Bayerischer Verwaltungsgerichtshof:
Urteil vom 30. August 2011
Aktenzeichen: 8 B 11.172

(Bayerischer VGH: Urteil v. 30.08.2011, Az.: 8 B 11.172)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in einem Urteil vom 30. August 2011 entschieden, dass die Klage einer Klägerin abgewiesen wird. Die Klägerin hatte von der Beklagten die Erstattung ihrer Aufwendungen verlangt, die ihr im Zusammenhang mit einer straßenrechtlichen Streitigkeit entstanden sind. Das Verwaltungsgericht hatte zuvor die Klage abgewiesen, soweit die Klägerin Rechtsanwaltsaufwendungen geltend gemacht hatte. Die Klägerin hatte daraufhin Berufung eingelegt. Der Verwaltungsgerichtshof entschied nun, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten hat. Ein Anspruch auf Geschäftsführung ohne Auftrag besteht nicht, da die Klägerin entweder selbst Straßenbaulastträgerin ist oder es an einer wirksamen Widmung des Wegs fehlt. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch besteht ebenfalls nicht. Auch hat die Klägerin keine wasserrechtliche Verpflichtung für die Beklagte besorgt. Daher wurde die Klage abgewiesen. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar und die Revision wurde nicht zugelassen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

Bayerischer VGH: Urteil v. 30.08.2011, Az: 8 B 11.172


Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. Juni 2009 erhält folgende Fassung:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Erstattung ihrer Aufwendungen, die ihr im Zusammenhang mit einer straßenrechtlichen Streitigkeit entstanden sind.

Mit Bescheid des Landratsamts A€ vom 22. Februar 2005 wurde die Klägerin auf der Grundlage der Art. 62 Abs. 2 BayStrWG, Art. 108 ff. GO als vermeintlich zuständiger Straßenbaulastträger zur Durchführung der ordnungsgemäßen Sanierung des unteren Straßendamms im A€ (Damm 2) verpflichtet. Der Damm befindet sich am nördlichen Ortsrand der Gemeinde auf dem Grundstück Fl.Nr. 4094 der Gemarkung W€. Dort zweigt kurz nach dem Ortsschild die Straße €Am Seehaus€ von der Kreisstraße AB 4 ab, führt über diesen Damm und erschließt u.a. das Forsthaus €Seehaus€, den Staatswald, aber auch Privatgrundstücke auf gemeindefreiem Gebiet. Der Damm verläuft quer zum A€, für den ein Durchlass besteht. Zum Zwecke der Sanierung sollte ein Antrag auf Durchführung eines wasserrechtlichen Verfahrens nach § 31 WHG unter entsprechender Planvorlage gestellt werden. Der Bescheid wurde für sofort vollziehbar erklärt.

Die von der Klägerin hiergegen erhobene Klage war erfolgreich. Das Verwaltungsgericht hob mit Urteil vom 13. Februar 2007 den Bescheid des Landratsamts in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Unterfranken auf. Zur Begründung wies es darauf hin, die Klägerin sei nicht Trägerin der Straßenbaulast, weil es an einer wirksamen Widmung des Wegs fehle. Der Weg Fl.Nr. 4094 der Gemarkung W€ sei weder bei der ersten Anlegung 1962 noch bei der wiederholten Anlegung im Jahr 1981 wirksam in das Bestandsverzeichnis aufgenommen worden, gelte damit gemäß Art. 67 Abs. 5 BayStrWG nicht als öffentliche Straße.

Die Klägerin erhob daraufhin erneut Klage zum Verwaltungsgericht, gerichtet gegen den Freistaat Bayern. Aufgrund des sofort vollziehbaren Bescheids vom 22. Februar 2005 habe sie entsprechende Planungsleistungen in Auftrag gegeben. Hierfür seien ihr durch ein Ingenieurbüro 6.205,28 Euro in Rechnung gestellt worden. Zudem seien ihr auch Anwaltskosten in Höhe von 603,93 Euro entstanden. Der Beklagte sei daher zu verurteilen, an die Klägerin 6.205,28 Euro nebst 5% Punkte Zinsen über Basisdiskont seit 6. Juni 2008 sowie 603,93 Euro zu zahlen.

