einen Anklang an "mercurialis" (Quecksilber betreffend, daraus bestehend) oder "Merkur" aufweisen. "CURA" kann den einschlägigen Fachverkehr an "curabilis" ("heilbar") und "dura" an die weibliche Form des lateinischen oder italienischen Ausdrucks für "hart" oder an "Dura Mater" ("harte Hirnhaut") erinnern.

Im Schriftbild unterscheiden sich die Zeichen ebenfalls hinreichend, selbst wenn man nur die Wörter "MERCURA" und "MERCK dura" gegenüber stellen würde, da sich der Anfangsbestandteil "MER" der angegriffenen Marke deutlich von dem Wort "MERCK" der Widerspruchsmarke unterscheidet und ebenso "CURA" und "dura" ein erheblich unterschiedliches Schriftbild aufweisen. Zudem wird "MERCURA" in der angegriffenen Marke vom Verkehr als ein einheitliches Wort aufgefasst, während es sich bei "MERCK dura" um zwei deutlich voneinander getrennte Wörter handelt. Bei der visuellen Wahrnehmung ist zudem zu berücksichtigen, dass das Schriftbild von Marken erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel sogar wiederholte Wahrnehmung der Bezeichnung gestattet als das schnell verklingende gesprochene Wort (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rdn. 207).

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke hat daher Erfolg.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bot der Streitfall keinen Anlass, § 71 Abs. 1 MarkenG.






BPatG:
Beschluss v. 09.03.2006
Az: 25 W (pat) 24/04


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