Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Juni 2010
Aktenzeichen: 12 W (pat) 346/04

(BPatG: Beschluss v. 10.06.2010, Az.: 12 W (pat) 346/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Patentinhaberin hatte ein Patent für eine rücklaufseitige Anschlussarmatur für Fußbodenheizungen erhalten. Ein Dritter hat dagegen Einspruch erhoben und auf eine offenkundige Vorbenutzung verwiesen. Der Dritte legte dazu Unterlagen vor, die belegen sollten, dass das angegriffene Patent bereits vor dem Anmeldetag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Bei einer mündlichen Verhandlung kam ein Zeuge zum Einsatz, der die Offenkundigkeit der Vorbenutzung bestätigte. Das Bundespatentgericht entschied daraufhin, dass das Patent widerrufen werden soll, da der Gegenstand des Patents nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Patentinhaberin hatte argumentiert, dass der Unterschied des Patents zu den vorgelegten Unterlagen eine erfinderische Tätigkeit darstellt. Jedoch kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass der Fachmann bereits auf Grundlage des Standes der Technik die Anschlussstutzen einheitlich gestaltet hätte, um Kosten zu senken und die Herstellung zu vereinfachen. Mit dem widerrufenen Patent fallen auch die rückbezogenen Ansprüche des Patents weg.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 10.06.2010, Az: 12 W (pat) 346/04


Tenor

Das Patent 101 07 278 wird widerrufen.

Gründe

I Gegen das am 16. Februar 2001 angemeldete und am 8. Juli 2004 veröffentlichte Patent 101 07 278 mit der Bezeichnung "Rücklaufseitige Anschlußarmatur für Fußbodenheizungen" hat die Einsprechende am 8. Oktober 2004 Einspruch erhoben. Das angegriffene Patent umfaßt 9 Patentansprüche. Anspruch 1 lautet:

"Rücklaufseitige Anschlußarmatur für Fußbodenheizungen mit einem Fußbodenheizungsanschlußstutzen (1), mit einem Rücklaufanschlußstutzen (2), mit einem ersten Anschlußstutzen (3) zum Anschluss von Ventilmitteln, mit einem zweiten Anschlussstutzen (4) zum Anschluss von Ventilmitteln und mit einem dritten Anschlußstutzen (5) zum Anschluss von Ventilmitteln, dadurch gekennzeichnet, dass der erste, zweite und dritte Anschlußstutzen (3, 4, 5) einstückig in einem Gehäuse ausgebildet und Universalanschlußstutzen sind, die einen identischen Universalgewindeanschluss (10) aufweisen, dass der erste Anschlußstutzen (3) in der Mittelachse des Fußbodenheizungsanschlußstutzens (1) liegt und von diesem weg weist, dass der dritte Anschlußstutzen (5) in der Mittelachse des Rücklaufanschlußstutzens (2) liegt und von diesem weg weist, dass der zweite Anschlußstutzen (4) zwischen dem ersten und dem dritten Anschlußstutzen (3, 5) liegt und dass der zweite Anschlußstutzen (4) in etwa rechtwinklig aus der Ebene der übrigen Anschlußstutzen (1, 2, 3, 5) herausgeschwenkt ist."

Ansprüche 2 bis 9 sind direkt oder indirekt auf Anspruch 1 rückbezogen.

Im Prüfungsverfahren waren die D1 DE 196 50 892 C2 und die D2 DE2242396A berücksichtigt worden.

Die Einsprechende hat eine offenkundige Vorbenutzung geltend gemacht und dazu mehrere Unterlagen vorgelegt, darunter:

Kopie eines Lieferscheins, Lieferschein-Nr. 174433, vom 31.03.99, betreffend die Lieferung von zwei Stück eines Artikels "1022637 "Unibox" weiß -Kombination Thermostat + RTL-Fühler"; Kopie einer Einbauanleitung für ein "Einbauset zur Regelung der Raumtemperatur und zur Rücklauftemperaturbegrenzung M 30 x 1,5", Druckvermerk 02/1999, (Anlage 2);

Kopie einer Zeichnung für ein "Ventil mit RTLH-Einsatz und AV6-Einsatz" mit der Angabe "gezeichnet 13.10.98" im Schriftfeld sowie der Angabe "10226372 v. 14.06.1999" oberhalb des Schriftfeldes (Anlage 3) und Kopie einer "Preisliste Neuheiten 1999" der Firma O..., Deckblatt und Seiten 1 bis 10, mit einem dazu gehörenden "An unsere Geschäftspartner" gerichteten Anschreiben vom 29.03.1999 (Anlage 4).

