Oberlandesgericht München:
Beschluss vom 24. März 2010
Aktenzeichen: 4 Ws 34/10 (K), 4 Ws 034/10 (K)

(OLG München: Beschluss v. 24.03.2010, Az.: 4 Ws 34/10 (K), 4 Ws 034/10 (K))




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht München hat in einem Beschluss vom 24. März 2010 die Beschwerde eines Rechtsanwalts gegen einen Beschluss des Landgerichts München I zurückgewiesen. Der Rechtsanwalt hatte gegen die Ablehnung eines Vorschusses auf die Pflichtverteidigervergütung Einspruch eingelegt. Das Landgericht München I hatte den Einspruch zurückgewiesen und die Erinnerung des Rechtsanwalts als unbegründet erklärt. Der Rechtsanwalt legte daraufhin Beschwerde ein, jedoch wurde auch diese als unbegründet verworfen.

Der Fall begann damit, dass die Staatsanwaltschaft München I gegen den Angeklagten A. S. Anklage erhoben hatte wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung und des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz. Der Rechtsanwalt K. wurde dem Angeklagten als Pflichtverteidiger beigeordnet. Der Rechtsanwalt beantragte die Festsetzung eines Vorschusses, da er bisher einen Teil seines vereinbarten Honorars erhalten hatte. Die Kostenbeamtin des Landgerichts lehnte den Antrag jedoch ab und verwies auf eine Anrechnungsvorschrift. Der Rechtsanwalt legte daraufhin Einspruch ein, argumentierte aber, dass diese Vorschrift nicht anwendbar sei, da Ermittlungs- und Strafverfahren getrennt betrachtet werden müssten.

Das Landgericht wies die Erinnerung des Rechtsanwalts als unbegründet zurück. Gegen diesen Beschluss legte der Rechtsanwalt Beschwerde ein und beantragte die Erstattung bestimmter Auslagen. Das Oberlandesgericht München erklärte die Beschwerde zwar für zulässig, jedoch als unbegründet. Es stellte fest, dass die Entscheidung des Landgerichts und die Anrechnung der Zahlungen gemäß der geltenden Gesetzeslage korrekt waren. Der Rechtsanwalt konnte somit auch die geltend gemachten Auslagen nicht erstattet bekommen. Es wurde keine Kostenentscheidung getroffen.

Insgesamt handelt es sich um eine Entscheidung des Oberlandesgerichts München, in der die Beschwerde eines Rechtsanwalts gegen die Ablehnung eines Vorschusses auf die Pflichtverteidigervergütung zurückgewiesen wurde. Das Gericht erklärte, dass die Anrechnung der Zahlungen gemäß der geltenden Gesetzeslage korrekt war und der Rechtsanwalt daher keine weiteren Auslagen erstattet bekommen konnte.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG München: Beschluss v. 24.03.2010, Az: 4 Ws 34/10 (K), 4 Ws 034/10 (K)


Tenor

Die Beschwerde des beigeordneten Rechtsanwalts ... gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 07. Januar 2010, mit dem seine Erinnerung gegen die Ablehnung eines Vorschusses auf die Pflichtverteidigervergütung zurückgewiesen wurde und der nicht abgeholfen worden ist, wird als unbegründet verworfen.

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft München I hat gegen A. S. unter dem 27.07.2009 Anklage zur Staatsschutzkammer des Landgerichts München I erhoben wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung und des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz. Am 26.08.2009 wurde dem Angeschuldigten S. sein bisheriger Wahlverteidiger, Rechtsanwalt K., als Pflichtverteidiger beigeordnet. Am 29.09.2009 beantragte der Verteidiger die Festsetzung eines Vorschusses von insgesamt 844,60 € und teilte mit, dass er von seinem Mandanten im Rahmen des Ermittlungsverfahrens bisher einen Vorschuss von 1700,00 € auf ein vereinbartes Verteidigerhonorar von 2.000,00 € erhalten habe. Die Kostenbeamtin des Landgerichts München I lehnte am 12.10.2009 den Antrag unter Verweis auf die Anrechnungsvorschrift des § 58 Abs. 3 RVG ab. Dagegen legte der Verteidiger unter dem 21.10.2009 Erinnerung ein; zur Begründung verwies er darauf, dass die genannte Vorschrift nicht einschlägig sei, da Ermittlungs- und Strafverfahren zu trennen seien.

