Bundespatentgericht:
Urteil vom 13. März 2006
Aktenzeichen: 1 Ni 10/04

(BPatG: Urteil v. 13.03.2006, Az.: 1 Ni 10/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass die Klage abgewiesen wird. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

In der Entscheidung geht es um ein topfförmiges Gefäß mit einem Deckel. Die Beklagte ist die Inhaberin des Patents, das die Bezeichnung "Topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer, mit Deckel" trägt. Die Klägerin hat die Nichtigkeitsklage gegen das Patent eingereicht und behauptet, dass der Schutzbereich des Patents erweitert wurde. Sie beruft sich dabei auf die Streichung einiger Teile der Beschreibung.

Das Bundespatentgericht stellt fest, dass die Streichung der Beschreibungsteile keine Erweiterung des Schutzbereichs zur Folge hat. Es hält die Klage daher für unbegründet.

Das Gericht stellt außerdem fest, dass der Gegenstand des Patents neu ist und beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit. Es vergleicht das Patent mit dem Stand der Technik und gelangt zu dem Schluss, dass es sich um eine erfinderische Tätigkeit handelt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Urteil v. 13.03.2006, Az: 1 Ni 10/04


Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 2. April 1993 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 15. April 1992 angemeldeten und am 26. Juli 1995 veröffentlichten, u. U. mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten, europäischen Patents 0 565 967 (Streitpatent), das die Bezeichnung "Topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer, mit Deckel" trägt.

Das in deutscher Verfahrenssprache veröffentlichte Streitpatent, das vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 593 00 395 geführt wird, ist in einem Einspruchsverfahren vor dem Europäischen Patentamt mit nachfolgendem Beschwerdeverfahren, AZ T 1161/98 - 3.2.1, beschränkt aufrechterhalten worden. Es umfasst gemäß der am 18. Oktober 2000 veröffentlichten geänderten Patentschrift (EP 0 565 967 B2) fünf Patentansprüche, wovon die Patentansprüche 2 bis 5 direkt oder indirekt dem Patentanspruch 1 untergeordnet sind.

Die Patentansprüche 1 bis 5 lauten:

1. Topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer (1), mit einem Deckel (6), dessen Rand (5) mit einem an dem Gefäßrand (3) angeformten und nach außenhin vorstehenden Befestigungsflansch (4) oder dergleichen rastend verbindbar ist, wobei in der Raststellung des Deckels (6) eine an dessen umlaufenden Rand (5) angeformte, nach innen vorstehende Leiste (13) satt und dichtend um die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) herumgreift und an dem Gefäßrand (3) mindestens ein Werkzeug (14) zum Lösen des Deckels (6) angeordnet ist, dadurch gekennzeichnet, daß als Werkzeug eine an dem Gefäßrand (3) angelenkte Lasche (14) vorgesehen ist, die durch eine Schwenkbewegung aus einer dem Gefäß nahen Sperrstellung nach außen den Deckelrand (5) in diesem Bereich nach außen über die Außenkante (18) hinweg in eine freigebende Lösestellung anhebt, wobei die mit der leiste (13) zusammenwirkende Wirkfläche (Außenseite 21) der Lasche (14) in deren Sperrstellung vom Drehpunkt (Filmscharnier 15) der Lasche (14) fort von der Längsachse des Gefäßes beabstandet ist und wobei mindestens die eine der beiden den jeweils benachbarten Stirnkanten (26) der beiden Enden des Befestigungsflansches (4) gegenüberstehenden Kanten (25) der Lasche (14) mit dem zugehörigen Flanschende (26) über dünnwandige, als Originalitätsverschluß dienende und damit leicht abreißbare Kunststoffstege (27) oder einen durchgehenden Kunststoffilm verbunden ist.

2. Gefäß nach Anspruch (1), dadurch gekennzeichnet, daß die Lasche (14) eine in den Deckelrand (5) hineinragende Sperrnase (17) aufweist.

3. Gefäß nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß benachbart zur Sperrnase (17), jedoch unterhalb der an dem Deckelrand (5) angeformten, nach innen vorstehenden Leiste (13) an der Außenseite (21) der Lasche (14) ein nach außen vorstehendes Widerlager (22) od. dgl. angeformt ist, an dem sich beim Ausschwenken der Lasche (14) in ihre Lösestellung die Deckelrandleiste (13) abstützt.

4. Gefäß nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Lasche (14) mittels eines Filmscharnieres (15) an dem Gefäßrand (3) angelenkt ist.

5. Gefäß nach einem oder mehreren der Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß das Profils des in den Deckelrand (5) hineinragenden Laschenteils (17) gleich dem Profil des an dem Gefäßrand (3) angeformten, nach außen hin vorstehenden Befestigungsflansches (4) ist.

Mit der Nichtigkeitsklage werden alle Patentansprüche angegriffen.

In das Verfahren sind folgende Entgegenhaltungen eingeführt:

- Deutsches Gebrauchsmuster 90 15 918 (Anlage TW 6)

- Europäische Patentanmeldung 0 109 265 (Anlage TW 7)

- US-Patentschrift 3 773 208 (Anlage TW 12)

- US-Patentschrift 3 753 512 (Anlage TW 13)

- Europäische Patentschrift 0 456 749 B1 (Anlage TW 14), mit deutscher Übersetzung DE 690 04 420 T2 (Anlage TW 14a)

- Europäische Patentanmeldung 0 243 545 (Anlage TW 15)

- Deutsches Gebrauchsmuster 89 09 454 (Anlage TW 16)

- Deutsches Gebrauchsmuster 91 12 544 (Anlage TW 17)

- Deutsches Gebrauchsmuster 91 03 378 (Anlage TW 18)

- Europäische Patentschrift 0 132 897 B1 (Anlage TW 19)

