Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Juni 2005
Aktenzeichen: 23 W (pat) 314/04

(BPatG: Beschluss v. 09.06.2005, Az.: 23 W (pat) 314/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Patentgericht hat in der Entscheidung vom 9. Juni 2005 das Patent widerrufen. Das Patent wurde im Jahr 1998 für eine Geschirrspülmaschine mit einem Sprüharm angemeldet und im Jahr 2003 erteilt. Die Einsprechende hat Einspruch gegen das Patent eingelegt und beantragt, das Patent vollständig zu widerrufen, da es keinen patentfähigen Gegenstand enthalte. Die Einsprechende stützt sich dabei auf mehrere Entgegenhaltungen, die bereits im Prüfungsverfahren genannt wurden und eine Einspruchsverhandlung vor dem Europäischen Patentamt.

In der mündlichen Verhandlung erklärt die Patentinhaberin die Teilung des Patents und verteidigt es in beschränkter Form. Sie beantragt, das Patent gemäß den geänderten Ansprüchen aufrechtzuerhalten. Der in der Verhandlung überreichte Patentanspruch 1 enthält die Merkmale einer Geschirrspülmaschine mit einem Sprüharm und einer darauf angebrachten Sprühdüse. Es wird beschrieben, dass die Spülflüssigkeit in einem Hohlzylinder zirkuliert wird und der Öffnungswinkel des Sprühstrahlkegels vom Verhältnis des Durchmessers der Sprühdüse zum Durchmesser des Hohlzylinders abhängig ist.

Das Bundespatentgericht entscheidet, dass das Patent wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit widerrufen wird. Es wird festgestellt, dass die Kombination der Lehren aus den bereits genannten Entgegenhaltungen D5 und D3 keine erfinderische Tätigkeit darstellt und somit das Patent keine patentfähigen Gegenstände enthält. Auch die weiteren Unteransprüche des Patents sind nicht patentfähig. Daher wird das Patent widerrufen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 09.06.2005, Az: 23 W (pat) 314/04


Tenor

Das Patent wird widerrufen.

Gründe

I Das Patent 198 41 355 (Streitpatent) wurde am 10. September 1998 unter der Bezeichnung "Geschirrspülmaschine mit einem Sprüharm" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht und unter Berücksichtigung des Standes der Technik gemäß

1) JP 07-163506 A und 2) JP 04-49937 A, jeweils mit englischsprachigen Abstract, von der Prüfungsstelle für Klasse A47L des Deutschen Patent- und Markenamts durch Beschluss vom 19. August 2002 mit 10 Patentansprüchen erteilt. Die Patenterteilung wurde am 16. Januar 2003 veröffentlicht.

Gegen das Patent hat die Einsprechende am 16. April 2003 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Der Einspruch wird auf die Widerrufsgründe gemäß § 21 Abs 1 Nr 1 PatG gestützt, weil es keinen nach §§ 1 bis 5 PatG patentfähigen Gegenstand enthalte.

Hierbei stützt sich die Einsprechende auf die Entgegenhaltungen D1 DE 1 926 826 U1, D2 JP 7-163506 A (bereits im Prüfungsverfahren genannt), D2* maschinelle englischsprachige Übersetzung von D2, D3 DE 1 628 813 A1 und D4 JP 02-305538 A (englischsprachiges Abstract).

In der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2005 hat der Senat zum Stand der Technik noch die in dem Parallelverfahren vor dem Europäischen Patentamt genannte Entgegenhaltung D5 US 3 342 421 in das vorliegende Einspruchsverfahren eingeführt.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

In der mündlichen Verhandlung erklärt die Patentinhaberin die Teilung des Patents.

Sie verteidigt ihr Patent in beschränkter Fassung und beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten gemäß den Ansprüchen 1 bis 7, Beschreibung, Spalten 1 und 2, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2005, Beschreibung, Spalten 3 und 4, 1 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 bis 4, gemäß Patentschrift.

Der in der mündlichen Verhandlung überreichte Patentanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1.

a)

Geschirrspülmaschinemit einem Sprüharm (3)

b)

c)

d)

e)

und einer darauf angeordneten Sprühdüse (5) zur Beaufschlagung von Spülgut mit einer Spülflüssigkeit mittelseines Sprühstrahles, wobei ferner wenigstens ein Mittel vorgesehen ist, durch das ein hohl ausgebildeter Sprühstrahl einstellbar ist, wobei die Spülflüssigkeit in einem Hohlzylinder (7) vor der Sprühdüse (5) in Zirkulation versetzbar ist, wobei die Spülflüssigkeit der Sprühdüse (5) in einer Zirkulationsbewegung um eine Austrittsachse zuführbar ist, f)

wobei die Hohlform des Sprühstrahls ein Hohlkegel ist, g)

wobei der Öffnungswinkel des Sprühstrahlkegels abhängig vom Verhältnis des Durchmessers der Sprühdüse (5) zum Durchmesser des Hohlzylinders (7) ist und bei einem kleineren Verhältnis größer ist, h)

wobei der Durchmesser der Sprühdüse (5) klein gegenüber dem Durchmesser des Hohlzylinders ist."

