Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. April 2005
Aktenzeichen: 10 W (pat) 47/04

(BPatG: Beschluss v. 21.04.2005, Az.: 10 W (pat) 47/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in dem Beschluss vom 21. April 2005 die Beschwerde als unzulässig verworfen. Zudem wurde angeordnet, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt werden soll.

Im Fall ging es um eine Patentanmeldung mit dem Titel "Displayschutz", die der Anmelder im Oktober 2001 beim Patentamt eingereicht hatte. Der Anmelder zahlte eine Gebühr in Höhe von 460,- DM. Später wurde darauf hingewiesen, dass der Anmelder zum Zeitpunkt der Einreichung der Anmeldung nicht geschäftsfähig war.

Im Mai 2002 teilte der Vertreter mit, dass der Anmelder die Einreichung der Anmeldung nachträglich nicht genehmigt habe und somit keine wirksame Anmeldung vorliege. Es gab einen Schriftwechsel zwischen Anmelder und Patentamt über den Nachweis der Geschäftsfähigkeit. Das Patentamt wies darauf hin, dass der Nachweis nicht ausreichend erbracht wurde.

Der Anmelder legte im Juni 2004 Beschwerde wegen Untätigkeit des Patentamts ein. Er wartete seit zwei Jahren auf die Rückerstattung von Geldern. Das Patentamt habe sich geweigert, eine Entscheidung herbeizuführen.

Das Bundespatentgericht erklärte die Beschwerde für unzulässig. Ein Beschwerdeverfahren setze eine beschwerdefähige Entscheidung einer Prüfungsstelle oder Patentabteilung voraus, die hier jedoch nicht vorliege. Eine Untätigkeitsbeschwerde oder ein sonstiges Rechtsmittel aufgrund von Untätigkeit sei im Patentgesetz nicht geregelt. Zudem sei die Verfahrensdauer nicht so unzumutbar lang, dass daraus auf eine Rechtsverweigerung des Patentamts geschlossen werden könne.

Jedoch wurde angeordnet, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird, da die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfrage keine angemessene Sachbehandlung darstellt.

Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Zudem konnte die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung getroffen werden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 21.04.2005, Az: 10 W (pat) 47/04


Tenor

Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Der anwaltlich vertretene Anmelder reichte am 10. Oktober 2001 beim Patentamt die Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Displayschutz" ein. Er leistete für die Anmelde-, Recherche- und Druckschriftengebühr eine Zahlung in Höhe von 460,- DM. Im Januar 2002 wies der Vertreter unter Beifügung eines ärztlichen Attests darauf hin, dass der Anmelder zum Zeitpunkt der Beauftragung und Einreichung der Anmeldung nicht geschäftsfähig gewesen sei.

Mit im Mai 2002 eingegangenen Schriftsatz teilte der Vertreter mit, dass der Anmelder die Einreichung der Anmeldung nachträglich nicht genehmigt habe, daher liege keine wirksame Anmeldung vor. Um Rückzahlung der Gebühren werde gebeten. In der Folgezeit schloss sich zwischen Anmelder und Patentamt ein Schriftwechsel darüber an, ob der Nachweis der Geschäftsunfähigkeit geführt worden sei. Bescheide des Patentamts vom Oktober und November 2002 wurden vom Anmelder jeweils zeitnah beantwortet. Mit Bescheid vom 28. Mai 2003 wies das Patentamt darauf hin, dass die Geschäftsunfähigkeit des Anmelders zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vollmachtserteilung nicht hinreichend nachgewiesen sei. Sofern dies nicht möglich sein sollte, werde auf den ordentlichen Rechtsweg verwiesen. Es werde um Mitteilung gebeten, wie weiter mit der Anmeldung verfahren werden solle. Der Vertreter des Anmelders hat daraufhin Anfang Juli 2003 anwaltlich versichert, zwischen seiner - telefonischen - Beauftragung und der Einreichung der Anmeldung hätten nur wenige Tage gelegen. Am 22. Juli 2003 hat er nochmals eine ärztliche Bescheinigung eingereicht und um einen beschwerdefähigen Beschluss gebeten.

