Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. September 2009
Aktenzeichen: 33 W (pat) 11/08

(BPatG: Beschluss v. 29.09.2009, Az.: 33 W (pat) 11/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 29. September 2009 (Aktenzeichen 33 W (pat) 11/08) die Beschwerde gegen die Eintragung der Marke 304 03 166 CONPARTIS für verschiedene Dienstleistungen im Bereich Unternehmensberatung, Finanzwesen und Immobilienvermittlung zurückgewiesen. Der Widerspruch gegen die Eintragung wurde von der Inhaberin der Marke 301 46 478 Compertis erhoben. Die Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte zuvor die Löschung der jüngeren Marke angeordnet, da eine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken bestehe. Die angegriffene Marke und die Widerspruchsmarke seien sowohl inhaltlich als auch klanglich sehr ähnlich. Die Dienstleistungen beider Marken seien entweder identisch oder zumindest hochgradig ähnlich. Die Marken hielten den erforderlichen deutlichen Abstand in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht nicht ein. Daher bestehe eine Verwechslungsgefahr. Das Bundespatentgericht bestätigte diese Entscheidung und wies die Beschwerde somit zurück. Es gab keinen Grund, die Kosten des Beschwerdeverfahrens einem der Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.09.2009, Az: 33 W (pat) 11/08


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Marke 304 03 166 CONPARTIS geschützt für Unternehmensberatung, Consulting, nämlich betriebswirtschaftliche Beratung, Erstellen von betriebswirtschaftlichen Gutachten; Finanzwesen und Geldgeschäfte, insbesondere Beratung in finanzieller Hinsicht, Finanzanalysen und Finanzberatung, Finanzierungen und deren Vermittlung, Vermittlung von Vermögensanlagen; Erstellen von Gutachten in finanzieller Hinsicht, Vermittlung von Immobilien, ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 301 46 478 Compertisgeschützt für Büroarbeiten; Beratung von Unternehmen, Verbänden, Vereinen und anderen Einrichtungen und Einzelpersonen in betriebswirtschaftlicher, versicherungswirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht, insbesondere Beratung auf allen Gebieten der betrieblichen Altersvorsorge und Beratung zum Vertrieb von Produkten der betrieblichen Altersvorsorge sowie aller damit zusammenhängende Geschäfte; Versicherungsund Finanzwesen, insbesondere Beratung zu und Vermittlung von Produkten der betrieblichen Altersvorsorge; Geldgeschäfte.

Der Widerspruch richtet sich nach dem Inhalt der Widerspruchserklärung gegen alle Dienstleistungen der angegriffenen Marke und wird -mit Ausnahme von "Büroarbeiten" -auf alle Dienstleistungen der Widerspruchsmarke gestützt.

Mit Schreiben vom 4. November 2004 hat der Inhaber der angegriffenen Marke gegen die seit dem 5. November 2001 eingetragene Widerspruchsmarke die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Hierauf hat ihm die Markenstelle mit Bescheid vom 17. November 2004 mitgeteilt, dass die Einrede mangels Ablaufs der Benutzungsschonfrist derzeit nicht zulässig sei und nach Ablauf der Benutzungsschonfrist erneut erhoben werden "müsste".

Mit Beschlüssen vom 13. April 2005 und vom 27. September 2007, letzterer im Erinnerungsverfahren, hat die Markenstelle für Klasse 36 die Löschung der jüngeren Marke angeordnet. Nach ihrer Auffassung besteht zwischen den Marken die Gefahr von Verwechslungen. Die Dienstleistung "Vermittlung von Immobilien" der angegriffene Marke sei mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zumindest mittelgradig ähnlich, da häufig ein funktioneller Zusammenhang zwischen den Dienstleistungen vorliege. Im Übrigen lägen die beiderseitigen Dienstleistungen im Identitätsbereich. Die Marken seien zumindest in klanglicher Hinsicht ähnlich. Sie seien weitgehend identisch und unterschieden sich lediglich bei den Konsonanten "n/m" am Ende der ersten Silbe und den Vokalen "a/e" in der zweiten Silbe. Diese Unterschiede in der Wortmitte seien nicht geeignet, eine hochgradige Ähnlichkeit zu beseitigen, so dass angesichts der normalen Kennzeichnungskraft und der Identität, zumindest aber mittelgradigen Ähnlichkeit der Dienstleistungen, eine Verwechslungsgefahr bestehe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Inhabers der jüngeren Marke, mit der er sinngemäß beantragt, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 36 des Deutschen Patentund Markenamts vom 13. April 2005 und vom 27. September 2007 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.