Die Kostenbeamtin hat der Erinnerung nicht abgeholfen. Das Landgericht München I hat die Erinnerung mit Beschluss vom 07.01.2010 als unbegründet zurückgewiesen.

Gegen den ihm am 14.01.2010 zugegangenen Beschluss hat der Verteidiger am 28.01.2010 Beschwerde eingelegt und insoweit beantragt, ihm zumindest die mit seiner Vorschussnote vom 29.09.2009 geltend gemachten Auslagen für das Hauptverfahren in Höhe von 696,45 € Brutto zu erstatten. Im Übrigen sei das vereinbarte Honorar von 2.000,00 € inzwischen vollständig bezahlt worden.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 Sätze 1 und 3, § 56 Abs. 2 Satz 1 RVG zulässig; der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200 €. In der Sache erweist sich die Beschwerde jedoch als unbegründet, weil der angegriffene Beschluss des Landgerichts und die insoweit zugrunde liegende Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 12.10.2009 der Sach- und Rechtslage entsprechen.

5Zahlungen, die ein Pflichtverteidiger für seine Tätigkeit im Ermittlungsverfahren von seinem Mandanten erhalten hat, sind nach § 58 Abs. 3 RVG auf seine Pflichtverteidigergebühren für die gesamte erste Instanz anzurechnen. Denn unter dem Begriff €Verfahrensabschnitt€ im Sinne des § 58 Abs. 3 RVG ist der Instanzenzug zu verstehen, wobei das Ermittlungsverfahren und das Verfahren des ersten Rechtszuges als Einheit gelten (ebenso OLG Köln, Beschluss vom 19.12.2008 - 2 Ws 626/08 - , KG Beschluss vom 15.07.2008 - 1 Ws 124/08 -, OLG Hamm, Beschluss vom 20.11.2007 -3 Ws 320/07 - und OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.07.2007 - 2 Ws 161/07 -, jeweils zitiert nach Juris).

§ 58 Abs. 3 RVG ist an die Stelle von § 101 Abs. 1 und 2 BRAGO getreten, ohne dass eine inhaltliche Änderung - etwa im Sinne einer Einschränkung der Anrechnungsmöglichkeiten von Zahlungen - beabsichtigt war. Es sollte durch die neue Regelung vielmehr lediglich die Regelung des § 101 Abs. 1 und 2 BRAGO in redaktionell angepasster Form übernommen werden. Für das alte Gebührenrecht wurde der sehr weit gefasste Begriff der €Tätigkeit in der Strafsache€ allgemein dahin verstanden, dass der gesamte erstinstanzielle Rechtszug gemeint war, Vorschüsse also auch anzurechnen waren, soweit sie für die Tätigkeit des Verteidigers im Vorverfahren gezahlt worden waren (vgl. Köln aaO. Rn. 14).

Die Anrechnung darf gemäß § 58 Abs. 3 Satz 3 RVG nur insoweit erfolgen als der Verteidiger durch Vorschüsse und Zahlungen mehr als den doppelten Betrag nach § 51 RVG einschließlich aller Auslagen erhalten würde (OLG Köln aaO. Rn. 18). Danach können dem Verteidiger vorliegend - jedenfalls derzeit - auch die von ihm geltend gemachten Auslagen nicht aus der Staatskasse erstattet werden.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).






OLG München:
Beschluss v. 24.03.2010
Az: 4 Ws 34/10 (K), 4 Ws 034/10 (K)


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/cc2e4cd3b4b6/OLG-Muenchen_Beschluss_vom_24-Maerz-2010_Az_4-Ws-34-10-K-4-Ws-034-10-K




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