- Deutsches Gebrauchsmuster 84 22 478 (Anlage TW 19a)

- Europäische Patentanmeldung 0 176 159 (Anlage TW 20)

- US-Patentschrift 5 027 969 (Anlage TW 21)

Die Klägerin vertritt die bereits in ihrer Klagebegründung geltend gemachte Meinung, der Schutzbereich des Patents sei durch die Änderung der Beschreibung der geänderten Patentschrift EP 0 565 967 B2 gegenüber der Fassung des zunächst erteilten Patents gemäß EP 0 565 967 B1 erweitert. Zur Untermauerung ihrer Argumentation verweist die Klägerin auf - die Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.2.1 des Europäischen Patentamtes vom 4. April 2000, AZ T 1161/98 - 3.2.1 (Anlage TW 10),

- das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Mai 2002, AZ 4 O 20/01 (Anlage TW 4) und - das Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 18. Dezember 2003, AZ 2 U 96/02 (Anlage TW 5).

Im weiteren Verfahrensverlauf hat die Klägerin zusätzlich vorgetragen, der Patentgegenstand sei im Hinblick auf die genannten Entgegenhaltungen, insbesondere durch die Kombination der US-Patentschrift 3 773 208 (TW 12) mit der US-Patentschrift 3 753 512 (TW 13), nahe gelegt.

Die Klägerin beantragt, das Patent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat der Klage fristgerecht widersprochen und beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen. Sie ist der Auffassung, die geltend gemachten Nichtigkeitsgründe lägen nicht vor.

Zu weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Akten verwiesen.

Gründe

Die in zulässiger Weise erhobene Klage ist nicht begründet. Dies gilt gleichermaßen im Hinblick auf den ursprünglich geltend gemachten Nichtigkeitsgrund der Erweiterung des Schutzbereichs des Patents (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 4 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. d. EPÜ) als auch im Hinblick auf den später in das Verfahren eingeführten Nichtigkeitsgrund der fehlenden Patentfähigkeit des Gegenstandes des Patents (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 IntPatÜG, Art. 138 Abs. 1 lit. a., Art. 56 EPÜ,). Bei der Geltendmachung des weiteren Nichtigkeitsgrundes handelt es sich um eine sachdienliche Klageänderung (siehe BGH GRUR 2001, 730 - Trigonellin), die auch deshalb zulässig ist, weil sich die Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf sie eingelassen hat (§ 99 Abs. 1 PatG i. V. m. §§ 263, 267 ZPO).

I.

Der Patentanspruch 1 des Streitpatents kann in Anlehnung an die von der Klägerin als Anlage TW 2a vorgelegte Merkmalsanalyse wie folgt gegliedert werden:

1. Topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer (1), mit einem Deckel (6), dessen Rand (5) mit einem an dem Gefäßrand (3) angeformten und nach außenhin vorstehenden Befestigungsflansch (4) oder dergleichen rastend verbindbar ist, 2. wobei in der Raststellung des Deckels (6) eine an dessen umlaufenden Rand (5) angeformte, nach innen vorstehende Leiste (13) satt und dichtend um die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) herumgreift und 3. an dem Gefäßrand (3) mindestens ein Werkzeug (14) zum Lösen des Deckels angeordnet ist.

Oberbegriff 4. Als Werkzeug ist eine an dem Gefäßrand (3) angelenkte Lasche (14) vorgesehen.

5.a Durch eine Schwenkbewegung der Lasche aus einer dem Gefäß nahen Sperrstellung nach außen ist der Deckelrand (5) in diesem Bereich in eine freigebende Lösestellung anhebbar.

5.b Der Deckelrand ist nach außen über die Außenkante (18) hinweg anhebbar.

6. Die mit der Leiste (13) zusammenwirkende Wirkfläche (Außenseite 21) der Lasche (14) ist in deren Sperrstellung vom Drehpunkt (Filmscharnier 15) der Lasche (14) fort von der Längsachse des Gefäßes beabstandet.

7. Mindestens die eine der beiden den jeweils benachbarten Stirnkanten (26) der beiden Enden des Befestigungsflansches (4) gegenüberstehenden Kanten (25) der Lasche (14) ist mit dem zugehörigen Flanschende (26) über dünnwandige, als Originalitäts-Verschluss dienende und damit leicht abreißbare Kunststoffstege (27) oder einen durchgehenden Kunststofffilm verbunden.

Kennzeichen Die nachfolgenden Figuren 2 bis 6 aus der Streitpatentschrift veranschaulichen den Patentgegenstand anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels.

Figuren 2 bis 6 aus der Streitpatentschrift II.

Der Nichtigkeitsgrund der Erweiterung des Schutzbereichs liegt nicht vor.

1. Die Klägerin trägt vor, eine Erweiterung des Schutzbereichs eines Patents könne sich auch durch Änderung der Beschreibung ergeben. Durch die Fassung des Streitpatents entsprechend der geänderten Patentschrift EP 0 565 967 B2 (im folgenden B2-Schrift genannt), in der einige Beschreibungsteile gegenüber der Fassung des zunächst erteilten Patents entsprechend der EP 0 565 967 B1 (im folgenden B1-Schrift genannt) gestrichen worden seien (insbes. Spalte 1, Zeilen 24 bis 27 und 34 bis 44 sowie Spalte 2, Zeilen 21 bis 27 der B1-Schrift), sei der Schutzbereich des Patents erweitert worden. Das Merkmal 2 gemäß der Gliederung des Patentanspruchs 1 des Streitpatents, wonach in der Raststellung des Deckels eine an dessen umlaufenden Rand angeformte, nach innen vorstehende Leiste satt und dichtend um die Außenkante des Befestigungsflansches herumgreift, habe durch die Streichung der genannten Beschreibungsteile eine Bedeutung erhalten, die erheblich über die des zunächst erteilten Patents hinausgehe.

