Bundespatentgericht:
Beschluss vom 30. April 2002
Aktenzeichen: 17 W (pat) 20/01

(BPatG: Beschluss v. 30.04.2002, Az.: 17 W (pat) 20/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung geht es um eine Patentanmeldung für eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Erstellung eines Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug. Die Prüfungsstelle hat die Anmeldung zurückerwiesen, da der beanspruchte Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhen würde. Die Anmelderin legt Beschwerde ein und argumentiert, dass das beanspruchte System im Vergleich zum Stand der Technik eine geringere Datenmenge speichern und auswerten würde. Das Bundespatentgericht stellt fest, dass das bekannte System bereits ähnliche Funktionen aufweist und somit die beantragten Ansprüche nicht neu oder erfinderisch sind. Daher wird die Beschwerde zurückgewiesen und das beantragte Patent nicht gewährt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 30.04.2002, Az: 17 W (pat) 20/01


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die vorliegende Anmeldung ist am 24. August 1998 mit der Bezeichnung

"Vorrichtung und Verfahren zur Erstellung eines Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug"

beim Deutschen Patentamt eingereicht worden.

Die Prüfungsstelle für Klasse G07C hat die Patentanmeldung mit Beschluss vom 22. Dezember 2000 zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, dass der beanspruchte Gegenstand nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhe.

Gegen den genannten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Sie verfolgt ihr Patentbegehren nach Haupt- und Hilfsanträgen weiter.

Die Ansprüche 1 und 12 nach Hauptantrag lauten:

1. Vorrichtung zur Erzeugung und zur Auswertung eines personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug mit:

einer tragbaren Speichereinrichtung zum Speichern von personenbezogenen Daten und/oder von fahrtbezogenen Daten und von Fahrtdaten; undeiner im Kraftfahrzeug einbaubaren Fahrtdaten-Bereitstellungseinrichtung, die mit einer GPS-Vorrichtung verbunden ist, welche die Fahrtdaten über den geographischen Verlauf der Fahrt in Form von geographischen Koordinaten und optionellerweise auch die relative Zeitdauer ermittelt, zum - Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung;

- Automatischen Bereitstellen der Fahrtdaten über das Datum, die Zeitdauer und den geographischen Verlauf der Fahrt;

- Speichern mindestens eines Teils der bereitgestellten Fahrtdaten auf der tragbaren Speichereinrichtung;

- und einer vorzugsweise außerhalb des Fahrzeugs in einem Personalcomputer vorsehbare Auswerteeinrichtung zum - Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung;

- Auslesen und Auswerten der gespeicherten Daten, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufenthaltsorte und die räumliche Erstreckung der Fahrt anhand der gespeicherten geographischen Koordinaten aus einer Datenbank (380) und einer Erstreckungstabelle aus einer Datenbank ermittelbar sind.

12. Verfahren zur Erzeugung und zur Auswertung eines personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug mit den Schritten:

- Bereitstellen einer tragbaren Speichereinrichtung zum Speichern von personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen Daten und von Fahrtdaten;

- Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung an eine im Kraftfahrzeug eingebaute Fahrtdaten-Bereitstellungseinrichtung;

- Bereitstellen der Fahrtdaten über das Datum, die Zeitdauer und den geographischen Verlauf der Fahrt;

- Speichern mindestens eines Teils der ermittelten Fahrtdaten auf der tragbaren Speichereinrichtung;

- Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung an eine vorzugsweise außerhalb des Fahrzeugs in einem Personalcomputer vorsehbaren Auswerteeinrichtung;

- Auslesen der gespeicherten Fahrtdaten, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufenthaltsorte anhand der gespeicherten geographischen Koordinaten aus einer Datenbank ermittelt werden, dass die erfassten geographischen Koordinaten zu einem Ortsnamen und optionellerweise zu einer Postleitzahl zugeordnet werden und dass die gefahrene Wegstrecke durch Zugriff auf eine Erstreckungstabelle in einer Datenbank aus den ermittelten Aufenthaltsorten ermittelt wird.

