VK Baden-Württemberg:
Beschluss vom 22. Juli 2004
Aktenzeichen: 1 VK 49/04

(VK Baden-Württemberg: Beschluss v. 22.07.2004, Az.: 1 VK 49/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Vergabekammer Baden-Württemberg hat in einem Beschluss vom 22. Juli 2004 entschieden, dass der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin als unzulässig zurückgewiesen wird. Die Antragstellerin hatte sich gegen den Ausschluss ihres Angebots bei der Ausschreibung für die Lieferung von Schulbüchern für die Schuljahre 2004/2005 und 2005/2006 gewendet. Die Antragsgegnerin, die Stadt €, hatte ihr Angebot wegen eines Verstoßes gegen das Buchpreisbindungsgesetz abgelehnt. Die Antragstellerin hatte Rabatte für Nachbestellungen innerhalb einer bestimmten Frist angeboten, was laut Antragsgegnerin gegen das Preisbindungsgesetz verstieß. Die Vergabekammer entschied, dass das Angebot der Antragstellerin zwingend vom Verfahren ausgeschlossen werden musste, da das Einräumen von Zahlungszielen mit dem Buchpreisbindungsgesetz nicht vereinbar ist. Die Antragstellerin hatte deshalb keine Aussicht auf den Zuschlag und somit kein Rechtsschutzbedürfnis für den Nachprüfungsantrag. Die Vergabekammer wies auch den Antrag der Antragsgegnerin auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags zurück, da das Interesse der Vergabestelle und der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens nicht das Interesse der Antragstellerin überwiegt. Die Antragsgegnerin muss die Kosten des Verfahrens tragen, ist jedoch von der Zahlung der Gebühren befreit. Für die Entscheidung der Vergabekammer werden Verfahrenskosten in Höhe von 3.300 Euro festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

VK Baden-Württemberg: Beschluss v. 22.07.2004, Az: 1 VK 49/04


Tenor

1. Der Nachprüfungsantrag wird als unzulässig zurückgewiesen.

2. Der Antrag der Antragsgegnerin auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags wird ebenfalls zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens bei der Vergabekammer sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung hat die Antragstellerin zu 3/5 und die Antragsgegnerin zu 2/5 zu tragen.

Die Antragsgegnerin ist jedoch von der Zahlung der bei der Vergabekammer entstandenen Gebühren befreit.

4. Ihre notwendigen Aufwendungen tragen die Antragstellerin und Antragsgegnerin jeweils selbst.

5. Für diese Entscheidung werden Verfahrenskosten in Höhe von 3.300,--€ festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin, die Stadt €, hat die Lieferung von preisgebundenen Schulbüchern für die Schuljahre 2004/2005 und 2005/2006 europaweit im offenen Verfahren ausgeschrieben. Der Auftrag war in vier Lose im Gesamtwert von ca. 2,7 Mio. € pro Schuljahr aufgeteilt. Der Zuschlag sollte auf das jeweils wirtschaftlich günstigste Angebot erfolgen, wobei insbesondere den Service betreffende Kriterien zugrunde gelegt wurden. Der Preis war im Hinblick auf das Buchpreisbindungsgesetz nicht als Vergabekriterium genannt worden.

Für den Fall des Vorliegens gleichwertiger Angebote war nach 2.2.25 der besonderen Vertragsbedingungen eine Vergabe mittels Losverfahren vorgesehen.

Die Antragstellerin gab für alle vier Lose ein Angebot ab.

Im Zusammenhang mit ihrem Preisangebot wies die Antragstellerin darauf hin, dass auch die Nachbestellungen zur Schulbuchsammelbestellung gehören und entsprechend rabattiert würden, wenn diese Nachbestellungen innerhalb von vier Wochen nach Schuljahresbeginn erfolgen würden. Bei Berufsschulen betrage diese Frist sechs Wochen. Außerdem wurde der Antragsgegnerin eine 30-tägige Rechnungsprüfungsfrist eingeräumt.

Mit am 25.6.2004 abgeschicktem Schreiben der Antragsgegnerin vom 24.6.2004 wurde die Antragstellerin davon informiert, dass ihr Angebot wegen eines Verstoßes gegen das Buchpreisbindungsgesetz nicht habe berücksichtigt werden können. Es seien unzulässige Rabatte eingeräumt worden.