Die Einsprechende hat dazu vorgetragen, ein Gerät "Unibox" zur Regelung der Raumtemperatur und zur Rücklauftemperaturbegrenzung von Fußbodenheizungen sei vor dem Anmeldetag des angegriffenen Patents von ihr vertrieben worden. Die Einbauanleitung nach Anlage 2 sei -eingelegt in die Produktverpackungen -den entsprechenden in der Zeit von Frühjahr 1999 bis August 2000 vertriebenen Exemplaren dieses Produkts beigefügt gewesen. In der Zeichnung 10226372 nach Anlage 3 sei das Armaturengehäuse dieses Produkts dargestellt. Dafür, dass das Armaturengehäuse des in der Anlage 2 gezeigten Produkts nach der Zeichnung gemäß Anlage 3 gefertigt worden und vor dem Anmeldetag des angegriffenen Patents vertrieben worden sei, wie sich auch aus dem vorgelegten Lieferschein 174433 ergebe, hat sie Zeugenbeweis angeboten.

Sie ist der Auffassung, der Gegenstand des Anspruchs 1 beruhe gegenüber dem -gemäß ihrer Behauptung -offenkundig vorbenutzten und in den vorgelegten Unterlagen gezeigten bzw. genannten Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Die Gegenstände der abhängigen Ansprüche seien aus dem Stand der Technik bekannt oder durch ihn nahegelegt.

Die Einsprechende beantragt, das Patent 101 07 278 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin tritt dem Vortrag der Einsprechenden entgegen. Nach ihrer Auffassung ist schon die Patentfähigkeit des Gegenstands nach dem erteilten Anspruch 1 gegeben.

Sie beantragt, das Patent in vollem Umfang aufrecht zu erhalten, hilfsweise, das Patent im Umfang der in der Verhandlung eingereichten Ansprüche 1 bis 8 aufrecht zu erhalten mit angepasster Seite 2 der Beschreibung, überrreicht in der mündlichen Verhandlung, und mit den weiteren Unterlagen wie Patentschrift.

Anspruch 1 nach Hilfsantrag lautet:

"Rücklaufseitige Anschlußarmatur für Fußbodenheizungen mit einem Fußbodenheizungsanschlußstutzen (1), mit einem Rücklaufanschlußstutzen (2), mit einem ersten Anschlußstutzen (3) zum Anschluß von Ventilmitteln, mit einem zweiten Anschlußstutzen (4) zum Anschluß von Ventilmitteln und mit einem dritten Anschlußstutzen (5) zum Anschluß von Ventilmitteln, dadurch gekennzeichnet, dass der erste, zweite und dritte Anschlußstutzen (3, 4, 5) einstückig in einem Gehäuse ausgebildet und Universalanschlußstutzen sind, die einen identischen Universalgewindeanschluss (10) aufweisen, dass der erste Anschlußstutzen (3) in der Mittelachse des Fußbodenheizungsanschlußstutzens (1) liegt und von diesem weg weist, dass der dritte Anschlußstutzen (5) in der Mittelachse des Rücklaufanschlußstutzens (2) liegt und von diesem weg weist, dass der zweite Anschlußstutzen (4) zwischen dem ersten und dem dritten Anschlußstutzen (3, 5) liegt und dass der zweite Anschlußstutzen (4) in etwa rechtwinklig aus der Ebene der übrigen Anschlußstutzen (1, 2, 3, 5) herausgeschwenkt ist, und dass der erste, zweite und dritte Anschlußstutzen (3, 4, 5) korrespondierende erste, zweite und dritte Ventilsitze (14, 15, 16) aufweisen."