Die Klägerin weist darauf hin, dass der zunächst erteilte Patentanspruch 1 gemäß B1-Schrift folgenden Wortlaut hatte:

Topfförmiges Gefäß, insbesondere Eimer (1) od. dgl., mit einem Deckel (6), dessen Rand (5) mit einem an dem Gefäßrand (3) angeformten und nach außen hin vorstehenden Befestigungsflansch (4) od. dgl. rastend verbindbar ist, wobei in der Raststellung des Deckels (6) eine an dessen umlaufenden Rand (5) angeformte, nach innen vorstehende Leiste (13) die Außenkante des Befestigungsflansches (4) hintergreift, dadurch gekennzeichnet, dassdie Leiste (13) satt und abdichtend um die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) herumgreift undan dem Gefäßrand (3) mindestens ein Werkzeug (14) zum Lösen des Deckels (6) angeordnet ist.

Das erste kennzeichnende Merkmal des zunächst erteilten Patentanspruchs 1, "dass die Leiste satt und abdichtend um die Außenkante des Befestigungsflansches herumgreift", bedeute unter Heranziehung der Beschreibung gemäß der B1-Schrift, dass der Deckel sehr fest auf dem Gefäßrand sitze (siehe Spalte 1 Zeile 41) und zwar derart satt und stramm, dass er sich lediglich mittels der als Werkzeug dienenden Lasche vom Gefäßrand abheben lasse (siehe Spalte 2 Zeilen 21 bis 24). Dies bekräftige auch die als Anlage TW 10 eingereichte Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes (siehe dort insbes. Seite 5 Abs. 1).

Durch die vorgenommenen Streichungen sei diese Bedeutung weggefallen, weshalb das LG Düsseldorf in dem Urteil gemäß Anlage TW 4 festgestellt habe, dass sich weder dem Wortlaut des Patentanspruchs 1 noch der Patentbeschreibung entnehmen lasse, dass es dem Klagepatent (entspr. B2-Schrift) darum gehe, manuelle Öffnungsmöglichkeiten ohne außenseitiges Verschwenken der Lasche auszuschließen (Seite 12 Abs. 1 in Anlage TW 4). Das OLG Düsseldorf habe in seinem Urteil gemäß Anlage TW 5 diesbezüglich festgestellt, das Klagepatent (entspr. B2-Schrift) verlange nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmannes nicht, dass der Deckel keinesfalls anders als durch Betätigung des "Werkzeuges" geöffnet werden könne. Auch enthalte die Beschreibung des Klagepatents nichts, was darauf hindeuten könnte, ein Abheben des Deckels ohne Benutzung des "Werkzeuges" solle in jedem Falle ausgeschlossen sein (Seite 13 letzter Abs. bis Seite 14 Abs. 1 in Anlage TW 5). Dies berücksichtigend hätten sowohl das LG Düsseldorf als auch das OLG Düsseldorf festgestellt, dass der dort angegriffene (in den Figuren 1 bis 3 der Anlage TW 3 dargestellte und im folgenden als "GAR"-Eimer bezeichnete) Eimer von allen Merkmalen des Anspruchs 1 des Klagepatents (entspr. B2-Schrift) wortsinngemäß Gebrauch mache.

Hierzu ist festzustellen: Die Streichung der oben angeführten Textstellen hat nicht dazu geführt, dass sich das erteilte und das geänderte Patent hinsichtlich der Bedeutung des Merkmals 2 des Patentanspruchs 1, "wobei in der Raststellung des Deckels (6) eine an dessen umlaufenden Rand (5) angeformte, nach innen vorstehende Leiste (13) satt und dichtend um die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) herumgreift", voneinander unterscheiden.

Die den Oberbegriff des angefochtenen Patentanspruchs 1 bildenden Merkmale 1 bis 3 entsprechen wortsinngemäß dem zunächst erteilten Anspruch 1 der B1-Schrift. Im Oberbegriff dieses zunächst erteilten Anspruchs 1 ist ein Merkmal formuliert, wonach "in der Raststellung des Deckels (6) eine an dessen umlaufenden Rand (5) angeformte, nach innen vorstehende Leiste (13) die Außenkante des Befestigungsflansches (4) hintergreift". Damit ist noch nicht die Art und Weise des Hintergreifens festgelegt, ob bspw. die Leiste 13 und die Außenkante 18 zueinander Kontakt haben oder nicht. Dieses Merkmal ist dann im kennzeichnenden Teil des Anspruchs konkretisiert. Demnach greift die Leiste (13) satt und abdichtend um die Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) herum. Das Merkmal ist in seiner konkretisierten Form in den Oberbegriff des im Einspruchsverfahren geänderten Anspruchs 1 (B2-Schrift) übernommen worden. Das in der B1-Schrift verwendete Wort "abdichtend" ist gleichbedeutend mit dem in der B2-Schrift verwendeten Wort "dichtend". Der Gegenstand entsprechend dem Wortlaut des ursprünglich erteilten Anspruchs 1 bildet daher den Oberbegriff des geänderten Patentanspruchs 1 mit den Merkmalen 1 bis 3 der Gliederung.

Das strittige Merkmal 2 des geänderten Patentanspruchs 1 beschreibt darin die Beziehung der nach innen vorstehenden Leiste (13) des umlaufenden Randes (5) des Deckels zur Außenkante (18) des Befestigungsflansches (4) des Gefäßes in der Raststellung des Deckels. Diese Beziehung ist in der B2-Schrift Spalte 3 Zeilen 13 bis 22 gleichlautend mit der B1-Schrift Spalte 3 Zeilen 20 bis 30 erläutert. Danach sollen die Profilierung des Deckelrandes 5 und die Abmessungen der an diesem Deckelrand 5 angeformten Leiste 13 so gewählt sein, dass ein unerwünschtes Lösen des auf dem Eimerrand aufgesetzten Deckelrandes von dem Eimerrand nicht möglich ist.