Die Ansprüche 1 und 6 gemäß "Hilfsantrag" lauten:

1. Verfahren zur Erzeugung und zur Auswertung eines personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug mit den Schritten:

- Bereitstellen einer tragbaren Speichereinrichtung zum Speichern von personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen Daten und von Fahrtdaten;

- Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung an eine im Kraftfahrzeug eingebaute Fahrtdaten-Bereitstellungseinrichtung;

- Bereitstellen der Fahrtdaten über das Datum, die Zeitdauer und den geographischen Verlauf der Fahrt;

- Speichern mindestens eines Teils der ermittelten Fahrtdaten auf der tragbaren Speichereinrichtung;

- Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung an eine vorzugsweise außerhalb des Fahrzeugs in einem Personalcomputer vorsehbaren Auswerteeinrichtung;

- Auslesen der gespeicherten Fahrtdaten, dadurch gekennzeichnet, dass die Aufenthaltsorte anhand der gespeicherten geographischen Koordinaten aus einer Datenbank ermittelt werden, dass die erfassten geographischen Koordinaten zu einem Ortsnamen und optionellerweise zu einer Postleitzahl zugeordnet werden und dass die gefahrene Wegstrecke durch Zugriff auf eine Erstreckungstabelle in einer Datenbank aus den ermittelten Aufenthaltsorten ermittelt wird.

6. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche.

Die Ansprüche 1 und 6 gemäß Hilfsantrag 2 lauten:

1. Verfahren zur Erzeugung und zur Auswertung eines personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug mit den Schritten:

- Bereitstellen einer tragbaren Speichereinrichtung zum Speichern von personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen Daten und von Fahrtdaten;

- Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung an eine im Kraftfahrzeug eingebaute Fahrtdaten-Bereitstellungseinrichtung;

- Bereitstellen der Fahrtdaten über das Datum, die Zeitdauer und den geographischen Verlauf der Fahrt;

- Speichern mindestens eines Teils der ermittelten Fahrtdaten auf der tragbaren Speichereinrichtung, wobei ein Aufenthaltsort erst dann auf der tragbaren Speichereinrichtung gespeichert wird, wenn das Kraftfahrzeug seinen Zielort erreicht hat;

- Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung an eine vorzugsweise außerhalb des Fahrzeugs in einem Personalcomputer vorsehbaren Auswerteeinrichtung;

- Auslesen der gespeicherten Fahrtdaten, wobei die Aufenthaltsorte anhand der gespeicherten geographischen Koordinaten aus einer Datenbank ermittelt werden, wobei die erfassten geographischen Koordinaten zu einem Ortsnamen und optionellerweise zu einer Postleitzahl zugeordnet werden und wobei die gefahrene Wegstrecke durch Zugriff auf eine Erstreckungstabelle in einer Datenbank aus den ermittelten Aufenthaltsorten ermittelt wird.

6. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden Ansprüche.

Bezüglich der jeweiligen Unteransprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Zur Begründung der Beschwerde trägt die Anmelderin vor, dass aus der von der Prüfungsstelle als nächstkommender Stand der Technik bezeichneten Druckschrift FR 2 710 170 A1 (D1) ein Führungssystem für Fahrzeuge bekannt sei, bei dem im jeweils zu überwachenden Fahrzeug die GPS-Daten fortlaufend gespeichert würden und bei dem für die Bestimmung von zurückgelegten Wegstrecken dieses Fahrzeugs die entsprechenden Wegabschnitte aufzusummieren seien. Diese Vorgehensweise verlange die Speicherung und Auswertung großer Datenmengen. Hingegen sei beim beanspruchten Gegenstand nach Haupt- und "Hilfsantrag" die zu speichernde Datenmenge wesentlich geringer, da anhand entsprechender Datenbanken zu den jeweils gespeicherten geographischen Koordinaten des Kraftfahrzeuges die Aufenthaltsorte und die räumliche Erstreckung der Fahrt auf einfache, durch D1 und durch den weiteren im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht nahegelegte Weise zu ermitteln seien.

Bei dem Verfahren nach Hilfsantrag 2 sei der Auswertungsaufwand ganz besonders gering, da nur der Zielort abgespeichert werde. Auch hierzu gebe der von der Prüfungsstelle herangezogene Stand der Technik keine Anregung.

