Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 18. Januar 2002
Aktenzeichen: 2 (s) Sbd. 6 - 189 u. 214/01

(OLG Hamm: Beschluss v. 18.01.2002, Az.: 2 (s) Sbd. 6 - 189 u. 214/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Beschluss am 18. Januar 2002 (Aktenzeichen 2 (s) Sbd. 6 - 189 u. 214/01) einen Antrag abgelehnt. Der Senat bezieht sich dabei auf die zutreffenden Ausführungen des Vertreters der Staatskasse, die mit der Rechtsprechung des Senats übereinstimmen. In der Stellungnahme der Antragstellerin vom 8. Januar 2002 wird ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Pauschvergütung nach § 99 BRAGO gewährt werden soll, um dem Pflichtverteidiger oder beigeordneten Beistand eines Nebenklägers ein Sonderopfer abzunehmen, wenn er auf die gesetzlichen Gebühren beschränkt bleibt.

Grundlage für die Gewährung der Pauschvergütung ist der zeitliche Aufwand, der sich aus der Schwierigkeit und/oder dem Umfang des Verfahrens ergibt. Im vorliegenden Fall ist dieser Grad des "Besonderen" jedoch noch nicht erreicht. Die besondere Bedeutung der Angelegenheit für den Angeklagten oder den Nebenkläger sowie das in der Öffentlichkeit hervorgerufene große Interesse am Verfahren sind nur relevant, wenn daraus direkte Konsequenzen für den zeitlichen Arbeitsaufwand resultieren. Andernfalls sind diese Kriterien nur im Rahmen des § 12 Abs. 1 BRAGO für den Wahlverteidiger bzw. Nebenklägervertreter relevant, um die angemessene Gebühr festzulegen.

Der Vertreter der Staatskasse hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber bereits durch höhere gesetzliche Gebühren in Schwurgerichtssachen im Vergleich zu anderen Strafsachen vor einer großen Strafkammer dem größeren Umfang und höheren Schwierigkeitsgrad Rechnung getragen hat. Der Mehraufwand, der durch die Vertretung zweier Mandantinnen entsteht, wird hierdurch hinreichend ausgeglichen, da die Antragstellerin eine Erhöhung nach § 6 Abs. 1 BRAGO für sämtliche Gebühren erhält.

Zudem betrifft die Auseinandersetzung mit Sachverständigengutachten in Schwurgerichtssachen in erster Linie die Angeklagten und ihre Verteidiger, nicht jedoch in gleichem Umfang den Nebenkläger und seinen Beistand. Insgesamt kommt der Senat daher zu dem Schluss, dass weder hinsichtlich der Schwierigkeit noch des Umfangs des Verfahrens der Grad des "Besonderen" im Sinne von § 99 BRAGO erreicht ist.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Hamm: Beschluss v. 18.01.2002, Az: 2 (s) Sbd. 6 - 189 u. 214/01


Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Vertreters der Staatskasse in seiner Stellungnahme vom 29. November 2001, die mit der Senatsrechtsprechung übereinstimmen, Bezug und tritt ihnen bei.

Im Hinblick auf die daraufhin erfolgte Erwiderung der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 8. Januar 2002 ist jedoch ergänzend auf folgendes hinzuweisen:

Durch die Gewährung einer Pauschvergütung nach § 99 BRAGO soll vermieden werden, dass dem Pflichtverteidiger oder dem beigeordneten Beistand eines Nebenklägers ein Sonderopfer abverlangt würde, wenn er im Hinblick auf den Umfang seiner Tätigkeit auf die ihm zustehenden gesetzlichen Gebühren beschränkt bliebe.

Ausgangspunkt ist somit in erster Linie der zur Bearbeitung der Angelegenheit erbrachte zeitliche Aufwand, der sich entweder aus der Schwierigkeit und/oder dem Umfang des Verfahrens ergibt. Eine Pauschvergütung ist aber nur dann zu gewähren, wenn insoweit der Grad des "Besonderen" i.S.d. § 99 BRAGO erreicht ist.

Dies ist jedoch vorliegend noch nicht der Fall.

Insbesondere kann in diesem Zusammenhang die besondere Bedeutung der Angelegenheit für den Angeklagten bzw. den Nebenkläger oder das in der Öffentlichkeit hervorgerufene große Interesse an dem Verfahren nur dann für die Frage der Bewilligung einer Pauschvergütung Bedeutung erlangen, wenn sich daraus für den zeitlichen Arbeitsaufwand direkte Konsequenzen ergeben. Ansonsten sind diese Kriterien nur im Rahmen des § 12 Abs. 1 BRAGO für den Wahlverteidiger bzw. den Nebenklägervertreter von Belang, wenn er innerhalb des ihm zustehenden Gebührenrahmens die angemessene Gebühr zu bestimmen hat.

Zutreffend hat der Vertreter der Staatskasse in seiner Stellungnahme auch darauf hingewiesen, dass bereits der Gesetzgeber dem in der Regel größeren Umfang und höheren Schwierigkeitsgrad von Schwurgerichtssachen durch erheblich erhöhte gesetzliche Gebühren gegenüber sonstigen Strafsachen, die vor einer großen Strafkammer verhandelt werden, Rechnung getragen hat. Der durch die Vertretung zweier Mandantinnen erforderliche Mehraufwand wird hier hinreichend dadurch ausgeglichen, dass die Antragstellerin für sämtliche Gebühren eine Erhöhung nach § 6 Abs. 1 BRAGO erhält.

Schließlich ist abgesehen davon, dass gerade in Schwurgerichtssachen die Auseinandersetzung mit Sachverständigengutachten regelmäßig zu erfolgen hat, die sich möglicherweise daraus ergebende rechtliche Schwierigkeit - insbesondere zur Frage von Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderter Schuldfähigkeit - in erster Linie den Angeklagten und seinen Verteidiger, nicht aber in gleichem Umfang den Nebenkläger und seinen Beistand betrifft.

Auch in einer Gesamtschau sämtlicher zu berücksichtigender Umstände erachtet der Senat daher weder hinsichtlich der Schwierigkeit noch des Umfangs des Verfahrens den Grad des "Besonderen" i.S.d. § 99 BRAGO als erreicht.






OLG Hamm:
Beschluss v. 18.01.2002
Az: 2 (s) Sbd. 6 - 189 u. 214/01


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