Das Patentamt bzw die Prüfungsstelle hat die Sache intern erneut der Rechtsabteilung des Patentamts zur Prüfung vorgelegt, ohne aber dem Anmelder hiervon Nachricht zu geben. Die von ihm mit Schreiben vom 30. März 2004 an das Patentamt gerichtete Sachstandsanfrage hat das Patentamt unbeantwortet gelassen. Gemäß internem Aktenvermerk hat die Akte zu diesem Zeitpunkt der Rechtsabteilung vorgelegen, die Sachstandsanfrage ist ihr aber nicht zugeleitet worden.

Mit Schriftsatz vom 7. Juni 2004 hat der Anmelder wegen Untätigkeit des Patentamts Beschwerde eingelegt. In der Sache werde seit nunmehr zwei Jahren auf eine beantragte Rückzahlung von Geldern gewartet. Unter Schilderung des oben dargestellten zeitlichen Ablaufs trägt der Anmelder vor, das Patentamt weigere sich in einer einfachen Sache, deren Sachverhalt vollkommen klar sei, eine beschwerdefähige Entscheidung herbeizuführen.

Auf den rechtlichen Hinweis des Senats, dass die Beschwerde als unzulässig anzusehen sei, hebt er insbesondere die Schutzbedürftigkeit von Geschäftsunfähigen hervor, § 104 BGB. Aus der Gesamtschau der Akten heraus habe sich das Patentamt als gesamte Institution, auch in Gestalt von Mitarbeitern in durchaus gehobenen Positionen, dem Ersuchen tatsächlich verweigert.

Er beantragt, 1. festzustellen, dass das Deutsche Patent- und Markenamt zur Rückzahlung von ohne Rechtsgrund empfangenen Zahlungen in Sachen der vermeintlichen Schutzrechtsanmeldung 101 49 850.0 "Displayschutz" verpflichtet ist, 1.a. hilfsweise, dass das Deutsche Patent- und Markenamt verpflichtet ist, über die Rückzahlung von ohne Rechtsgrund empfangenen Zahlungen in Sachen der vermeintlichen Schutzrechtsanmeldung 101 49 850.0 "Displayschutz" innerhalb eines vom Gericht festzusetzenden, angemessenen Zeitraums zu entscheiden, 2. die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen, 3. hilfsweise die Rechtsbeschwerde zuzulassen, und regt an, von der Möglichkeit des § 77 PatG Gebrauch zu machen.

II.

1. Die Beschwerde ist unzulässig.

Das patentgerichtliche Beschwerdeverfahren setzt nach § 73 Abs 1 PatG eine beschwerdefähige Entscheidung (Beschluss) einer Prüfungsstelle oder Patentabteilung voraus, die hier nicht gegeben ist. Eine Untätigkeitsbeschwerde oder ein sonstiges Rechtsmittel bzw ein sonstiger Rechtsbehelf wegen Untätigkeit der Ausgangsinstanz ist im Patentgesetz nicht geregelt. Auch die durch § 99 Abs 1 PatG eröffnete entsprechende Anwendung der Zivilprozessordnung führt zu keinem anderen Ergebnis, da auch dort eine Untätigkeitsbeschwerde nicht vorgesehen ist (vgl Zöller, ZPO, 25. Aufl, § 567 Rdn 21 mwN), abgesehen davon, dass § 99 PatG auch keine Übertragung von im Patentgesetz nicht vorgesehenen Rechtsmitteln der ZPO in das patentgerichtliche Verfahren gestattet (vgl BGH GRUR 1995, 577 - Drahtelektrode; BPatG GRUR 2001, 339 - einstweilige Verfügung). Grundsätzlich ist daher eine solche Untätigkeitsbeschwerde unstatthaft (vgl Senatsbeschlüsse vom 12. Dezember 2002 - 10 W (pat) 41/01 - und vom 16. Oktober 2003 - 10 W (pat) 42/03 - , jeweils veröffentlich in juris). Ob und unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise eine Untätigkeitsbeschwerde in Betracht kommen kann (zB BVerfG NJW 1997, 2811; NJW 2001, 961), muss hier nicht entschieden werden, weil jedenfalls ein Fall völlig unzumutbarer und auf Rechtsverweigerung hinauslaufender Verzögerung nicht vorliegt.

