Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Februar 2004
Aktenzeichen: 27 W (pat) 298/03

(BPatG: Beschluss v. 17.02.2004, Az.: 27 W (pat) 298/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 17. Februar 2004 (Aktenzeichen 27 W (pat) 298/03) eine Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung sowie einen Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr abgewiesen.

Die Markenanmeldung betrifft die Bezeichnung "JITplant" für Software im Bereich Just in Time-/Just in Sequenz-Anwendungen. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da die Bezeichnung ausschließlich aus Angaben bestehe, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der beanspruchten Waren dienen könnten. Zudem fehle der Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft. Das Bundespatentgericht bestätigte diese Entscheidung.

Die Anmelderin war der Ansicht, dass die Entscheidungen der Markenstelle unzutreffend seien. Die angemeldete Bezeichnung sei eine phantasievolle Wortneuschöpfung und habe keine eindeutige Bedeutung. Zudem gebe es keinen Bedarf der Mitbewerber, eine solche Bezeichnung zu nutzen. Das Gericht sah jedoch keinen Grund, die Entscheidung der Markenstelle zu ändern.

Die Beschwerde wurde daher abgewiesen und der Antrag auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr wurde ebenfalls zurückgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass kein Verfahrensfehler festzustellen sei und keine Gründe für eine Rückerstattung der Gebühr vorlägen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 17.02.2004, Az: 27 W (pat) 298/03


Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung JITplantfür die Waren und Dienstleistungen

"Software; Software für Just in Time-/Just in Sequenz- Anwendungen".

Durch zwei Beschlüsse, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Bezeichnung "JITplant" bestehe ausschließlich aus Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen, nämlich der Zweckbestimmung der beanspruchten Waren dienen könnten. Zudem fehle ihr jegliche Unterscheidungskraft. Der Wortbestandteil "JIT" sei nicht nur lexikalisch bekannt, er stelle auch ein einschlägig bekanntes und gebräuchliches betriebsorganisations- und ablauftechnisches Kürzel für "Just in Time" dar, mithin für ein Organisationsprinzip, welches eine verschwendungsfreie und bedarfsgenaue Realisation unternehmensinterner und -übergreifender Güteraustauschprozesse zum Ziel habe. Der englischsprachige Zeichenbestandteil "plant" werde auf dem hier zugrundezulegenden betriebswirtschaftlichtechnischen Sektor im Sinne von "Betrieb, Werk, Fabrik, Anlage" verstanden. Die in sprachüblicher Weise aus dem Kürzel "JIT" und dem Begriff "plant" gebildete Kombination "JITplant" stelle für die beanspruchten Waren eine für erhebliche Teile des Verkehrs ohne weiteres verständliche glatte Bestimmungsangabe dar, nämlich "justintime-Betrieb". Es sei fachterminologisch üblich, den Bestimmungszweck von Software schlagwortartig durch derartige Bezeichnungen zum Ausdruck zu bringen; "JITplant" beschreibe mithin unmittelbar, dass die so bezeichnete Software für die Betriebsablaufsteuerung von Justin-Time-Betriebsstätten bestimmt und geeignet sei, beispielsweise indem sie Organisationsabläufe eines Zulieferbetriebs so steuere, dass eine Anlieferung der Zulieferteile "just in time" erfolgen könne. Angesichts dieses unmittelbar beschreibenden Charakters bestehe ein Interesse der Mitbewerber des Anmelders an der freien, ungehinderten Verwendung des angemeldeten Zeichens, das zudem wegen des im Vordergrund stehenden Begriffsinhalts auch nicht geeignet sei, als Unternehmenskennzeichen aufgefasst zu werden. Die Schreibweise mit Groß- und Kleinbuchstaben sei werbeüblich; sie verdeutliche die einzelnen Wortbestandteile und erleichtere damit die Erfassung des Sinngehalts von "JITplant".

Gegen die Zurückweisung der Anmeldung wendet sich die Anmelderin mit ihrer Beschwerde, mit der sie die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr begehrt.

