Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 20. Juli 2005
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 42/04

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 20.07.2005, Az.: VI-U (Kart) 42/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 20. Juli 2005 entschieden, dass die Klage der Klägerin gegen die Beklagten abgewiesen wird. Die Klägerin wollte erreichen, dass in dem Telekommunikationsverzeichnis "D.T." auch für ihren eigenen Telefonauskunftsdienst geworben wird. Die Beklagten haben dies jedoch abgelehnt.

Das Gericht hat die Klage abgewiesen, da das Verhalten der Beklagten nicht gegen das Kartellrecht verstößt. Es wurde festgestellt, dass die Beklagten gegenüber allen konkurrierenden Telefonauskunftsanbietern die Werbeanzeige in dem Verzeichnis ablehnen. Daher liegt keine Diskriminierung vor. Zudem handelt es sich bei dem Verhalten der Beklagten nicht um eine unbillige Wettbewerbsbehinderung der Klägerin.

Das Gericht hat auch entschieden, dass die Beklagten nicht gegen das Telekommunikationsgesetz verstoßen. Die Regelung, die die Klägerin zur Unterstützung ihres Klagebegehrens angeführt hat, gilt nicht für die Umschlag- und Informationsseiten des Verzeichnisses.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Berufung der Klägerin daher zurückgewiesen und die Kosten des Verfahrens der Klägerin auferlegt. Die Entscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Eine Revision wurde nicht zugelassen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Düsseldorf: Urteil v. 20.07.2005, Az: VI-U (Kart) 42/04


Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das am 29. September 2004 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düssel-dorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Hö-he leistet.

III. Die Beschwer der Klägerin und der Streitwert für das Berufungs-verfahren werden auf jeweils 500.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin und die Beklagte zu 1. stehen auf dem Gebiet der Erbringung fernmündlicher Telefonauskunftsdienste miteinander in Wettbewerb.

Die Beklagte zu 2. ist ein 100 %iges Tochterunternehmen der Beklagten zu 1. Durch Geschäftsbesorgungsvertrag hat die Beklagte zu 1. - um ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus §§ 78 Abs. 2 Nr. 2, 104 TKG nachzukommen - die Beklagte zu 2. damit beauftragt, bundesweit das jährlich in insgesamt 125 Regionalausgaben erscheinende Telekommunikationsverzeichnis "D. T." zu verlegen und zu vertreiben. Die Beklagte zu 2. wird dabei in Kooperation mit insgesamt 39 regionalen T.-Partnerverlagen tätig, mit denen sie jeweils in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts verbunden ist.

"D. T." enthält auf der vorderen Umschlagseite sowie den anschließenden ersten Buchseiten den Abdruck der Notrufnummern sowie der Telefonnummern wichtiger Beratungsdienste. Außerdem wird auf jenen Seiten auf Produkte der Beklagten zu 1. hingewiesen. Unter der Rubrik "Rund ums Telefonieren" erfolgt auf der vorderen Umschlagseite zudem ein Hinweis auf die Rufnummer der von der Beklagten zu 1. betriebenen Telefonauskunft. Das Begehren der Klägerin, auf der Umschlagseite oder den nachfolgenden Informationsseiten in gleicher Weise auch für ihren eigenen Telefonauskunftsdienst werben zu dürfen, haben die Beklagten zurückgewiesen. Die Klägerin hält diese Weigerung für kartellrechtswidrig. Mit ihrer Klage begehrt sie die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, in der beschriebenen Art und Weise in dem Verzeichnis "D. T." für die Telefonauskunft der Beklagten zu 1. zu werben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat sowohl eine Diskriminierung (§ 20 Abs. 1 2. Alt. GWB) als auch eine unbillige Behinderung der Klägerin im Wettbewerb (§§ 19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1, 20 Abs. 1 1. Alt GWB) verneint und im Wesentlichen darauf abgestellt, dass der Klägerin in ausreichendem Maße andere Werbemittel zur Verfügung stünden, um in adäquater Weise auf ihre Auskunftsdienst aufmerksam zu machen.

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, auf der ersten Umschlagseite (Titelseite) und den nachfolgenden "Informationsseiten" der insgesamt 125 Regionalausgaben des Printprodukts "D. T." die von der Beklagten zu 1. betriebene Inlands-Telefonauskunft "1..." zu bewerben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt dem Berufungsvorbringen im Einzelnen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Die Klägerin kann von den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt verlangen, dass auf der Umschlagseite oder den ersten Informationsseiten des Verzeichnisses "D. T." die fernmündliche Telefonauskunft der Beklagten zu 1. nicht exklusiv beworben wird.

A. Das mit der Klage beanstandete Verhalten der Beklagten verstößt nicht gegen nationales Kartellrecht. Dabei kann es auf sich beruhen, ob - wie die Klägerin geltend macht - der relevante Markt in sachlicher Hinsicht auf den Abdruck von Werbeanzeigen "auf dem" T. begrenzt werden kann und ob die Beklagten auf jenem Markt über eine marktbeherrschende Stellung (§ 19 Abs. 2 Satz 1 GWB) verfügen. Selbst wenn die Beklagten Normadressaten des kartellrechtlichen Behinderungs- und Diskriminierungsverbots sein sollten, scheidet eine Verurteilung aus.