Das Verwaltungsgericht wies die Klägerin daraufhin, dass nicht der Freistaat Bayern, sondern die Bayer. Staatsforsten, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, als richtige Beklagte anzusehen sei. Die Klägerin änderte die erhobene Klage anschließend entsprechend.

Mit Urteil vom 30. Juni 2009 hat das Verwaltungsgericht die Klage wegen fehlenden Verzugs abgewiesen, soweit mit ihr Rechtsanwaltsaufwendungen geltend gemacht worden waren. Im Übrigen hat es der Klage stattgegeben. Die Tatbestandsvoraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag lägen vor.

Den Anträgen der Klägerin und der Beklagten, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen, hat der Senat mit Beschluss vom 26. Januar 2011 stattgegeben.

Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Berufung vorgetragen, die Beauftragung und Hinzuziehung eines Anwalts zur Geltendmachung der Ansprüche sei jedenfalls im Rahmen der Geschäftsführung ohne Auftrag auch außergerichtlich gerechtfertigt gewesen, weshalb die Beklagte verpflichtet sei, die diesbezüglichen Kosten zu tragen. Die Berufung der Beklagten sei zurückzuweisen, weil die Beklagte für die Sanierung des Damms verantwortlich sei. Die Klägerin habe deshalb ein Geschäft für die Beklagte wahrgenommen, da diese ein entsprechendes Interesse an der Instandhaltung des Damms habe. Der Damm stelle nämlich die einzige Zufahrt zu dem im Eigentum der Beklagten stehenden Forsthaus dar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. Juni 2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 603,93 Euro nebst 5% Punkte Zinsen über Basisdiskont seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen, im Übrigen die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit abzuändern, als die Beklagte zur Zahlung von 6.905,28 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% Punkte über dem Basiszinssatz seit 6. Juni 2008 verurteilt wurde, im Übrigen die Berufung zurückzuweisen.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag lägen nicht vor. Es handle sich bereits bei der Erteilung des Planungsauftrags durch die Klägerin um kein Geschäft des öffentlichen Rechts. Für die Klägerin habe sich die Angelegenheit auch nicht als objektiv fremdes Geschäft dargestellt. Jedenfalls scheitere ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag am fehlenden Willen oder dem Interesse der Beklagten als Geschäftsherrin hinsichtlich des von der Klägerin erteilten Planungsauftrags.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Behördenakten und die Akten in den gerichtlichen Verfahren Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet, die Berufung der Klägerin hingegen unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten, die ihr infolge der Beauftragung eines Planungsbüros und eines Rechtsanwalts entstanden sind. Demgemäß bedarf es auch keiner Vertiefung der vom Erstgericht aufgeworfenen Frage, ob die Beklagte tatsächlich richtige Passivlegitimierte ist, wofür allerdings unter Berücksichtigung von Art. 5 des Gesetzes zur Errichtung des Unternehmens €Bayerische Staatsforsten€ (Staatsforstengesetz € StFoG) vom 9. Mai 2005 vieles spricht.

1. Ein Anspruch auf Erstattung der verauslagten Kosten ergibt sich weder aus einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag, noch besteht ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch. Die Geltendmachung von Verzugszinsen scheidet damit ebenfalls aus.

