Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Februar 2010
Aktenzeichen: 14 W (pat) 39/06

(BPatG: Beschluss v. 05.02.2010, Az.: 14 W (pat) 39/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um ein Verfahren zur Entwässerung von Asche, das Gegenstand eines Patents ist. Die Anmelderin hatte Beschwerde gegen den Beschluss eingereicht, mit dem die Patentanmeldung zurückgewiesen wurde. Sie argumentierte, dass der beanspruchte Gegenstand durch den Stand der Technik nicht nahegelegt wurde. Die Prüfungsstelle hatte die Patentanmeldung zurückgewiesen, da sie der Ansicht war, dass der beanspruchte Gegenstand nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhte. Das Gericht entschied jedoch, dass die Patentanmeldung ausreichend offengelegt war und der beanspruchte Gegenstand neu und erfinderisch war. Daher wurde die Patentanmeldung zugelassen und das Patent erteilt.

Das Gericht stellte fest, dass die im beanspruchten Verfahren angewendeten Verfahrensmaßnahmen nicht durch den Stand der Technik angeregt wurden. Die in den Entgegenhaltungen beschriebenen Verfahren und Vorrichtungen zur Entwässerung von Asche konnten nicht auf den spezifischen Aschetyp angewendet werden, der bei einer bestimmten Art der Verbrennung von Kohle in einer Brennkammer anfällt. Die Entgegenhaltungen boten keine Hinweise auf die Anwendung eines Schwingentwässerers zur Entwässerung feinkörniger, nicht geschmolzener Asche mit einem hohen Wassergehalt. Daher war der beanspruchte Gegenstand neu und beruhte auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Das Gericht befand, dass auch die rückbezogenen Ansprüche des Patents auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten und somit gewährbar waren.

Die Beschwerde der Anmelderin wurde für zulässig und begründet befunden. Der angefochtene Beschluss wurde aufgehoben und das Patent wurde erteilt.

Die vollständige Gerichtsentscheidung kann in den Akten eingesehen werden.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 05.02.2010, Az: 14 W (pat) 39/06


Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und das Patent erteilt.

Bezeichnung: Verfahren zur Entwässerung von Asche Anmeldetag: 10. Juli 1998 Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zu Grunde:

Patentansprüche 1 bis 5, Beschreibung Seiten 1 bis 6, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 5. Februar 2010, 3 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3 gemäß Offenlegungsschrift.

Gründe

I Mit den Amtsbescheiden vom 30. Mai und 17. Oktober 2005 hat die Prüfungsstelle für Klasse B03B des Deutschen Patentund Markenamts der Anmelderin mitgeteilt, dass der beanspruchte Gegenstand im Hinblick auf die Entgegenhaltungen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Nachdem innerhalb der gewährten Frist keine Äußerung der Anmelderin zur Akte gelangt war, hat die Prüfungsstelle die Patentanmeldung 198 30 943.0 -24 mit der Bezeichnung

(1) DE 40 41 381 C1

(2) DE 23 25 923 C2 und

(3) EP 0 029 235 A1

"Verfahren zur Entwässerung von Asche"

aus den Gründen der Amtsbescheide mit Beschluss vom 6. Juni 2006 zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.

Die Anmelderin hat die Teilung der Anmeldung erklärt. In der Stammanmeldung werden die Patentansprüche 1 bis 5 vom 5. Februar 2010 weiterverfolgt. Der Anspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"Verfahren zur Entwässerung der bei einer NOx -armen Verbrennung staubförmiger Kohle in einer Brennkammer (1) eines Dampferzeugers mit Kohlenstaubfeuerung anfallenden und aus der Brennkammer (1) in das Wasserbad eines Nassentaschers (2) ausgetragenen feinkörnigen und nicht geschmolzenen Asche, die in dem Wasserbad des Nassentaschers (2) unter Aufnahme von Wasser gekühlt wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Asche aus dem Nassentascher (2) ausgetragen und auf einem Schwingentwässerer (14) von anhaftendem Wasser befreit sowie in einen transportund weiterverarbeitungsfähigen Zustand gleichmäßigen Wassergehalts entwässert wird."

