Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. September 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 151/03

(BPatG: Beschluss v. 22.09.2003, Az.: 30 W (pat) 151/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in diesem Beschluss entschieden, dass der Antrag der Widersprechenden auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr abgelehnt wird. Dadurch gilt die Beschwerde als nicht eingelegt.

Die Widersprechende hatte gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts Widerspruch eingelegt, der jedoch zurückgewiesen wurde. Ihre dagegen gerichtete Erinnerung wurde ebenfalls zurückgewiesen. Die Verfahrensbevollmächtigten der Widersprechenden haben am 7. April 2003 per Telefax Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt und die Beschwerdegebühr wurde am 9. April 2003 gutgeschrieben.

Das Bundespatentgericht hat jedoch mit Bescheid vom 8. Juli 2003 mitgeteilt, dass die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat gezahlt wurde, weshalb die Beschwerde als nicht eingelegt gilt.

Die Widersprechende hat daraufhin Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr beantragt, jedoch hat dieser Antrag keinen Erfolg gehabt. Es wurde festgestellt, dass die Widersprechende die Frist zur Zahlung der Gebühr versäumt hat und dass die Überweisung am 4. April 2003 per Onlinebanking nicht rechtzeitig erfolgte. Gemäß einer Verordnung gilt bei Überweisungen als Einzahlungstag der Tag, an dem der Betrag dem Konto gutgeschrieben wird. Da die Beschwerdegebühr nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Beschwerde gezahlt wurde, gilt die Beschwerde als nicht eingelegt.

Das Gericht hat entschieden, dass die Widersprechende nicht ausreichend dargelegt hat, dass sie ohne Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten. Es ist davon ausgegangen worden, dass die Bevollmächtigten der Widersprechenden bei der kurzen verbleibenden Zeit bis zum Fristablauf am 7. April 2003 besondere Sorgfalt hätten aufwenden müssen. Ihre Wahl, die Zahlung per Überweisung vorzunehmen, hat nicht dazu geführt, dass die Gutschrift am 7. April 2003 zuverlässig erfolgte. Das Gericht hat festgestellt, dass die Bevollmächtigten der Widersprechenden nicht ohne Verletzung von Sorgfaltpflichten darauf vertrauen durften, dass die am 4. April 2003 online abgeschickte Überweisung am 7. April 2003 auf dem Konto des Empfängers gutgeschrieben wird.

Die vom Widersprechenden dargestellten Serverprobleme und der Zeitpunkt des Eingangs bei der Bundesbank sind für das Gericht nicht relevant.

Insgesamt erfolgte die Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr, daher gilt die Beschwerde als nicht eingelegt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 22.09.2003, Az: 30 W (pat) 151/03


Tenor

1. Der Antrag der Widersprechenden, ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren, wird zurückgewiesen.

2. Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe I.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- Markenamts hat mit Beschluß vom 8. November 2001 ua den Widerspruch aus der Marke 395 27 100 zurückgewiesen und die hiergegen eingelegte Erinnerung der aus dieser Marke Widersprechenden mit Beschluß vom 19. Februar 2003 zurückgewiesen. Der E-rinnerungsbeschluß ist den Verfahrensbevollmächtigten der Widersprechenden gegen Empfangsbekenntnis am 6. März 2003 zugestellt worden.

Mit Telefax vom 7. April 2003 (Montag) der Verfahrensbevollmächtigten der Widersprechenden ist gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt worden. Die Beschwerdegebühr wurde dem Konto des Patentamts am 9. April 2003 gutgeschrieben.

Mit den Verfahrensbevollmächtigten der Widersprechenden am 10. Juli 2003 zugestelltem Bescheid des Bundespatentgerichts vom 8. Juli 2003 wurde mitgeteilt, daß die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat eingezahlt worden sei, weshalb festzustellen sein werde, daß die Beschwerde als nicht eingelegt gelte.

Mit am 1. August 2003 eingegangenem Schriftsatz der Bevollmächtigten der Widersprechenden vom 30. Juli 2003 ist die Wiedereinsetzung beantragt und unter Beifügung von Glaubhaftmachungsunterlagen sind Ausführungen zur Zahlung der Beschwerdegebühr gemacht worden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ist statthaft, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist erhält gemäß § 91 Abs 1 Satz 1 MarkenG auf Antrag, wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat.