1.1 Die Klägerin kann ihren Anspruch nicht auf § 683 BGB analog stützten.

In Rechtssprechung und Literatur ist im Grundsatz anerkannt, dass die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) entweder analog oder als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens auch im öffentlichen Recht Anwendung finden können (BVerfG vom 31.3.1965 BVerfGE 18, 429, 436; BVerwG vom 28.8.2003 NVwZ-RR 2004, 84; vom 28.3.2003 Buchholz 442.066 § 53 TKG Nr. 2; BayVGH vom 31.8.2011 Az. 8 ZB 11.549 S. 4). Sondervorschriften des öffentlichen Rechts verdrängen allerdings dieses Rechtsinstitut (vgl. BVerwG vom 28.8.2003 NVwZ-RR 2004, 84, wonach eine entsprechende Anwendung der §§ 677 ff. BGB nur in Betracht kommt, wenn das öffentliche Recht im konkreten Fall eine €planwidrige Lücke€ aufweist; ebenso BayVGH vom 31.8.2011 Az. 8 ZB 11.549, wonach vielfach Sondertatbestände des öffentlichen Rechts die Heranziehung dieses Instituts ausschließen). Liegt solches Sonderrecht nicht vor, kommt ferner in Betracht, dass nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften das Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt ist, wonach das Geschäft dem Interesse des Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder mutmaßlichen Willen entsprechen muss (vgl. §§ 677, 683 BGB analog). Welcher dieser Fälle hier im Einzelnen vorliegt, braucht nicht durchgängig herausgearbeitet zu werden. Dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin nicht durchdringt, ist jedenfalls eindeutig.

Vorliegend bestand für die Beklagte bereits keine straßen- und wegerechtliche Sanierungsverpflichtung hinsichtlich des Damms. Der Einwand der Klägerin in diesem Zusammenhang, die Sanierungsverpflichtung der Beklagten folge aus deren Straßenbaulastverpflichtung, geht fehl. Zwar umfasst die Straßenbaulast nach Art. 9 Abs. 1 BayStrWG grundsätzlich alle mit dem Bau und der Unterhaltung der Straße zusammenhängenden Aufgaben und damit auch das Beseitigen von Schäden an einem Straßendamm (vgl. Tegtbauer in Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010, Kap. 13 RdNr. 11), soweit sich dadurch für die Straße ein Vorteil ergibt. Denn der Begriff der Straßenbaulast darf nicht nur unter dem Blickwinkel des Bauens gesehen werden. Unter Straßenbaulast im Sinne von Art. 9 Abs. 1 BayStrWG ist vielmehr die Summe aller Aufgaben zu verstehen, die notwendig sind, damit das Vorhandensein von Straßennetzen gewährleistet ist, die den Erfordernissen der jeweiligen Straßenklasse entsprechen (vgl. Zeitler, BayStrWG, Stand: Februar 2011, RdNr. 10 zu Art. 9).

20Jedoch scheidet eine Inanspruchnahme der Beklagten vorliegend aus, weil sie nicht Straßenbaulastträgerin ist und die Regelung des Art. 54 Abs. 4 BayStrWG die Heranziehung des Instituts der Geschäftsführung ohne Auftrag überdies ausschließt.