Die Anmelderin stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 12, hilfsweise Patentansprüche 1 bis 6 gemäß "Hilfsantrag" (nachfolgend als Hilfsantrag 1 bezeichnet), beide Anspruchsfassungen eingereicht am 17. Februar 2001, weiter hilfsweise Patentansprüche 1 bis 6 gemäß "Hilfsantrag 2", überreicht in der mündlichen Verhandlung am 30. April 2002, Beschreibung Seiten 1, 3 bis 13 vom Anmeldetag, Seiten 2, 2a, eingegangen am 17. Februar 2001, 1 Bl. Zeichnungen mit Fig.1 bis 3 vom Anmeldetag.

II.

Die in rechter Frist und Form eingelegte Beschwerde ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg, da der beanspruchte Gegenstand weder nach dem Hauptantrag noch nach den Hilfsanträgen patentfähig ist, § 1 Abs. 1 iVm §§ 3, 4 PatG.

1. Hauptantrag Die Anmeldung bezieht sich auf eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Erstellung eines Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug. Die diesbezügliche Zielsetzung wird darin gesehen, dass die beanspruchte Vorrichtung und das beanspruchte Verfahren eine einfache externe Registriermöglichkeit bieten, ohne einen größeren Eingriff eines Benutzers selbst zu erfordern.

Dieses Ziel soll gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag mit einer Vorrichtung erreicht werden, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

"Vorrichtung zur Erzeugung und zur Auswertung eines personenbezogenen und/ oder fahrzeugbezogenen Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug mit:

a) einer tragbaren Speichereinrichtung zum Speichern von personenbezogenen Daten und/oder von fahrtbezogenen Daten und von Fahrtdaten; undb) einer im Kraftfahrzeug einbaubaren Fahrtdaten-Bereitstellungseinrichtung, die mit einer GPS-Vorrichtung verbunden ist, welche die Fahrtdaten über den geographischen Verlauf der Fahrt in Form von geographischen Koordinaten und optional auch die relative Zeitdauer ermittelt, zumb1) - Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung;

b2) - Automatischen Bereitstellen der Fahrtdaten über das Datum, die Zeitdauer und den geographischen Verlauf der Fahrt;

b3) - Speichern mindestens eines Teils der bereitgestellten Fahrtdaten auf der tragbaren Speichereinrichtung;

c) und einer vorzugsweise außerhalb des Fahrzeugs in einem Personalcomputer vorsehbare Auswerteeinrichtung zumc1) - Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung;

c2) - Auslesen und Auswerten der gespeicherten Daten, dadurch gekennzeichnet, d) dass die Aufenthaltsorte und die räumliche Erstreckung der Fahrt anhand der gespeicherten geographischen Koordinaten aus einer Datenbank (380) und einer Erstreckungstabelle aus einer Datenbank ermittelbar sind."

Der ebenfalls eine Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe vermittelnde, nebengeordnete Verfahrensanspruch 12 nach Hauptantrag weist - mit hinzugefügter Gliederung - folgende Merkmale auf:

"Verfahren zur Erzeugung und zur Auswertung eines personenbezogenen und/ oder fahrzeugbezogenen Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug mit den Schritten:

1) Bereitstellen einer tragbaren Speichereinrichtung zum Speichern von personenbezogenen Daten und/oder von fahrzeugbezogenen Daten und von Fahrtdaten;

2) Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung an eine im Kraftfahrzeug eingebaute Fahrtdaten-Bereitstellungseinrichtung;

3) Bereitstellen der Fahrtdaten über das Datum, die Zeitdauer und den geographischen Verlauf der Fahrt;

4) Speichern mindestens eines Teils der bereitgestellten Fahrtdaten auf der tragbaren Speichereinrichtung;

5) Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung an eine vorzugsweise außerhalb des Fahrzeugs in einem Personalcomputer vorsehbaren Auswerteeinrichtung;

6) Auslesen und Auswerten der gespeicherten Fahrtdaten, dadurch gekennzeichnet, 7) dass die Aufenthaltsorte und die räumliche Erstreckung der Fahrt anhand der gespeicherten geographischen Koordinaten aus einer Datenbank ermittelt werden, 8) dass die erfassten geographischen Koordinaten zu einem Ortsnamen und optional zu einer Postleitzahl zugeordnet werden 9) und dass die gefahrene Wegstrecke durch Zugriff auf eine Erstreckungstabelle in einer Datenbank aus den ermittelten Aufenthaltsorten ermittelt wird."