Die Widersprechende hat die am Montag, dem 7. April 2003 abgelaufene, einmonatige Frist zur Zahlung der Gebühr für die Beschwerde versäumt (vgl § 66 Abs 5, Abs 2 MarkenG). Entgegen ihrer Auffassung hat die am 4. April 2003 um 14.49 Uhr per Onlinebanking in Auftrag gegebene Überweisung auf das Konto des Patentamts bei der Bundesbank München keine rechtzeitige Zahlung bewirkt. Der überwiesene Betrag wurde erst am 9. April 2003 dem Konto des Patentamts gutgeschrieben. Gemäß § 3 der Verordnung über die Zahlung der Gebühren des Deutschen Patent- und Markenamts und des Bundespatentgerichts (PatGebZV) gilt bei Überweisungen als Einzahlungstag der Tag, an dem der Betrag dem Konto der Zahlstelle des Patentamts gutgeschrieben wird. Da die Beschwerdegebühr nicht innerhalb eines Monats nach Zugang der Beschwerde gezahlt wurde, gilt die Beschwerde als nicht eingelegt (§ 66 Abs 5 Satz 2 MarkenG).

Der gegen die Versäumung dieser Frist gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist nicht begründet. Die Widersprechende hat nicht hinreichend dargetan, daß sie ohne Verschulden verhindert war, die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr einzuhalten. Ohne Verschulden ist eine Fristversäumung erfolgt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall zumutbar war (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 91 Rdn 16 mwN). Mangelnde Sorgfalt vertretungsberechtigter Personen ist wie eigenes Verschulden zu werten; an die gem § 85 Abs2 ZPO maßgebliche Sorgfalt eines Anwalts werden von der Rechtsprechung strenge Maßstäbe angelegt (vgl Ströbele/Hacker aaO Rdn 18 mwN).

Nach ihren Ausführungen haben die Bevollmächtigten der Widersprechenden am Freitag, dem 4. April 2003 um 14.49 Uhr einen Auftrag zur Überweisung der Beschwerdegebühr per Onlinebanking an ihre Hausbank abgeschickt. Bei der Kürze der bis zum Fristablauf am Montag, dem 7. April 2003 noch zur Verfügung stehenden Zeit und angesichts bevorstehenden Wochenendes war damit aber besondere Sorgfalt geboten. Diese notwendige Sorgfalt bei der Einzahlung ist vorliegend nicht aufgewandt worden.

Zwar ist bei Zahlungsfristen davon auszugehen, dass der Zahlungspflichtige die Fristen ausschöpfen darf; er hat aber bei einer späten Zahlung für die dann erforderliche schnelle Zahlungsweise zu sorgen; im Hinblick auf die einschlägigen Zahlungsvorschriften, die auch in den auf der Rückseite der Rechtsmittelbelehrung abgedruckten Zahlungshinweisen wiedergegeben sind, hätte damit eine Zahlungsart gewählt werden müssen, die den 7. April 2003 als Gutschriftstag zuverlässig gewährleistet. Das war hier mit der Zahlungsweise per Überweisung nicht der Fall. Bei Überweisungsverträgen sind die gesetzlichen Ausführungsfristen von Überweisungen gem § 676a BGB zu berücksichtigen (vgl Ströbele/Hacker aaO). Nach § 676a Abs 2 Nr 2 BGB sind inländische Überweisungen in Inlandswährung vom Kreditinstitut längstens binnen drei Bankgeschäftstagen auf das Konto des Kreditinstituts des Begünstigten zu bewirken; das bedeutet, dass sich das überweisende Kreditinstitut für die Erfüllung seiner Pflichten aus dem Überweisungsvertrag drei Bankgeschäftstage Zeit lassen darf. Bankgeschäftstage sind gem § 676a Abs 2 Nr 1 BGB nur Werktage ausgenommen Sonnabende; die Frist beginnt bei Vorliegen der Erfordernisse gem § 676a Abs 2 Satz 3 BGB; für die Fristberechnung gelten §§ 187 Abs 1, 188 Abs 1 BGB.

Angesichts dieser eindeutigen Regelungen durften die Bevollmächtigten der Widersprechenden nicht ohne Verletzung von Sorgfaltpflichten davon ausgehen, die am Freitag, dem 4. April 2003 um 14.49 Uhr online abgeschickte Überweisung werde zur Gutschrift am Montag, dem 7. April 2003 auf dem Konto des Begünstigten führen. Daß die Bevollmächtigten der Widersprechenden mit ihrer Hausbank von dieser gesetzlichen Regelung abweichende kürzere Fristen vereinbart haben, auf die sie ohne Verletzung von Sorgfaltpflichten hätten vertrauen dürfen, ist nicht dargelegt und nicht glaubhaft gemacht.

Unter diesen Umständen kommt es auf die dargelegten Serverprobleme bei der Hausbank der Widersprechenden in der Zeit vom 4. April 2003 bis zum 7. April 2003 und die Ausführungen über den Zeitpunkt des Eingangs bei der Bundesbank und den zu erwartenden Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Empfängerkonto (vgl. hierzu § 676g BGB) nicht an.

Dr. Buchetmann Winter Schramm Na






BPatG:
Beschluss v. 22.09.2003
Az: 30 W (pat) 151/03


Link zum Urteil:
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