Seine Beschwerde hat er nicht begründet. Im Verfahren vor der Markenstelle hat er vorgetragen, dass die beiden Verfahrensbeteiligten in unterschiedlichen Bereichen des Finanzund Versicherungswesens tätig seien. Die Widersprechende betätige sich im Versicherungswesen, insbesondere der betrieblichen Altersvorsorge, während das Unternehmen des Markeninhabers im Bereich des Consulting, der Finanzierungsvermittlung und Kapitalbeschaffung, insbesondere für mittelständische Unternehmen, sowie der Immobilienvermittlung tätig sei. Zudem werde die angegriffene Marke vornehmlich im Umkreis von etwa 100 km um die Stadt Hof verwendet, während die Widersprechende im Raum Wiesbaden tätig sei. Auch würden die Marken jeweils mit unterscheidenden Zusätzen verwendet, insbesondere unterschiedlichen Zusätzen über die Gesellschaftsform. Darüber hinaus unterschieden sich die Marken neben den Konsonanten "m/n" und den Vokalen "a/e" durch ihre Schreibweise in durchgängiger Großschreibung bei "CONPARTIS" und die (bis auf den Anfangsbuchstaben) Kleinschreibung bei "Compertis".

Auch die Widersprechende hat von einer Äußerung abgesehen. Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie vorgetragen, dass die beiderseitigen Dienstleistungen identisch, jedenfalls hochgradig ähnlich seien und dass auf Grund der hochgradigen Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr gegeben sei. Die Zeichen unterschieden sich lediglich in den sowohl schriftbildlich als auch klanglich beinahe identischen Konsonanten "n/m" und den ähnlichen Vokalen "a/e". Auf außerhalb des Registerinhalts liegende Umstände, auf die der Markeninhaber maßgeblich abgestellt habe, komme es im Widerspruchsverfahren nicht an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist nicht begründet. Zu Recht hat die Markenstelle eine Verwechslungsgefahr i. S. d. §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG festgestellt und die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die mit den Vergleichsmarken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die kennzeichnungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, Rdn. 28 -THOMSON LIFE; GRUR 2008, 343, Nr. 33 -Il Ponte Finanziaria Spa/HABM ("BAINBRIDGE"), jew. m. w. N.).

Insbesondere bestimmt sich die Verwechslungsgefahr anhand einer Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren der Waren-/Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder der Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2001, 544, 545 -BANK 24 m. w. N.; GRUR 2002, 1067 -DKV/OKV; GRUR 2003, 963 -AntiVir/AntiVirus).

a) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als durchschnittlich zu bewerten. Weder ergaben sich Hinweise auf eine Schwächung der Kennzeichnungskraft, etwa infolge eines sachlichbeschreibenden Begriffsinhalts, noch waren Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass die Kennzeichnungskraft infolge intensiver Benutzung erhöht worden ist.

b) Die sich gegenüberstehenden Dienstleistungen liegen weitgehend im Identitätsbereich, im Übrigen sind sie hochgradig ähnlich. Nachdem die am 4. November 2004 erhobene Nichtbenutzungseinrede zu diesem Zeitpunkt nach § 43 Abs. 1 MarkenG unzulässig war und später nicht nochmals gesondert erhoben worden ist, sind die Dienstleistungen der Widerspruchsmarke vollumfänglich nach dem Registerstand zu berücksichtigen. Insbesondere wird eine mangels Ablaufs der Benutzungsschonfrist verfrüht und damit unzulässig erhobene Nichtbenutzungseinrede nach ständiger Rechtsprechung auch nicht in einem späteren Stadium des Verfahrens "nachträglich" zulässig (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 43, Rdn. 22 m. w. N.).

Im Übrigen ist es auch ohne Belang, ob die Verfahrensbeteiligten in ihrer Unternehmenspraxis verschiedene inhaltliche Schwerpunkte haben oder bestimmte für sie eingetragene Einzeldienstleistungen nicht erbringen. Auch auf sonstige außerhalb des Registerinhalts liegende Umstände, wie örtlich begrenzte Verwendungen oder Verwendungen mit Zusätzen, kommt es nicht an. Im markenrechtlichen Widerspruchsverfahren sind die beiderseitigen Marken und ihre für sie eingetragenen Waren oder Dienstleistungen allein nach dem Registerstand zu vergleichen. Etwas anderes könnte sich nur als Folge einer zulässigen Nichtbenutzungseinrede nach § 43 Abs. 1 MarkenG ergeben, die hier aber gerade nicht vorliegt (s. o.).

