Bundespatentgericht:
Beschluss vom 25. September 2002
Aktenzeichen: 28 W (pat) 36/02

(BPatG: Beschluss v. 25.09.2002, Az.: 28 W (pat) 36/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die vorliegende Entscheidung des Bundespatentgerichts betrifft die Zurückweisung einer Beschwerde gegen die Ablehnung der Eintragung einer Marke. Konkret handelt es sich um die Bezeichnung "Die ganze Welt des Hörens", die für verschiedene Waren und Dienstleistungen im Zusammenhang mit Hörgeräten und Hörhilfen angemeldet wurde. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Die Markenstelle vertritt die Auffassung, dass das Zeichen lediglich eine Sachaussage darstellt und vom Verkehr auch so verstanden wird. Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass die Marke differente Interpretationsmöglichkeiten bietet und somit schutzfähig ist. Der Senat des Bundespatentgerichts hat die Beschwerde jedoch zurückgewiesen und festgestellt, dass das Zeichen keine Unterscheidungskraft besitzt. Die Verkehrskreise würden in der Verwendung der Bezeichnung lediglich einen Sachhinweis erkennen und nicht als Kennzeichnung des Herstellers. Die angemeldete Marke sei somit nicht geeignet, die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da die Marke aufgrund fehlender Unterscheidungskraft nicht schutzfähig ist, konnte offenbleiben, ob weitere Schutzhindernisse vorliegen. Die Beschwerde wurde daher abgelehnt und die Eintragung der Marke nicht vorgenommen. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde nicht beantragt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 25.09.2002, Az: 28 W (pat) 36/02


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Die ganze Welt des Hörensist für die folgenden Waren und Dienstleistungen Reinigungs- und Pflegemittel;

Anwendungs- und Anpaßsoftware für Hörgeräte und Hörhilfen.

Hörgeräte, Hörhilfen, Zubehör für Hörgeräte und Hörhilfen, nämlich Funkempfänger, Hifizubehör für Hörgeräte und Hörhilfen, nämlich Kopfhörer, Infrarotempfänger, Batterien;

Organisation und Management des Verkaufs von Hörgeräten und Hörhilfen;

Dienstleistungen eines Audiotechnikers auf dem Gebiet der Hörgeräte und Hörhilfen, insbesondere Durchführen von Tests und technische Anpassung von Hörgeräten und Hörhilfenals Marke zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen, denn das Zeichen sei nur eine Sachaussage dahingehend, dass umfangreiche Waren und Dienstleistungen zum Thema "Hören" angeboten würden. In dieser Bedeutung werde es auch von den angesprochenen Verkehrskreisen verstanden.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, den vorstehend genannten Beschluss aufzuheben und die Marke in das Register einzutragen.

Die Marke sei in ihrem Aussagegehalt diffus und unscharf, denn das Wort "Welt" könne ganz unterschiedlich verstanden werden, so zB geologisch (Planet), Reisebezogen (rund um die Welt), technisch (Computerwelt), als Hinweis auf die Lebensweise (die Welt der Tiere) usw. Damit könne die gewünschte Marke "die geheimnisvolle Welt des Gehörsystems" oder aber auch "die Ton- und Klangwelten" umschreiben. Diese Interpretationsmöglichkeiten - die der Verkehr auch erkenne - begründeten die Schutzfähigkeit der Wortfolge. Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.

Mit der Vertreterin der Anmelderin wurden Fundstellen in Büchern, Zeitschriften und einer Recherche im Internet erörtert. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Senats steht der Eintragung der Bezeichnung "Die ganze Welt des Hörens" für sämtliche mit der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen.

Unterscheidungskraft ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke - die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten - die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st Rspr BGH GRUR 2001, 1150 - LOOK; BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22 - Bravo). Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22, 29 - Bravo). Grundsätzlich ist von einem großzügigen Maßstab auszugehen und es bedarf insbesondere auch keiner eigentümlichen oder originellen Zeichenbildung oder eines Phantasieüberschusses, um Unterscheidungskraft zu begründen (vgl BGH WRP 2000, 741, 742 - LOGO; EuG GRUR Int. 2001, 756, 759 Tz 39 - EASYBANK - zu Art 7 Abs 1 Buchst b und c GMV).

