Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. November 2002
Aktenzeichen: 11 W (pat) 704/02

(BPatG: Beschluss v. 25.11.2002, Az.: 11 W (pat) 704/02)

Tenor

Auf den Einspruch wird das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentanspruch 1 vom 25. November 2002 Ansprüche 2 bis 13, Beschreibung, Zeichnung Figuren 1 bis 7 gemäß Patentschrift.

Gründe

I.

Die Erteilung des am 27. Februar 1993 angemeldeten Patents 43 06 160 mit der Bezeichnung "Vorrichtung zum Be- und Entladen von Zweischeiben-Läpp- oder Honmaschinen" ist am 15. Februar 1996 veröffentlicht worden. Am 14. Mai 1996 ist gegen die Erteilung des Patents Einspruch erhoben worden.

Die Einsprechende macht mangelnde Neuheit in Bezug auf einen vorbenutzten Gegenstand geltend und legt hierzu folgende Unterlagen vor:

Anlage 1 3 Photographien und eine Bezugszeichenliste betreffend ein "Lade- und Entladesystem, vom Typ DLM 600-I, geliefert an die Firma Rolex, CH-2502 Bienne Anlage 2 Zeichnung Nr. 2601.00.01 vom 18.10.1990 betreffend eine DLM 600-I Anlage 3 Angebot der Fa. A.W. Stähli AG vom 20. Februar 1992 an die Fa Rolex über eine DLM 600-I Anlage 4 Auftragsbestätigung Nr. 105652 der Fa. A.W. Stähli an die Fa. Rolex AG vom 24. März 1992 Anlage 5 Bestätigung der Fa. Rolex SA vom 10. April, betreffend Anlage 4 Anlage 6 Rechnungen der Fa. A.W. Stähli an die Fa. Rolex AG vom 28. April, 30. Juli und 18. August 1992 über eine DLM 600-I Anlage 7 Angebot der Fa. A.W. Stähli AG per Fax an die Fa. Precitool-Fenwick NV, B-2630 Aartselaar vom 16. Dezember 1992, betreffend eine DLM 600-I Anlage 8 Zeichnung der Fa. A.W. Stähli AG vom 25. Mai 1992 Nr. 2602.05.03 "Stiftkranz"

Anlage 9 Angebot der Fa. Afag AG an die Fa. A.W. Stähli AG vom 15. November 1991, betreffend eine "Automatische Lade- und Entladestation" mit zwei Zeichnungen vom 8. bzw 13. November 1991 Anlage 10 Technische Rundschau 37/90, S. 88-91, 1990 Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, den Einspruch zurückzuweisen und das Patent zu bestätigen mit dem Patentanspruch 1 vom 25. November 2002, im übrigen gemäß Patentschrift.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Vorrichtung zum Be- und Entladen von Zweischeiben-Läpp- oder Honmaschinen, bei denen mehrere mit Werkstücken bestückte in vorgegebener Teilung angeordnete Läuferscheiben mit Umfangszahnung auf einem Zähne oder Stifte aufweisenden Innen- und Außenkranz abrollen, wenn Innen- und/oder Außenkranz von einem Antriebsmotor in Drehung versetzt werden, wobei die Be- und Entladevorrichtung am Umfang der Läpp- oder Honmaschine angeordnet ist und Mittel zum Erfassen bestückter Läuferscheiben aufweist, die die Läuferscheiben von außerhalb in eine vorgegebene Position im Zwischenraum zwischen Innen- und Außenkranz und aus dem Zwischenraum nach außerhalb fördert, wobei der Antriebsmotor nach jedem Entnahme- bzw. Beladevorgang die Läuferscheiben eine Teilung weiterbewegt, dadurch gekennzeichnet, daß die einen Linearförderer (40) enthaltende Beladevorrichtung (30) und die davon getrennte ebenfalls einen Linearförderer (70) aufweisende Entladevorrichtung (32) um eine oder mehrere Teilungen versetzt am Umfang der Läpp- oder Honmaschine (10) angeordnet sind, wobei die Beladevorrichtung (30) die Läuferscheiben (24a) durch Verschieben in eine erste Winkelposition zwischen Innen- und Außenkranz (22, 18) fördert und die Entladevorrichtung (32) die Läuferscheiben (24) durch Verschieben aus einer um die Teilung versetzten Winkelposition zwischen den Zahnkränzen (22,18) entfernt, und daß um eine oder mehrere Teilungen versetzt in Lücken des Außenkranzes (16) angeordnete Segmente (90) zusammen mit ihren Zähnen oder Stiften höhenverstellbar gelagert und mit einer Hubvorrichtung (98) gekoppelt und zur Be- bzw. Entladevorrichtung (30, 32) ausgerichtet sind."

