Landgericht Nürnberg-Fürth:
Beschluss vom 11. Oktober 2010
Aktenzeichen: 8 O 1965/08

(LG Nürnberg-Fürth: Beschluss v. 11.10.2010, Az.: 8 O 1965/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat in dem Beschluss vom 11. Oktober 2010 (Aktenzeichen 8 O 1965/08) den Antrag des Klägers auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Landgericht wegen Besorgnis der Befangenheit zurückgewiesen. Gemäß § 42 Abs. 2 ZPO besteht eine Besorgnis der Befangenheit, wenn objektive Gründe vorliegen, die die Sorge wecken könnten, dass der Richter nicht unvoreingenommen und unparteiisch ist. Ausschlaggebend ist, ob ein Prozessbeteiligter Grund hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.

Im vorliegenden Fall stützt der Kläger die Ablehnung auf die Frage des abgelehnten Richters, wessen Interessen der Klägervertreter wahrnehme – die des Klägers oder die der behandelnden Klinik, deren Honorarforderung in Streit steht. Diese Frage allein ist jedoch nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Der abgelehnte Richter hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass der Klägervertreter bereits zuvor die Interessen der Klinik vor Gericht vertreten hat. Dieser Hinweis wurde in einem anderen Verfahren des Landgerichts Nürnberg-Fürth bestätigt. Es ist fraglich, inwieweit diese Vertretung eine Interessenkollision des Klägervertreters impliziert. Jedoch kann eine Frage des Vorsitzenden in diese Richtung durchaus einen sachlichen Grund haben. Das vom Vorsitzenden angesprochene Vertretungsverhältnis könnte Auswirkungen auf das zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten bestehende Auftragsverhältnis haben. Ein Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot des Rechtsanwalts, wonach dieser keine widerstreitenden Interessen vertreten darf, ist möglich. Dennoch dürften vorgenommene Prozesshandlungen nicht unwirksam sein.

Insgesamt war die Frage des Vorsitzenden nicht ausreichend, um die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Nürnberg-Fürth: Beschluss v. 11.10.2010, Az: 8 O 1965/08


Tenor

Der Antrag des Klägers vom 18.08.2010 auf Ablehnung des Vorsitzenden Richters am Landgericht H wegen Besorgnis der Befangenheit wird zurückgewiesen.

Gründe

Das zulässige Ablehnungsgesuch ist unbegründet.

1.Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 42 Abs. 2 ZPO besteht dann, wenn objektive Gründe vorliegen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken könnten, der betreffende Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (BGH BGHReport 2006, 1437). Entscheidend ist, ob ein Prozessbeteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit eines Richters zu zweifeln (BVerfG, NJW 1993, 2230; BGH, NJW-RR 2003, 281 und WM 2003, 847).

2.Hier stützt der Kläger die Ablehnung darauf, dass der abgelehnte Richter den Klägervertreter danach fragte, wessen Interessen er wahrnehme - die des Klägers oder die der behandelnden Klinik, deren Honorarforderung (mittelbar) in Streit steht. Diese Frage ist jedenfalls im konkreten Fall nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit aufkommen zu lassen.

4Der abgelehnte Richter hat in seiner dienstlichen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass der Klägervertreter amtsbekannt bereits auch schon die Interessen der behandelnden Klinik vor Gericht vertreten habe. Dieser Hinweis des abgelehnten Richters findet sich in dem Verfahren des LG Nürnberg-Fürth Az. 8 O xxx/09 bestätigt: Dort ist der Klägervertreter Dr. W als Prozessbevollmächtigter der streitverkündeten Klinik aufgetreten (s. Anlage). Inwieweit diese Vertretung eine Interessenkollision des Klägervertreters impliziert, braucht hier nicht gewürdigt oder gar entschieden zu werden. Sicher ist es aber so, dass bei einer solchen Konstellation eine in diese Richtung zielende Frage des Vorsitzenden nicht ohne sachlichen Grund erfolgte. Das vom abgelehnten Vorsitzenden angesprochene Vertretungsverhältnis könnte zumindest Auswirkungen auf das der Prozessbevollmächtigung zugrunde liegende Auftragsverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten haben (§ 134 BGB). Dies deshalb, da ein Verstoß des Prozessbevollmächtigten gegen das Tätigkeitsverbot nach § 43a Abs. 4 BRAO, wonach der Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten darf, zumindest denkbar ist (vgl. OLG Karlsruhe NJW 2001, 3197; OLG Brandenburg MDR 2003, 1024; LG Karlsruhe Urteil vom 31.01.2007, Az. 3 O 465/06 - juris TZ. 27), auch wenn gleichwohl vorgenommene Prozesshandlungen nicht unwirksam sein dürften (vgl. OLG Brandenburg MDR 2003, 1024; OLG Hamm NJW 1992, 1174 je m.w.N.).

Die Frage des Vorsitzenden war damit nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.






LG Nürnberg-Fürth:
Beschluss v. 11.10.2010
Az: 8 O 1965/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/6128dfe3df22/LG-Nuernberg-Fuerth_Beschluss_vom_11-Oktober-2010_Az_8-O-1965-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share