Wenn in der B1-Schrift Spalte 2 Zeilen 21 bis 24 davon die Rede ist, dass der Deckel derart satt und stramm auf dem Gefäßrand aufsitzt, dass er sich lediglich mittels der als Werkzeug dienenden Lasche von dem Gefäßrand abheben lässt, so ist zu berücksichtigen, dass diese Forderung in Zusammenhang mit dem entsprechend dem erteilten Patentanspruch 6 ausgebildeten Originalitätsverschluss steht. Die den Originalitätsverschluss ausbildenden Merkmale des erteilten Patentanspruchs 6 sind sämtlich in den geänderten Patentanspruch 1 aufgenommen worden (siehe Merkmalsgruppe 7). Ein Originalitätsverschluss muss erkennen lassen, dass der Deckel schon einmal geöffnet worden ist, weshalb das einen solchen Originalitätsverschluss bildende Teil beim erstmaligen Öffnen des Deckels zerstört werden muss und diese Zerstörung nach erneutem Schließen des Deckels sichtbar bleiben muss. Hieraus ergibt sich für den Fachmann eindeutig, dass bei dem Gegenstand des geänderten Patentanspruchs 1 der entsprechend diesen Merkmalen ausgebildete, zwischen Lasche 14 und Flanschende 26 des Befestigungsflansches 4 angeordnete Originalitätsverschluss in Form von dünnwandigen Kunststoffstegen 27 oder eines Kunststofffilms nur als solcher funktionsmäßig wirken kann, wenn - bei bestimmungsgemäßem Gebrauch und aus der Raststellung des Deckels auf dem Flansch des Eimers - zum Anheben des Deckels die (entsprechend Merkmal 5.a aus einer Sperrstellung nach außen schwenkbare und durch die Schwenkbewegung den Deckelrand anhebende) Lasche auch zwingend benutzt werden muss, damit die Stege 27 oder der Film bspw. zerrissen werden. Das heißt nichts anderes, als dass Gefäßrand und Deckel derart gestaltet sind, dass sich der Deckel aus der Raststellung und bei bestimmungsgemäßem Gebrauch lediglich mittels der Lasche abheben lässt. Dies unterstreichen noch die das Lösen und Abheben des Deckels betreffenden, gleich lautenden Passagen der Beschreibungen in der B1-Schrift (Spalte 1 Zeile 53 ff.; Spalte 4 Zeile 1 ff.) sowie in der B2-Schrift (Spalte 2 Zeile 12 ff.; Spalte 3 Zeile 48 ff.). Dort heißt es jeweils: "Wenn also der Deckel von dem Gefäßrand gelöst werden soll, so ist diese ... Lasche ... nach außen zu schwenken, ...", und "Soll der Deckel 6 nun von dem Eimerrand 3 abgehoben werden, so hintergreift die ... Person den unteren Rand 23 der Lasche 14 und erteilt dieser Lasche 14 eine Schwenkbewegung in Richtung des Pfeiles 24, wie dieses in Fig. 6 dargestellt ist".

Das geänderte Patent hat diesbezüglich somit den gleichen Inhalt wie das erteilte Patent.

2. Die Klägerin trägt weiter vor, der Schutzbereich eines erteilten Patents sei dann erweitert, wenn eine Handlung nach dem geänderten Patentanspruch eine Verletzung darstelle, die nach dem erteilten Anspruch keine Verletzung gewesen wäre. Aufgrund dieser als Verletzungstest (siehe Schulte, PatG, 7. Aufl., § 22 Rn. 19) bezeichneten Überprüfung kommt die Klägerin zu dem Ergebnis, dass der Schutzbereich des Streitpatents erweitert sei. Durch die Urteile in den oben genannten Verletzungsverfahren vor dem LG Düsseldorf und dem OLG Düsseldorf sei bereits zweifach festgestellt, dass der dortige Verletzungsgegenstand ("GAR"-Eimer) von sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 der geänderten Patentschrift wortsinngemäß Gebrauch mache. Die Klägerin vertritt die Auffassung, der "GAR"-Eimer falle jedoch nicht unter den zunächst erteilten Patentanspruch 1 gemäß B1-Schrift. Daher sei der Tatbestand einer Schutzbereichserweiterung erfüllt und das Patent für nichtig zu erklären.

Es mag zutreffend sein, dass der in den Fig. 1 bis 3 der Anlage TW 3 dargestellte "GAR"-Eimer das Patent in der Fassung der geänderten Patentschrift verletzt. Dies kann im vorliegenden Verfahren offen bleiben. Die Argumentation der Klägerin greift schon deshalb nicht durch, weil bei dem "GAR"-Eimer bereits sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 des zunächst erteilten Patents verwirklicht sind.

Die Merkmale des Oberbegriffs dieses Anspruchs sowie die Anordnung mindestens eines Werkzeugs an dem Gefäßrand zum Lösen des Deckels sind bei dem "GAR"-Eimer unstrittig verwirklicht. Die Klägerin leitet einen Unterschied zwischen dem Gegenstand dieses Anspruchs und dem "GAR"-Eimer allein aus der Bedeutung des Begriffes "satt herumgreifen" ab. Aus der Spalte 2 Zeilen 21 bis 24 der B1-Schrift ergebe sich, dass damit gemeint sei, dass der Deckel sich lediglich mittels der als Werkzeug dienenden Lasche von dem Gefäßrand abheben lasse. Dies sei bei dem "GAR"-Eimer so nicht der Fall. Auf Nachfrage erklärt die Klägerin, der Deckel des "GAR"-Eimers lasse sich zum einen durch Bewegen der Lasche nach außen anheben, er lasse sich zum anderen aber auch durch Drücken der Lasche in Richtung Gefäßwand und dadurch mögliches Unterfassen des Deckelrandes mit der Hand vom Gefäßrand abheben.