Wegen des Wortlauts der rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 5 wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

Die Anmelderin hat zur Begründung ihrer Beschwerde im Wesentlichen geltend gemacht, dass keine der Druckschriften (1) bis (3) als nächst kommender Stand der Technik und damit als Ausgangspunkt für die Diskussion der erfinderischen Tätigkeit des beanspruchten Verfahrens in Frage komme. Ausgangspunkt für die vorliegende Anmeldung sei nämlich nicht die Behandlung irgendwelcher bei einer Kohleverfeuerung anfallender Asche, sondern ausschließlich der Aschetyp, der bei einer NOx -armen Verbrennung staubförmiger Kohle in einer Brennkammer eines Dampferzeugers mit Kohlenstaubfeuerung anfalle. Dieser Aschetyp bestehe aus feinkörniger, nicht geschmolzener, also poröser Asche. In keiner der Entgegenhaltungen stelle sich das Problem der Entwässerung derartiger Asche. Diese nehme im Unterschied zu den glasig glatten und somit wenig porösen Aschen aber mehr Wasser auf, was sich plastisch mit der Wasseraufnahmefähigkeit eines Tischtennisballs gegenüber der eines saugfähigen Tennisballs beschreiben lasse. Der Fachmann, im vorliegenden Fall ein Ingenieur mit Hochschulabschluss auf dem Gebiet der Kraftwerkstechnik und mehrjähriger Erfahrung bei der Herstellung von kohlebefeuerten Großdampferzeugern, habe dem Stand der Technik jedoch keinen Hinweis entnehmen können, der die Übertragung einer der in den Entgegenhaltungen beschriebenen Methoden auf die Entwässerung des vorliegenden Aschetyps habe nahelegen können. Eines solchen Hinweises habe es aber bedurft, um eine expost Betrachtung zu vermeiden.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Patent zu erteilen auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 5, Beschreibung Seiten 1 bis 6, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung sowie 3 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 3 gemäß Offenlegungsschrift.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II 1.

Die Beschwerde ist zulässig und auch begründet (§ 73 PatG).

2.

Bezüglich ausreichender Offenbarung des Gegenstandes nach dem geltenden Anspruch 1 bestehen keine Bedenken; seine Merkmale lassen sich aus dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1 in Verbindung mit der Seite 2, Abs. 4, Seite 2/3, übergreifender Absatz und Seite 5 der ursprünglich eingereichten Beschreibung herleiten. Die Merkmale der Ansprüche 2 bis 5 gehen aus den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 2 bis 4 in Verbindung mit der Seite 3, Absätze 2 bis 3 der ursprünglich eingereichten Beschreibung hervor.

3.

Die Neuheit des Verfahrens nach Patentanspruch 1 wurde von der Prüfungsstelle nicht beanstandet. Auch die Überprüfung der im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen durch den Senat hat zu keinem anderen Ergebnis geführt, so dass sich weitere Ausführungen hierzu erübrigen.

4.

Das Verfahren nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Anmeldung liegt die Aufgabe zu Grunde, die in einer Kohlenstaubfeuerung eines Dampferzeugers bei NOx -armer Verbrennung feinkörnig und in nicht geschmolzener Form anfallende und in einem Wasserbad unter Wasseraufnahme gekühlte Asche wirksam zu entwässern (S. 3, Z. 22 bis 26 geltender Beschreibung).

Gelöst wird diese Aufgabe durch die im geltenden Anspruch 1 angegebenen Verfahrensmaßnahmen.

Zu dieser Lösung kann der entgegengehaltene Stand der Technik den Fachmann, wie ihn die Anmelderin beschrieben hat, nicht anregen.

