Landesarbeitsgericht Hamm:
Beschluss vom 18. Februar 2008
Aktenzeichen: 10 Ta 749/07

(LAG Hamm: Beschluss v. 18.02.2008, Az.: 10 Ta 749/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Ein Betriebsrat hatte gegen die Zustimmung des Arbeitsgerichts zur vorläufigen Durchführung einer Versetzung eines Mitarbeiters Beschwerde eingelegt. Das Arbeitsgericht hatte den Wert des Gegenstands auf 300,00 € festgesetzt, was die Betriebsratsvertreter als zu niedrig ansahen. Das Landesarbeitsgericht Hamm wies die Beschwerde jedoch zurück. Es stellte fest, dass der Wert der Versetzung in solchen Fällen in erster Linie vom wirtschaftlichen Interesse des Arbeitgebers abhängt. Im vorliegenden Fall wurde der Mitarbeiter nur einen Tag lang versetzt, daher wurde der Wert des Arbeitsverdienstes von 88,80 € als Ausgangswert genommen. Zudem wurde festgelegt, dass für solche Versetzungen typischerweise 25% des Ausgangswerts zu berücksichtigen sind. Somit ergab sich ein Gesamtwert von 33,30 €, der nicht höher als die vom Arbeitsgericht festgesetzten 300,00 € war. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 40,00 € wurden den Betriebsratsvertretern auferlegt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LAG Hamm: Beschluss v. 18.02.2008, Az: 10 Ta 749/07


Tenor

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 11.10.2007 - 3 BV 119/07 - wird zurückgewiesen.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates haben die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 € zu tragen.

Gründe

I.

Seit Ende August 2007 setzte die Arbeitgeberin zahlreiche Mitarbeiter aus U1 für kurze Zeiträume in O1 ein, um dort Vor- und Einarbeitungsarbeiten anlässlich der Eröffnung des neuen Möbelhauses erledigen zu lassen.

Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin um Ersetzung der Zustimmung zu einer für den 05.09.2007 vorgesehenen Versetzung des Mitarbeiters L1 gebeten und zugleich beantragt, festzustellen, dass die vorläufige Durchführung dringend erforderlich war. Für die Zeit seines Einsatzes erzielte der Mitarbeiter einen Verdienst von 88,80 €.

Nach Ablauf der Maßnahme haben die Beteiligten das Verfahren für erledigt erklärt.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 11.10.2007 den Wert des Gegenstandes auf nicht mehr als 300,00 € festgesetzt, ausgehend vom zu zahlenden Arbeitsverdienst und von einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle.

Dagegen haben die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates Beschwerde eingelegt mit dem Begehren, für den Antrag gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG den Regelwert in Höhe von 4.000,00 € und zusätzlich 2.000,00 € für den Antrag nach § 100 BetrVG in Ansatz zu bringen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ist unbegründet.

1. Die Wertfestsetzung richtet sich nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG. Hiernach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art grundsätzlich nach billigem Ermessen zu bestimmen. Allerdings kommt diese Art der Wertfestsetzung als Auffangtatbestand erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf ihn an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstandes namentlich bei personellen Einzelmaßnahmen im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschl. v. 24.11.1994 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschl. v. 12.06.2001 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; Beschl. v. 11.10.2006 – 10 Ta 481/06; Beschl. v. 20.11.2006 – 13 Ta 670/06; GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rdnr. 194, 441 ff. m. w. N.).

Geht es – wie hier – im Rahmen des § 99 BetrVG um eine Versetzung, rechtfertigt es die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG zu orientieren und auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren zurückzugreifen (zuletzt z. B. LAG Hamm, Beschl. v. 20.11.2006 – 13 Ta 670/06; LAG Hamm, Beschl. v. 11.10.2006 – 10 Ta 561/06; GK-ArbGG/ Wenzel, § 12 Rdnr. 482, jeweils m. w. N.). Denn entgegen der von den Beschwerdeführern wiedergegebenen Rechtsprechung der 10. Kammer des LAG Köln (Beschl. v. 18.05.2007 – 10 Ta 105/07) ist es, worauf bereits die 11. Kammer des LAG Köln in einem Beschluss vom 22.03.1999 (LAGE BRAGO § 8 Nr. 44a) zutreffend hingewiesen hat, nicht gerechtfertigt, die Bemühungen des Arbeitgebers, über die §§ 99 f. BetrVG den Weg zur Durchführung einer personellen Einzelmaßnahme freizumachen, im Rahmen des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG höher zu bewerten als der sich gegebenenfalls anschließende Streit im Urteilsverfahren um den Bestand der Maßnahme.