Der Senat hat -nachdem die Patentinhaberin die behauptete offenkundige Vorbenutzung bestritten hatte -Beweis erhoben durch Vernehmung des von der Einsprechenden gestellten Zeugen R...l, der dabei einen Prospekt "Oventrop Produktneuheiten" (Druckvermerk PR 213 -0/20/10.99/Ro) vorgelegt hat. Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme, niedergelegt im Protokoll der Sitzung vom 10. Juni 2010, wird Bezug genommen.

Wegen Einzelheiten und wegen des Wortlauts der Unteransprüche wird auf die Akte verwiesen.

II Der Einspruch ist zulässig.

Der Senat hat nach der Vernehmung des Zeugen R... und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung die Überzeugung gewonnen, dass die in der Zeichnung nach Anlage 3 dargestellte Anschlussarmatur, bezeichnet als "Ventil mit RTLH-Einsatz und AV6-Einsatz", vor dem für den Zeitrang der Anmeldung des angegriffenen Patents maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist und damit zum Stand der Technik gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG zählt.

Der Zeuge R... ist nach Darstellung des Verfahrensbevollmächtigten der Einsprechenden bei dieser seit über 20 Jahren im Vertrieb tätig, arbeitet in der Marketingabteilung und ist für Marketing und Vertrieb sowie die Dokumentenerstellung zuständig.

Der Zeuge R...l, von Beruf Dipl.-Ökonom, hat in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass die Einbauanleitung für das "Einbauset zur Regelung der Raumtemperatur und zur Rücklauftemperaturbegrenzung M 30 x 1,5" (Anlage 2) das Einbauset Art.-Nr. 102 26 37 in der Form zeige, wie es in der Zeit von Frühjahr 1999 bis August 2000 gebaut und vertrieben worden sei. Im Anschluss an diesen Zeitraum sei die Lage des Entlüftungsventils geändert worden. Der Gegenstand gemäß der Zeichnung mit der Angabe "10226372" (Anlage 3) sei bei dem in der Einbauanleitung gemäß Anlage 2 beschriebenen Einbauset eingebaut gewesen. Die Angabe "10226372" auf der Zeichnung bezeichne eine Dokumentenanlage mit der Nummer 2 (siehe die letzte Ziffer vorstehender Angabe) zu dem Produkt mit der (in dieser Angabe vorangestellten) Nummer 1022637. Das Zeichnungsdatum sei der 13.10.98, wie im Schriftfeld der Zeichnung angegeben. Bei dem gemäß Lieferschein 174433 in zwei Exemplaren ausgelieferten Produkt handele es sich um das in der Anlage 2 gezeigte und beschriebene Einbauset, dessen Armaturengehäuse entsprechend der Zeichnung nach Anlage 3 gefertigt gewesen sei.

Der Senat sieht keinen Anlass, an der Aussage des Zeugen R... zu zweifeln. Zwar konnte der Zeuge manche der in den ihm vorgelegten Unterlagen gezeigten Details nicht erklären. Dies ändert jedoch an der Gesamteinschätzung des Senats nichts. Bezüglich der auf der Zeichnung nach Anlage 3 befindlichen Datumsangabe "14.06.1999" oberhalb des Schriftfeldes hat er unumwunden erklärt, dazu nichts aussagen zu können. Auch wenn die Bedeutung der Angabe des Datums "14.06.1999", das nach dem Datum des Lieferschein-Nr. 174433 vom 31.03.99 liegt, somit in der mündlichen Verhandlung ungeklärt geblieben ist, sieht der Senat das auf der Zeichnung im Schriftfeld eingetragene Datum "13.10.98" als das Erstellungsdatum der genannten Zeichnung an, wie vom Zeugen auch bestätigt. Dieses Datum, sowie das im Schriftfeld außerdem eingetragene Datum der Prüfung "17.12.98", passt zu der Aussage des Zeugen, das Einbauset sei ab Frühjahr 1999 in dieser Form gebaut worden. Im Übrigen finden die vorstehenden Aussagen ihre Bestätigung durch den vom Zeugen in Ergänzung vorgelegten Prospekt "Oventrop Produkt-Neuheiten", in dem auf der dritten Seite in der zweiten Abbildung von oben eine gleiche Anordnung des Entlüftungsventils wie in der Zeichnung gemäß Anlage 3 zur offenkundigen Vorbenutzung dargestellt ist.