Nachfolgend werden die Figuren 1 bis 3 aus der von der Klägerin vorgelegten Anlage TW3 wiedergegeben:

Fig. 1 Fig. 2 und 3 Aufgrund dieser den "GAR"-Eimer in Aufbau und Funktion beschreibenden Zeichnungen ist der Senat der Überzeugung, dass ein Eindrücken der Lasche in Richtung Gefäßwand nur unter einem Eindrücken der Gefäßwand selbst möglich ist. Die dargestellte Lasche verfügt an ihrer der Gefäßwand zugewandten Rückseite erkennbar über zumindest eine Versteifungsrippe, mit der sich die Lasche in der Sperrstellung in ihrem oberen Bereich an der Gefäßwand abstützt (siehe Fig. 2 der Anlage TW 3). Ein Eindrücken der Lasche ist mithin nur möglich, wenn gleichzeitig die Gefäßwand an dieser Stelle eingedrückt wird. Dies wird zudem dadurch erschwert, dass an der Gefäßwand der nach unten zum Boden des Deckels abgesenkte Bereich des Deckelrandes von innen anliegt und einem Eindrücken der Gefäßwand entgegenwirkt. Ein Eindrücken der Lasche des "GAR"-Eimers ohne kraftaufwändige Verformung des Eimers und des Deckelrandes ist mithin ausgeschlossen. Bei einem so verformten Eimer sitzt der Deckel jedoch nicht mehr in der Raststellung.

Da bei dem "GAR"-Eimer unbestritten zwischen Lasche und umlaufendem Flansch ein Originalitätsverschluss wirksam sein soll (siehe Bezugsziffer 27 in Fig. 1 der Anlage TW 3), ist auch für den "GAR"-Eimer die Forderung erfüllt, dass der Deckel in der Raststellung zumindest so fest auf dem Gefäßrand sitzt, dass er sich ohne Betätigung der Lasche mit Fingerkraft allein nicht lösen lässt. Aus der in Fig. 2 der Anlage TW 3 dargestellten Raststellung lässt sich der Deckel des "GAR"-Eimers (bei bestimmungsgemäßem Gebrauch) somit ebenfalls lediglich mittels der nach außen schwenkbaren Lasche von dem Gefäßrand abheben (siehe Fig. 3 der Anlage TW 3).

Damit sind selbst bei einer Auslegung des Begriffes "satt herumgreifen" im Sinne der Klägerin bei dem "GAR"-Eimer sämtliche Merkmale des Patentanspruchs 1 der zunächst erteilten Fassung verwirklicht. Der "GAR"-Eimer hätte demzufolge bereits das zunächst erteilte Patent entsprechend der B1-Schrift verletzt.

III.

Das Gefäß nach dem Patentanspruch 1 des Streitpatents ist patentfähig.

1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist unbestritten neu gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik. Es besteht auch keine Veranlassung, die gewerbliche Anwendbarkeit in Zweifel zu ziehen.

2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

a) Das Streitpatent geht nach der Beschreibung unter anderem von der US-Patentschrift 3 773 208 Anlage TW 12) aus, die von der Klägerin als der nächstkommende Stand der Technik angesehen wird. Diese Schrift betrifft eine Gefäß-Deckel-Anordnung, bei der ein auf den Gefäßrand aufgesteckter und dort klemmend gehaltener Deckel mittels einer am Gefäßrand angelenkten Lasche abgehoben werden kann (siehe Abs. 0006 der Streitpatentschrift). Dem Streitpatent liegt die Aufgabe zugrunde, bei einem Gefäß der angegebenen Gattung in jeder beliebigen Position des Deckels zum Eimerrand sowohl einen intensiven Verschluss zwischen dem Eimerrand und dem Deckel zu gewährleisten und ein leichtes Abheben des Deckels von dem Eimerrand zu ermöglichen als auch einen Originalitäts-Verschluss auf einfache und leichte Weise am Gefäß vorzusehen (siehe Abs. 0008 der Streitpatentschrift).

Nachfolgend sind die Figuren 2, 3 und 5 der US-Patentschrift 3 773 208 (Anlage TW 12) wiedergegeben, die bevorzugte Ausführungsbeispiele zeigen.

Figuren 2, 3 und 5 der US-Patentschrift 3 773 208 Diese Figuren zeigen ein topfförmiges Gefäß (container 10 bzw. 33) mit einem Deckel (closure or lid 21 bzw. 34). Der Rand (bead 23) des Deckels 21 ist mit einem an dem Gefäßrand angeformten und nach außenhin vorstehenden Befestigungsflansch (wall 13) verbindbar. Die nach innen vorstehende Bördel (curl 26), die der Leiste 13 des Streitgegenstands entspricht, drückt sich nach dem Aufschieben des Deckels in die äußere Oberfläche 16 des Flansches und bildet dort im Laufe der Zeit eine bleibende Riefe (groove 27) aus, so dass der Reibschluss allmählich in einen Formschluss umgewandelt wird (siehe Fig. 3 und Spalte 3 Zeilen 5 bis 25). Dies stellt keine rastende Verbindbarkeit des Deckels mit dem Gefäßrand im Sinne des Streitpatents dar, das Merkmal 1 der Gliederung des Patentanspruchs 1 ist daher nur teilweise verwirklicht.

Das Merkmal 2 ist nicht verwirklicht, weil die Bördel (curl 26) nicht um die Außenkante 16 des Befestigungsflansches herumgreift. Wegen der gewellten Ausbildung des Befestigungsflansches (lands and valleys 18, 20) liegt die Bördel 26 zunächst nur an den Erhebungen 18 und damit nicht dichtend am gesamten Umfang des Flansches an (siehe Fig. 2).

