Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Januar 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 272/03

(BPatG: Beschluss v. 26.01.2005, Az.: 26 W (pat) 272/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Entscheidung hat das Bundespatentgericht die Beschwerde einer Markeninhaberin gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr abgelehnt. Die Markeninhaberin hatte behauptet, die Zahlung mittels Scheck vorgenommen zu haben, jedoch konnte sie dies nicht glaubhaft machen. Das Gericht stellte fest, dass die Markeninhaberin die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr bereits ohne Verschulden versäumt hatte, da sie nicht auf den Hinweis im Schreiben des Patentamts reagiert hatte, dass ab dem 1. Januar 2002 keine Zahlung mittels Schecks mehr möglich sei. Das Gericht betonte zudem, dass mangelnde Gesetzeskenntnis kein Grund für eine Wiedereinsetzung sei und dass die Markeninhaberin keine ausreichenden Beweismittel oder eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt hatte. Weiterhin wurde die Forderung auf Rückerstattung der Beschwerdegebühr abgelehnt, da kein Verfahrensfehler oder Verstoß gegen die Verfahrensökonomie seitens der Markenabteilung vorlag. Die Entscheidung wurde von Albert Reker und Eder Bb getroffen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 26.01.2005, Az: 26 W (pat) 272/03


Tenor

Die Beschwerde und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Marke 2 021 721 ist am 17. Juli 1991 angemeldet und am 2. Oktober 1992 eingetragen worden.

Mit Datum vom 22. November 2001 erging an die Markeninhaberin ein Löschungsvorbescheid gemäß § 47 MarkenG mit dem Hinweis auf verschiedene Zahlungsmöglichkeiten für die Verlängerungsgebühr sowie dem ausdrücklichen Hinweis, daß eine Zahlung mittels "Schecks voraussichtlich nur noch bis 31.12.2001" möglich sei. Die Markeninhaberin hat mit Datum vom 22. Oktober 2002 Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr gestellt und vorgetragen, im Januar 2002 die Verlängerung der Marke beantragt zu haben. Der Antrag sei vom Geschäftsführer der Markeninhaberin persönlich zusammen mit einem Scheck in den Briefkasten des Patentamts in München eingelegt worden. Dieser Scheck sei weder eingelöst noch zurückgeschickt worden noch habe man reklamiert, daß ab 2002 keine Schecks mehr akzeptiert würden. Auch auf dem Verlängerungsantrag sei dies nicht vermerkt gewesen. Die ausstehenden Gebühren seien überwiesen worden.

Die Markenabteilung 9.1. hat diesen Antrag zurückgewiesen. Die Schutzdauer der Marke sei am 17. Juli 2001 abgelaufen. Dies habe die Markenabteilung der Markeninhaberin gemäß § 47 Abs 3 MarkenG mit Datum vom 22. November 2001 mitgeteilt. Die Mitteilung sei am 6. Dezember 2001 per Einschreiben an die Markeninhaberin abgesandt worden. Somit habe bis 30. Juni 2002 die Möglichkeit bestanden, die Marke durch Zahlung der Verlängerungsgebühr samt Zuschlag zu verlängern. Dies sei nicht geschehen. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist sei jedenfalls unbegründet. Die Markeninhaberin habe entgegen § 91 Abs 3 MarkenG keine Tatsachen vorgetragen, die eine solche Wiedereinsetzung begründen könnten. Die Fristversäumnis dürfe nämlich nicht verschuldet sein und die dies belegenden Tatsachen seien glaubhaft zu machen (§ 91 Abs 1 und 3 MarkenG). Eine Zahlungsmöglichkeit mittels Verrechnungsschecks sei nach der PatKostZV seit dem 1. Januar 2002 nicht mehr vorgesehen gewesen. Durch den Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts sei auf diese Gesetzesänderung ausdrücklich aufmerksam gemacht worden. Darüber hinaus seien von der Annahmestelle der Dienststelle München ab dem 1. Januar 2002 alle dennoch eingehenden Schecks mit einem entsprechenden Hinweis über die geänderten Zahlungsmodalitäten an die Einreicher zurückgesandt worden. Nach alledem habe die Markeninhaberin rechtzeitig vor Ablauf der Zahlungsfrist am 30. Juni 2002 eine zulässige Zahlungsart wählen können. Unabhängig davon sei die Unkenntnis über eine gesetzliche Regelung kein Wiedereinsetzungsgrund. Im übrigen sei durch den Sachvortrag der Markeninhaberin auch nicht glaubhaft gemacht, daß mittels Schecks versucht worden sei, die Verlängerungsgebühr zu zahlen. Der Aufforderung vom 8. Oktober 2002, eidesstattlich zu versichern, daß die Zahlung durch Scheck erfolgt sei, sei sie nicht nachgekommen. Der Umstand, daß weder eine Rücksendung des Schecks noch die übliche, davon unabhängige Weiterleitung eines Verlängerungsformulars vom 7. Januar 2002 zu der betreffenden Amtsakte erfolgte, spreche sogar eher gegen einen Eingang der genannten Unterlagen im Patentamt. Ein Gebührenerlaß von gesetzlichen Gebühren sei ausgeschlossen.