Wer Träger der Straßenbaulast ist, folgt nicht aus Art. 9 BayStrWG, sondern richtet sich nach der durch Widmung nach Art. 6 BayStrWG begründeten Einstufung einer Straße in eine bestimmte Straßenklasse. Vorliegend hat die Klägerin den über den sanierungsbedürftigen Damm verlaufenden Weg im Jahr 1961 gemäß der dem damaligen Bestandsverzeichnis beigefügten Karte als nicht ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldweg gewidmet. Sollte diese Widmung wirksam sein (möglicherweise wurden in diesem Zusammenhang bei der erstmaligen Anlegung der Bestands-verzeichnisse die FlNrn. 4081 und 4094 verwechselt oder in widersprüchlicher Weise verwendet), wären nach Art. 54 Abs. 1 Satz 2 BayStrWG Träger der Straßenbaulast diejenigen, deren Grundstücke über den Weg bewirtschaftet werden (Beteiligte). Dazu gehört vorliegend unstreitig neben anderen Privatpersonen auch die Beklagte, da mit dem Weg €Am Seehaus€ u.a. das im Eigentum der Beklagten stehende Forsthaus und der Staatswald erschlossen werden. Wie sich aus Art. 54 Abs. 4 BayStrWG ergibt, reicht jedoch allein die Beteiligtenstellung noch nicht für eine Inanspruchnahme der Beklagten als zuständige Straßenbaulastträgerin aus. Denn nach dieser Vorschrift haben die Beteiligten, obliegt ihnen die Baulast, zuvor im Innenverhältnis eine Einigung über das Ob und das Wie (Art und Umfang) ihrer Verpflichtungen anzustreben. Der Gesetzgeber überlässt demgemäß die Entscheidungen, ob und gegebenenfalls wie die sich aus der Straßenbaulast ergebenden Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen durchzuführen sind und wie der Aufwand untereinander aufzuteilen ist, zunächst allein dem freien Übereinkommen der Beteiligten. Kommt keine Einigung zustande, entscheidet die Gemeinde und, wenn sie selbst beteiligt ist, die zuständige Straßenaufsichtsbehörde (Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG). Wenn aber vorab allein den Beteiligten die Entscheidungsbefugnis zusteht, wie sie die einzelnen Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen bewerten und vornehmen und sodann den Aufwand dafür untereinander aufteilen, scheidet jedenfalls bis zum Abschluss des Einigungsverfahrens oder vor Erlass eines festlegenden (streitentscheidenden) Verwaltungsakts eine Geschäftsführung ohne Auftrag aus. Sie widerspricht dem in Art. 54 Abs. 4 BayStrWG normierten Gesetzeszweck. Die Regelungen analog den §§ 677, 683 BGB werden somit verdrängt durch Art. 54 Abs. 4 BayStrWG.

Da vorliegend ein solches Einigungsverfahren bisher nicht durchgeführt wurde bzw. die Festlegung über Art und Umfang der Verpflichtungen in einem Verwaltungsakt nicht erfolgt ist, würde die Annahme einer Geschäftsführung ohne Auftrag zu einer Umgehung des Art. 54 Abs. 4 BayStrWG führen.

Ein anderes Ergebnis wäre überdies mit Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar. Wie erwähnt bedarf es nach Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayStrWG der Durchführung eines Einigungsverfahrens oder des Erlasses eines streitentscheidenden Verwaltungsakts durch die zuständige Behörde. Würde nunmehr unterstellt, dass die Geschäftsführung im Interesse eines der Beteiligten nach Art. 54 Abs. 4 BayStrWG erfolgt sei, würde diesem die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Durchführung eines Einigungsverfahrens ebenso genommen wie die Möglichkeit der Anfechtung des feststellenden Verwaltungsakts.

Eine Inanspruchnahme der Beklagten aus Geschäftsführung ohne Auftrag käme aber auch dann nicht in Betracht, wenn davon ausgegangen würde, dass erstmals die 1981 vorgenommene Widmung des Wegs als €Ortsstraße€ wirksam wäre. Denn in diesem Fall wäre die Klägerin selbst nach Art. 47 Abs. 1 BayStrWG Straßenbaulastträgerin. Sie hätte demgemäß schon kein Geschäft €für einen anderen€, also kein objektiv fremdes Geschäft besorgt, wäre vielmehr nur ihren eigenen Verpflichtungen nachgekommen.

Kein anderes Ergebnis käme in Betracht, wenn man der Auffassung der Regierung von Unterfranken im Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2006 folgte, wonach es sich vorliegend um einen ausgebauten öffentlichen Feld- und Waldweg handle. Denn Straßenbaulastträgerin wäre gemäß Art. 54 Abs. 1 BayStrWG auch in diesem Fall die Klägerin selbst.

