Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 26. Februar 2008
Aktenzeichen: VI-Kart 3/07 (V)

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 26.02.2008, Az.: VI-Kart 3/07 (V))




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, den Antrag der Beteiligten, dem Bundeskartellamt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, abzulehnen. Der Beschluss des Senats, der die aufschiebende Wirkung der Beschwerden angeordnet hat, braucht nicht um eine Kostenentscheidung ergänzt zu werden. Das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB und das Beschwerdeverfahren sind im Hinblick auf die Rechtsanwaltsgebühren keine unterschiedlichen Angelegenheiten. Es handelt sich vielmehr um ein Vorschalt- oder Zwischenverfahren, das als eine Angelegenheit mit dem Beschwerdeverfahren betrachtet wird. Nach § 17 Nr. 1 RVG sind verschiedene Angelegenheiten das Verwaltungsverfahren, das einem gerichtlichen Verfahren vorausgeht und der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dient, sowie das gerichtliche Verfahren. Das gerichtliche Verfahren und die im Einzelnen aufgeführten Verwaltungsverfahren sind eigenständige Angelegenheiten. Das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB zählt nicht zu den Verfahren, die in § 17 Nr. 4 c) RVG genannt werden. Aus den Motiven des RVG geht hervor, dass das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB nicht zu den genannten Verfahren gehört. Auch das Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz und das Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz behandeln das Beschwerdeverfahren nach § 63 GWB und das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB nicht als verschiedene Verfahren. Für das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB sind keine separaten Gebührensätze vorgesehen. Da es sich beim Verfahren über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht um ein eigenständiges Verfahren handelt, ist eine separate Streitwertfestsetzung für dieses Verfahren nicht erforderlich.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Düsseldorf: Beschluss v. 26.02.2008, Az: VI-Kart 3/07 (V)


Tenor

I.

Der Antrag der Beteiligten zu 1-5, den Beschluss des Senates vom 5. März 2007 zu ergänzen und dem Bundeskartellamt die Kosten des Verfahrens über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden aufzuerlegen, wird zurückgewiesen.

II.

Einer Streitwertfestsetzung für das auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden gegen die Verfügung des Bundeskartellamtes vom 14. Februar 2007 gerichtete Ver-fahren bedarf es nicht.

Gründe

I.

Der Antrag der Beteiligten zu 1-5 hat keinen Erfolg. Der Beschluss des Senates vom 5. März 2007, durch den die aufschiebende Wirkung der Beschwerden der Beteiligten zu 1-5 gegen den Beschluss des Bundeskartellamtes vom 14. Februar 2007 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Beschwerden gemäß § 65 Abs. 3 Satz 2 GWB angeordnet worden ist, ist nicht um die beantragte Kostenentscheidung zu ergänzen. Eine nach § 78 GWB zu treffende Kostenentscheidung wäre nur dann erforderlich, wenn es sich bei dem Verfahren über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde nach § 65 Abs. 3 GWB gegenüber dem Beschwerdeverfahren gebührenrechtlich um ein selbständiges Verfahren handelt. Dies ist allerdings nicht der Fall. Das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB und das Beschwerdeverfahren sind in Bezug auf die Rechtsanwaltsgebühren keine verschiedenen Angelegenheiten im Sinne von § 17 RVG. Vielmehr handelt es sich um ein Vorschalt- oder Zwischenverfahren, das mit dem Beschwerdeverfahren gebührenrechtlich eine Angelegenheit darstellt (vgl. auch Senat Beschluss vom 9. Juli 2003, Az.: Kart 16/00 (V), Umdruck Seite 4 f. zu den Vorschriften der BRAGO).

Nach § 17 Nr. 1 RVG sind verschiedene Angelegenheiten jeweils das Verwaltungsverfahren, das einem gerichtlichen Verfahren vorausgehende und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dienende weitere Verwaltungsverfahren (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren), das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung sowie über einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte Dritter und ein gerichtliches Verfahren. Das gerichtliche Verfahren ist somit eine eigenständige Angelegenheit, genauso wie die dort im einzelnen aufgeführten Verwaltungsverfahren. Demzufolge können zwar das Verwaltungsverfahren, in dem die Kartellbehörde eine einstweilige Anordnungen nach § 60 GWB trifft, und das gerichtliche Verfahren, in dem über die Beschwerde gegen eine solche Anordnung entschieden wird, verschiedene Angelegenheiten sein. Über das Verhältnis zwischen dem gerichtlichen Hauptsacheverfahren und dem gerichtlichen Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde verhält sich die genannte Vorschrift indes nicht.