Gegen diesen Beschluß wendet sich die Markeninhaberin mit der Beschwerde. Änderungen beim Patentamt könnten sich nicht zum Nachteil der Kunden auswirken. Sie habe rechtzeitig die Verlängerung beantragt und die Gebühren dafür bezahlt. Wenn eine Zahlung mit Verrechnungsscheck nicht mehr möglich sei, könne ihr das nicht angelastet werden, zumal sie eine entsprechende eidesstattliche Versicherung übergeben habe. Sobald ihr bekannt geworden sei, daß der Scheck beim Patentamt abhanden gekommen sei, habe sie auf anderem Wege gezahlt. Sie beantragt die Rückerstattung der Beschwerdegebühr.

II.

Die zulässige Beschwerde konnte in der Sache keinen Erfolg haben. Die Markenstelle hat den Antrag der Markeninhaberin auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr gemäß § 91 MarkenG zu Recht zurückgewiesen.

Gemäß § 91 MarkenG ist die Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist unter anderem dann möglich, wenn die Fristversäumnis unverschuldet war und der Antrag die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthält (§ 91 Abs 1, 3 MarkenG). Diese sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen.

Die Markeninhaberin hat bereits die Frist zur Zahlung der Verlängerungsgebühr nicht ohne Verschulden versäumt. Sie trägt zwar vor, der von ihr abgegebene Scheck sei nicht eingelöst und auch nicht zurückgesandt worden. Nun besteht grundsätzlich wohl keine Pflicht zur Überwachung, ob ein Scheck eingelöst wird (Busse, Patentgesetz, 6. Aufl, § 123 Rdnr 40). In der Benachrichtigung nach § 47 Abs 3 MarkenG (vom 22. November 2001) war aber bereits der durch Fettdruck hervorgehobene Hinweis enthalten, daß eine Gebührenzahlung durch Scheck voraussichtlich nur noch bis 31. Dezember 2001 möglich sei. Selbst wenn dieser Hinweis nicht schon von vornherein dazu führt, daß eine andere Zahlungsart gewählt wird, dann hätte dies doch jedenfalls zu einer gewissen Sensibilisierung führen müssen, die eine Nachfrage durch die Markeninhaberin hätte hervorrufen können und müssen. Grundsätzlich kann nämlich auch eine gewisse Mitwirkungspflicht der Beteiligten erwartet werden. Dies folgt bereits aus dem Grundsatz, daß sich ein Beteiligter erkundigen muß, wenn ihm die Bedeutung eines Bescheids des Patentamts unklar ist (Busse, aaO). Zudem war ab dem 1. Januar 2002 die PatKostZV in Kraft, die eine Zahlung mittels Schecks nicht vorsieht. Dies hätte die Markeninhaberin wissen müssen. Mangelnde Gesetzeskenntnis ist grundsätzlich ebenfalls kein Wiedereinsetzungsgrund (Schulte, PatG, 7. Aufl, § 123 Rdnr 129 f). Entschuldigungsgründe, die zugunsten der Markeninhaberin sprechen, sind bei diesem Sachverlauf nicht ersichtlich (Schulte, aaO), da die Behörde einen entsprechenden Hinweis auf ihrem Formular "Zahlungshinweise" angebracht hatte. Unter Zugrundelegung des Sachvortrags der Markeninhaberin ist damit wegen Einreichens eines nicht (mehr) zulässigen Zahlungsmittels nach dem 1. Januar 2002 von einer verschuldeten Fristsäumnis auszugehen. Zudem hat die Markeninhaberin nicht substantiiert dargelegt, daß der Scheck im Rahmen der üblichen Büroorganisation persönlich beim Patentamt abgegeben worden ist. Dies hätte durch Vorlage von bürointernen Ausgangsbüchern, Vermerken im (Fristen-)Kalender o.ä. geschehen können. Da zudem der angeblich gleichzeitig abgegebene Verlängerungsantrag auch nicht zur Akte gelangt ist, vermag der Vortrag keine unverschuldete Fristversäumnis darzulegen.