Danach wird das wirtschaftliche Interesse an der Versetzung eines Arbeitnehmers aus Praktikabilitätsgründen regelmäßig mit einem oder zwei Bruttomonatsvergütungen zu bemessen sein (LAG Düsseldorf, Beschl. v. 11.05.1999 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 41; LAG Hamm, Beschl. v. 11.10.2006 – 10 Ta 561/06; LAG Hamm, Beschl. v. 15.12.2005 – 13 TaBV 156/05).

Allerdings muss bei kürzeren Zeiträumen wie hier, wo es nur um einen Tag ging, entsprechend der Einsatzzeit ein geringerer Wert angenommen werden (vgl. LAG Hamm, Beschl. v. 20.06.2006 – 13 Ta 670/06).

So ergibt sich als Ausgangswert der erzielte Verdienst in Höhe von 88,80 €.

2. Weil alle streitgegenständlich gewesenen Versetzungen auf eine einheitliche unternehmerische Entscheidung zurückzuführen waren und keine Besonderheiten aufwiesen, ist es nach der Rechtsprechung des LAG Hamm (z. B. Beschl. v. 10.01.2005 – 13 TaBV 100/04; Beschl. v. 22.02.2005 – 13 TaBV 119/04; Beschl.v. 15.12.2005 – 13 TaBV 156/05) gerechtfertigt, in Anlehnung an die Staffelung der Arbeitnehmerzahlen in § 9 BetrVG den Wert jeder einzelnen Versetzung typisierend festzulegen, um auf diese Weise zu einer gleichförmigen und damit dem Gleichbehandlungsgrundsatz wahrenden Rechtsanwendung zu gelangen. Dabei sind für die personellen Einzelmaßnahmen 2 – 20 jeweils 25% des Ausgangswertes zu berücksichtigen.

Vorliegend ist die erste, am 31.08.2007 begonnene und am 06.09.2007 beendete Versetzung des Arbeitnehmers I1 (10 Ta 821/07 – 6 BV 113/07) mit dem vollem Ausgangswert in Ansatz gebracht worden. Somit errechnet sich hier für den Zustimmungsersetzungsantrag gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ein Gegenstandswert von 22,20 € (25% von 88,80 €).

3. Daneben ist der Antrag auf Feststellung, dass die vorläufige Durchführung der strittigen Versetzung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, zusätzlich zu werten. Dieses Begehren legitimiert nämlich die vorläufige Durchführung einer personellen Maßnahme bis zum Abschluss des Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG. Insoweit ist es wegen der lediglich vorübergehenden Bedeutung der begehrten Feststellung angemessen, 50% des Wertes eines entsprechenden Zustimmungsersetzungsverfahrens in Ansatz zu bringen (zuletzt LAG Hamm, Beschl. v. 20.11.2006 – 13 Ta 670/06).

So waren dem Wert des Zustimmungsersetzungsantrages in Höhe von 22,20 € weitere 11,10 € hinzuzurechnen.

Insgesamt ergibt sich also ein Gegenstandswert in Höhe von 33,30 €, also nicht mehr als 300,00 €, wie das Arbeitsgericht zu Recht entschieden hat.

Die Entscheidung über die Auferlegung der Gebühr in Höhe von 40,00 € beruht auf § 1 S. 2 GKG in Verbindung mit Nr. 8614 der Anlage 1 zum GKG (vgl. LAG Hamm, Beschluss vom 19.03.2007 – 10 Ta 97/07; Beschluss vom 23.04.2007 – 13 Ta 130/07).

Schierbaum






LAG Hamm:
Beschluss v. 18.02.2008
Az: 10 Ta 749/07


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