Nach dem so in der Beweisaufnahme festgestellten Sachverhalt sind Exemplare der in der Zeichnung nach Anlage 3 dargestellten Anschlussarmatur als Teil eines Einbausets Art.-Nr. 102 26 37 zur Regelung der Raumtemperatur und zur Rücklauftemperaturbegrenzung in der Zeit von Frühjahr 1999 bis August 2000 von der Einsprechenden hergestellt und an Kunden -und somit an einen nicht beschränkten Personenkreis -ausgeliefert worden. Die genannte Anschlussarmatur ist folglich vor dem Anmeldetag des angegriffenen Patents durch Benutzung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.

III A. Zum Hauptantrag:

1. Anspruch 1 läßt sich folgendermaßen in Merkmale gliedern:

1 Rücklaufseitige Anschlussarmatur für Fußbodenheizungen miteinem Fußbodenheizungsanschlußstutzen 1, 2 mit einem Rücklaufanschlussstutzen 2, 3a mit einem ersten Anschlussstutzen 3 zum Anschluß von Ventilmitteln, 3b mit einem zweiten Anschlussstutzen 4 zum Anschluß von Ventilmitteln und 3c mit einem dritten Anschlussstutzen 5 zum Anschluß von Ventilmitteln, 4 dadurch gekennzeichnet, dass der erste, zweite und dritte Anschlussstutzen 3, 4, 5 einstückig in einem Gehäuse ausgebildet und 5 dass die Anschlussstutzen 3, 4, 5 Universalanschlussstutzen sind, die einen identischen Universalgewindeanschluß 10 aufweisen, 6 dass der erste Anschlussstutzen 3 in der Mittelachse des Fuß

bodenheizungsanschlussstutzens 1 liegt und 6a von diesem weg weist, 7 dass der dritte Anschlussstutzen 5 in der Mittelachse des Rücklaufanschlussstutzens 2 liegt und 7a von diesem weg weist, 8 dass der zweite Anschlussstutzen 4 zwischen dem ersten unddem dritten Anschlussstutzen 3, 5 liegt und 9 dass der zweite Anschlussstutzen 4 in etwa rechtwinklig aus der Ebene der übrigen Anschlussstutzen 1, 2, 3, 5 herausgeschwenkt ist.

2.

Als Fachmann ist vorliegend ein Dipl.-Ing. (FH) des Maschinenbaus der Fachrichtung Heizungs-, Klima-, Lüftungstechnik im Bereich der Konstruktion und Entwicklung von Armaturen für Heizungsanlagen anzusehen.

3.

Zum Verständnis des Anspruchs 1: Eine rücklaufseitige Anschlussarmatur für Fußbodenheizungen, vgl. Merkmal 1, wird üblicherweise für kleine Fußbodenheizungsflächen ohne einen -bei größeren Fußbodenheizungen notwendigen -eigenen Kreislauf eingesetzt. Die "Universalanschlußstutzen" nach Merkmal 5 sind im angegriffenen Patent dadurch definiert, dass sie mit einem "Universalgewindeanschluß" versehen sind. Der Fachmann entnimmt diesem Merkmal, dass die Anschlußstutzen einheitlichsind und gleiches Gewinde aufweisen. Eine weitere Festlegung, etwa auf ein Gewinde bestimmter Art oder Grösse oder auf ein Innenoder Außengewinde liegt darin nicht. Merkmal 9 ist unter Berücksichtigung der Merkmale 6 und 7 in Verbindung mitz. B. dem Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1 bis 4 so zu verstehen, dass die Mittelachsen des Fußbodenheizungsanschlussstutzens und des Rücklaufanschlussstutzens in einer Ebene liegen und die Mittelachse des zweiten Anschlussstutzens in etwa rechtwinklig zu dieser Ebene ausgerichtet ist.

