Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 165/01

(BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az.: 29 W (pat) 165/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 26. Februar 2003 über eine Beschwerde gegen das Deutsche Patent- und Markenamt entschieden. In dem Verfahren ging es um eine Markenanmeldung, bei der es um die Wortfolge "Ich kündige" ging. Das Markenamt hatte die Anmeldung für bestimmte Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen, weil die Bezeichnung zu beschreibend sei und daher keine Unterscheidungskraft aufweise. Das Gericht entschied, dass das Zeichen teilweise freihaltebedürftig bzw. die Unterscheidungskraft teilweise nicht gegeben sei. Die Wortfolge "Ich kündige" sei im Zusammenhang mit den betreffenden Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe und müsse daher von Mitbewerbern frei verwendet werden können. Die graphische Ausgestaltung des Zeichens ändere daran nichts. Allerdings konnte das Gericht in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen keine hinreichend sichere Feststellung treffen, ob ein Freihaltebedürfnis oder fehlende Unterscheidungskraft vorliegt. Daher wurden die Beschlüsse des Markenamts für diese Dienstleistungen aufgehoben.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az: 29 W (pat) 165/01


Tenor

1. Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Dezember 2000 beziehungsweise vom 4. April 2001 aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen

"Suche und Auswahl von Führungskräften und sonstigem Personal für Dritte, Stellenvermittlung; Analyse von Stellenangeboten für Dritte, Mediastrategieentwicklung, Mediaberatung in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht, Vermittlung von Verträgen über Media-Konzepte, Dienstleistungen eines Werbefachmanns, insbesondere Konzeption und Produktion von Anzeigen und Werbespots für Printmedien, Werbebanner, Funk, Fernsehen und Internet"

zurückgewiesen wurde.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist als Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür die Waren und Dienstleistungen

"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse; Schreibwaren; Spielkarten;

Unternehmens-, Management-, Organisationsberatung, Vergütungsberatung, Personalberatung, Personalmarketing, Suche und Auswahl von Führungskräften und sonstigem Personal für Dritte, Stellenvermittlung; Analyse von Stellenangeboten für Dritte, Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit, Werbung für Dritte und Mediastrategieentwicklung, Mediaberatung in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht, Vermittlung von Verträgen über Mediakonzepte;

Dienstleistungen eines Werbefachmanns, insbesondere Konzeption und Produktion von Anzeigen und Werbespots für Printmedien, Werbebanner, Funk, Fernsehen und Internet;

Betrieb von Hotlines für Dritte."

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Erstbeschluß vom 15. Dezember 2000 für alle beanspruchten Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme von "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Spielkarten" zurückgewiesen. Zur Begründung ist angeführt, dem angemeldeten Zeichen fehle hinsichtlich der beanstandeten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da die Bezeichnung von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres als schlagwortartig verkürzte Sachinformation über die Art und den Gegenstand der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aufgefaßt werde. Eine Marke eines bestimmten Herstellers erkenne der Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung daher nicht. Die Gestaltung des Anmeldezeichens entspreche der heutigen Gepflogenheit der Werbegraphik, wobei die rote Farbe lediglich zur Hervorhebung bzw zur Steigerung der Aufmerksamkeit beitragen solle. Ein Freihaltebedürfnis könne daher dahinstehen. Mit Erinnerungsbeschluß vom 4. April 2001 wurde diese Wertung unter Hinweis auf einen Buchtitel gleichen Namens bestätigt. Daraus ergebe sich, daß bei der Verwendung als Buchtitel die beanspruchte Wortkombination geeignet sei, inhaltsbeschreibend auch in der Verwendung für andere Erzeugnisse und Dienste Verwendung zu finden. Auch die graphische Ausführung im Form eines handschriftlichen Schriftzuges und des farbigen Hintergrundes stehe der inhaltlichen Aussage nicht entgegen, da Bücher häufig mit farbigen Einbänden versehen würden.

Die Anmelderin hat mit undatiertem Schriftsatz, eingegangen am 28. Mai 2001, Beschwerde eingelegt und diese im wesentlichen damit begründet, die angemeldete Wortfolge weise keinen konkreten Warenbezug auf und lasse unzählige Ergänzungen zu. Für Dienstleistungen sei das angemeldete Zeichen schon deshalb nicht freihaltebedürftig, da Kündigungen grundsätzlich persönlich zu erfolgen hätten und nicht durch Dritte erbracht werden könnten. Da kein Freihaltebedürfnis zu erkennen sei, seien die Anforderungen an die Unterscheidungskraft geringer, daher sei das Zeichen auch eintragungsfähig.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. Dezember 2000 und vom 4. April 2001 aufzuheben, soweit die Anmeldung zurückgewiesen wurde.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht im Umfang der Zurückweisung ein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sowie fehlende Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG entgegen.

Gemäß § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung ua der Art, der Beschaffenheit und der Bestimmung der Waren oder Dienstleistungen dienen können (vgl BGH GRUR 1996, 770 - MEGA). Die angemeldete Wortfolge "Ich kündige" ist in ihrer Gesamtheit im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe und muß daher den Mitbewerbern zum freien Gebrauch erhalten bleiben.