Zu den Unteransprüchen 2 bis 7 und bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1) Die Zuständigkeit des Bundespatentgerichts ergibt sich aus dem § 147 Abs 3 Nr 1 PatG, wonach - abweichend von § 61 Abs 1 Satz 1 PatG - über den Einspruch nach § 59 PatG der (technische) Beschwerdesenat des Patentgerichts entscheidet, wenn die Einspruchsfrist nach dem 1. Januar 2002 beginnt und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 - wie im vorliegenden Fall - eingelegt worden ist.

Nachdem das Bundespatentgericht auch für Einsprüche im Rahmen des § 147 PatG zuständig ist, hindert die in der mündlichen Verhandlung abgegebene Teilungserklärung nicht den Fortgang des Einspruchsverfahrens und eine abschließende Entscheidung über das Stammpatent, weil es auf das Schicksal der Trennanmeldung in der Regel schon deshalb nicht ankommt, weil durch die Teilung nichts abgetrennt werden muss. Allein maßgeblich ist, ob die Rechtsverfolgung der Patentinhaberin im Einspruchsverfahren - wie hier - eine abschließende Entscheidung zulässt, vgl. BGH GRUR 2003, 781 Leitsätze 1. und 2. 782 Abschnitt II 2. b) cc) "Basisstation".

2) Der form- und fristgerechte Einspruch ist zulässig, weil in dem Einspruchsschriftsatz die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, entsprechend § 59 Abs 1 Satz 4 PatG im einzelnen so angegeben sind, dass die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 in einen konkreten Bezug zum Stand der Technik gebracht wurden.

3) Ausweislich der Beschreibung geht die Patentinhaberin von einer Geschirrspülmaschine mit einem Sprüharm und mit darauf angeordneten Sprühdüsen aus. Die Sprühdüsen erhalten die von einer Umwälzpumpe geförderte Spülflüssigkeit über die kanalartig ausgebildeten Sprüharme.

Damit ein Sprühstrahl eine besonders gute Reinigungswirkung erzielt, ist es erforderlich, diesen unter einem besonders großen Druck dem Spülgut zuzuführen. Bei einem durch die Umwälzpumpe vorgegebenen Druck kann der Sprühdruck des Sprühstrahles durch Verkleinerung des Düsenquerschnitts erreicht werden. Der Düsenquerschnitt kann jedoch nicht beliebig verkleinert werden, da die Gefahr besteht, dass er durch in der Spülflüssigkeit mitgeführte Schmutzpartikel verstopft wird, vgl. Abschnitte [0001] bis [0004] der geltenden Beschreibung.

Daher liegt der Erfindung als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, eine Geschirrspülmaschine mit einem Sprüharm und einer darauf angeordneten Sprühdüse anzugeben, bei der bei einer hohen Reinigungswirkung eines aus der Sprühdüse emittierten Sprühstrahls ein Verstopfen der Sprühdüse vermieden wird, vgl Abschnitt [0005] der geltenden Beschreibung.

Die Lösung ist im einzelnen in dem geltenden Patentanspruch 1 angegeben, wobei es zur Erzeugung eines hohlkegelförmigen Sprühstrahles wesentlich ist,

- dass die Spülflüssigkeit in einem Hohlzylinder in Zirkulation dadurch versetzbar ist, dass die Spülflüssigkeit der Sprühdüse tangential in einer Zirkulationsbewegung zuführbar ist und - dass der Öffnungswinkel des Sprühstrahlkegels abhängig vom Verhältnis des Durchmessers der Sprühdüse zum Durchmesser des Hohlzylinders ist und bei einem kleineren Verhältnis größer ist,

- dass der Durchmesser der Sprühdüse klein gegenüber dem Durchmesser des Hohlzylinders ist.

4) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 ursprünglich offenbart ist und ob dieser gegenüber dem genannten Stand der Technik neu ist, weil auf jeden Fall dieser Gegenstand aufgrund des Standes der Technik gemäß den Entgegenhaltungen D5 und D3 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns beruht, der hier als ein berufserfahrener, mit der Entwicklung von Geschirrspülmaschinen betrauter Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Fachhochschulabschluss zu definieren ist.

Die eine Wirbel-Düse für eine Geschirrspülmaschine (Vortex Jet for Dishwashers) betreffende Entgegenhaltung D5 offenbart eine Geschirrspülmaschine, die einen hohl ausgebildeten Sprüharm (distributing arm 10) mit mehreren Wirbel-Düsen (vortex jets 20, vortex nozzles 20) aufweist, deren Hohlzylinder (tubular segment having a closed end portion 34 and an open end portion 36) innerhalb des hohlen Sprüharms (10) angeordnet sind und in denen die Spülflüssigkeit in eine Zirkulationsbewegung dadurch versetzbar ist, dass die Spülflüssigkeit tangential in den Hohlzylinder (34) durch einen tangentialen, länglichen Schlitz (elongated slot 38, tangential orifice means) eingeleitet wird und aufgrund der Zirkulationsbewegung der Sprühstrahl als Hohlform einen Hohlkegel bildet, vgl. dort den Anspruch 1 iVm den Figuren 1 bis 4 mit zugehöriger Beschreibung, insbesondere Spalte 2, Z 19 bis Spalte 3, Z 6.