Zudem fehlt es - trotz eines entsprechenden Hinweises der Markenabteilung in ihrem Schreiben vom 8. Oktober 2002 und den Ausführungen in dem angegriffenen Beschluß - bis heute an einer Glaubhaftmachung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen (§ 91 Abs 3 MarkenG), die sich auf alle hierfür in Frage kommenden Tatsachen einschließlich der Einhaltung der Antragsfrist erstrecken muß (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 91 Rdnr 33). Ein bloß schriftsätzliches Vorbringen reicht dafür nicht aus (Ströbele/Hacker, aaO, § 43 Rdnr 64). Als Mittel zur Glaubhaftmachung kommen vielmehr alle präsenten Beweismittel einschließlich der eidesstattlichen Versicherung in Betracht (Ströbele/Hacker, aaO, § 43 Rdnr 83), wobei insoweit die Darlegung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit genügt. Die Markeninhaberin hat aber weder Beweismittel noch eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt. Auch wenn man die Anforderungen an deren Form nicht überspannt, sind doch gewisse Eckpunkte einzuhalten, denen ein bloß schriftsätzlicher Vortrag nicht genügt. Vielmehr ist sie durch eine natürliche Person abzugeben und muß in geeigneter Form einen entsprechenden Erklärungswillen erkennen lassen. Dies lässt sich dem einzig dafür in Frage kommenden Schriftsatz der Markeninhaberin vom 22. Oktober 2002 nicht entnehmen. Zum einen weist dieser eine firmenmäßige Unterzeichnung auf einem Briefbogen auf, der im Kopf nur firmenbezogene Angaben enthält (Ströbele/Hacker, aaO, § 43 Rdnr 87 ff). Zum anderen lässt sich ihm nicht entnehmen, daß er als eidesstattliche Versicherung und in dem Wissen um ihre Bedeutung abgegeben worden ist. Eine Glaubhaftmachung muß allerdings nicht bereits mit der Antragstellung erfolgen, sondern kann im Laufe des Verfahrens nachgeholt werden (Ströbele/Hacker, aaO, § 91 Rdnr 33). Der Antrag auf Wiedereinsetzung muß aber innerhalb der Antragsfrist eine schlüssige Darlegung der Umstände enthalten, aus denen sich seine Zulässigkeit und Begründetheit eindeutig herleiten lassen (Ströbele/Hacker, aaO, § 91 Rdnr 30 f). Ein späteres Nachschieben von Wiedereinsetzungsgründen ist ausgeschlossen (Ströbele/Hacker, aaO). Da jedoch der Vortrag der Markeninhaberin bereits das mangelnde Verschulden bei der Fristversäumnis nicht schlüssig darlegt, musste der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Zahlungsfrist bzw die gegen den Beschluß der Markenstelle eingereichte Beschwerde bereits aus diesem Grund scheitern. Deshalb bedurfte es eines aufklärenden Hinweises zu einer möglichen Nachholbarkeit der Glaubhaftmachung nicht mehr.

Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 71 Abs 3 MarkenG ist nicht veranlasst. Zwar können sich Billigkeitsgründe für die Rückzahlung insbesondere aus Verfahrensfehlern oder Verstößen gegen die Verfahrensökonomie ergeben. Erforderlich ist aber, daß zwischen dem vorgeworfenen Fehlverhalten der Markenabteilung und der Notwendigkeit der Beschwerdeeinlegung Kausalität besteht. Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr scheidet somit aus, wenn auch ohne Fehlverhalten inhaltlich dieselbe Entscheidung der Markenstelle ergangen wäre und deshalb Beschwerde hätte eingelegt werden müssen (Ströbele/Hacker, aaO, § 71 Rdnr 61). Im vorliegenden Fall sind weder Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten der Markenabteilung noch einer auf einem solchen beruhenden Kausalität ersichtlich.

Albert Reker Eder Bb






BPatG:
Beschluss v. 26.01.2005
Az: 26 W (pat) 272/03


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