Auf diesen Anspruch sind die Ansprüche 2 bis 13 rückbezogen, die Ausgestaltungen der Vorrichtung betreffen. Für ihren Wortlaut und wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Es liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zum Be- und Entladen von Zweischeiben-Läpp- oder Honmaschinen zu schaffen, mit der der Be- und Entladevorgang innerhalb kürzester Zeit bewerkstelligt werden kann.

Auf Antrag der Patentinhaberin vom 22. Mai 2002 ist die Einspruchsakte gemäß PatG § 147 Abs 3 Ziff 2 dem Bundespatentgericht vorgelegt worden.

II.

Über den Einspruch ist gemäß PatG § 147 Abs 3 Ziff 2 idF des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelung auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 Art 7 durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

Der zulässige Einspruch ist insofern begründet, als er zu einer Beschränkung des Patents führt.

Fachmann ist ein Fachhochschulingenieur für Maschinenbau mit einschlägigen Kenntnissen und Erfahrungen in der Entwicklung und dem Bau von Beschickungs- und Entladevorrichtungen an Werkzeugmaschinen, insbesondere an Läpp- oder Honmaschinen.

Die geltenden Ansprüche 1 bis 13 sind formal zulässig. Der Anspruch 1 findet seine Stütze in den ursprünglichen Ansprüchen 1 und 3 bzw dem erteilten Anspruch 1 in Verbindung mit der Beschreibung gemäß der Patentschrift, Sp 5, Z 35 bis 45 und 55 bis 62. Die Ansprüche 2 bis 13 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 4 bis 14 bzw den erteilten Ansprüchen 2 bis 13.

Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ist neu, gewerblich anwendbar und beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu, denn keine der im Verfahren aufgezeigten Vorrichtungen besitzt in Lücken des Außenkranzes angeordnete Segmente, die zusammen mit ihren Zähnen oder Stiften höhenverstellbar gelagert und zur Be- und zur Entladevorrichtung hin ausgerichtet sind. Dies gilt auch für die, anhand der Anlagen 1 bis 9 geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung.

Die Zweischeiben-Läpp- oder Honmaschine, Modell DLM 600 I, der Fa. A.W. Stähli AG gemäß den Anlagen 1 bis 8 ist unbestritten offenkundig vorbenutzt worden. Entsprechend der mittleren Photographie der Anlage 5 und in Übereinstimmung mit dem Vortrag der Einsprechenden sind dort fünf mit Werkstücken bestückte in vorgegebener Teilung angeordnete Läuferscheiben vorgesehen, die eine Umfangszahnung aufweisen mit der sie auf einem Zähne oder Stift aufweisenden Innen- und Außenkranz abrollen, wenn der Innenkranz von einem Antriebsmotor in Drehung versetzt wird. Die Anzahl der Läuferscheiben gibt ersichtlich die in Bezug genommene Teilung vor. Die Be- und Entladevorrichtungen für die Läuferscheiben sind am Umfang der Maschine um 90¡ zueinander versetzt angeordnet. Zum Beladen der Maschine ist in diesem Bereich ein Segment des Außenkranzes für sich mit seinen Stiften vollständig absenkbar. Die Betätigung des Segments erfolgt motorisch über einen Hubzylinder. Bei abgesenktem Segment kann jeweils eine mit Werkstücken beladene Läuferscheibe mit Hilfe eines Schiebers von Hand eingeschoben werden. Bei eingeschobenem Schieber ersetzen dessen Stifte die Stifte des abgesenkten Segments. Im Bereich der Entladevorrichtung sind die Stifte des Außenkranzes kürzer ausgeführt. Zur Entnahme einer Läuferscheibe ist der Außenkranz insgesamt so weit absenkbar, dass die verkürzten Stifte dem Herausschieben der betreffenden Läuferscheibe nicht mehr im Wege stehen . Die übrigen, ausreichend vorstehenden Stifte des Außenkranzes ermöglichen auch dann noch einen Weitertransport der in der Maschine verbliebenen Läuferscheiben. Nach jedem Be- und/oder Entladevorgang sind die Läuferscheiben um eine Teilung weiterbewegbar. Damit weist die DLM 600 I sämtliche Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 des angegriffenen Patents auf.

Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich der Gegenstand gemäß Anspruch 1 durch seine kennzeichnenden Merkmale.

Die Anlage 9 betrifft ein Angebot der Fa. Afag AG, CH-4950 Huttwil, für eine Lade- und Entladestation vom 15. November 1991 mit zwei zugehörigen Zeichnungen, die das Datum 8. bzw. 13. November 1991 tragen. Zu dem Angebot gehört eine nicht näher dargestellte Läppmaschine, an deren Umfang eine Lade- und eine Entladestation um 90¡ zueinander versetzt angeordnet sind. Die Zeichnung vom 13. November 1991 zeigt die Ladestation. Dieser ist ein Linearförderer zugeordnet. Der Linearförderer dient dem Heranführen von mit Werkstücken bestückten Läuferscheiben an die eigentliche Ladeposition. Aus dieser werden die Läuferscheiben dann mittels eines Ladeschiebers entsprechend dem der zuvor beschriebenen DLM 600 I manuell in die Läppmaschine eingeführt. Die die Entladestation betreffende Zeichnung vom 8. 11. 91 lässt einen patentgemäßen Linearförderer nicht erkennen. Mithin sind weder die Ladestation noch die Entladestation mit Linearförderern ausgestattet, die zum Transport der Läuferscheiben in den bzw. aus dem Bereich zwischen dem Innen- und den Außenkranz der Läpp- oder Honmaschine dienen.

Dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 des angegriffenen Patents liegt auch eine erfinderische Tätigkeit zugrunde.

Kern der Erfindung ist es, bei einer Läpp- oder Honmaschine in Lücken des Außenkranzes Segmente vorzusehen, die entsprechend (einem ganzzahligen Vielfachen) der Teilung der Läuferscheiben versetzt sind und die zusammen mit ihren Zähnen oder Stiften mittels einer Hubeinrichtung höhenverstellbar und zur jeweils einen Linearförderer aufweisenden Be- und zur Entladevorrichtung hin ausgerichtet sind. Dadurch ist ein gleichzeitiges automatisches Be- und Entladen der Läpp- oder Honmaschine erreicht. Hierfür kann das Aufgezeigte weder einzeln noch bei gemeinsamer Betrachtung einem Fachmann Vorbild oder Hinweise geben.

Dem Gegenstand des Patents kommt ersichtlich die in den Anlagen 1 bis 8 gezeigte DLM 600 I am nächsten, die Be- und Entladevorrichtungen gemäß der Anlage 9 aufweist. Einer so ergänzten Läpp- oder Honmaschine fehlt es aber bereits an einer Anordnung der Be- und Entladevorrichtung in Abhängigkeit von der durch die Anzahl der Läuferscheiben vorgegebenen Teilung, was aber für einen gleichzeitigen Be- und Entladevorgang wesentlich ist. Die aufgezeigten Vorrichtungen zum Be- und Entladen verfügen zudem nur über manuell zu betätigende Schieber und nicht über Linearförderer und schließlich weist der Außenkranz mit seinen teils verkürzt ausgebildeten Stiften und dem der Ladevorrichtung zugeordneten separat absenkbaren Segment eine andere Konstruktion auf. Wie ein gleichzeitiges Be- und Entladen automatisch bewerkstelligt werden könnte, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Die Läpp- oder Honmaschine gemäß den Anlagen 1 bis 9 mag zwar gewisse Verbesserungen hinsichtlich des Be- und Entladevorganges aufzeigen. Sie kann einen Fachmann aber nicht in naheliegender Weise zu der erfindungsgemäßen Ausbildung des Außenkranzes mit zwei separat absenkbaren Segmenten und den diesen zugeordneten Linearförderern hinführen.

Bei dieser Sachlage kommt es auf die Frage der Offenkundigkeit der Vorrichtung gemäß der Anlage 9 nicht an.

Die Berücksichtigung der weiteren dem Senat vorliegenden, in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffenen Druckschriften führt zu keiner anderen Beurteilung.

Die gewerbliche Anwendbarkeit des Anmeldungsgegenstands ist offensichtlich.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 erfüllt demnach alle für die Patentierbarkeit geforderten Kriterien. Der Anspruch 1 hat somit Bestand.

Die Unteransprüche 2 bis 13 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Weiterbildungen des Gegenstands des Anspruchs 1. Sie haben daher zusammen mit dem Anspruch 1 Bestand.

Dellinger Dr. Henkel Skribanowitz Sekretaruk Bb






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