Sie ist zunächst der Ansicht, der Erinnerungsbeschluss sei aus formalen Gründen aufzuheben, da der Erinnerungsprüfer es unterlassen habe, über den Hilfsantrag auf Erlaß eines Zwischenbescheids zu entscheiden, und meint, wegen dieses Versäumnisses sei aus Billigkeitsgründen die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

Auch in der Sache hält die Anmelderin die Entscheidungen der Markenstelle für unzutreffend. Die angemeldete Marke sei eine phantasievolle Wortneuschöpfung, deren Bedeutung in keinem Lexikon belegbar sei. Der englischsprachige Begriff "plant" habe außer der von der Markenstelle genannten Bedeutung auch die von "Pflanze" oder "pflanzen", was insgesamt zu einer Mehrdeutigkeit der angemeldeten Bezeichnung führe. Nur eine analysierende Betrachtung könne zu dem genannten Bedeutungsgehalt führen. Es sei kein gegenwärtiger oder zukünftiger Bedarf der Mitbewerber ersichtlich, eine solche Bezeichnung zu nutzen; auch eine gewisse Unterscheidungskraft sei der Marke nicht abzusprechen.

Hilfsweise beantragt die Anmelderin, die Marke für die Waren "Software mit Ausnahme von Just in Time-Anwendungen; Software für Just in Time-/Just in Sequenz- Anwendungen" zur Eintragung zuzulassen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg.

Mit ihrer Ansicht, der Erinnerungsbeschluss sei aufzuheben, weil die Markenstelle dem hilfsweise gestellten Antrag, einen Zwischenbescheid zu erlassen, nicht nachgekommen sei, geht die Anmelderin fehl. In ihrem Erinnerungsschriftsatz hatte die Anmelderin gegenüber ihrem Vorbringen zum Beanstandungsbescheid keine neuen Argumente vorgetragen, vielmehr ihren früheren Vortrag teilweise wortgleich wiederholt. Der Hilfsantrag, mit dem um Gelegenheit zur erneuten Stellungnahme ersucht wurde, enthält keinen Hinweis, der die Markenstelle zu der Annahme hätte veranlassen können, bei einer solchen "erneuten" Stellungnahme könnten "neue", d.h. noch nicht vorgetragene Tatsachen oder Rechtsansichten dargelegt werden. Sie hat daher statt eines Zwischenbescheids die Erinnerungsentscheidung erlassen, wobei der Erinnerungsbeschluss eine implizite - ablehnende - Entscheidung über den Antrag auf Erlass eines Zwischenbescheids darstellt. Dieses Vorgehen war sachgerecht und wahrte insbesondere das rechtliche Gehör im Sinne des § 59 Absatz 2 MarkenG, denn der Erinnerungsbeschluss stützt sich ausschließlich auf Umstände, zu denen die Anmelderin bereits hinreichend Stellung genommen hatte. Ein Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führen könnte, ist damit nicht festzustellen.

In der Sache hat die Markenstelle zu Recht angenommen, dass die angemeldete Bezeichnung aufgrund ihres beschreibenden Charakters nicht eintragungsfähig ist. Sie ist freihaltungsbedürftig, zudem fehlt ihr die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG).

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren und Dienstleistungen dienen können (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Die angemeldete Marke besteht ausschließlich aus derartigen Angaben.