Schließlich ergibt sich eine Straßenbaulastverpflichtung der Beklagten auch nicht bei Berücksichtigung der Rechtsmeinung des Verwaltungsgerichts Würzburg in seinem Urteil vom 13. Februar 2007 (Az. W 4 K 06.226). Das Verwaltungsgericht ist dort zu dem Ergebnis gekommen, dass der über das Grundstück Fl.Nr. 4094 der Gemarkung W€ führende Weg bisher noch nicht wirksam gewidmet worden sei. In diesem Fall würde es sich um einen offenen Privatweg handeln (vgl. Zeitler, BayStrWG RdNr. 22 zu Art. 1; Kodal, Straßenrecht, 7. Aufl. 2010 Kap. 4 RdNr. 9). Bei einem solchen Weg allerdings gibt es keine Straßenbaulast. Es bleibt allein dem Ermessen des Eigentümers überlassen, ob und wie er ihn instand halten will. Er kann demnach auch nicht zu Verbesserungen im Wege der Straßenaufsicht angehalten werden. Wegen dieser fehlenden Verpflichtung scheidet eine Inanspruchnahme nach § 683 BGB aus.

1.2 Der Klageanspruch ist ferner nicht als öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch begründet. Die Klägerin hat der Beklagten keinen rechtsgrundlosen Vermögensvorteil zugewandt, der durch den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auszugleichen wäre, denn € wie dargelegt € bestand für die Beklagte entweder keine Straßenbaulastträgerschaft oder es fehlt an der vorherigen Durchführung eines Einigungsverfahrens nach Art. 54 Abs. 4 BayStrWG bzw. an einem streitentscheidenden Verwaltungsakt.

2. Entgegen der Auffassung des Erstgerichts kann der Senat auch nicht erkennen, dass die Klägerin für die Beklagte eine wasserrechtliche Verpflichtung besorgt hätte, so dass auch insoweit ein Anspruch nach § 683 BGB analog ausschiede, sofern die §§ 677 ff. BGB nicht schon durch Art. 48 BayWG a.F. (jetzt: Art. 27 BayWG n.F.) verdrängt würden.

292.1 Gemäß dem vom Verwaltungsgericht Würzburg mit Urteil vom 13. Februar 2007 (Az. W 4 K 06.226) zu Recht als rechtswidrig angesehenen Bescheid des Landratsamts A€ vom 22. Februar 2005 wurde die Klägerin verpflichtet, im Hinblick auf die Gefahr eines Dammbruchs bei Hochwasser den über den A€ führenden Damm zu sanieren, wobei die Entwurfsplanung des zuständigen Wasserwirtschaftsamts vom 30. März 1990 u.a. die Erstellung eines neuen Mauerprofildurchlasses, die Abflachung des vorhandenen Erddamms und die Sicherung des Damms im Überströmungsbereich durch Geotextilvlies vorsah. Es spricht viel dafür, dass das Landratsamt von der Klägerin demgemäß ein wasserwirtschaftliches Tätigwerden, wohl in Form einer Unterhaltungsmaßnahme im Sinne von § 28 WHG a.F. (jetzt: § 39 WHG n.F.) forderte. Wenn die Klägerin demgegenüber in ihrem Schriftsatz vom 19. August 2011 einwendet, Wasserrecht sei in einem solchen Fall nicht anwendbar, vermag sie nicht durchzudringen. Sie verkennt dabei § 31 Abs. 2 WHG a.F. (jetzt: § 67 Abs. 2 WHG n.F.). Danach stehen Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, was vorliegend gemäß den Stellungnahmen des Wasserwirtschaftsamts vom 14. April 1980 und 4. Februar 1981 eindeutig der Fall ist, dem Ausbau eines Gewässers gleich. Die Gleichstellung von Dammbauten bezieht sich allerdings nicht nur auf die Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungspflicht; vielmehr bedeutet sie darüber hinaus die Anwendbarkeit aller den Ausbau und ausgebauten Gewässer betreffenden Vorschriften des Gesetzes auf Deiche und Dämme. Das folgt aus dem Sinn und Zweck der Gleichstellung (so auch Schwendtner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp WHG, Stand: 1.3.2010, RdNr. 36 zu § 28 WHG). Aufgrund der Erkenntnis, dass Deich- und Dammbauten in ihren Auswirkungen auf den Wasserhaushalt von ähnlicher Bedeutung sind wie Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers, sollen sie in gleicher Weise unter Kontrolle gehalten werden wie der Ausbau eines Gewässers. Dieses Ziel würde jedoch unterlaufen oder nicht erreicht werden, wenn man die Gleichstellung in eine am Wortlaut haftenden und daher zu engen Auslegung nur auf die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung von Dämmen beziehen wollte und nicht auf deren Unterhaltung. Ein nicht ordnungsgemäßer Zustand eines auf den Hochwasserabfluss einwirkenden Dammes ist daher in wasserwirtschaftlicher Sicht von gleicher Bedeutung wie seine Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung. Der Anwendbarkeit des § 31 ff. WHG a.F. (jetzt: § 67 ff. WHG n.F.) auf Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, muss daher zur Erreichung des gesetzgeberischen Zwecks der Gleichstellung die Anwendung der Vorschriften über die Unterhaltung ausgebauter Gewässer auf derartige Dämme korrespondieren. Der Umfang der Unterhaltung von Dämmen richtet sich damit gleichfalls nach § 28 Abs. 2 WHG a.F. (jetzt: § 39 WHG n.F.), so dass auch der über den A€ führende Damm in einem ordnungsgemäßen Zustand für den Hochwasserabfluss zu halten ist (vgl. zum Ganzen: Schwendtner in Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp RdNr. 36 zu § 28 WHG; ebenso Kempfler, BayVBl 2003, 262/263). Dass der A€ wasserwirtschaftlich von untergeordneter Bedeutung wäre (§ 1 Abs. 2 WHG a.F., Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayWG n.F.), kann im Übrigen im Hinblick auf die in Rede stehenden Belange des Hochwasserschutzes nicht ernsthaft vertreten werden.