An dem Rand (peripheral skirt 32) des Gefäßes 33 ist ein Werkzeug (lifting tab 31) zum Lösen des Deckels angeordnet (Merkmal 3). Als Werkzeug ist eine an dem Gefäßrand angelenkte Lasche (tab 31) vorgesehen (Merkmal 4). Durch eine Schwenkbewegung dieser Lasche aus einer dem Gefäß nahen Stellung nach außen ist der Deckelrand entsprechend Merkmal 5.a in diesem Bereich in eine freigebende Lösestellung anhebbar (siehe Fig. 5 und Spalte 3 Zeilen 34 bis 44).

Das Merkmal 5.b ist nicht verwirklicht, weil der Deckelrand in der Schließstellung (=Raststellung) nicht unterhalb der Außenkante des Befestigungsflansches angeordnet ist und daher nicht über die Außenkante hinweg angehoben werden kann.

Das Merkmal 6 ist wieder verwirklicht, auch wenn ein Drehpunkt (besser: Schwenkachse) der Lasche 31 nicht direkt erkennbar ist. Die Schwenkachse liegt jedenfalls innerhalb des nach außen gebogenen Bereichs des Flansches in Höhe der oberen Enden der Schlitze 35, 36. Damit ist die Außenseite der Lasche in deren Ruhestellung (=Sperrstellung) von der Längsachse des Gefäßes weiter beabstandet als die Schwenkachse der Lasche (siehe Fig. 5 i. V. m. Fig. 2).

Das Merkmal 7 ist nicht verwirklicht. Es sind keine dünnwandigen Verbindungen zwischen Lasche 31 und Flansch 32 vorhanden. Die Lasche ist durch Schlitze 35, 36 von den beiden Enden des Flansches getrennt (siehe Fig. 5). Ein Originalitäts-Verschluss ist nicht vorgesehen.

Damit unterscheidet sich das Gefäß des Streitpatents von dem Stand der Technik nach der US-Patentschrift 3 773 208 neben der rastenden Verbindbarkeit zwischen Deckelrand und Gefäßrand aus Merkmal 1 noch durch die Merkmale 2, 5.b und 7.

Zu einer Ausbildung eines Gefäßes mit Deckel mit diesen Merkmalen vermag die US-Patentschrift 3 773 208 aus sich heraus dem Fachmann keine Anregung zu geben. Die Schrift befasst sich in erster Linie mit Maßnahmen, die eine Steigerung der Kraftwirkung zwischen dem Gefäßrand und dem aufgesetzten Deckel bewirken. Hierzu lehrt die Schrift eben keine rastende Verbindung, bei der eine nach innen vorstehende Leiste des Deckelrandes einen nach außen vorstehenden Flansch des Gefäßrandes hintergreift, sondern die Gestaltung und Materialwahl von Gefäß und Deckel derart, dass sich der nach innen gebördelte Deckelrand aufgrund seines härteren Materials allmählich in den Befestigungsflansch des Gefäßes aus weicherem Material eindrückt und so eine bleibende Riefe bildet, womit aus einem Reibschluss ein Formschluss wird. Das Problem eines Originalitätsverschlusses ist in der US-Patentschrift 3 773 208 nicht erwähnt.

Diese Merkmale sind dem Fachmann aber auch durch den weiteren im Verfahren befindlichen Strand der Technik nicht nahe gelegt.

b) Die US-Patentschrift 3 753 512 (Anlage TW 13) betrifft ebenfalls ein Gefäß mit Deckel. Nachfolgend werden de Figuren 2 bis 4 wiedergegeben, die bevorzugte Ausführungsbeispiele zeigen.

Figuren 2 bis 4 Das in den Figuren 2 und 3 dargestellte Gefäß 10 besitzt einen an dem Gefäßrand angeformten und nach außen vorstehenden Befestigungsflansch (wall 14), der aus nach außen und abwärts gerichtetem Flanschteil (wall portion 15) mit daran anschließendem, nach außen gebogenem Flanschteil (radius portion 17, peripheral wall or flange 18) besteht. Der Deckel 25 sitzt mit seinem entsprechend geformten Rand 28, in den eine geeignete Dichtung S eingebaut sein kann, auf dem Befestigungsflansch 14. Befestigungsflansch 14 und Deckelrand 28 sind so dimensioniert, dass der Deckel unter einer gewissen Spannung auf dem Gefäß sitzt, so dass die Reibkraft zwischen der ansonsten glatten Flanschaußenseite 16 und der Deckelrandinnenseite 31 erhöht ist. Eine rastende Verbindung zwischen Befestigungsflansch und Deckelrand im Sinne des Merkmals 1 des Anspruchs 1 des Streitpatents ist dadurch nicht angeregt.

Die Schrift gibt auch keinerlei Anregung in Richtung der Merkmale 2 und 5.b. Ein Herumgreifen des Deckelrandes um die Außenkante des Befestigungsflansches ist schon deshalb nicht angeregt, weil entsprechend der Lehre der US-PS 3 753 512 ein Benutzer gerade durch den unterhalb der unteren Kante 32 des Deckelrandes befindlichen und radial nach außen über den Deckelrand vorstehenden Flanschteil 18 des Befestigungsflansches des Gefäßes vor einer Berührung mit der unteren Kante des Deckelrandes geschützt werden soll (siehe Spalte 1 Zeilen 1 bis 18). Insofern führt diese Schrift den Fachmann sogar in eine andere Richtung.