Die angemeldete Marke ist, wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, erkennbar aus den Begriffen "JIT" und "plant" zu der Gesamtbezeichnung "JITplant" sprachüblich zusammengesetzt. Diese Wortkombination entspricht dabei, wie im Beschluss des Erstprüfers umfänglich belegt, den im Bereich der Software üblichen Gepflogenheiten, aus einer (Kurz-)Bezeichnung und einem Substantiv einen substantivischen Begriff zu bilden. Die Tatsache, dass die Abkürzung "JIT" in Großbuchstaben, der Begriff "plant" aber in Kleinbuchstaben geschrieben ist, erleichtert es nur, diese Art der Wortbildung zu erfassen, und nimmt der Gesamtbezeichnung nicht ihren ohne weiteres verständlichen Begriffsinhalt von "Justintime-Betriebsstätte". Es handelt sich hierbei, wie aus den der Anmelderin bereits mit Zwischenverfügung des Senats übersandten Anlagen zu entnehmen ist, um eine übliche Bezeichnung für Betriebe, deren Produktion und Lieferung nach dem Justin-Time-Prinzip erfolgt. Um den reibungslosen Ablauf der computergestützten Justin-Time-Organisation zu realisieren, benötigen derartige JIT-Betriebe bzw englisch JIT- plants eine auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnittene Software. Die angemeldete Bezeichnung "JITplant" stellt daher eine Inhalt und Bestimmungszweck unmittelbar und ohne weiteres verständlich beschreibende Angabe dar. Dass auch nur diese Bedeutung sinnvoller Weise in Betracht kommen kann, hat die Markenstelle ausführlich dargelegt. Der Senat folgt diesen Überlegungen, denn die möglichen anderen Bedeutungen, die sich bei einer Übersetzung von "plant" als "Pflanze, pflanzen" ergeben könnten, sind im Zusammenhang mit Software derart fern liegend, dass die angesprochenen Verkehrskreise, nämlich Personen, die mit dem Einsatz von Software in Betrieben befasst sind, erst gar nicht daran denken.

Selbst wenn gleichwohl einzelne potenzielle Abnehmer der mit "JITplant" gekennzeichneten Software diese Bezeichnung in der von der Anmelderin zitierten Weise als "Fertigung ohne Lagerung Pflanzen" fehlinterpretieren würden, bliebe dieses Wortzeichen doch von der Eintragung ausgeschlossen, da es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren bezeichnet (EuGH GRUR 2004, 146 - DOUBLEMINT, Rdn. 32, - Mitt. 2004,28).

Die angemeldete Marke ist somit als zur Beschreibung einer Funktion oder Bestimmung der betreffenden Software geeignete Sachbezeichnung freizuhalten. Da ihr für die beanspruchten Waren ohne weiteres Nachdenken der im Vordergrund stehende beschreibende Begriffsinhalt zugeordnet werden kann, fehlt ihr auch jegliche Unterscheidungskraft, denn bei einer solchen reinen Sachaussage, die nach dem üblichen fachspezifischen Schema gebildet ist, hat der Verkehr keine Veranlassung, sie als Herkunftshinweis aufzufassen (st. Rspr.- BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch; BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft; EuGH MarkenR 2002, 391 - Companyline).

Was das im Hilfsantrag enthaltene Begehren der Anmelderin betrifft, die Marke für die Waren "Software mit Ausnahme von Just in Time-Anwendungen" zur Eintragung zuzulassen, so wäre bei der Kennzeichnung solcher Software mit "JITplant" eine Täuschungsgefahr im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG gegeben. Weil bei der angemeldeten Wortmarke der Hinweis auf eine Just in Time-Anwendung deutlich gegeben und für den Verkehr auch klar verständlich ist, werden mögliche Interessenten davon ausgehen, mit der Software das Prinzip von "JIT" in irgendeiner Form realisieren zu können. Dies wäre jedoch bei "Software mit Ausnahme von Just in Time-Anwendungen" gerade nicht möglich.

Dem Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr war nicht stattzugeben, weil keinerlei Gesichtspunkte ersichtlich sind, die dies aus Billigkeitsgründen als geboten erscheinen ließen. Insbesondere ein Verfahrensfehler ist, wie oben dargelegt, nicht festzustellen.

Dr. Schermer Schwarz Dr. van Raden Ju






BPatG:
Beschluss v. 17.02.2004
Az: 27 W (pat) 298/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/82ef496512e2/BPatG_Beschluss_vom_17-Februar-2004_Az_27-W-pat-298-03




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