Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. April 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 214/02

(BPatG: Beschluss v. 15.04.2003, Az.: 27 W (pat) 214/02)

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelder wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 20. August 2002 teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Turn- und Sportartikel, Spiele, Spielzeug; Schreibwaren" zurückgewiesen worden ist.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Anmelder auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortmarke STARDANCE soll für

"Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Turn- und Sportartikel, Spiele, Spielzeug; Druckereierzeugnisse, Fotografien, Schreibwaren, Lehr- und Unterrichtsmittel; Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Produktion von Fernseh-, Internet- und elektronischen Medieninhalten"

in das Register eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 20. August 2002, welcher den Anmeldern am 28. August 2002 zugegangen ist, die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft und Bestehens eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Wie bereits im Zwischenbescheid vom 14. März 2002, denen die Anmelder nicht innerhalb der gesetzten Frist widersprochen hätten, ausgeführt worden sei, deute der Begriff "Stardance" lediglich in beschreibender und werbeüblicher Weise darauf hin, dass die damit gekennzeichneten Produkte und Tätigkeiten sich auf dem Gebiet der Konzeption und Organisation spezieller Tanzveranstaltungen mit bekannten Tänzern einschließlich des Vertriebs entsprechender Bekleidungsstücke und Merchandisingprodukten angesiedelt seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelder, mit der sie die Aufhebung des Beschlusses und die Rückerstattung der Beschwerdegebühr beantragen. Sie machen geltend, der lexikalisch nicht nachweisbare Begriff "STAR-DANCE" sei für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht unmittelbar beschreibend, da er mehrdeutig sei; denn es stehe nicht fest, ob die Stars selbst tanzen, ob Tänze der Stars gezeigt werden, ob es passives Betrachten oder interaktiv sei, was den Konsumenten erwarte. Die Anmeldemarke sei daher für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen, zumindest aber für Teile davon schutzfähig. Die Beschwerdegebühr sei zurückzuzahlen, weil sie bereits vor Erlass der angefochtenen Entscheidung mit Fax vom 14. Mai 2002 zu den Beanstandungen der Markenstelle Stellung genommen hätten; zwar könnten sie einen Zugang dieses Faxes mangels Vorliegens des Sendeberichts nicht mehr nachweisen, es sei aber kaum vorstellbar, dass sie diese umfangreiche Stellungnahme innerhalb von 40 Minuten zwischen Erhalt des angefochtenen Beschlusses am 28. August 2002 und - wie sich aus der Amtsakte ergibt - erneuter Übermittlung am 28. August 2002 um 13.10 Uhr hätten fertigen können.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Denn soweit es die beanspruchten Waren der Klasse 25 und 28 sowie die Waren "Schreibwaren" betrifft, stehen der Eintragung der Anmeldemarke keine absoluten Schutzhindernisse entgegen, während sie für die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedenfalls mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nrn 1 MarkenG) nicht schutzfähig ist.

Entgegen der Auffassung der Anmelder hängt die Eintragbarkeit nicht davon ab, ob ein Markenwort bereits lexikalisch nachweisbar ist oder nicht; denn nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kommt es angesichts der in der Sprache gegebenen Möglichkeit, beliebig zusammengesetzte Wörter zu bilden, deren begriffliche Bedeutung in der Regel für den Verkehr ohne weiteres erkennbar ist, auf den lexikalischen Nachweis einer Wortzusammenstellung nicht maßgeblich an (vgl BGH WRP 2002, 982, 984 - FRÜHSTÜCKS-DRINK I). Wie die Markenstelle aber bereits zutreffend ausgeführt und der Senat bei einer Internet-Recherche - die Suchmaschine Google weist allein im deutschsprachigen Web 285 Fundstellen zum Stichwort "Stardance" auf - bestätigt gefunden hat, ist der Begriff "Stardance" bereits jetzt zur Bezeichnung spezieller Tanzveranstaltungen und des Inhalts besonderer Unterrichtsangebote von Tanzschulen allgemein üblich. So werden etwa spezielle Tanzkurse unter der Bezeichnung "Stardance" angeboten (vgl die Webseite der Tanzschule Läderach unter http://morov.com/stardance sowie der Hinweis auf einen VHS-Kurs, der das Tanzen von Choreografien aus den Videoclips der Popcharts zum Gegenstand hat, unter http://www.unimuenster.de/Sportwissenschaft/Bewegungswissenschaften/Biomechanik/mitarbeiter/bohn/homepage.htm); unter der Webseite http://www.linedanceworkshop.de/dance/az/stardance.htm findet sich darüber hinaus unter der Bezeichnung "Stardance" die Beschreibung eines bestimmten Tanzes in seiner Schrittfolge. Daneben gibt es spezielle Tanzveranstaltungen professioneller Tänzer, die allgemein unter dem Titel "Stardance" angeboten werden (vgl http://www.starentertainment.org/taenze/taenze.htm; http://www.rocknrollweltmeisterwolf.de/show.htm). Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Begriff "Stardance" bereits jetzt zur Bezeichnung bestimmter Tanzveranstaltungen allgemein eingebürgert hat.

In bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse, Fotografien, Lehr- und Unterrichtsmittel; Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten; Produktion von Fernseh-, Internet- und elektronischen Medieninhalten" wird der Verkehr die angemeldete Bezeichnung daher nur als bloßen Hinweis darauf ansehen, dass diese Waren und Dienstleistungen sich mit den oben genannten besonderen Tanzveranstaltungen befassen und sie zum Gegenstand haben. Da der Verkehr die Anmeldemarke hinsichtlich dieser Waren und Dienstleistungen somit ausschließlich als allgemeine Angabe möglicher Merkmale dieser Produkte und Tätigkeiten ansehen wird, ist sie für diese Produkte und Tätigkeiten jedenfalls gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht unterscheidungskräftig; ob daneben an der Anmeldemarke auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG besteht, kann bei dieser Sachlage auf sich beruhen, wenn hierfür auch gewichtige Gründe sprechen.