Hierauf, mit Fax vom 28.6.2004 bat die Antragstellerin um Auskunft, worin der unzulässige Rabatt zu sehen sei. Im Rahmen eines Telefonats am 5.7.2004 erhielt sie dann die Auskunft, die Einräumung des Maximalrabatts bei der Nachbestellung von Berufsschulbüchern bis 6 Wochen nach Schuljahresbeginn verstoße gegen das Preisbindungsgesetz.

Dieses Telefonat nahm die Antragstellerin sogleich zum Anlass, um diesen Ausschluss als vergaberechtswidrig zu rügen. Mit Fax vom 6.7.2004 wiederholte sie ihre Rüge. Wegen der besonderen Verhältnisse bei den Berufsschulen, die endgültigen Klassenstärken stünden später als bei den allgemein bildenden Schulen fest, werde es allgemein als zulässig angesehen, Nachbestellungen innerhalb von sechs Wochen nach Schuljahresbeginn als zur Sammelbestellung gehörend anzusehen. Sie verwies auf den Kommentar zum Buchpreisbindungsgesetz von Dieter Wallenstein, die Auskunft des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und die allgemein übliche Ausschreibungspraxis der Kommunen, die dies verbindlich so fordern würden.

Da die Vergabestelle mit ihrem Schreiben vom 7.7.2004 zu erkennen gab, dass sie an ihrer Auffassung festzuhalten gedenkt, reichte die Antragstellerin noch am gleichen Tag einen Nachprüfungsantrag ein. Dieser wurde am 12.7.2004 zugestellt.

In diesem Antrag weist die Antragstellerin erneut darauf hin, dass die von ihr angebotene Rabattierung für Nachbestellungen von Berufsschulbüchern mit dem Preisbindungsgesetz in Einklang stehe. Sie wandte sich gegen den Ausschluss ihres Angebots.

Die Antragsgegnerin stellte hingegen den Antrag, den Antrag zurückzuweisen.

Nach der Begründung zum Entwurf des Buchpreisbindungsgesetzes seien Berufschulbücher in die Buchpreisbindung miteinbezogen worden. Soweit dort in der Begründung fortgeführt werde, dass Nachbestellungen noch als zur Schulbuchsammelbestellung gehörend angesehen werden könnten, wenn diese innerhalb von 4 Wochen nach Schuljahrsbeginn erfolgen würden, beziehe sich dies deshalb sowohl auf Schulbücher als auch Berufsschulbücher. Auch der Glossar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels differenziere nicht und gehe generell von vier Wochen aus. Eine anderweitige Praxis ändere nichts an dieser Rechtslage.

Der Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz wirke sich auf alle Lose aus, nicht nur das die Berufsschulbücher betreffende Los. Es sei von einer einheitlichen Ausschreibung von Schulbüchern auszugehen, aufgeteilt in vier Lose.

Die Antragstellerin vertritt hierzu die Ansicht, dass sich erst nach Inkrafttreten des Buchpreisbindungsgesetzes die Notwendigkeit einer Differenzierung bei der Nachbestellung von Büchern für allgemein bildende Schulen und Berufsschulen gezeigt habe. Im Übrigen betreffe der strittige Sachverhalt lediglich Los 4. Eine Trennung der Vergabe in einzelne Lose sei durchaus möglich und werde von der Antragsgegnerin so auch vorgenommen.

Mit weiterem Schriftsatz stellte die Antragsgegnerin den zusätzlichen Antrag, ihr gemäß § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB den Zuschlag zu gestatten. Es sei zu befürchten, dass ansonsten den Schulen die Schulbücher nicht mehr rechtzeitig zur Verfügung stünden.