Die für die jüngere Marke eingetragenen Dienstleistungen "Unternehmensberatung, Consulting, nämlich betriebwirtschaftliche Beratung, Erstellen von betriebswirtschaftlichen Gutachten" sind entweder bereits vollständig von der für die Widerspruchsmarke eingetragenen Dienstleistung "Beratung von Unternehmen, ... in betriebwirtschaftlicher ... Hinsicht, insbesondere ..." erfasst oder überschneiden sich zumindest weitgehend damit. Denn die mit dem Wort "insbesondere ..." eingeleitete Aufzählung ist (im Gegensatz zur Einleitung mit "nämlich") nur illustrierend, nicht aber abschließend. Daher ist insoweit eine Identität der beiderseitigen Dienstleistungen festzustellen.

Ebenso sind die für die jüngere Marken eingetragenen Dienstleistungen "Finanzwesen und Geldgeschäfte, insbesondere ..., Vermittlung von Vermögensanlagen" von den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Oberbegriffen "Finanzwesen" und "Geldgeschäfte" vollständig erfasst, so dass auch insoweit eine Identität besteht.

Auch die für die jüngere Marke eingetragene Dienstleistung "Erstellen von Gutachten in finanzieller Hinsicht" ist bereits von den beiden o. g. Oberbegriffen der Widerspruchsmarke erfasst, zumindest aber mit der für die Widersprechende geschützten Dienstleistung "Beratung von Unternehmen, Verbänden, ... in finanzieller Hinsicht, insbesondere ..." hochgradig ähnlich.

Schließlich ist auch die für die jüngere Marke eingetragene Dienstleistung "Vermittlung von Immobilen" mit den für die Widersprechende geschützten Dienstleistungen "Finanzwesen" und "Geldgeschäfte" hochgradig ähnlich. Denn die beiderseitigen Dienstleistungen haben gewichtige Gemeinsamkeiten und Berührungspunkte. So werden Immobilien z. B. in den Geschäftsstellen von Banken beworben und von diesen oder deren Tochterunternehmen vermittelt. Es bestehen also Überschneidungen bei den Dienstleistungserbringern. Berührungspunkte bestehen auch bei der Immobilienfinanzierung, die regelmäßig mit dem Erwerb der Immobilie einhergeht und diesen Zweck ermöglichen soll. So werden Immobilienfinanzierungen etwa auch von Immobilienmaklern angeboten bzw. vermittelt. Zudem dienen auch die Auflage, der Vertrieb und der Betrieb von (zum Finanzwesen) gehörenden Immobilienfonds der Verwertung von Immobilien, so dass eine weitere Gemeinsamkeit mit dem Immobilienwesen besteht.

c) Die angegriffene Marke hält den damit erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht nicht ein.

In klanglicher Hinsicht stimmen die mit jeweils drei Silben bzw. neun Buchstaben eher langen Markenwörter in sieben Lauten überein. Insbesondere sind die vom Verkehr regelmäßig stärker beachtete Wortanfänge identisch, jedenfalls fast identisch. Soweit sich die Markenwörter im Auslaut "n" bzw. "m" der jeweils ersten Silbe unterscheiden, ist diese Abweichung zu vernachlässigen, da "m" und "n" eng verwandt sind und -jedenfalls an unbetonter Stelle von Fantasiewörtern -selbst bei guten akustischen Bedingungen füreinander gehört werden können. Zudem fällt die Identität am ungewöhnlichen Schluss "-tis" auf, der beiden Marken einen an lateinische Begriffe erinnernden Wortcharakter verleiht.

Allein die Abweichung zwischen dem dunklen Vokal "a" und dem hellen Vokal "e" stellt einen für sich genommen durchaus beachtlichen Klangunterschied dar. Angesichts der ansonsten weitgehenden Übereinstimmungen in nahezu jedem ihrer Laute, die Gemeinsamkeiten in Kriterien wie der Silbengliederung, dem Wortanfang, der Betonung und dem Sprechrhythmus bewirken, vermag diese Abweichung jedoch nicht zu einem merklich unterschiedlichen Gesamtklangcharakter der jüngeren Marke zu führen. Daher hält sie den erforderlichen deutlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht ein.

Zudem sind die Marken auch in schriftbildlicher Hinsicht hochgradig ähnlich. Hierbei sind alle verkehrsüblichen Schreibweisen zu berücksichtigen, insbesondere die Großund Kleinschreibung (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9, Rdn. 155, 207). Soweit die Marken in Versalien (CONPARTIS; COMPERTIS) oder in Normalschrift (Conpartis; Compertis) wiedergegeben werden, entsprechen sie sich nach Kriterien wie Wortlänge, Wortanfang und -schluss sowie in der Wortkontur. Insgesamt besteht damit die Gefahr von Verwechslungen.

Damit hat die Markenstelle zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, so dass die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen war.

2. Bei der gegebenen Sachund Rechtslage besteht kein Anlass, aus Gründen der Billigkeit einem der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG aufzuerlegen.

Bender Knoll Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 29.09.2009
Az: 33 W (pat) 11/08


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