302.2 Es spricht auch viel dafür, dass die vom Landratsamt A€ in dem Bescheid vom 22. Februar 2005 geforderten Maßnahmen als Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne von § 28 WHG a.F. (jetzt: § 39 WHG n.F.) und nicht als Gewässerausbaumaßnahmen nach § 31 Abs. 2 WHG a.F. (jetzt: § 67 Abs. 2, § 68 Abs. 1 WHG n.F.) zu qualifizieren sind. Sie dienen nämlich, wie das zuständige Wasserwirtschaftsamt mehrfach ausgeführt hat, allein der Erhaltung eines ordnungsgemäßen Hochwasserabflusses im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 6 WHG a.F. (jetzt: § 39 Abs. 1 Nr. 1 WHG n.F.). Die Grenze zum Gewässerausbau, also zur wesentlichen Umgestaltung wäre erst dann erreicht, wenn mit der Verpflichtung eine Änderung des Dammverlaufs hätte vorgenommen werden müssen (Schwendtner in Sieder/ Zeitler/Dahme/Knopp, RdNr. 13e zu § 28 WHG). Die Entwurfsplanung des Wasserwirtschaftsamts sieht dies allerdings nicht vor.

2.3 Handelt es sich demgemäß um Unterhaltungsmaßnahmen im Sinne von § 28 WHG a.F. (jetzt: § 39 WHG n.F.), dann ist nach § 29 Abs. 1 WHG a.F. i.V.m. Art. 43 Abs. 1 Nr. 3 BayWG a.F. (jetzt: § 39 WHG n.F. i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG n.F.) die Klägerin selbst unterhaltungspflichtig, da es sich beim A€ um ein Gewässer dritter Ordnung nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayWG a.F. (jetzt: Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 BayWG n.F.) handelt. Die Klägerin hat damit in wasserrechtlicher Hinsicht kein Geschäft für die Beklagte besorgt.