Aus Entgegenhaltung (1) ist zwar ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Entwässern von Schlacke bekannt. Die in einem Wasserbad abgelöschte Schlacke wird hierzu mittels eines Ausschubkolbens über eine in Schwingung versetzte Ausschubschurre aus dem Wasserbad herausgeschoben (vgl. Ansp. 1). Der Entgegenhaltung (1) lässt sich indessen weder ein Hinweis auf einen Schwingentwässerer entnehmen, noch darauf, dass die Entwässerung feinkörniger, nicht geschmolzener Asche vorgesehen ist, deren Restfeuchte 50 % und mehr betragen kann (vgl. geltende Beschr. S. 1, Abs. 3). Vielmehr weist die zu entwässernde Schlacke der Entgegenhaltung (1) vor der Behandlung allenfalls einen Wassergehalt von 18 bis 22 % auf (vgl. (1), Sp. 1, Z. 40 bis 48).

Hinweise auf die Entwässerung feinkörniger, nicht geschmolzener Asche mittels eines Schwingentwässerers bis zu einem transportund weiterverarbeitungsfähigen Zustand mit gleichmäßigem Wassergehalt liefert auch die Druckschrift (2) nicht. Sie betrifft zwar einen Nassentascher, wie er im vorliegend beanspruchten Verfahren auch eingesetzt wird (vgl. (2), Ansp. 1 i. V. m. Fig.). Durch seine Ausgestaltung mit einem schräg nach unten geneigten Stütztisch sollen aber insbesondere große Aschebrocken langsam aber stetig tiefer in das Wasser eingetaucht werden, um mit der damit erfolgenden langsamen Abkühlung die gestellte Aufgabe, i. e. Schäden am Gehäuse durch Explosionen und Verpuffungen zu vermeiden, lösen zu können (vgl. (2), Sp. 2, Z. 20 bis 24 und Sp. 3, Z. 12 bis Sp. 4, Z. 3 i. V. m. Fig.). Der Fachmann wird somit auch durch die Zusammenschau von

(1) und (2) nicht zu dem beanspruchten Verfahren angeregt.

Auch die Entgegenhaltung (3) trägt zur Lösung der hier gestellten Aufgabe nichts bei. Es ist darin zwar eine Vorrichtung zum Abzug der Asche aus einer kohlebefeuerten Verbrennungskammer beschrieben, die einen Schwingentwässerer aufweist (vgl. (3), Ansp. 1). Die großen Ascheund Schlackepartikel gelangen zur Abkühlung in einen mit Wasser gefüllten Aschetrichter, an dessen Ausgang sie mittels eines Mahlwerks gebrochen und nach Verdünnung der Mischung einem einoder mehrstufigen Schwingentwässerer zugeleitet werden, der auch der Klassierung der Partikel dienen kann (vgl. (3), S. 1, Z. 31 bis S. 2, Z. 18). Das bedeutet, dass selbst am Ende des Entwässerungsvorgangs durch die in (3) beschriebene Vorrichtung keine ausschließlich feinkörnigen, nicht geschmolzenen Aschepartikel, wie sie bei einer NOx -armen Verbrennung staubförmiger Kohle in einer Brennkammer (1) eines Dampferzeugers mit Kohlenstaubfeuerung anfallen, vorliegen. Der Fachmann wird angesichts dieser Beschaffenheit der Aschepartikel keine Vorteile für Entwässerung feinkörniger, nicht geschmolzener Asche, die eine Restfeuchte von 50 % und mehr aufweisen kann, erwarten und daher die Lehre dieser Entgegenhaltung nicht heranziehen und mit den übrigen Entgegenhaltungen kombinieren. Nachdem der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 neu ist und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht, ist dieser Anspruch gewährbar.

5. Das Gleiche gilt für die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 5, die jeweils weitere, über Selbstverständlichkeiten hinausgehende Ausführungsformen betreffen.

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BPatG:
Beschluss v. 05.02.2010
Az: 14 W (pat) 39/06


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