Bayerischer Verwaltungsgerichtshof:
Beschluss vom 26. Januar 2011
Aktenzeichen: 7 CS 10.2517

(Bayerischer VGH: Beschluss v. 26.01.2011, Az.: 7 CS 10.2517)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um den Sofortvollzug einer Untersagungsverfügung im Medienrecht. Der Antragsteller hatte bei der Antragsgegnerin eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Ausstrahlung eines Hörprogramms beantragt. Die Antragsgegnerin bestätigte dem Antragsteller, dass das Vorhaben ohne medienrechtliche Genehmigung umgesetzt werden könne.

Später beschwerten sich jedoch Anwohner über eine Ausstrahlung des Programms mit lokaler Werbung außerhalb des Grundstücks des Antragstellers. Die Antragsgegnerin untersagte daraufhin dem Antragsteller die Verbreitung des Programms über die Grundstücksgrenzen hinaus.

Der Antragsteller erhob Klage gegen diese Untersagungsverfügung und beantragte, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe. Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag ab und bestätigte die Untersagung. Es stellte fest, dass das Programm des Antragstellers ein genehmigungspflichtiges Rundfunkangebot darstellt und dass der Antragsteller nicht über die erforderliche Genehmigung verfügt.

Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller Beschwerde ein. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde jedoch zurück. Er bestätigte die Feststellungen des Verwaltungsgerichts und entschied, dass die Verbreitung des Rundfunkangebots durch den Antragsteller zu Recht untersagt wurde. Es besteht keine Genehmigung für die Ausstrahlung außerhalb des Grundstücks und das Programm richtet sich an die Allgemeinheit.

Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Die Rechtsanwälte des Antragstellers haben keine Bedenken gegen die Höhe des Zwangsgelds geäußert.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

Bayerischer VGH: Beschluss v. 26.01.2011, Az: 7 CS 10.2517


Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Sofortvollzug einer medienrechtlichen Untersagungsverfügung.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2004 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zur ortsfesten nichtöffentlichen Tonübertragung eines Hörfunkprogramms mit einer Strahlungsleistung von 0,05 Watt. Auf Nachfrage teilte er der Antragsgegnerin mit, er sei für die technische Abwicklung des von einem anderen Anbieter über Internet bundesweit verbreiteten Programms €Radio 30 plus€ zuständig. Hierzu sei es erforderlich, die Funktion und Qualität des produzierten Signals ständig zu überprüfen. Das Signal diene lediglich zu seinem privaten Zweck, ein Empfang außerhalb seines Grundstücks sei nicht möglich. Daraufhin bestätigte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 12. August 2005, unter den von ihm genannten Voraussetzungen könne das Vorhaben ohne medienrechtliche Genehmigung umgesetzt werden, da es sich nicht an die Allgemeinheit richte und daher nicht als Rundfunk anzusehen sei.

Mit Bescheid vom 3. April 2008 teilte die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen dem Antragsteller die Frequenz 96,60 MHz zur eigenen Nutzung des Senders für nicht grundstücksüberschreitende Funkanwendungen bis 31. Dezember 2015 zu. Der Bescheid enthält unter anderem die Auflagen, dass die Frequenzzuteilung nur für nichtöffentliche, ortsfeste Tonübertragungen mit Rundfunktechnik innerhalb eines Grundstücks gelte und dass die Nutzung keine schädlichen Störungen des Rundfunkdienstes verursachen dürfe. Mit Schreiben vom 23. September 2008 bestätigte die Antragsgegnerin dem Anbieter des Internethörfunkprogramms €Radio 30 plus€, Herrn M. Th., die Zulässigkeit der zeitgleichen und unveränderten Weiterverbreitung des Programms in bayerischen Kabelanlagen.

Im Jahr 2009 ging die Antragsgegnerin Beschwerden über eine grundstücksüberschreitende UKW-Ausstrahlung des Senders mit lokaler Werbung nach und ließ hierzu im Dezember 2009 Messungen durchführen. Nach Anhörung mit Schreiben vom 28. Mai 2010 untersagte sie dem Antragsteller mit Bescheid vom 28. Juli 2010 unter Anordnung des Sofortvollzugs, auf der UKW-Hörfunkfrequenz 96,6 MHz das Programm €Radio 30 plus€ über die Grenze des Sendestandortgrundstücks hinaus zu verbreiten, und drohte für den Fall der Zuwiderhandlung nach dem 4. August 2010 ein Zwangsgeld von 1.000,- Euro an. Messtechnische Untersuchungen hätten ergeben, dass das Programm im Neu-Ulmer Stadtteil Ludwigsfeld und weit über die Grenzen dieses Stadtteils hinaus auch in Neu-Ulm und im Bundesland Baden-Württemberg in teilweise sehr guter Qualität empfangbar sei. Das Programm sei mit dem über Internet verbreiteten Programm nicht identisch und ziele inhaltlich auf das Gebiet um Ludwigsfeld. Eine Genehmigung oder Zulassung sei hierfür nicht erteilt worden.