Es geht um die Rückzahlung von gezahlten Amtsgebühren in nicht besonders großer Höhe, so dass nicht zu erkennen ist, dass allein von der Natur des Verfahrens her (zu einem Antrag auf Verfahrenskostenhilfe vgl BPatG BlPMZ 1989, 281) die Verfahrensdauer zu unvertretbaren Rechtsverlusten geführt hätte oder führen könnte. Der Ablauf des patentamtlichen Verfahrens zeigt zwar jedenfalls seit Mai 2003 keine zügige Bearbeitung, und unverständlich ist, dass das Patentamt die Anfrage nach dem Sachstand unbeantwortet gelassen hat. Die Verfahrensdauer als solche fällt aber dennoch nicht derart aus dem Rahmen, dass allein daraus der Schluss gezogen werden kann, das Patentamt weigere sich eine Entscheidung zu treffen oder die besondere Schutzfähigkeit von Geschäftsunfähigen anzuerkennen. Dem Anmelder hätte zwar nach seiner Anfrage über den Sachstand Bescheid gegeben werden müssen. Aber er hätte hier zunächst auf der Ebene des Patentamts (evtl mit Hilfe einer Dienstaufsichtsbeschwerde, vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 66 Rdn 16) versuchen müssen, dem Verfahren seinen Fortgang zu geben. Das Patentamt ist nunmehr gehalten, über den Rückzahlungsantrag, falls es ihm nicht ohnehin stattgeben will, einen beschwerdefähigen Beschluss zu fassen.

2. Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist aus Billigkeitsgründen anzuordnen, § 80 Abs 3 PatG, denn jedenfalls die Nichtbeantwortung der Sachstandsanfrage, ohne die möglicherweise die Einlegung der Untätigkeitsbeschwerde vermieden worden wäre, stellt keine angemessene Sachbehandlung dar.

3. Der Senat hat von einer Zulassung der Rechtsbeschwerde abgesehen, da hierfür die Voraussetzungen nicht vorliegen. Die Rechtsbeschwerde findet gemäß § 100 Abs 1 PatG gegen Beschlüsse des Patentgerichts statt, durch die über eine Beschwerde nach § 73 PatG entschieden wird, setzt also einen Beschluss einer Prüfungsstelle oder Patentabteilung des Patentamts voraus (vgl Schulte, PatG, 7. Aufl, § 100 Rdn 9; Busse, PatG, 6. Auf, § 100 Rdn 4). Daran fehlt es hier. Eine unstatthafte Rechtsbeschwerde wird auch durch Zulassung des Gerichts nicht statthaft (vgl Schulte, aaO, § 100 Rdn 7; Busse, aaO, § 100 Rdn 30). Ebensowenig hat der Senat einen Anlass für eine Beteiligung des Präsidenten des Patentamts gemäß § 77 PatG gesehen, denn es geht bei der Zulässigkeit einer Untätigkeitsbeschwerde nicht um eine Vorschrift, die im Verfahren vor dem Patentamt (Erteilungs-, Einspruchsverfahren usw) anzuwenden und auszulegen wäre.

4. Die Entscheidung konnte unbeschadet des hilfsweise gestellten Antrags auf mündliche Verhandlung ohne mündliche Verhandlung ergehen, da die Beschwerde als unzulässig verworfen wurde, § 79 Abs 2 Satz 2 PatG. Diese Vorschrift geht § 78 PatG vor (vgl Schulte, aaO, § 78 Rdn 11, § 79 Rdn 7; BGH GRUR 1963, 279 - Weidepumpe). Im übrigen hatte der Anmelder auf den rechtlichen Hinweis des Senats Gelegenheit, zu den Bedenken gegen die Zulässigkeit der Beschwerde Stellung zu nehmen.

Schülke Rauch Püschel Pr






BPatG:
Beschluss v. 21.04.2005
Az: 10 W (pat) 47/04


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