4. Der Gegenstand des Anspruchs 1 erfüllt nicht die Patentierungsvoraussetzungen.

Die rücklaufseitige Anschlussarmatur für Fußbodenheizungen nach Anspruch 1 ist neu gemäß § 3 PatG, denn den im Prüfungsverfahren berücksichtigten Druckschriften und den von der Einsprechenden zum Gegenstand der Vorbenutzung vorgelegten Dokumenten fehlt zumindest das Merkmal 5, dass der erste, zweite und dritte Anschlußstutzen Universalanschlußstutzen sind, die einen identischen Universalgewindeanschluß aufweisen.

Die beanspruchte rücklaufseitige Anschlussarmatur für Fußbodenheizungen nach Anspruch 1 beruht jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit gemäß § 4 PatG.

Dem Patentgegenstand ist nach Würdigung des Stands der Technik nach den Druckschriften DE 196 50 892 C2 und DE 22 42 396 A die Aufgabe zugrundegelegt, eine platzsparende und kostengünstige rücklaufseitige Anschlussarmatur für Fussbodenheizungen zu schaffen, die möglichst vielfältige Anschlussund Verwendungsmöglichkeiten bietet, siehe Absätze [0002] bis [0004] der Patentschrift des angegriffenen Patents.

Als nächstkommenden Stand der Technik sieht der Senat die in der Zeichnung nach Anlage 3 (in Verbindung z. B. mit Anlage 2) offenbarte Armatur mit diversen Anschlussstutzen zum Anschluss von Leitungen und Ventilmitteln. Dieser Auffassung hat sich die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung im Anschluß an die Vernehmung des Zeugen R... angeschlossen.

Die patentgemäße Lehre ergibt sich aus diesem Stand der Technik in Verbindung mit dem vorauszusetzenden fachmännischen Können.

Bei der in der Zeichnung nach Anlage 3 gezeigten, offensichtlich kompakt und platzsparend gestalteten Anschlussarmatur ist der Wärmeträgerdurchfluss im dargestellten Gehäuse von links nach rechts. Der Fußbodenheizungsanschlussstutzen ist links unten, der Rücklaufanschlussstutzen rechts unten. Es sind drei Anschlussstutzen zum Anschluss von Ventilmitteln gezeigt. Die Anschlussstutzen sind einstückig in dem Gehäuse ausgebildet. Damit liegen die Merkmale 1 bis 4 vor. Der "erste" Anschlussstutzen (Bezeichnung nach dem angegriffenem Patent) liegt links oben und in der Mittelachse des Fußbodenheizungsanschlussstutzens und weist von diesem weg. Der dritte Anschlussstutzen liegt oben rechts und in der Mittelachse des Rücklaufanschlussstutzens und weist von diesem weg. Der zweite Anschlussstutzen liegt zwischen dem ersten und dem dritten Anschlussstutzen und ist rechtwinklig aus der Ebene der übrigen Anschlussstutzen herausgeschwenkt. Merkmale 6 bis 9 sind somit ebenfalls gegeben.

Es weisen der erste (links oben liegende) und der zweite (mittige) Anschlussstutzen in der Zeichnung nach Anlage 3 einen übereinstimmenden Gewindeanschluss auf und stellen damit jeweils schon einen Universalanschlussstutzen mit einem identischen Universalgewindeanschluss dar. Der dritte Anschlussstutzen, in den ein Entlüftungsventil 5 eingesetzt ist, hat ersichtlich kleinere Abmessungen als die beiden anderen Anschlussstutzen und ist daher kein Universalanschlussstutzen mit Universalgewindeanschluss im Sinne des angegriffenen Patents. Als Unterschied des Gegenstands des Anspruchs 1 zur Anschlussarmatur nach Anlage 3 ist daher das Teilmerkmal von Merkmal 5 zu sehen, dass (neben dem ersten und zweiten) auch der dritte Anschlussstutzen ein Universalanschlussstutzen ist, der einen zum ersten und zweiten identischen Universalgewindeanschluss aufweist.