Das Merkmal 7 wird ebenfalls nicht angeregt. Die dem Anheben des Deckels dienende Lasche (tab means 21) wird gebildet durch ein Paar im Allgemeinen parallele Kerben, Schlitze oder gleichartige Formen von Schwächungen (score lines, slots or similar lines of weakness 22, 23) in dem Flanschteil 18, die sich durch den Verbindungsteil (juncture portion 17) und den abwärts gerichteten Flanschteil (downwardly directed wall portion 15) aufwärts bis zu den begrenzenden Enden der Schlitze 22, 23 in dem Flansch 14 erstrecken, die in den Figuren 2 und 3 mit dem Bezugszeichen 24 bezeichnet sind (siehe Spalte 2 Zeilen 30 bis 36). Hierdurch kann die Lasche so weit wie zum Anheben des Deckels erforderlich in Richtung des in Fig. 3 unbezeichneten Pfeiles nach außen und oben ausgelenkt werden (siehe Spalte 3 Zeilen 27 bis 38). Dass die Lasche 21 mittels "abreißbarer Verbindungen", wie die Klägerin ausführt, in Form von dünnwandigen, leicht abreißbaren Kunststoffstegen oder einem durchgehenden Kunststofffilm mit den Stirnkanten des Befestigungsflansches 14 verbunden ist, ist der US-Patentschrift 3 753 512 an keiner Stelle entnehmbar.

Bei dem Ausführungsbeispiel nach der Figur 4 ist die Lasche 41 ersichtlich nicht in irgendeiner Weise mit den Stirnkanten des Flansches 43 des Behälters 40 verbunden. Zwischen Flansch 43 und Lasche 41 sind Schlitze 45, 46 angeordnet, die das Ausschwenken der Lasche erleichtern sollen, um einen Deckel von dem Gefäß zu lösen (siehe Spalte 3 Zeilen 49 bis 52). Das Vorsehen "abreißbarer Verbindungen", die das Ausschwenken der Lasche wieder erschweren würden, ist dadurch nicht angeregt.

Darüber hinaus ist in der US-Patentschrift 3 753 512 die Problematik eines Originalitätsverschlusses überhaupt nicht angesprochen, so dass der Fachmann durch diese Schrift keinerlei Hinweise erhält, diesen Teil der dem Streitpatent zugrunde liegenden Aufgabe zu lösen.

Eine Zusammenschau der US-Patentschrift 3 773 208 (TW 12) mit der US-Patentschrift 3 753 512 (TW 13) ergibt somit entgegen der Auffassung der Klägerin keinesfalls einen Gegenstand mit sämtlichen Merkmalen des Patentanspruchs 1 des Streitpatents.

c) Die Druckschriften nach den Anlagen TW 14 bis TW 17 wurden von der Klägerin zu den Merkmalen 1 und 2 genannt. Diese Druckschriften zeigen zwar jeweils rastende Verbindungen zwischen Deckel und Gefäßrand. Eine Zusammenschau mit den vordiskutierten Schriften nach den Anlagen TW 12 oder TW 13 führt dennoch nicht zum Streitgegenstand.

Die europäische Patentschrift 0 456 749 B1 (TW 14) ist nachveröffentlicht und für die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit somit nicht relevant. Darüber hinaus ist ein Werkzeug zum Öffnen dort nicht erforderlich, weil der Deckelrand derart gestaltet ist, dass die untere Kante 13 des Deckelflansches vom Benutzer untergriffen werden kann. Auch ist ein Originalitätsverschluss nicht vorgesehen. Die zugehörige vorveröffentlichte PCT-Anmeldung WO 90/09329 brauchte daher nicht in Betracht gezogen zu werden.

Bei dem in der europäischen Patentanmeldung 0 243 545 (TW 15) beschriebenen Gefäß mit Deckel ist der Deckelrand mit einem radial auswärts gerichteten Vorsprung 18 versehen. Zum Öffnen des Deckels ist dieser derart zu verdrehen, dass der Vorsprung 18 zu einer in dem Gefäßflansch 24 vorgesehenen Aussparung 19 ausgerichtet ist, so dass der Vorsprung 18 von unten untergriffen werden kann (siehe Spalte 5 Zeilen 8 bis 12). Ein Originalitätsverschluss ist nicht vorgesehen.

Bei dem Gegenstand des deutschen Gebrauchsmusters 89 09 454 (TW 16) rastet der Deckel mit einer von dessen Deckelrand 9 nach innen vorstehenden Leiste 10 unter eine freie Kante 11 des Befestigungsrandes 2 des Gefäßes 1. An die Leiste 10 schließt sich über eine als Gelenkstelle wirkende Dünnstelle 19 nach unten ein Umschlagrand 20 an. Durch Umschlagen des Umschlagrandes nach oben wird die Leiste 10 aus der Verrastung mit der Kante 11 des Befestigungsrandes geschwenkt und der Deckel kann leicht abgehoben werden. Ein Originalitätsverschluss ist auch hier nicht vorgesehen.

Das deutsche Gebrauchsmuster 91 12 544 (TW 17) beschreibt zwar ein so genanntes Sicherungselement (10), das zerstört und eingedrückt werden muss, um eine verdeckte Griffmulde (9) freizugeben. Dieses Sicherungselement dient jedoch der Bildung einer glatten zylindrischen Außenfläche von Eimer und Deckel, um Beschädigungen des Eimerrandes beim Transport und ein unbeabsichtigtes Abstoßen des Deckels zu verhindern (siehe Seite 1 Zeilen 10 bis 24, Seite 2 Zeilen 8 bis 15 und Schutzanspruch V in TW 17). Die TW 17 regt bei einer Zusammenschau mit der TW 12 oder der TW 13 dazu an, den Eimerrand so zu gestalten, dass dieser an seinem äußeren Umfang bei aufgesetztem Deckel mit dem äußeren Umfang des Deckels eine glatte zylindrische Außenfläche bildet und das vorhandene Werkzeug zum Lösen des Deckels hinter einem in diese Außenfläche integrierten Sicherungselement angeordnet ist, das zum Freigeben des Werkzeugs zerstört werden muss. Das Merkmal 7 ist dadurch nicht angeregt.

d) Als Nachweis dafür, dass eine Versiegelungsfunktion mittels Anwendung einer abreißbaren Verbindung dem Fachmann im Prioritätszeitpunkt des Streitpatents allgemein bekannt war, nennt die Klägerin die Druckschriften gemäß Anlagen TW 18 bis TW 21.