Auch aus § 17 Nr. 4 c) RVG folgt nicht, dass das Verfahren über die Beschwerde gegen eine kartellbehördliche Verfügung und das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB verschiedene Angelegenheiten sind. Nach § 17 Nr. 4 c) RVG sind zwar das Verfahren in der Hauptsache und ein Verfahren über einen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, auf Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts verschiedene Angelegenheiten. Jedoch sprechen folgende Gründe nach Überzeugung des Senates dafür, dass das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB nicht zu den dort genannten Verfahren über einen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gehört. Nach den Motiven entspricht § 7 Nr. 4 RVG "§ 40 Abs. 1 BRAGO für den Arrest und die einstweilige Verfügung und § 114 Abs. 6 Satz 1 i.V.m. § 40 Abs. 1 BRAGO für die einstweilige Anordnung in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit.". Zu letzterem zählen die Verfahren über Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§§ 123 VwGO, 114 FGO), auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung des Verwaltungsaktes und auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage (§§ 80 VwGO, 69 FGO). Das kartellgerichtliche Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels gegen die Verfügung der Kartellbehörde nach § 65 Abs. 3 GWB ist in den Motiven zu § 7 Nr. 4 RVG nicht genannt. Auch die Bestimmungen des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (KV, Anlage 1 zum GKG) und des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV, Anlage 1 zum RVG) behandeln das Beschwerdeverfahren nach § 63 GWB und das Verfahren § 65 Abs. 3 GWB nicht als verschiedene Verfahren. So enthält das Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz zwar in Vorb. 1.2.2 Nr. 2 eine Kostenregelung für das Beschwerdeverfahren (KV Nr. 1220-1223). Eine gesonderte Regelung für das Eilverfahren nach § 65 Abs. 3 GWB findet sich jedoch nicht. KV Nr. 1640 und 1641 (Hauptabschnitt 6. Abschnitt 4. Besondere Verfahren nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, dem Aktiengesetz, dem Umwandlungsgesetz, dem Wettpapiererwerbs- und Übernahmegesetz und dem Wertpapierhandelsgesetz) betrifft ausdrücklich nur das vergaberechtliche Eilverfahren nach § 118 GWB bzw. § 121 GWB. Im Vergütungsverzeichnis zum Rechtanwaltsvergütungsgesetz sind gleichfalls keine getrennten Gebührensätze für beide Verfahren ausgewiesen. Für das Beschwerdeverfahren nach dem GWB finden gemäß VV Vorb. 3.2.1 Nr. 4 die Gebührensätze VV Nr. 3200 - 3203 Anwendung. Ein hiervon getrennter Gebührensatz ist für das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB nicht vorgesehen, obwohl der Gesetzgeber durchaus die Eilverfahren - auch nach dem GWB - im Blick gehabt hat. VV Vorb. 3.2 Abs. 2 erklärt nur für die dort ausdrücklich genannten (Eil-)Verfahren die erstinstanzlichen Gebührensätze VV Nr. 3100-3105 für anwendbar. Hierbei handelt es sich um das zivilgerichtliche Verfahren auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einstweiligen Verfügung (Satz 1) und die genannten Eilverfahren vor Gerichten der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (Satz 2). Satz 3 verhält sich über das Verfahren betreffend einen Antrag nach § 115 Abs. 2 Satz 2 und 3, § 118 Abs. 1 Satz 3 oder nach § 121 GWB. Das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB ist nicht erwähnt. Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber das (Eil-)Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB ausdrücklich genannt hat, das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB hingegen nicht, kann nur geschlossen werden, dass das Verfahren nach § 65 Abs. 3 GWB nach dem Willen des Gesetzgebers neben dem Hauptsacheverfahren keine besonderen Rechtsanwaltsgebühren auslösen und damit keine eigenständige Angelegenheit sein soll.

II.

Da es sich bei dem Verfahren über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gebührenrechtlich gegenüber dem Hauptsacheverfahren um keine selbständiges Verfahren handelt, kommt eine gesonderte Streitwertfestsetzung für dieses Verfahren nicht in Betracht.

Kühnen Dr. Maimann Ausetz






OLG Düsseldorf:
Beschluss v. 26.02.2008
Az: VI-Kart 3/07 (V)


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