Im Verfahren befinden sich neben der bereits erwähnten Druckschrift 1) FR 2 710 170 A1 noch die Druckschriften 2) DE 44 29 852 A1 3) WO 95 / 13 594 A1 4) DE 41 23 666 A1.

D1 offenbart eine Vorrichtung zur Erzeugung und zur Auswertung eines personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen (S.1, Z.17-22 und 28-32; S.4, Z.12-15) Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug mit folgenden Merkmalen:

a) einer tragbaren Speichereinrichtung 4 zum Speichern von personenbezogenen Daten oder von fahrtbezogenen und von Fahrtdaten (S.4, Z.12-15; S.9, Z.9 und Anspruch 5; Fig.1, 2); undb) einer im Kraftfahrzeug einbaubaren Fahrtdaten-Bereitstellungseinrichtung 2, die mit einer GPS-Vorrichtung verbunden ist, welche die Fahrtdaten über den geographischen Verlauf der Fahrt in Form von geographischen Koordinaten ermittelt (S.3, Z.31 bis S.4, Z.2; S.9, Z.2-8), zumb1) - Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung 4 (S.4, Z.8-11);

b2) - Automatischen Bereitstellen der Fahrtdaten über das Datum, die Zeitdauer und den geographischen Verlauf der Fahrt (S.5, Z.32 bis S.6, Z.26);

b3) - Speichern mindestens eines Teils der bereitgestellten Fahrtdaten auf der tragbaren Speichereinrichtung 4 (S.4, Z.8-11 und 24-27; S.6, Z.17-26);

c) und einer vorzugsweise außerhalb des Fahrzeugs in einem Personalcomputer vorsehbare Auswerteeinrichtung 6 zumc1) - Anschließen der tragbaren Speichereinrichtung 4;

c2) - Auslesen und Auswerten der gespeicherten Daten (S.4, Z.24-30; Fig.3).

Insoweit zeigt D1 zunächst eine Vorrichtung mit den Merkmalen a) bis c2) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag mit Ausnahme der nur fakultativ in Merkmal b) enthaltenen Ermittlung der relativen Zeitdauer.

Die in die Speichereinrichtung 4 eingeschriebenen, jeweilige Standorte des Kraftfahrzeuges wiedergebende Lokalisierungsdaten (geographische Koordinaten) werden in der zentralen Auswerteeinrichtung 6 auf unterschiedliche Weise verarbeitet. Zu dieser Auswerteeinrichtung gehört ein Speicher, in welchem sich auf dem Bildschirm 8 darstellbare kartographische Daten für jenen Bereich befinden, in dem sich die zu überwachenden Fahrzeuge bewegen können. In diese Bildschirmdarstellung werden dann die von der tragbaren Speichereinrichtung 4 kommenden Lokalisierungsdaten des jeweiligen Fahrzeuges zusätzlich aufgenommen (S.9, Anspruch 2). Auf dem Bildschirm ergibt sich hierbei eine Darstellung der Orte, an denen Lokalisierungsdaten gespeichert wurden, gemäß Fig. 4 (vergl. zusätzlich S.4, Z.31 bis S.5, Z.4).