Bei diesen Sprühdüsen (20) entspricht der Durchmesser des Hohlzylinders (34) in etwa dem Durchmesser der Sprühdüse (20), weil der Hohlzylinder (34) aus einem zylindrischen Rohrstück mit gleichmäßigem Durchmesser besteht, vgl. insbesondere den Anspruch 1, Zn 15 bis 18 iVm den Figuren 2 bis 4 mit zugehöriger Beschreibung.

Zur Optimierung der Sprühdosen und des emittierten hohlkegelförmigen Sprühstrahls wird der Fachmann weiterhin die Entgegenhaltung D3 in Betracht ziehen, denn diese Entgegenhaltung offenbart Sprühdüsen (Waschstrahldüsen) mit einer Wirbelkammer für Geschirrspülmaschinen zur Erzeugung besonders wirksamer Hohlkegelstrahlen mit der Wirkung von messerartig schälenden Wasserstrahlen bzw. von kräftigen Schälstrahlen, wobei die Querschnitte der Waschstrahldüsen durch Schmutzpartikel nicht verstopfen, vgl. dort die Beschreibung Seite 1 (handschriftliche Nummerierung) über die Aufgabenstellung bis zur Seite 2, Abs 2 und Seite 3, Abs 1.

Nach der Aufgabenstellung beruht der dort beschriebene Gegenstand auf der Erkenntnis, "dass hinter- und nebeneinander gestaffelte Hohlkegelstrahlen die Voraussetzung der allseitigen Strahlenrichtung in idealer Weise bieten....", vgl. Seite 2, Abs 1. Die Hinter- und Nebeneinanderanordnung der Waschdüsen bedeutet, dass diese Düsen an einer Behälterwand rasterförmig angeordnet sind und jeweils separat über Anschlussrohre (10) mit Spülmittel versorgt werden, vgl dort die Ansprüche 14 und 17 sowie Figuren 5 und 6 mit zugehöriger Beschreibung auf Seiten 4 und 5.

Jedoch die bereits angesprochenen besonders wirksamen Hohlkegelstrahlen mit der Wirkung von messerartig schälenden Wasserstrahlen bzw. kräftigen Schälstrahlen geben dem Fachmann den Hinweis, diese Sprühdüsen (Waschstrahldüsen) auch in rotierbaren Sprüharmen - wie bei der Geschirrspülmaschine gemäß Entgegenhaltung D5 - einzusetzen.

Diese Sprühdüsen (Waschstrahldüsen) weisen einen Hohlzylinder (3) mit einer Aufnahmeöffnung (Einströmöffnung 1) mit Auffangtrichter auf, in dem das Spülmittel auf einen engen Querschnitt verengt wird und in den Hohlzylinder (3) tangential eingeleitet wird, wo es in einer ansteigenden rotierenden Bewegung über den engsten Querschnitt - gebildet von der Stoßstelle des Kontraktionshohlkegelstumpfes (5) und des Expansionshohlkegelstumpfes (6) - dessen kleinster Durchmesser lediglich größer als ein Drittel des Hohlzylinderdurchmessers ist, zum Düsenaustritt (Ausströmöffnung 2) ansteigt und die Düse (2) in Form von besonders wirksamen Hohlkegelstrahlen verlässt, vgl. dort den Anspruch 1 iVm den Figuren 1 bis 4 mit zugehöriger Beschreibung, besonders Seite 2, Abs 2 bis Seite 4, Abs 2.

Somit weist die Sprühdüse gemäß Entgegenhaltung D3 das Merkmal h) des geltenden Patentanspruchs 1 auf, demzufolge der Düsendurchmesser der Sprühdüse klein gegenüber dem Durchmesser des Hohlzylinders ist und die somit - aufgrund höherer Fliehkräfte des Spülwassers bei verengtem Düsenquerschnitt - zwangsläufig auch das Merkmal g) des Patentanspruchs 1 erfüllt, demzufolge der Öffnungswinkel des Sprühstrahlkegels abhängig vom Verhältnis des Durchmessers der Sprühdüse zum Durchmesser des Hohlzylinders ist und bei einem kleineren Verhältnis größer ist.

Daher ergibt sich die Geschirrspülmaschine gemäß Patentanspruch 1 an der ohne weiteres möglichen Zusammenschau der Lehren der Entgegenhaltungen D5 und D3 und beruht somit nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Fachmanns.

Auch die Ausgestaltungen gemäß den Unteransprüchen 2 bis 7 enthalten ersichtlich keine gegenüber dem vorliegenden Stand der Technik patentfähigen Gegenstände.

Daher musste das Patent widerrufen werden.

Dr. Tauchert Dr. Meinel Lokys Schramm Pr






BPatG:
Beschluss v. 09.06.2005
Az: 23 W (pat) 314/04


Link zum Urteil:
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