Landgericht Hamburg:
Urteil vom 16. Januar 2007
Aktenzeichen: 416 O 339/06

(LG Hamburg: Urteil v. 16.01.2007, Az.: 416 O 339/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Hamburg hat am 16. Januar 2007 in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 416 O 339/06 ein Urteil gefällt. In dem Urteil wird die Beklagte verurteilt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für Fernabsatzverträge ohne die Angabe der Versandkosten zu werben. Die Nichtangabe von Versandkosten gilt als Verstoß gegen die Preisangabenverordnung. Zudem wird die Beklagte dazu verpflichtet, der Klägerin Auskunft darüber zu geben, wie oft sie gegen die genannte Handlung verstoßen hat. Die Beklagte ist außerdem dazu verpflichtet, der Klägerin sämtlichen Schaden zu erstatten, der ihr aus dem Verstoß entstanden ist oder noch entstehen wird.

Das Gericht hat entschieden, dass die Klage begründet ist, da die Beklagte die Versandkosten bereits in der Werbung angegeben hätte müssen. Das Hanseatische Oberlandesgericht hat in einem vergleichbaren Fall bereits festgestellt, dass dies ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung ist. Das Angebot auf der Preissuchmaschine muss so konkret sein, dass es den Abschluss eines Geschäfts aus der Sicht des Verbrauchers ohne weiteres zulässt. Da die Beklagte dies nicht beachtet hat, wurde der Unterlassungsanspruch der Klägerin stattgegeben.

Zudem hat das Gericht entschieden, dass die Klägerin Anspruch auf Schadensersatzfeststellung und Auskunft hat, da sie ohne diese Informationen den Schaden nicht ermitteln kann. Die Kosten des Rechtsstreits wurden aufgeteilt und die Klägerin muss ein Fünftel und die Beklagte vier Fünftel tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, allerdings muss die Klägerin eine Sicherheitsleistung erbringen, um die Vollstreckung der Beklagten zu verhindern. Die Höhe der Sicherheitsleistung wurde ebenfalls festgelegt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Hamburg: Urteil v. 16.01.2007, Az: 416 O 339/06


Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Fall wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

für Fernabsatzverträge ohne die Angabe, ob und in welcher Höhe Versandkosten anfallen, zu werben, wie in der Anl. H&P 1 geschehen.

2. der Klägerin darüber Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die vorstehend unter Ziffer I. 1. bezeichnete Handlung begangen hat.

II. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser aus der vorstehend unter I. 1. bezeichneten Handlung entstanden ist oder noch entstehen wird.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5 zu tragen.

IV. Das Urteil ist für die Klägerin vorläufig vollstreckbar, bezüglich I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 125.000, bezüglich gegen III. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 800 abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Markt für Elektronikprodukte. Beide vertreiben ihre Ware über das Internet.

Am 21. Juli 2006 bewarb die Beklagte Waren ihres Sortiments unter der Preissuchmaschine froogle.de, ohne die Versandkosten anzugeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anl. H&P 1 sowie die S. 4ff der Klagschrift Bezug genommen.

Die Klägerin hält dies für einen Wettbewerbsverstoß.

Sie trägt vor,

die Werbung sei irreführend, da die Beklagte tatsächlich Versandkosten verlange, dies aber auf der Preissuchmaschine nicht angebe. Außerdem müsse bei einer Werbung mit Preisen, um die es sich hier handele, auch über die Versandkosten informiert werden. Anderenfalls liege ein Verstoß gegen die PAngV vor. Die Beklagte sei für die Werbung auch verantwortlich, da sie selbst die Angaben an die Preissuchmaschine froogle.de übermittle (Anl. H&P 2).

Nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ihren Antrag auf die konkrete Verletzungsform zurückgeführt habt,

beantragt sie,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor,

ihr sei kein wettbewerbswidriges Verhalten zur Last zu legen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht aus § 8, 3, 4 Nr.11 i.V. mit § 1 Abs.2 Nr. 2 PAngV ein Unterlassungsanspruch zu. Denn die Beklagte hätte bereits im Rahmen der Werbung auf der Seite der Suchmaschine, die von ihr initiiert wurde und die auf ihre Angaben zurückgehen, auf die Versandkosten hinweisen müssen.