Das deutsche Gebrauchsmuster 91 03 378 (TW 18) lehrt die Schaffung einer festen Verbindung zwischen Deckel 2 und Behälterwandung 1 mittels einer oder mehrerer faltbarer Laschen 3 mit Materialschwächungen 4 (siehe Fig. 2). Die Laschen dienen nicht als Werkzeuge zum Öffnen des Deckels, sondern ausschließlich als Originalitätssicherung. Die Laschen sind auch nicht in der von der Klägerin geschilderten Form (siehe Schriftsatz vom 4. Oktober 2005, Seite 13) zum Öffnen geeignet. Die in der Lasche vorhandenen Materialschwächungen 4 sollen so dimensioniert sein, dass diese beim Öffnen des Deckels aufreißen. Die Kraft, die zu einer Zerstörung der Laschen führt, ist folglich kleiner als die zum Öffnen des Deckels erforderliche Kraft. Ein Öffnen des Deckels durch Ziehen oder Hochbiegen einer Lasche ist daher nicht möglich.

Die europäische Patentschrift 0 132 897 (TW 19) und das auf dieselbe Prioritätsanmeldung zurückgehende deutsche Gebrauchsmuster 84 22 478 (TW 19a) lehren die Gestaltung verformbarer oder aufbrechbarer dünnwandiger Rippen/Elemente 48 im Bereich eines umstülpbaren Flansches 16 eines Behälters (siehe Fig. 4 und Anspruch 5) bzw. die Ausbildung eines aufbrechbaren Garantie-/Sicherheitsverschlusses in Form eines oder mehrerer dünner Flanschteile 50 am Deckel, die mit dem umstülpbarem Flansch 16 des Eimers verschweißt werden (siehe Fig. 5 und Anspruch 6). Der umstülpbare Flansch 16 des in diesen Schriften dargestellten Behälters ist mit der als Werkzeug dienenden Lasche des Streitpatents nicht vergleichbar. Um die Arretierung 8, 32 zwischen Deckel und Behälter zu lösen, muss der umstülpbare Flansch 16 des Behälters nach unten umgestülpt und durch radial nach innen gerichteten Druck die Behälterwand derart nach innen verformt werden, dass die Arretierungsnase 8 des Behälters in diesem Bereich außer Eingriff mit der Arretierungsnase 32 des Deckels gelangt (siehe Fig. 4).

In der europäischen Patentanmeldung 0 176 159 (TW 20) wird vorgeschlagen, am Umfang des Behälters verteilte Schweißpunkte 5 anzuordnen, mittels denen der umstülpbare Flansch 2 des Deckels 1 an der Behälterwandung 4 befestigt wird. Beim Öffnen des Deckels werden diese Schweißpunkte zerstört. Als Öffnungshilfen sind Mulden 6 in der Behälterwandung 4 zwischen zwei Schweißpunkten gebildet, so dass der umstülpbare Flansch des Deckels von einem Benutzer von unten erfasst und nach oben umgestülpt werden kann (siehe Fig. und Seite 3 Zeile 36 bis Seite 4 Zeile 16).

Bei dem in der US-Patentschrift 5 027 969 (TW 21) offenbarten Originalitätsverschluss ist aus einem den Rand 16b eines Deckels 10 schützenden Flansch 24 eines Behälters 12 ein Bereich durch Niederdrücken herausbrechbar, so dass der Deckelrand 16b zum Öffnen untergriffen werden kann. Das Herausbrechen des Flanschteiles des Behälters gibt daher die Angriffsstelle am Deckel frei. Der herausbrechbare Flanschteil ist durch geschwächte Verbindungsbereiche 26b, 42 mit der Wandung 21 des Behälters und mit den angrenzenden Flanschteilen 26a des Behälters verbunden (siehe Fig. 4 bis 7 und Spalte 2 Zeilen 59 bis 64).

Die Übertragung dieser Lehren der Druckschriften TW 18 bis TW 21 auf eine der Druckschriften TW 12 oder TW 13 führt nicht zum Gegenstand des Streitpatents.

TW 18, TW 19 und TW 20 regen den Fachmann dazu an, von den in TW 12 und TW13 vorhandenen Werkzeugen zum Öffnen des Deckels unabhängige und räumlich getrennte Originalitätssicherungen in Form von abreißbaren Verbindungen zwischen Deckel und Behälter entsprechend den jeweiligen Vorschlägen anzubringen.

TW 21 gibt die Anregung, den Zugang zu dem Werkzeug zum Öffnen des Deckels durch ein herausbrechbares Flanschteil des Behälters zu versperren.

e) Die von der Klägerin in der Klageschrift genannten TW 6 und TW 7 liegen weiter ab. Diese Druckschriften wurden von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung deshalb zu Recht nicht aufgegriffen.

IV.

Mit Patentanspruch 1 des Streitpatents haben auch die auf diesen Anspruch rückbezogenen Unteransprüche 2 bis 5 Bestand. Sie werden vom Patentanspruch 1 mitgetragen.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 99 Abs. 1 PatG in Verbindung mit § 709 Satz 1 und 2 ZPO.






BPatG:
Urteil v. 13.03.2006
Az: 1 Ni 10/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/8e6549604d0b/BPatG_Urteil_vom_13-Maerz-2006_Az_1-Ni-10-04




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