Mit Schreiben vom 27. August 2010 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Augsburg Klage gegen den Bescheid einreichen lassen, über die noch nicht entschieden wurde. Gleichzeitig hat er die Feststellung beantragen lassen, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. September 2010 abgelehnt. Die angefochtene Untersagung und die Zwangsgeldandrohung seien nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin sei für den Erlass des Bescheids zuständig. Im Rahmen der summarischen Prüfung sei auch davon auszugehen, dass das vom Antragsteller ausgestrahlte Radioprogramm im gesamten Gebiet von Ludwigsfeld in guter Qualität empfangen werden könne und dass es sich an die Allgemeinheit richte. Der Antragsteller verfüge nicht über die hierfür erforderliche Genehmigung.

Zur Begründung der hiergegen erhobenen Beschwerde lässt der Antragsteller ausführen, er betreibe kein Hörfunkprogramm. Er bestreite, dass seine rein private Aussendung des bundesweit ausgestrahlten, werbefreien Internetprogramms €Radio 30 plus€ das Grundstück erheblich überschreite und von mehr als 500 Personen empfangen werden könne. Mit einer Sendeleistung von 50 mW, für die ihm die Bundesnetzagentur die Frequenz 96,6 MHz zugeteilt habe, könne lediglich ein Gebiet von gut 200 Metern im Umkreis der Sendeantenne versorgt werden. Seine Aussendungen entsprächen exakt dem von der Bundesnetzagentur berechneten Wert. Gegenteiliges habe die Bundesnetzagentur auch bei einer Überprüfung am 16. April 2010 nicht feststellen können. Das Messprotokoll dieser Überprüfung liege ihm allerdings nicht vor. Die Antragsgegnerin habe die Zuführung des Programms zu den Kabelnetzen selbst genehmigt. Die Messungen der von der Antragsgegnerin beauftragten und ihr sehr nahe stehenden Bayerischen Medien Technik GmbH (BMT) seien nicht in der vorgeschriebenen Weise durchgeführt worden. Er vermute, dass die BMT eine andere Radiostation gehört habe. Außerdem sei die Antragsgegnerin für die Unterlassungsverfügung nicht zuständig. Im weiteren Verlauf des Verfahrens reichte der Antragsteller eine Dokumentation der Firma €Rundfunkpartner€ vom 20. Mai 2010 über Messungen und Untersuchungen des Sendestandorts am 14. und 15. Mai 2010 nach. Aus dieser ergebe sich, dass die nichtöffentliche Tonübertragung des Antragstellers die gesetzlichen Vorgaben einhalte.

Er beantragt,

festzustellen, dass die Klage gegen die Untersagungsverfügung vom 28. Juli 2010 aufschiebende Wirkung hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Als Ansprechpartner benenne die Firma €Rundfunkpartner€ den Inhaber der Lizenz zur bundesweiten Verbreitung des Internethörfunkprogramms €Radio 30 plus€, Herrn M. Th. Schon wegen dessen Nähe zum Antragsteller verdiene die von ihm erstellte Dokumentation keine Beachtung. CD-Mitschnitte des vom Antragsteller ausgestrahlten Hörfunkprogramms vom 14. Dezember 2009 würden ebenso wie die Messergebnisse der BMT vom 21. und 22. Dezember 2009 belegen, dass das Programm weit über das Grundstück hinaus von einer größeren Anzahl von Hörern in guter Qualität empfangen werden könne. Es enthalte auch lokale Inhalte und Werbung und weiche damit von dem über Internet verbreiteten Programm €Radio 30 plus€ ab. Mit der Leistung von 50 mW sei eine Überschreitung des Grundstücks und Versorgung eines Stadtteils durchaus möglich. Hierfür besitze der Antragsteller nicht die erforderliche Genehmigung. Ergebnisse über Messungen, die die Bundesnetzagentur unter telekommunikationsrechtlichen Gesichtspunkten durchgeführt habe, lägen der Antragsgegnerin nicht vor. Sie seien für die rundfunkrechtliche Bewertung im vorliegenden Verfahren auch nicht relevant.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und auf die vorgelegten Unterlagen der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat das als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage ausgelegte Begehren des Antragstellers zu Recht abgelehnt. Die dargelegten Beschwerdegründe, auf die sich die Prüfung im Beschwerdeverfahren beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine andere Entscheidung. Vielmehr ist nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage davon auszugehen, dass die Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben dürfte. Deshalb muss die die Interessenabwägung im Eilverfahren zum Nachteil des Antragstellers ausfallen.