Der Wortbestandteil "Ich kündige" weist in seiner Gesamtheit lediglich beschreibend darauf hin, daß es um die Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses geht. Zudem weist die Wortfolge gleichzeitig inhaltsbeschreibend auf Druckereierzeugnisse, die Tätigkeit der Unternehmens-, Management-, Organisations-, Vergütungs- und Personalberatung sowie auf den Bereich des Personalmarketings Betrieb von für Dritte hin, nachdem sich all diese Waren und Dienstleistungen mit der Frage der Kündigung, insbesondere von Arbeitsverhältnissen, befassen können. Damit ist, ungeachtet der Frage, ob eine gewisse begriffliche Unschärfe vorliegt oder nicht (vgl BGH GRUR 2000, 882 - BÜCHER FÜR EINE BESSERE WELT), eindeutig ausgesagt, daß es im vorliegenden Fall um Beratungstätigkeiten im Zusammenhang mit der Beendigung von Arbeitsverhältnissen gehen soll und insbesondere auch der Begriff des sogenannten Outplacements, der zwischenzeitlich in den deutschen Sprachgebrauch Eingang gefunden hat (vgl Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl 2001, CD-ROM-Version, Stichwort Outplacement) thematisch behandelt wird. Insbesondere spricht nicht gegen die Annahme eines Freihaltebedürfnisses, daß ein breites Themenspektrum durch eine Angabe wie die vorliegend angemeldete außerordentlich präzise und treffend erfaßt wird (vgl BGH aaO - BÜCHER FÜR EINE BESSERE WELT). Insoweit steht der Annahme eines Freihaltebedürfnisses nach § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG nicht entgegen, daß die beschreibende Verwendung der Bezeichnung "Ich kündige" auch mit Hilfe einer entsprechend eingetragenen Marke nicht unterbunden werden könnte, weil eine solche Verwendung nach § 23 Nr 2 MarkenG stets aus dem Schutzbereich einer solchen Marke herausfallen würde. Auch wenn im Eintragungsverfahren nicht jeder denkbaren Behinderungsmöglichkeit Rechnung zu tragen ist (vgl BGH GRUR 1998, 813 - CHANGE), dient das Eintragungsverbot des § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG dennoch dazu, das Risiko für die Benutzer beschreibender Angaben und das von einer eingetragenen Marke ausgehende Einschüchterungspotential in Grenzen zu halten (vgl BGH aaO - BÜCHER FÜR EINE BESSERE WELT).

Im Rahmen der Zurückweisung fehlt dem angemeldeten Zeichen auch die erforderliche Unterscheidungskraft im sinne von § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG. Dabei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes um die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen von solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (vgl BGH GRUR 2002, 1 070 - Bar jeder Vernunft). Hauptfunktion einer Marke ist es, die Ursprungsidentität der so gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis auszuräumen. Kann demnach einer Marke kein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH aaO - Bar jeder Vernunft). Da in der Gesamtheit des angemeldeten Zeichens der Wortbestandteil "Ich kündige" eindeutig hervortritt, wäre erforderlich, daß die bildliche Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens einen über die bloßen Wortelemente hinausreichenden Überschuß erreicht (vgl Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdn 145). Dies wird durch die schwarze Schrift auf rotem Grund nicht erreicht, da Rot die beliebteste Farbe der Werbegraphik darstellt und stets dort Verwendung findet, wo besondere Aufmerksamkeit erregt werden soll. Auch die Wiedergabe der Wortbestandteile "Ich kündige" in einer Art Schreibschrift verhilft dem angemeldeten Zeichen nicht zur Schutzfähigkeit, da sie an dem beschreibenden Charakter nichts ändert (vgl BGH GRUR 2001, 1153 - anti Kalk).

Gleiches gilt für die gewählte farbige Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens. Diese kann schon deshalb eine Eintragung nicht rechtfertigen, da die vorliegende, in einem einfachen Rotton gehaltene, farbliche Ausgestaltung mit schwarzer Schrift der absolut üblichen Werbegraphik entspricht.

Hinsichtlich der Dienstleistungen "Suche und Auswahl von Führungskräften und sonstigem Personal für Dritte, Stellenvermittlung, Analyse von Stellenangeboten für Dritte, Media-Strategieentwicklung, Mediaberatung in organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Hinsicht, Vermittlung von Verträgen über Mediakonzepte" konnte der Senat weder ein Freihaltebedürfnis noch eine fehlende Unterscheidungskraft ausreichend sicher feststellen. Insoweit waren die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 daher aufzuheben.

Zugleich für die wegen Urlaubs an der Unterschrift gehinderten Vorsitzenden Richterin Grabrucker Voit Voit Finkbr/Fa Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/29W(pat)165-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 26.02.2003
Az: 29 W (pat) 165/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/a8fb1505d8b0/BPatG_Beschluss_vom_26-Februar-2003_Az_29-W-pat-165-01




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