Hinsichtlich der darüber hinaus beanspruchten Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Turn- und Sportartikel, Spiele, Spielzeug; Schreibwaren" läßt sich demgegenüber das Bestehen absoluter Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht feststellen. Für Schreibwaren ergibt sich dies schon daraus, dass diese Waren zur Darbietung bestimmter Tanzveranstaltungen nicht benötigt werden, so dass der Verkehr die Anmeldemarke insoweit durchaus als ungewöhnlich und phantasievoll erachten wird. Aber auch bei Spielwaren wird der Verkehr erst nach einiger Überlegung eine Verbindung mit bestimmten Tanzarten herstellen können, da Spiele, die unmittelbar auf bestimmten Tanztechniken beruhen, bislang nicht bekannt und üblich sind. Was die weiteren Waren "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Turn- und Sportartikel" angeht, so werden zwar bei einzelnen Tänzen wie zB Rock «n« Roll, Flamenco und Tango, aber auch bei Standardtänzen bestimmte Tanzkleidung und Tanzschuhe getragen, die nur zur Ausführung dieser Tänze angefertigt und vertrieben werden. Bei den oben genannten Tanzveranstaltungen, die ihre Grundlage weitgehend im Popbereich haben, ist es aber allgemein üblich, dass die jeweiligen Interpreten bei der Darbietung ihrer Tänze eine Bekleidung tragen, welche der Alltags- bzw Freizeitkleidung entspricht. Da es somit spezielle "Stardance"-Bekleidung nicht gibt, ist nicht zu erwarten, dass die angesprochenen Verbraucher, wenn sie der ihnen für bestimmte Tanzdarbietungen, insbesondere für das Nachtanzen spezieller Choreografien aus Musik-Video-Clips geläufigen Bezeichnung "Stardance" in Verbindung mit Bekleidungsstücken, Kopfbedeckungen und Schuhen sowie mit Turn- und Sportartikeln begegnen, annehmen, hierdurch solle allein darauf hingewiesen werden, dass es sich bei diesen Produkten um gerade für die Darbietung dieser Tänze angefertigte und angebotene Waren handelt. Da der Verkehr der Anmeldemarke insoweit keinen beschreibenden Inhalt entnehmen kann, wird er die Anmeldemarke hinsichtlich dieser Produkte daher nur als Hinweis auf ihre betriebliche Herkunft ansehen können.

Da die Anmeldemarke somit teilweise schutzfähig ist, war der Beschluss der Markenstelle bei Zurückweisung der Beschwerde im übrigen teilweise aufzuheben.

Der Antrag der Anmelder auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist als unbegründet zurückzuweisen. Eine solche Entscheidung käme aus Billigkeitsgründen nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn der Markenstelle ein Verfahrensfehler, insbesondere die Versagung rechtlichen Gehörs vorzuwerfen wäre, der dazu geführt hätte, dass die Anmelder zur Einlegung einer ansonsten nicht erforderlichen Beschwerde genötigt gewesen wären. Soweit die Anmelder die mangelnde Berücksichtigung ihrer Stellungnahme vom 14. Mai 2002 rügen, kann aber schon nicht festgestellt werden, dass diese der Markenstelle vor Erlass des angefochtenen Beschlusses zugegangen, dh zumindest in den Einflussbereich des Patentamtes gelangt ist. Der Umstand, dass die Anmelder ihre unter dem Datum "14. Mai 2002" vorgelegte Stellungnahme tatsächlich an diesem Tag gefertigt haben, besagt nicht, dass sie die Stellungnahme auch an die Markenstelle gefaxt haben oder dass das Fax - die Absendung unterstellt - beim Patentamt angekommen ist. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass diese entscheidende Frage bejaht werden könnte, ergeben sich aber weder aus dem sonstigen Vortrag der Anmelder noch sind sie anderweitig ersichtlich. Steht aber nicht einmal fest, dass der Markenstelle die Stellungnahme bereits vor Erlass des angefochtenen Beschlusses vorlag, kann ihr ein irgendwie gearteter Vorwurf, das rechtliche Gehör der Anmelder nicht beachtet zu haben, nicht gemacht werden. Im übrigen kann die Nichtberücksichtigung der Stellungnahme der Anmelder auch nicht als ursächlich für die Einlegung der Beschwerde angesehen werden. Denn wie sich zum einen aus der Ablehnung der Abhilfe nach § 66 Abs 6 MarkenG ergibt, hätte die Markenstelle auch bei Kenntnis des Vorbringens, welches im wesentlichen Rechtsausführungen enthält, die Anmeldung zurückgewiesen. Und zum anderen steht auch nicht zu erwarten, dass die Anmelder die Zurückweisung der Anmeldung ohne Beschwerdeeinlegung hingenommen hätten, da sie ihren Standpunkt auch im Beschwerdeverfahren selbst nach einer Zwischenverfügung des Senats weiter verteidigt haben. Im Ergebnis sind daher keine Gründe ersichtlich, welche eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aus Billigkeitsgründen rechtfertigen.

Dr. Schermer Dr. van Raden Schwarz Pü






BPatG:
Beschluss v. 15.04.2003
Az: 27 W (pat) 214/02


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