Die Antragstellerin meint hingegen, dass die Voraussetzungen für eine vorzeitige Gestattung des Zuschlags nicht vorliegen würden. Die Beteiligten hätten einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt, so dass mit einer raschen Entscheidung gerechnet werden könne. Da der erste Schultag in Baden-Württemberg der 11.9.2004 sei und die Bücher nach den Ausschreibungsbedingungen innerhalb von zwei Wochen zu liefern seien, stünde noch genügend Zeit zur Verfügung. Außerdem seien bei der Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse und dem Unternehmensinteresse die Erfolgsaussichten zu berücksichtigen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass zumindest der Ausschluss bei Los 1 bis 3 nicht hätte erfolgen dürfen, da diese nicht die Berufsschulbücher betreffen würden.

Wegen des übrigen Vorbringens und wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Die Vergabeakten waren Gegenstand des Verfahrens.

Aufgrund der entsprechenden Zustimmung der Beteiligten konnte im schriftlichen Verfahren entschieden werden (§ 112 Abs. 1 Satz 2 GWB).

II.

1. Der Nachprüfungsantrag ist als unzulässig zurückzuweisen.

a) Gegenstand des Verfahrens ist zwar ein Liefervertrag, der der Vergabenachprüfung unterliegt (§ 99 Abs. 2 GWB, § 4 VgV) und für den die Vergabekammer örtlich zuständig ist (§ 104 Abs. 1 GWB in Verbindung mit § 1 VNPVO). Auch der Schwellenwert nach § 2 Nr. 3 VgV ist überschritten.

In nicht zu beanstandender Weise wurde von der Antragstellerin dargelegt, dass sie ein Interesse am Auftrag habe und dass ihr infolge Nichtbeachtens von Vergabevorschriften ein Schaden drohe (§ 107 Abs. 2 GWB).

Auch ihrer Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 GWB ist sie im Rahmen ihres Telefonats am 5.7.2004 bzw. ihres Schreibens vom 6.7.2004 nachgekommen. Allerdings ist dies nicht zweifelsfrei. Ein Vergabefehler ist nämlich, sobald der Bieter den Vergabefehler erkannt hat, unverzüglich zu rügen, das heißt innerhalb von 3 bis maximal 7 Tagen. Lediglich bei einer komplizierten Sach- und Rechtslage bei der Rechtsrat einzuholen unerlässlich ist, kann eine Frist bis zu 14 Tagen zugestanden werden (OLG Koblenz, NZBau 2000, 444). Da sich die Antragstellerin nach Überzeugung der Kammer sicher war, dass sie keinen unzulässigen Rabatt angeboten hatte, lässt sich durchaus argumentieren, dass sie bereits am 26.6.2004, mit Zugang des Absageschreibens, Kenntnis vom Vergabefehler hatte. Zugute zu halten ist ihr allerdings, dass ihr bis 5.7.2004 nicht bekannt war, worin genau die Antragsgegnerin den Rabattverstoß sah. Man wird deshalb die Rüge noch als unverzüglich ansehen können, wenngleich die Rügepflicht nicht erst dann entsteht, wenn der Bieter von einem völlig zweifelsfreien und in jeder Beziehung nachweisbaren Vergabefehler Kenntnis erlangt (OLG Düsseldorf vom 22.8.2000, Verg 9/00).

b) Der Nachprüfungsantrag ist allerdings mangels Antragsbefugnis unzulässig.

Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen nur dann antragsbefugt, wenn es darlegen kann und auch darlegt, dass ihm durch die behauptete Verletzung von Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Sinn und Zweck ist es zu verhindern, dass ein Bieter, der auch bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Vergabeverfahren keine Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebots und auf Erteilung des Zuschlags gehabt hätte, ein Nachprüfungsverfahren einleiten kann (OLG Düsseldorf vom 22.9.1999, Verg 2/99; BayObLG WuW 1999, 1037). § 107 Abs. 2 GWB normiert insoweit für das Vergabenachprüfungsverfahren das bei sämtlichen Rechtsschutzverfahren geltende Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses.

Zur Darlegung der Antragsbefugnis ist ein Sachvortrag erforderlich, aus dem sich schlüssig und nachvollziehbar ergibt, dass durch die einzelnen geltend gemachten Verstöße gegen Vergabevorschriften die Aussichten des Antragstellers auf den Zuschlag zumindest verschlechtert wurden. Ergibt sich aber, dass der Antragsteller, unterstellt das Verfahren wäre ohne die beanstandeten Fehler abgelaufen, keine Aussicht auf Berücksichtigung seines Angebots und auf Erteilung eines Zuschlags gehabt hätte, so fehlt es am Schaden oder drohenden Schaden.