Bei der Konstruktion von technischen Gerätschaften mit funktionsgleichen oder ähnlichen Bestandteilen lag es bereits lange vor dem Anmeldetag des angegriffenen Patents im allgemeinen Bestreben des Fachmanns, möglichst viele identische Teile einzusetzen oder wenigstens die Anschlüsse von verwendeten Teilen zu vereinheitlichen, um die Herstellung zu vereinfachen, Service und Instandhaltung wie Ersatzteilvorhaltung zu erleichtern und damit Kosten zu senken. Schon aus diesem Bestreben heraus war es für den Fachmann naheliegend, für die Anschlussarmatur nach der Anlage 3 einheitliche Anschlussstutzen für die Ventilmittel mit identischem Gewinde in seine Konstruktionsüberlegungen einzubeziehen und dementsprechend zusätzlich zum ersten und zweiten auch den verbleibenden dritten Anschlussstutzen als Universalanschlussstutzen mit identischem Universalgewindeanschluss auszuführen.

Die Patentinhaberin ist der Auffassung, aufgrund des zuvor genannten Unterschieds sei erfinderische Tätigkeit gegeben, denn der Fachmann habe aus der Zeichnung nach der Anlage 3 in Verbindung mit der Offenbarung der Anlage 2 keinerlei Anregung empfangen, bei der gezeigten Anschlussarmatur den vorhandenen kleinen Anschlussstutzen für das Entlüftungsventil 5 durch einen den beiden anderen Anschlussstutzen angepassten Anschluss zu ersetzen.

Es ist zutreffend, dass Anlage 3 in Verbindung mit der Anlage 2 aus sich heraus keinen Hinweis für die o. a. Maßnahme gibt. Dieser Umstand kann jedoch das Vorliegen von erfinderischer Tätigkeit nicht begründen.

Bei der Konstruktion einer Anschlussarmatur für Fußbodenheizungen ist vom Fachmann selbstverständlich die Ausbildung sämtlicher Anschlüsse und ihrer Anschlussstutzen festzulegen. Bei dieser Festlegung kann der Fachmann von den vorgesehenen anzuschließenden Teilen, wie z. B. den Ventilen, ausgehen. Ist der Einsatz von marktüblichen Komponenten geplant, ist deren ggfs. unterschiedlicher Anschluss vorrangig zu berücksichtigen. Dass derartige Anschlussarmaturen für Fußbodenheizungen mit dementsprechend angepassten Ventilanschlüssen angeboten werden, geht z. B. aus Anlage 4 hervor: Auf deren Seite 4 sind für die Einbausets der Einzelraumregelungen "Unibox" Thermostatventile und RTLH-Ventile mit unterschiedlichen Gewindeanschlüssen aufgeführt. Auch wenn beim Anschluss von Teilen Verwechslungsgefahr besteht, kann es angezeigt sein, unterschiedliche Anschlüsse für diese Teile vorzusehen. Die Entscheidung, bei einer Anschlussarmatur für Fußbodenheizungen einen von den übrigen abweichenden Anschlussstutzen vorzusehen, kann sich schon allein aus den niedrigeren Kosten für das anzuschließende Teil, wie z. B. für ein Entlüftungsventil kleinerer Nenngröße, ergeben.

Solche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, gehörte am Anmeldetag des angegriffenen Patents zum gebotenen fachüblichen Vorgehen bei der Konstruktion der Anschlussarmatur. Lagen Anforderungen für unterschiedliche Anschlussstutzen bzw. unterschiedliche Gewindeanschlüsse wie die vorstehend genannten nicht vor, lag es im Bereich des vorauszusetzenden handwerklichen Könnens des hier angesprochenen Fachmanns, alle Anschlussstutzen aus den o. a. Vereinfachungsund Kostengründen zu vereinheitlichen und entsprechend dem vorstehend genannten Teilmerkmal des Merkmals 5 auch den dritten Anschlussstutzen als Universalanschlussstutzen mit einem identischen Universalgewindeanschluss auszubilden, zumal ja bereits die Anschlussarmatur gemäß Anlage 3 zwei gleiche Universalgewindeanschlüsse zeigt und der Fachmann aufgrund dieser vorgezeigten Vereinheitlichung auch kein vermeintliches Vorurteil zu überwinden hatte.

Mit Anspruch 1 fallen auch die auf ihn rückbezogenen Ansprüche 2 bis 9.

B. Zum Hilfsantrag:

1.