1. Eine Diskriminierung (§ 20 Abs. 1 2. Alt. GWB) zum Nachteil der Klägerin findet nicht statt. Die Beklagten lehnen gegenüber allen mit der Beklagten zu 1. konkurierenden Telefonauskunftsanbietern gleichermaßen ab, deren Werbeanzeige auf der Umschlagseite oder den ersten Informationsseiten des Verzeichnisses "D. T." abzudrucken. Auf die Tatsache, dass werbend immerhin auf den fernmündlichen Telefonauskunftsdienst der Beklagten zu 1. hingewiesen wird, kann die Klägerin den Vorwurf der Diskriminierung nicht stützen. Insoweit handelt es sich nämlich nicht um eine Fremd-, sondern ausschließlich um eine Eigenwerbung der Beklagten zu 1. Dabei ist es ohne Belang, dass das Telekommunikationsverzeichnis nicht von der Beklagten zu 1., sondern von der Beklagten zu 2. und ihren Partnerverlagen verlegt und herausgegeben wird. Denn diese werden ausschließlich im Auftrag der Beklagten zu 1. tätig.

2. Das streitbefangene Verhalten der Beklagten bewirkt oder bezweckt ebenso wenig eine sachlich nicht gerechtfertigte, unbillige Wettbewerbsbehinderung der Klägerin (§§ 19 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 1. Alt. GWB). Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Weigerung der Beklagten, auch die Werbeanzeigen konkurrierender Auskunftsdiensteanbieter zu veröffentlichen, sachlich gerechtfertigt ist.

Es ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass es auch einem marktbeherrschenden Unternehmen nicht verwehrt ist, die Art seiner wirtschaftlichen Betätigung selbst zu bestimmen und den Absatz seiner Erzeugnisse nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er es für wirtschaftlich richtig und vernünftig hält (BGH, WuW/E BGH 2953, 2964 - Gasdurchleitung; WuW/E BGH 2535, 2539/2540 - Lüsterbehangsteine). Darüber hinaus besteht der allgemeine Grundsatz, dass kein Wettbewerber verpflichtet ist, einen Konkurrenten zum eigenen Schaden zu fördern (BGH, WuW/E DE-R 1251, 1253/1254 - Galopprennübertragung; WuW/E BGH 2953, 2964 - Gasdurchleitung; WuW/E BGH 2755, 2759 - Aktionsbeiträge). Dementsprechend können auch einem Marktbeherrscher nicht solche Maßnahmen abverlangt werden, die für ihn mit der unmittelbaren Gefahr eines Kundenverlustes an den begünstigten Wettbewerber verbunden sind (vgl. BGH, WuW/E BGH 2953, 2964 - Gasdurchleitung). Nach diesen Rechtsgrundsätzen ist die Beklagte zu 1. im Entscheidungsfall nicht daran gehindert, im Informationsteil des T. unter Ausschluss sämtlicher Wettbewerber exklusiv für ihre Telefonauskunft werben zu lassen. Die Veröffentlichung von Werbeanzeigen konkurrierender Auskunftsdiensteanbieter wäre für die Beklagte zu 1. mit dem direkten Risiko verbunden, Kunden ihrer Telefonauskunft an die Klägerin zu verlieren. Zu einem solchen eigenschädigenden Verhalten ist - wie dargelegt - auch ein marktbeherrschendes Unternehmen nicht verpflichtet. Aus diesem Grund dürfen die Beklagte zu 1. - und dementsprechend auch die von ihr mit der Herausgabe des T. beauftragte Beklagte zu 2. - den Abdruck von Werbeanzeigen konkurrierender Telefonauskunftsdienste verweigern.

B. Die Klägerin kann sich zur Rechtfertigung ihres Klagebegehrens auch nicht auf § 78 Abs. 3 TKG stützen. Nach der genannten Vorschrift haben Unternehmen, die - wie die Beklagte zu 1. - Universaldienstleistungen im Sinne von § 78 Abs. 2 Nr. 2 TKG (Herausgabe eines jährlich zu aktualisierenden öffentlichen Teilnehmerverzeichnisses) erbringen, bei der Verarbeitung der ihnen von anderen Unternehmen bereitgestellten Informationen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung zu beachten. Es kann dahin stehen, ob - was die Beklagte bezweifelt - die zitierte Bestimmung dem Individualrechtsschutz dient, so dass ihre Missachtung über § 44 Abs. 1 TKG an sich zu einem Unterlassungsanspruch des betroffenen Unternehmens führen kann. Im Streitfall scheitert ein Klageerfolg jedenfalls deshalb, weil das streitgegenständliche Verhalten der Beklagten schon nicht dem Diskriminierungsverbot des § 78 Abs. 3 TKG unterfällt. Wie die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in ihrem - als Anlage BB 3 vorgelegten - Beschluss vom 2. Februar 2005 (Umdruck Seite 14 f.) zutreffend entschieden und im Einzelnen begründet hat, gehören die Umschlagseite und die ersten Informationsseiten des T. nicht zum "Teilnehmerverzeichnis" im Sinne von § 78 Abs. 2 Nr. 2 TKG. Es handelt sich vielmehr um Werbe- und allgemeine Informationsflächen außerhalb des eigentlichen öffentlichen Teilnehmerverzeichnisses. Auf sie findet das Gebot der Nichtdiskriminierung des § 78 Abs. 3 TKG schon keine Anwendung.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Der Senat hat den Streitfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Judikatur entschieden.

Dr. M.






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