Die Antragstellerin hatten im vorliegenden Verfahren keine Chance auf Berücksichtigung ihres Angebotes Dieses musste aus zwingenden Gründen ausgeschlossen werden.

Nach § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A ist der öffentliche Auftraggeber verpflichtet, wettbewerbsbeschränkende und unlautere Verhaltensweisen oder ungesunde Begleiterscheinungen im Wettbewerb zu bekämpfen. Die Bestimmung ist umfassend zu verstehen. Zu den unlauteren Verhaltensweisen, die kraft § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A zu bekämpfen sind, fallen auch Wettbewerbshandlungen, die nicht gegen UWG-Vorschriften, wohl aber gegen Vorschriften anderer Gesetze verstoßen. Der Auftraggeber darf keinen Zuschlag auf ein Angebot erteilen, das dem § 2 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A widerspricht (OLG Düsseldorf vom 17.6.2002, Verg 18/02).

Vorliegend hätte das Angebot wegen gegen das Preisbindungsgesetz verstoßenden Einräumens eines Zahlungsziels zwingend vom Verfahren ausgeschlossen werden müssen.

Das Einräumen von Zahlungszielen ist mit dem Buchpreisbindungsgesetz nicht vereinbar. Dies verbietet sich im Hinblick auf den Charakter fester Buchpreise als Barzahlungspreise (BGH, NJW 2003, 2025 ff). Dies stellt die Gewährung eines verbotenen Barzahlungsnachlasses dar.

Im Hinblick auf dieses Verbotes sind schon Klauseln bedenklich in denen die Bieter angeben, dass der Kaufpreis mit Erhalt der Rechnung/Lieferung der Ware fällig wird, im gleichen Zusammenhang aber darauf hinweisen, dass Verzug nach den gesetzlichen Regelungen erst eintrete, wenn nicht innerhalb von 30 Tagen nach Rechnungstellung eine Zahlung erfolge. Hier wird dem Auftraggeber suggeriert, dass er sich trotz Fälligkeit mit der Bezahlung 30 Tage Zeit lasse könne. Im Ergebnis wird ihm ein Zahlungsziel von 30 Tagen eingeräumt. Dies ist auch Sinn dieser Klausel im Wettbewerb der Schulbuchhändler untereinander. Sie wollen sich damit bei der Wertung einen Vorteil verschaffen, ansonsten wäre dieser Hinweis sinnlos.

Liegt schon bei dieser Formulierung die Annahme nahe, dass ein Zahlungsziel eingeräumt wird, ist das mit Sicherheit dann der Fall, wenn der Bieter, wie vorliegend die Antragstellerin, 30 Tage Rechnungsprüfungsfrist einräumt. Dies beinhaltet die klare Aussage, ein Zahlungsziel von mindestens 30 Tagen einräumen zu wollen. Dies stellt, wie oben ausgeführt, einen Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz dar, was zwingend den Ausschluss des Angebots zur Folge hat.

Die Antragstellerin hat deshalb keine Chance auf Zuschlagserteilung, auch wenn die von ihr geltend gemachten Vergabeverstöße sich als berechtigt erweisen würden. Der Antrag ist deshalb unzulässig.

2. Eines Eingehens auf die im Nachprüfungsverfahren streitige Frage, ob darin, dass die Antragstellerin angeboten hat, bei Nachbestellung von Berufsschulbüchern den Maximalrabatt auch dann einzuräumen, wenn die Nachbestellungen innerhalb der ersten sechs Wochen nach Schuljahresbeginn erfolgen, bedarf es deshalb nicht.

Damit ist auch nicht zu prüfen, sofern man dies tatsächlich als nicht mit dem Wortlaut und Sinn des § 7 Abs. 3 des Buchpreisbindungsgesetzes ansähe, ob auch der Ausschluss des Angebots zu den Losen 1 bis 3 gerechtfertigt ist auf die sich die Einräumung der 6-Wochen-Frist gerade nicht bezog.

3. Der Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags nach § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB ist zurückzuweisen.

