Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Mai 2002
Aktenzeichen: 17 W (pat) 48/00

(BPatG: Beschluss v. 23.05.2002, Az.: 17 W (pat) 48/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die vorliegende Patentanmeldung ist beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Bezeichnung:

"Verfahren und Vorrichtung zum Aufspüren pathologischer Veränderungen im menschlichen Körper unter Verwendung von Magnet-Resonanz-Scannern"

angemeldet worden.

Sie wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 T des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 30. Mai 2000 mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine auf erfinderischer Tätigkeit beruhende Erfindung nicht vorliege.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie verfolgt die Anmeldung auf der Grundlage des Patentanspruchs 1 vom 14. Juli 2000 eingegangen am 18. Juli 2000, und der Ansprüche 2 bis 11 vom Anmeldetag weiter.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Verfahren zum Aufspüren pathologischer Veränderungen im menschlichen Körper unter Verwendung von Magnet-Resonanz-Scannern, d a d u r c h g e k e n n z e i c h n e t , dass jeder neue 3D-Bilddatensatz eines Patienten mit Hilfe eines MR-Scanners mit einer Bilddatenanalyseeinrichtung automatisch mit älteren Bilddatensätzen des gleichen Patienten und/oder mit elektronisch gespeicherten anatomischen Atlanten zur Ermittlung krankhafter Veränderungen verglichen wird, wobei die Bilddatenanalyseeinrichtung einen Pathologieklassifikator umfasst."

Zu den übrigen Patentansprüchen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Die Anmelderin trägt zur Begründung ihrer Beschwerde vor, dass Magnet-Resonanz-Scanner schon seit längerem bekannt seien. Mit dem Anspruch 1 werde jedoch eine besondere Verwendung eines solchen Scanners vorgeschlagen, mit der pathologische Veränderungen leichter erkennbar seien und die auch kostengünstig sei, weil sie den Arzt entlaste. Im Vordergrund des Anspruchs stehe der in regelmäßigen zeitlichen Abständen vorgenommene Vergleich der erzeugten Bilddaten, nicht die Pathologieklassifikation. Ein solcher Vergleich zur frühzeitigen Erkennung von pathologischen Veränderungen sei bisher zwar möglich gewesen, von der Fachwelt aber nicht durchgeführt worden. Daher komme dem vorgeschlagenen Verfahren auch erfinderische Tätigkeit zu.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentanspruch 1 vom 14. Juli 2000, eingegangen am 18. Juli 2000, Patentansprüche 2 bis 11 vom Anmeldetag, Beschreibung Seite 1 bis 8 vom Anmeldetag, 1 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 bis 3 vom Anmeldetag.

II Die Beschwerde ist zulässig, da sie in rechter Frist und Form erhoben wurde.

Sie ist jedoch nicht begründet, da der Gegenstand, für den um ein Patent nachgesucht wird, nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht (§§ 1 und 4 PatG).

In der Beschreibungseinleitung ist dargestellt, dass viele pathologische Veränderungen im menschlichen Körper sehr langsam erfolgten. Eine Magnet-Resonanz-Untersuchung, mit der solche Veränderungen erkannt werden könnten, erfolge heute nur bei konkreten Beschwerden. Dieses für den Patienten nachteilige Vorgehen solle durch ein Verfahren und eine Anordnung vermieden werden, die eine einfachere Auswertung zuließen.

Das mit dem Anspruch 1 vorgeschlagene Verfahren sieht hierzu vor, jeden neuen von einem Patienten durch Magnet-Resonanz-Scannern gewonnenen 3D-Bilddatensatz von einer Bilddatenanalyseeinrichtung automatisch mit älteren Bilddatensätzen und/oder mit elektronisch gespeicherten anatomischen Atlanten vergleichen zu lassen. Dabei soll die Bilddatenanalyseeinrichtung einen Pathologieklassifikator umfassen.