Zur Aufgabe der zentralen Auswerteeinrichtung 6 gehört weiterhin die Bestimmung der Entfernung/en zwischen zwei oder mehreren solcher Orte, d.h. die Bestimmung der räumlichen Erstreckung der Fahrt (S.7, Z.17, 18 und 28, 29). Dieses setzt die Existenz einer entsprechenden Tabelle voraus, mit deren Hilfe die entsprechenden Entfernungen zu den auf der tragbaren Speichereinrichtung 4 gespeicherten Lokalisierungsdaten ermittelbar sind. Somit sind auch die Maßnahmen nach Merkmal d) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag weitgehend aus D1 bekannt. Aus dieser Druckschrift geht lediglich nicht wörtlich hervor, dass es sich bei den Orten, an denen mit Hilfe der GPS-Vorrichtung die jeweiligen Lokalisierungsdaten genommen werden, um "Aufenthaltsorte" handelt. Es wird allerdings in D1 auf S.1, Z.17-22 darauf hingewiesen, dass mit dem in dieser Druckschrift beschriebenen System auch genaue, für den Nachweis erfolgter Lieferungen geeignete Daten gewonnen werden. Die Durchführung von Lieferungen setzt den Aufenthalt des liefernden Fahrzeuges am Lieferort voraus. Dort bestimmte Lokalisierungsdaten beziehen sich somit auf "Aufenthaltsorte" gemäß Merkmal d) des Anspruchs 1 nach Hauptantrag. Die Bestimmung von Lokalisierungsdaten auch von Aufenthaltsorten liest der Fachmann - ein FH-Ingenieur der Fachrichtung Mechatronik mit mehrjähriger Berufserfahrung in der elektronischen Fahrtenbuchtechnik - in D1 sozusagen mit (vgl. BGH GRUR 1995, 330 "Elektrische Steckverbindung"). Außerdem gehört, wie bereits erwähnt, die in Merkmal b) enthaltene Ermittlung der relativen Zeitdauer nicht zwingend zur Lehre des Anspruchs 1 nach Hauptantrag.

Folglich fehlt der Vorrichtung nach Anspruch 1 des Hauptantrags aus den aufgezeigten Gründen gegenüber D1 die Neuheit; dieser Anspruch ist demnach nicht gewährbar.

Der anmelderseitig vorgetragenen Ansicht, bei dem Führungssystem für Kraftfahrzeuge nach D1 erfolge stets eine fortlaufende, getaktete Speicherung der GPS-Lokalisierungsdaten und aus diesen Daten würden die zu bestimmenden Entfernungen durch entsprechende Aufsummierungen gebildet, vermag der Senat nicht zu folgen. Bei dem bekannten System nach D1, wie es mit seinen wesentlichen Komponenten im dortigen Anspruch 1 dargestellt ist, bleibt die Bestimmungshäufigkeit prinzipiell offen; sie wird allerdings mittelbar durch die Kapazität der für die Speicherung u.a. der Lokalisierungsdaten vorgesehenen Speicherkarte 4 beschränkt. Aus der bereits zitierten, die Möglichkeiten der zentralen Auswerteeinrichtung 6 beschreibenden Textstelle S.7, Z.17 ff. geht hervor, dass auch der Streckenverlauf oder die Entfernung zwischen zwei Fahrzeuglokalisierungen ausgebbar ist. Eine derartige Streckenverlaufs- oder Entfernungsbestimmung zwischen zwei solcher Lokalisierungen macht nur Sinn, wenn die erste Lokalisierung dem Startpunkt und die zweite dem Endpunkt einer Fahrt(Teil-)Strecke zugeordnet ist.

Bei dem im nebengeordneten Anspruch 12 nach Hauptantrag enthaltene Verfahren zur Erzeugung und zur Auswertung eines personenbezogenen und/oder fahrzeugbezogenen Fahrtenbuchs für ein Kraftfahrzeug ist kein Verfahrensschritt enthalten, der sich auf die Aufnahme der von der GPS-Vorrichtung kommenden Daten durch die Fahrtdaten-Bereitstellungseinrichtung bezieht (Merkmal b im Anspruch 1).

Im übrigen enthält der Anspruch 12 nach Hauptantrag in seiner technischen Aussage gegenüber dem Anspruch 1 nach Hauptantrag folgende Änderungen bzw. Ergänzungen:

- Im Merkmal 1 wird anstelle von "fahrtbezogenen" - Merkmal a) von Anspruch 1 - von "fahrzeugbezogenen" Daten gesprochen.

- Nach Merkmal 8 werden die erfassten "geographischen Koordinaten" - Merkmal d) von Anspruch 1 - einem Ortsnamen zugeordnet (die Zuordnung zu einer Postleitzahl ist fakultativ und bleibt somit außer Betracht).