Nach § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB kann die Vergabekammer der Vergabestelle auf ihren Antrag hin gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigter Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Die Erfolgsaussichten sind hierbei grundsätzlich mit in die Überlegungen einzubeziehen.

Bei der Abwägung ist zu beachten, dass der Gesetzgeber in § 97 Abs. 7 GWB einen subjektiven Anspruch des Bieters auf Einhaltung der Vergabevorschriften verankert hat. Die Gestattung des Zuschlags würde diesen Anspruch, das Vorliegen von Vergabefehlern unterstellt, endgültig zunichte machen. Dem Antragsteller bliebe nur die Möglichkeit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen. Gerade letzteres würde der Antragstellerin im vorliegenden Falle erhebliche Schwierigkeiten bereiten, da sie nicht nachweisen kann, dass sie im Rahmen eines Losverfahrens tatsächlich zum Zuge gekommen wäre.

Aus dem folgt, dass einem Antrag auf Gestattung des Zuschlags nur dann zu folgen ist, wenn das Interesse der Vergabestelle und der Allgemeinheit von besonderem Gewicht ist.

Ein derart gewichtiges Interesse vermag die Vergabekammer zumindest derzeit nicht zu erkennen.

Dem Antrag selbst mangelt es an einer näheren dem § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB gerecht werdenden Darstellung, weshalb zu befürchten ist, dass die Schulen nicht mehr rechtzeitig beliefert werden können.

Nach den der Vergabekammer vorliegenden Erkenntnissen aus anderen einschlägigen Nachprüfungsverfahren, ist eine termingerechte Auslieferung von Schulbüchern zum Schuljahresbeginn dann noch möglich, wenn eine Auftragserteilung drei Wochen vor Unterrichtsbeginn erfolgt. Nachdem der Unterricht erst am 13.9.2004 beginnt, besteht derzeit noch keine Notwendigkeit, den Zuschlag zu gestatten. Die Antragstellerin weist zur Recht darauf hin, dass die potentiellen Auftragnehmer sich nach den Verdingungsunterlagen verpflichten müssen, die Lieferung innerhalb von 2 Wochen nach Auftragserteilung durchzuführen. Hinzuweisen ist auch darauf, dass die Vergabestelle als letzten Termin für eine Zuschlagserteilung den 31.8.2004 festgelegt hat und damit wohl zum Ausdruck bringt, dass eine Auftragserteilung zu diesem Zeitpunkt für eine rechtzeitige Belieferung noch ausreichend ist. Auch wenn die in Kürze beginnenden Schulferien die Bestellabwicklung grundsätzlich erschweren, ist es der Antragsgegnerin zuzumuten, dem durch entsprechende organisatorische Maßnahmen entgegenzuwirken. Gegebenenfalls hat sich die Antragsgegnerin später im Rahmen eines eventuellen Beschwerdeverfahrens um einstweiligen Rechtschutz zu bemühen.

Nach alledem, auch wenn die Vergabekammer für die Antragstellerin in einem eventuellen Beschwerdeverfahren keine Erfolgsaussichten erkennen kann, überwiegt derzeit das öffentliche Interesse an einer Zuschlagserteilung nicht Interesse der Antragstellerin, dass diese unterbleibt.

Der Antrag auf Gestattung des Zuschlags nach § 115 Abs. 2 Satz 1 GWB ist abzulehnen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 128 Abs. 3 und 4 GWB.

Der Ansatz der Gebühr beruht auf § 128 Abs. 1 GWB, §§ 3, 9 und 14 VwKostG.

Dabei wurde berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin mit ihrem Antrag auf Gestattung des Zuschlags unterlegen ist.

Ausgehend vom Gebührenrahmen des § 128 Abs. 2 GWB, dem personellen und sachlichen Aufwand, vor allem aber unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung für die Beteiligten, insbesondere unter Berücksichtigung des begehrten Auftrags, erschien eine Gebühr in Höhe von 3.300,-- € als angemessen. Die Gebührenbefreiung für die Vergabestelle ergibt sich aus § 8 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG.






VK Baden-Württemberg:
Beschluss v. 22.07.2004
Az: 1 VK 49/04


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