Die Anmelderin führt aus, dass das Wesentliche des vorgeschlagenen Verfahrens in der wiederholten Abspeicherung und dem Vergleich der 3D-Bilddatensätze zu sehen sei. Die Ergänzung der Bilddatenanalyseeinrichtung durch einen Pathologieklassifikator, der eine krankhafte Veränderung klassifiziere, sei zwar vorgesehen, mache aber nicht die Erfindung aus. Im Sinne der Anmelderin kann daher unterstellt werden, dass das beanspruchte Verfahren kein Diagnostizierverfahren ist, dem nach § 5 Abs 2 PatG die gewerbliche Anwendbarkeit abzusprechen wäre.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht jedoch nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Sofern in dem vorgeschlagenen Verfahren nicht lediglich eine Automatisierung der in herkömmlicher Weise vom Arzt vorgenommenen Auswertung von Magnet-Resonanz-Bildern eines Patienten zu sehen ist, so ist es jedenfalls durch die Ausführungen in der US 5 779 634 nahegelegt.

In der US 5 779 634 ist ein medizinisches Informationsverarbeitungssystem beschrieben, das die Funktionen eines Gerätes für die computerunterstützte Diagnose (Computer Aided Diagnosis) mit denen eines Bildarchivierungs- und Kommunikationssystems vereinen soll (vgl Sp 3, Z 23 - 25).

Bei diesem System werden die bspw von Magnet-Resonanz-Scannern (MRI apparatus, vgl Sp 7, Z 27) gewonnenen Bilddatensätze gespeichert und bei Bedarf an Arbeitsplätzen (work station) abgerufen. Eine Vergleichseinheit (diagnostic information comparing unit) im Arbeitsplatz vergleicht den aktuellen Bilddatensatz eines Patienten mit früheren Datensätzen, wobei die Unterschiede als "timesequential abnormality change data" festgestellt werden. Es ist auch vorgesehen, die Unterschiede von einem Pathologieklassifikator (diagnostic information output unit) bewerten zu lassen (vgl Abstrakt der US 5 779 634).

Der Fachmann erhält neben dem Hinweis auf den Vergleich verschieden alter Bilddatensätze aus der US 5 779 634 auch die Anregung, zur Ermittlung krankhafter Veränderung einen Bilddatensatz mit einem elektronisch gespeicherten Atlas zu vergleichen. In Spalte 32, Z 1 bis 20 ist beschrieben, dass ein Bild auch durch Krankheitserkennungsmittel für ein bestimmtes Leiden (pulmonary interstitial disease detection means) ausgewertet werden kann. Für den Fachmann, einen auf dem Gebiet der Medizintechnik erfahrenen Ingenieur, lag es hiervon ausgehend nahe, eine Vielzahl solcher Bildvergleichsmittel in Form eines anatomischen Atlas vorzusehen, um Art und Position der Abnormalität festzustellen.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht sonach nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

Das Argument der Anmelderin, dass die Fachwelt trotz der erkennbaren Vorteile das vorgeschlagene Verfahren nicht zum Einsatz gebracht hat, vermag demgegenüber nicht durchzugreifen. Dem technischen Kenntnisstand nach wäre die vorgeschlagene Konzeption und Verwendung von Magnet-Resonanz-Scannern bereits vor dem Anmeldetag möglich gewesen. Die Gründe dafür, dass das vorgeschlagene Verfahren nicht in breitem Umfang zur Anwendung gekommen ist, liegen möglicherweise auf wirtschaftlichem Gebiet, sie sind jedenfalls nicht durch ein Vorurteil der Fachwelt bedingt.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 ist sonach nicht gewährbar.

Die auf die Ausgestaltung eines Magnet-Resonanz-Scanners gerichteten Ansprüche 2 bis 11 fallen mit dem Anspruch 1 schon deshalb, weil über den Antrag der Anmelderin nur einheitlich befunden werden kann. Im übrigen lassen auch sie keine Ausgestaltung erkennen, die auf eine erfinderische Leistung hinweist.

Die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 06 T des Deutschen Patent- und Markenamts war daher zurückzuweisen.

Grimm Dr. Schmitt Bertl Prasch Bb






BPatG:
Beschluss v. 23.05.2002
Az: 17 W (pat) 48/00


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