Die Zulässigkeit der Ansprüche nach dem Hilfsantrag ist gegeben. Anspruch 1 ist gebildet aus den Merkmalen des erteilten Anspruchs 1 und dem kennzeichnenden Merkmal des erteilten Anspruchs 3. Die kennzeichnenden Merkmale der Ansprüche 2 bis 8 entsprechen den kennzeichnenden Merkmalen der erteilten Ansprüche 2 und 4 bis 9.

2.

In Anspruch 1 ist zusätzlich aufgenommen das Merkmal 10 dass der erste, zweite und dritte Anschlußstutzen 3, 4, 5 korrespondierende erste, zweite und dritte Ventilsitze 14, 15, 16 aufweisen.

3.

Zum Verständnis des Anspruchs 1: Das Merkmal 10 bedeutet, dass dem ersten, zweiten und dritten Anschlussstutzen jeweils ein Ventilsitz im Gehäuse der Anschlussarmatur zugeordnet ist, der so gestaltet ist, dass er ggfs. mit einem in den jeweiligen Anschlussstutzen eingesetzten bzw. eingeschraubten Ventilmittel zusammenwirken kann. Dies ist dadurch realisiert, dass die Anschlussstutzen und die jeweils zugeordneten Ventilsitze eine gemeinsame Mittelachse aufweisen bzw. koaxial sind, siehe in den Ausführungsbeispielen das angegriffenen Patents z. B. Figur 2 mit dem Rücklauftemperaturbegrenzerventil 7 und dem zugeordneten ersten Ventisitz 14.

Es wird im Übrigen auf die entsprechenden Ausführungen zum Anspruch 1 nach Hauptantrag verwiesen.

4.

Mit der Aufnahme des Merkmals 10 in den Patentanspruch 1 wird diesem nichts hinzugefügt, was eine erfinderische Tätigkeit gemäß § 4 PatG begründen könnte.

Dieses Merkmal ist zum Teil bereits bei der Anschlussarmatur nach Anlage 3 realisiert. Diese weist für den ersten Anschlußstutzen, siehe linke Seite der Zeichnung, schon einen koaxialen und damit einen korrespondierenden Ventilsitz auf. Des Weiteren liegt koaxial zum zweiten Anschlussstutzen, siehe rechte Seite der Zeichnung, eine von einem O-Ring beaufschlagte Dichtfläche, die offenbar auch als korrespondierender Ventilsitz genutzt werden kann.

Für die Maßnahme, Anschlussstutzen mit korrespondierenden Ventilsitzen vorzusehen, ergab sich für den Fachmann aus der DE 196 50 892 C2 (D1) eine Anregung. Die Entgegenhaltung zeigt eine gattungsgemäße Anschlussarmatur für Fussbodenheizungen mit Raumthermostatventil und Rücklauftemperaturbegrenzerventil. Es wird vorgeschlagen, die Positionen dieser beiden Ventilmittel innerhalb des Gehäuses vertauschbar zu machen, siehe Anspruch 3 und Spalte 2, Zeilen 68 ff., der D1. Durch das Vertauschen der Positionen ist eine unerwünschte Überkreuzung der Anschlussrohre der Fußbodenheizung am Gehäuse der Anschlussarmatur vermeidbar. Die angesprochene Vertauschbarkeit der Ventilmittel setzt eine entsprechende Gestaltung von Anschlußstutzen und Ventilsitzen voraus.

Wollte sich der Fachmann die Möglichkeit abweichender Konfigurationen offen halten, um im Bedarfsfall Anschlüsse vertauschen zu können oder die Anschlussarmatur mit anderen Ventilmitteln verwenden zu können, war es für ihn naheliegend, auch bei der Anschlussarmatur nach der Anlage 3 sämtlichen Anschlussstutzen für Ventilmittel jeweils korrespondierende Ventilsitze zuzuordnen.

5. Mit Anspruch 1 fallen auch die auf ihn rückbezogenen Ansprüche 2 bis 8.

Dr. Ipfelkofer Dr. Frowein Bayer Dr. Baumgart Me






BPatG:
Beschluss v. 10.06.2010
Az: 12 W (pat) 346/04


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