1. Rundfunk wird in Bayern in öffentlicher Verantwortung und in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft der Antragsgegnerin betrieben (Art. 111a Abs. 2 Satz 1 BV, Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Telemedien in Bayern [Bayerisches Mediengesetz € BayMG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.10.2003 (GVBl S. 799, BayRS 2251-4-S), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8.12.2009 [GVBl S. 609]). Diese organisiert Rundfunkprogramme aus von Rundfunkanbietern gestalteten Beiträgen und sorgt unter anderem für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen einschließlich der Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 11 Satz 2 Nr. 1 BayMG). Die nach § 20 des Staatsvertrags für den Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag € RStV) vom 31. August 1991 (GVBl S. 451, BayRS 2251-6-S), zuletzt geändert durch den Dreizehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 30. Oktober bis 20. November 2009 (GVBl 2010 S. 145), erforderliche Zulassung privater Veranstalter zur Verbreitung von Rundfunkangeboten wird von der Antragsgegnerin in Form der Genehmigung erteilt (Art. 25, Art. 26 BayMG, vgl. Bornemann in Bornemann/Kraus/Lörz, Bayerisches Mediengesetz, Stand August 2010, RdNr. 27 zu Art. 25). Die Verbreitung von Hörfunkprogrammen ausschließlich im Internet bedarf allerdings seit dem Inkrafttreten des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrags am 1. Juni 2009 keiner Zulassung mehr und ist lediglich anzeigepflichtig (§ 20b RStV).

a) Rundfunk ist die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, in Ton und in Bild unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung oder längs oder mittels eines Leiters (Art. 1 Abs. 2 Satz 1 BayMG, vgl. auch § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV). Nicht unter den Begriff fällt die Verbreitung von Darbietungen, die sich auf ein Gebäude oder einen zusammengehörigen Gebäudekomplex beschränken und in einem funktionellen Zusammenhang mit den dort zu erfüllenden Aufgaben stehen (Art. 1 Abs. 2 Satz 3 BayMG). Ebenfalls nicht als Rundfunk anzusehen sind Angebote, die weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden oder die ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen (§ 2 Abs. 3 Nrn. 1 und 3 RStV).

b) Der Antragsteller veranstaltet und verbreitet Rundfunk über die Hörfunkfrequenz 96,6 MHz. Sein Angebot überschreitet die Grenzen des Gebäudes und Grundstücks, auf dem der Sender angebracht ist, und richtet sich an die Allgemeinheit.

Dies ergibt sich bereits aus den von der BMT am 21. und 22. Dezember 2009 getroffenen Feststellungen (Bl. 9 € 28 der von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen), wonach das Signal während der Fahrt mit einem PKW bei zahlreichen Messpunkten im Neu-Ulmer Stadtteil Ludwigsfeld und teilweise darüber hinaus in ausreichender Stärke empfangen werden konnte. Nach den hierzu auf Seite 11 des Berichts wiedergegebenen Zitaten enthält das Angebot des Antragstellers auch Inhalte und Werbung mit lokalem Bezug zu Ludwigsfeld und ist damit nicht mit dem bundesweit über Internet verbreiteten Hörfunkprogramm €Radio 30 plus€ identisch.

Bestätigt wird dies durch die von der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren als Audio-Dateien vorgelegten Mitschnitte vom 14. Dezember 2009. Bei einem dieser Mitschnitte ist unter anderem folgende Einblendung zu hören: €Radio 30 plus auf 96,6 ist zurück in 60 Sekunden.€ Es folgt ein Werbespot: €Nehmen Sie sich einfach mal 5 Sekunden Zeit. Atmen Sie tief durch. € Und weiter geht€s. Diese kurze Pause wurde Ihnen präsentiert von First-Fit-Ludwigsfeld. First-Fit-Ludwigsfeld: Fitness, Physio, Beauty.€ Nach einem weiteren Werbespot endet die Werbeunterbrechung mit: €Radio 30 plus € meine Region, mein Radio. Radio 30 plus, Radio 30 plus.€ Die Aufzeichnungen wurden dem Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 19. November 2010 zufolge in einem Auto in teilweise erheblicher Entfernung vom Senderstandort mit einem portablen UKW-Empfänger mit geringer Empfindlichkeit gefertigt. Die hierbei zurückgelegten Fahrtstrecken ergeben sich aus den Karten, die dem Schriftsatz als Anlage beigefügt wurden.