- Nach Merkmal 9 wird die gefahrene Wegstrecke (= räumliche Erstreckung der Fahrt gemäß Merkmal d von Anspruch 1) durch Zugriff auf eine Erstrekkungstabelle in einer Datenbank aus den (entsprechend Merkmal 7) ermittelten Aufenthaltsorten ermittelt.

Die aufgezeigten Unterschiede geben dem beanspruchten Verfahren gegenüber dem System nach Druckschrift 1 keine erfinderische Qualität. Nach dieser Druckschrift können nämlich auf der tragbaren Speichereinrichtung 4 auch fahrzeugbezogene Daten gespeichert werden (Fig. 6; S.9, Ansprüche 1 und 5). Somit ist Merkmal 1 auch beim Gegenstand der Druckschrift 1 vorhanden.

Der Verfahrensschritt gemäß Merkmal 8 bedeutet, dass die geographischen Koordinaten nur an mit Namen versehenen Orten und damit in beschränktem Umfang erfasst werden. Eine solche Beschränkung wird der Fachmann selbstverständlich dann vornehmen, wenn der geforderte Dokumentierungsumfang für das Fahrtenbuch dieses zulässt. Eine erfinderische Leistung ist hierfür nicht erforderlich. Dasselbe gilt für die nach Merkmal 9 vorgesehene Bestimmung der Wegstrecke über eine entsprechende Erstreckungstabelle aus den ermittelten, mit Namen versehenen Aufenthaltsorten, da auch hierdurch Wegstrecken nur mehr in beschränktem Umfang bestimmt werden können.

Demnach ist auch Anspruch 12 nach Hauptantrag nicht gewährbar, da das diesbezügliche Verfahren nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht.

2. Hilfsantrag 1 Die gegen die Patentierbarkeit des Anspruch 12 gemäß Hauptantrag genannten Gründe gelten gegen den gleichlautenden Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 in identischer Weise; folglich ist auch der letztgenannte Anspruch mangels Erfindungshöhe seines Gegenstandes nicht gewährbar.

Dasselbe gilt für den nebengeordneten Anspruch 6, da sich dieser vom Anspruch 1 lediglich in nicht patentbegründender Weise hinsichtlich der Kategorie unterscheidet.

3. Hilfsantrag 2 Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet sich von den Fassungen nach Anspruch 12 gemäß Hauptantrag bzw. Anspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 durch die nachfolgende unterstrichene Ergänzung im Merkmal 4:

"4) Speichern mindestens eines Teils der bereitgestellten Fahrtdaten auf der tragbaren Speichereinrichtung, wobei ein Aufenthaltsort erst dann auf der tragbaren Speichereinrichtung gespeichert wird, wenn das Kraftfahrzeug seinen Zielort erreicht hat".

Mit dieser Ergänzung ergibt sich eine weitere Reduzierung der aufzuzeichnenden geographischen Koordinaten. Wie vergleichbar bereits in Verbindung mit dem Merkmal 8 des Anspruchs 12 nach Hauptantrag bzw. des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 1 ausgeführt, wird der Fachmann eine derartige Reduzierung ins Auge fassen, wenn der geforderte Dokumentierungsumfang für das Fahrtenbuch dieses erlaubt. Überdurchschnittliches Handeln ist in diesem Zusammenhang vom Fachmann nicht gefordert.

Demnach beruht auch der Gegenstand des Anspruchs 1 nach Hilfsantrag 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Dasselbe gilt für den Anspruch 6 nach Hilfsantrag 2, da dieser keine patentierungstragende Ergänzung aufweist, sondern sich nur hinsichtlich der Kategorie vom Anspruch 1 nach Hilfsantrag 2 unterscheidet.

Demzufolge sind auch die Ansprüche 1 und 6 nach Hilfsantrag 2 nicht gewährbar.

4. Nach Wegfall der Ansprüche 1 nach dem Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen 1 und 2 sind auch die zugehörigen Unteransprüche nicht gewährbar.

Grimm Dr. Schmitt Dr. Greis Schuster Fa






BPatG:
Beschluss v. 30.04.2002
Az: 17 W (pat) 20/01


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