Das Hanseatische Oberlandesgericht hat in einer vergleichbaren und ebenfalls das Fehlen der Versandkosten auf der Suchmaschine froogle-google betreffenden Fallkonstellation mit Beschluss vom 27. November 2006 ausgeführt, was folgt:

€Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Tatbestand von § 1 Abs.2 Nr. 2 PAngV erfüllt. Nach diese Norm hat derjenige, der gewerbs- oder geschäftsmäßig Letztverbrauchern Waren unter Angabe von Preisen anbietet, zusätzlich zu den Endpreisen anzugeben, ob zusätzliche Liefer- und Versandkosten anfallen. Bei dem von der Antragsgegnerin in der Suchmaschine froogle-google.de eingestellten und mit einem Preis versehenen Hinweis auf die Bezugsmöglichkeit des Fernsehers Philips 42 PF 9730 handelt es sich um ein Angebot im Sinne dieser Vorschrift. Denn der Begriff des €Angebots€ umfasst jede Erklärung eines Unternehmers, die im Verkehr in einem rein tatsächlichen Sinne als Angebot verstanden wird (...). Dazu kommt es allein darauf an, ob die Ankündigung ihrem Inhalt nach so konkret gefasst ist, dass sie nach der Auffassung des Verkehrs den Abschluss eines Geschäfts auch aus der Sicht des Kunden ohne weiteres zulässt (...). ....

Damit ist der Tatbestand aus § 1 Abs.2 Nr. 2 PAngV erfüllt, denn der angegebene Preis enthält die Versandkosten nicht und auch sonst findet sich in dem Angebot kein Hinweis darauf, dass solche Kosten anfallen werden. ...

Die Entscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH vom 5. Oktober 2005 (VIII ZR 382/04), nach der der Verbraucher mit solch zusätzlichen Kosten im Versandhandel rechne, ist hier nicht einschlägig, denn die Entscheidung ist zu den anders aufgebauten Tatbeständen von § 312 c Abs.1 S.1 BGB, § 1 Abs. 1 Nr. 7 und 8 BGB-InfoVO ergangen. Nach diesen Vorschriften hat der Unternehmer nämlich nur rechtzeitig vor Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers die vorgeschriebenen Informationen zu geben, während die Preisangabenverordnung vorsieht, dass die Angaben dem Angebot eindeutig zuzuordnen sein müssen, § 1 Abs. 6 PAngV. .... Es reicht ... keinesfalls aus, wenn sich der Hinweis € wie hier € erst auf einer Seite befindet, die der Interessent vor Tätigung der Bestellung notwendigerweise aufrufen muss. ...

Die unlautere Wettbewerbshandlung ist auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen. ...€

Die Kammer macht sich diese Rechtsauffassung des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Eigen. Danach hätten auf die € unstreitig anfallenden € Versandkosten bereits bei dem Angebot auf der Preissuchmaschine hinreichend deutlich hingewiesen werden müssen. Denn das Angebot dort ist so konkret gefasst, dass es den Abschluss eines Geschäfts aus der Sicht des Verbrauchers ohne weiteres zulässt. Es wird das konkrete Produkt genannt, etwa die elektrische Zahnbürste Philips HX 7361/02 Sonicare Elite oder die Box Magnat Prisma 5100 Set sowie der Preis. Mehr ist zum Abschluss des konkreten Geschäftes nicht erforderlich.

Der Unterlassungsklage war nach allem stattzugeben.

II.

Die Entscheidung zu Schadensersatzfeststellung und Auskunft folgt aus § 9 UWG bzw. §§ 242, 259f BGB, da die Klägerin ohne die Auskunft die Höhe des Schadens nicht ermitteln kann.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs.1, 269 Abs.3 ZPO, wobei die Kammer das Zurückführen des Antrages auf die konkrete Verletzungsform und die darin liegende Klagrücknahme mit 1/5 bewertet hat.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S.1 ZPO bzw. §§ 708 Ziff.11, 711 ZPO.






LG Hamburg:
Urteil v. 16.01.2007
Az: 416 O 339/06


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