Damit hat die Antragsgegnerin ausreichend belegt, dass der Mitschnitt den Sender des Antragstellers betrifft und dass dessen Ausstrahlung jedenfalls nicht in jeder Hinsicht mit dem Internetprogramm €Radio 30 plus€ übereinstimmt, sondern auch Werbung mit lokalem Bezug enthält. Allein der Umstand, dass die BMT die Untersuchung im Auftrag der Antragsgegnerin durchgeführt hat und dass es sich bei ihr um ein Tochterunternehmen der Antragsgegnerin und des Bayerischen Rundfunks handelt führt nicht dazu, dass die getroffenen Feststellungen im Rahmen des vorliegenden Verfahrens unberücksichtigt bleiben müssten. Die Antragsgegnerin fällt als Anstalt des öffentlichen Rechts, die der Rechtsaufsicht des Freistaats Bayern unterliegt (Art. 10 Abs. 1 Satz 1, Art. 19 BayMG), in den Anwendungsbereich des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Sie ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen und bedient sich hierbei der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält (Art. 24, Art. 26 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Es ist ihr unbenommen, bei der gebotenen Aufklärung des Sachverhalts im Vorfeld etwaiger Anordnungen nach Art. 16 BayMG ihre eigenen Bediensteten einzusetzen oder ein Tochterunternehmen mit Untersuchungen zu beauftragen und deren Ergebnisse € wie geschehen € nach Anhörung des potentiellen Adressaten der Anordnung bei der Entscheidung zu berücksichtigen.

Entgegen den Angaben des Antragstellers bei seiner Beantragung der Unbedenklichkeitsbescheinigung dient das von seinem Sender ausgehende Signal nach den von der Antragsgegnerin und der BMT getroffenen Feststellungen nicht lediglich privaten Zwecken und insbesondere nicht ausschließlich der Überprüfung der Funktion und der Qualität des produzierten Signals. Vielmehr liegt aufgrund des Sendeinhalts mit lokaler Werbung und der Reichweite des Signals ein für die Allgemeinheit bestimmtes, weit über die Grundstücksgrenzen empfangbares und damit genehmigungsbedürftiges Rundfunkangebot vor. In Ludwigsfeld leben nach Angaben der Stadt Neu-Ulm 8.750 Menschen (http://zserver.neu-ulm.de/web/html/content.htm€ theme=stadt&sub=5). Damit ist die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 RStV festgelegte Grenze weit überschritten. Für die Genehmigungsbedürftigkeit kommt es auch nicht darauf an, ob der Antragsteller die von der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen bei der Frequenzzuteilung vorgegebene Sendestärke einhält oder nicht. Die Signalstärke ist für die Frage, ob die Aussendung an die Allgemeinheit gerichtet ist und damit den Rundfunkbegriff erfüllt, nicht unmittelbar von Bedeutung. Sie wurde dem Antragsteller von der Antragsgegnerin in der Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 12. August 2005 auch nicht im Sinne eines in jedem Fall zulässigen Werts zugestanden. Vielmehr ist die Unbedenklichkeitsbescheinigung ausdrücklich daran geknüpft, dass die Ausstrahlung ausschließlich nur innerhalb des Grundstücks stattfindet. Auch die Frequenzzuteilung der Bundesnetzagentur gemäß § 55 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl S. 1190), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Februar 2010 (BGBl S. 78), wurde an den Antragsteller nur für nicht-grundstücksüberschreitende Funkanwendungen zur nichtöffentlichen Tonübertragung innerhalb eines Grundstücks vergeben und enthält hierzu entsprechende Auflagen. Für die Zuteilung von Frequenzen zur Übertragung von Rundfunk im Zuständigkeitsbereich der Länder hätte die Bundesnetzagentur auch das Benehmen mit der Antragsgegnerin herstellen müssen (§ 57 Abs. 1 Satz 1 TKG).