2.4 Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Klägerin an Gewässern dritter Ordnung auch die Ausbaupflicht als eigene Aufgabe obliegt (vgl. Art. 54 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 43 Abs. 1 Nr. 1 BayWG a.F.; jetzt: Art. 39 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 22 Abs. 1 Nr. 3 BayWG n.F.). Selbst wenn in dem rechtswidrigen Bescheid des Landratsamts eine Ausbauverpflichtung geregelt gewesen wäre, hätte diese nur die Klägerin, nicht aber die Beklagte treffen können. Eine Geschäftsführung ohne Auftrag käme also auch in diesem Fall nicht in Betracht.

3. Die Erstattung der von der Klägerin verauslagten Kosten kann auch nicht nach Art. 47 Abs. 2 Nr. 3 BayWG a.F. (jetzt: Art. 26 Abs. 2 Nr. 3 BayWG n.F.) erfolgen. Nach dieser Vorschrift kann der Unterhaltslastträger für Gewässer dritter Ordnung von den €Nutznießern€ (vgl. BVerwG vom 11.7.2007 NVwZ 2008, 314/317) der Unterhaltstätigkeit Kostenbeiträge verlangen. Zweifellos zählt auch die Beklagte als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. 4094 Gemarkung W€ zu den Beitragspflichtigen im Sinne der Vorschrift (vgl. BVerwG vom 3.7.1992 Buchholz 445.4 § 29 WHG Nr. 3 S. 2 m.w.N.). Die Klägerin hat vorliegend allerdings nicht das in Art. 48 BayWG a.F. (jetzt: Art. 27 BayWG n.F.) vorgesehene Festsetzungsverfahren durchgeführt. Auf die Durchführung eines solchen kann auch nicht verzichtet werden, denn nach dem Verfahrenszweck des Art. 48 BayWG a.F. bzw. Art. 27 BayWG n.F. soll mit der Beurteilung der mit den Kostenansprüchen verknüpften Sachfragen aus der Gewässerunterhaltung zunächst die sachlich und fachlich zuständige Behörde befasst sein. Gegen die unmittelbare Klagbarkeit von Kostenansprüchen im Wege der Leistungsklage spricht zudem, dass das Festsetzungsverfahren ein Titulierungsverfahren ist, das einen zur Zwangsvollstreckung geeigneten (verwaltungsverfahrensrechtlichen) Titel schafft. Seine Einrichtung schließt deshalb die Durchsetzung dieser Ansprüche im Wege der allgemeinen Leistungsklage unmittelbar zu den Verwaltungsgerichten aus (so auch Drost, Das Wasserrecht in Bayern Stand: 1.7.2009, RdNr. 5 zu Art. 48 BayWG a.F.).

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 17. August 2011 besteht schließlich auch unter sicherheitsrechtlichen Aspekten kein Anspruch der Klägerin auf Erstattung der verauslagten Kosten gegenüber der Beklagten.

Zwar kann eine Behörde, wird eine objektiv gegebene Gefahrenlage zunächst durch unmittelbare Ausführung (Art. 7 Abs. 3 LStVG) auf eigene Kosten bereinigt € etwa weil sie noch nicht als Gefahrenlage erkannt wird oder die Heranziehung des Störers nicht möglich oder zweckmäßig erscheint € diese Kosten im Nachhinein vom Störer nach den Vorschriften des Bayerischen Kostengesetzes (KG) erheben (vgl. BayVGH vom 2.6.1995 BayVBl 1995, 760/761; vom 26.7.1995 BayVBl 1995, 758/759). Unabhängig von der Frage, ob vorliegend überhaupt eine objektive Gefahrenlage gegeben ist, fehlt es jedoch bereits an dem Erlass eines Kostenbescheids seitens der Klägerin.

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO, §§ 708, 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO.

Beschluss

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 30. Juni 2009 wird der Streitwert in beiden Rechtszügen auf jeweils 6.809,21 Euro festgesetzt.






Bayerischer VGH:
Urteil v. 30.08.2011
Az: 8 B 11.172


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/f57b427c3c59/Bayerischer-VGH_Urteil_vom_30-August-2011_Az_8-B-11172




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