c) Dem Antragsteller ist es nicht gelungen, die Feststellungen der Antragsgegnerin zu widerlegen. Vielmehr ergibt sich aus der von ihm vorgelegten Dokumentation €Tonübertragung auf einem Grundstück in Ludwigsfeld bei Neu-Ulm€ der Firma €Rundfunkpartner€, dass auch bei deren Messungen außerhalb des Grundstücks für den Empfang ausreichende Feldstärken festgestellt wurden. Auch wenn die Dokumentation von einer €mobilen Brauchbarkeit allenfalls in einem Umkreis von 200 Metern rund um den Sendestandort€ ausgeht, wäre hiermit grundstücksüberschreitender und damit genehmigungsbedürftiger Rundfunk gegeben. Zu den von der Antragsgegnerin und der BMT festgestellten Sendeinhalten (Werbung mit lokalem Bezug) äußert sich die Dokumentation nicht. Messergebnisse der Bundesnetzagentur vom 16. April 2010 hat der Antragsteller nicht beigebracht. Auch den mit Schriftsatz vom 4. Dezember 2010 erstmals geltend gemachten Defekt des Senders €am 21./22. Dezember 2010€ (gemeint wohl: 21./22. Dezember 2009) hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht. Im Übrigen wären selbst im Falle eines solchen Defekts die von der Antragsgegnerin am 14. Dezember 2009 gefertigten Aufzeichnungen nicht entkräftet.

Damit ist nach den bisherigen Feststellungen von einem an die Allgemeinheit gerichteten und damit genehmigungspflichtigen Rundfunkangebot des Antragstellers auszugehen.

2. Die Verbreitung dieses Angebots durch den Antragsteller hat die Antragsgegnerin zu Recht untersagt.

Wie bereits ausgeführt hat die Antragsgegnerin für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen einschließlich der Bestimmungen des Rundfunkstaatsvertrags zu sorgen (Art. 11 Satz 2 Nr. 1 BayMG). Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG kann sie unter anderem gegenüber Rundfunkanbietern (Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 24 BayMG) die erforderlichen Anordnungen zur Einhaltung der Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags treffen. Diese Befugnis besteht auch gegenüber solchen Anbietern, die nicht über die zur Verbreitung von Rundfunkangeboten erforderliche Genehmigung verfügen (vgl. Bornemann, a.a.O., RdNr. 28 zu Art. 16).

Der Antragsteller ist nicht Inhaber der zur Verbreitung seines Rundfunkangebots erforderlichen Genehmigung. Die ihm erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung vom 12. August 2005 gilt nur für die unveränderte, die Grundstücksgrenzen nicht überschreitende Ausstrahlung des Internet-Hörfunkprogramms €Radio 30 plus€, nicht aber für die veränderte und an einen unbestimmten Personenkreis gerichtete Ausstrahlung mit lokalen Werbeinhalten im Neu-Ulmer Stadtteil Ludwigsfeld und darüber hinaus. Die noch vor Inkrafttreten des § 20b RStV von der Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg erteilte Zulassung zur Veranstaltung des bundesweiten Hörfunkvollprogramms €Radio 30 plus€ gilt ausdrücklich nur für den Anbieter dieses Programms, Herrn Th., und berechtigt auch nicht zur lokalen terrestrischen Ausstrahlung des (noch dazu veränderten) Programms über eine UKW-Hörfunkfrequenz. Gleiches gilt für die Bestätigung der Zulässigkeit der zeitgleichen und unveränderten Verbreitung des Programms in bayerischen Kabelanlagen mit Schreiben der Antragsgegnerin an Herrn Th. vom 23. September 2008. Schließlich berechtigt auch die Frequenzzuteilung der Bundesnetzagentur vom 3. April 2008 den Antragsteller ausdrücklich nur zur nichtöffentlichen Tonübertragung innerhalb eines Grundstücks und darf keine schädlichen Störungen des Rundfunkdienstes verursachen. Sie lässt medienrechtliche Regelungen ohnehin unberührt (vgl. § 2 Abs. 5 Satz 2 TKG) und ersetzt daher die nach Art. 25 BayMG erforderliche Genehmigung nicht.

3. Die Rechtmäßigkeit und die sofortige Vollziehbarkeit der Zwangsgeldandrohung für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Unterlassungsverfügung ergeben sich aus Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, Art. 21a Satz 1, Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, Art. 31, Art. 36 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Bedenken gegen die Höhe des Zwangsgelds wurden nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG und Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

5. Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.






Bayerischer VGH:
Beschluss v. 26.01.2011
Az: 7 CS 10.2517


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/b9e773f25f15/Bayerischer-VGH_Beschluss_vom_26-Januar-2011_Az_7-CS-102517




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