Eine solche Unterscheidungskraft ist der angemeldeten Bezeichnung jedoch abzusprechen, denn die angesprochenen Verkehrskreise werden in der Verwendung der Bezeichnung "Die ganze Welt des Hörens" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen ausschließlich einen Sachhinweis sehen. Wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt und belegt hat, ist der Sinngehalt der Marke ohne weiteres verständlich. Wenn der Verbraucher - hier also der Hörgeschädigte, der sich für Hörhilfen, Hörgeräte und alle im Zusammenhang damit stehenden Produkte und Dienstleistungen interessiert - das angemeldete Zeichen auf Waren und auf der Anpreisung von Dienstleistungen sieht, so denkt er vor dem ihm geläufigen Hintergrund werblicher Praxis nicht daran, dass es sich dabei um eine Marke, also einen Hinweis auf den Hersteller, handeln könnte. Wortfolgen, die mit "Die Welt des..." sind nämlich auf nahezu allen Waren- / und Dienstleistungsgebieten anzutreffen und besagen nur, dass ein umfassendes, aktuelles Angebot vorliegt. So fanden sich bei einer Nachschau in der gerichtsinternen Dokumentation Slogans wie "die ganze Welt der Fahrräder" (Anzeige eines Fahrradmarktes in der Süddeutschen Zeitung vom 3.5.2000), "Die Welt der Ferienhausbesitzer" (Artikel der Firma Feridance in der Süddeutschen Zeitung vom 3.4.2001), "die Welt von Betty Barclay" (Anzeige in der Zeitschrift Elle 3/99), "die Welt der Bücher" (Anzeige der Fa Hugendubel in der Süddeutschen Zeitung vom 31.7.2000) usw. Was das beanspruchte Waren- und Dienstleistungsgebiet betrifft ergab eine Recherche im Internet - unter Verwendung der Suchmaschine Google - mehrere Artikel über Hörschäden, die entweder das gesamte Zeichen oder maßgebliche Teile davon als Überschrift oder im Fließtext führten, so zB "Entscheidung für die Welt des Hören" (Hinweis einer Selbsthilfegruppe auf ein Produkt der Fa Cochlear Implantat), Überschrift "Die Welt des Hörens" (Homepage von hoerforum. de, Bericht über die Lebensqualität, die gutes Hören bringt), "Eine ganz neue Welt des Hören" (Fa Adapto bei der Beschreibung eines Hörgeräts mit Spracherkennung), "Lassen Sie sich von und durch die Welt des Hörens begleiten" (Anzeige der Fa Das Hörstudio Andreas Wolter), sowie ein Hinweis auf eine Messe in Brüssel, die "Welt des Hörens" heißt. Dieses Ergebnis belegt, was sich schon bei natürlicher Betrachtung der angemeldeten Wortfolge ergibt. Sieht der (hörgeschädigte) Verbraucher diese Wortfolge auf Waren und Dienstleistungsangeboten, so denkt er nicht an eine Kennzeichnung des Herstellers, sondern vielmehr an die Anpreisung von mannigfachen Produkten und Dienstleistungen, die bestimmt und geeignet sind ihm die Welt des Hörens zu erschließen. Das Wörtchen "ganze" ändert hieran nichts, denn es verstärkt nur den beschreibenden Aussagegehalt. Irgendein darüber hinausgehender Inhalt, der es erlauben würden zur Produktidentifikation zu dienen, wird sich dem durchschnittlichen Betrachter nicht erschließen. Die angemeldete Marke ist daher entgegen der Ansicht der Anmelderin nicht mit dem vom Bundesgerichtshof beurteilten Slogan "Partner with the Best" (GRUR 2000, 323) zu vergleichen. Da der Verkehr beim Antreffen von Zeichen und Slogans auf Waren und Dienstleistungen in aller Regel keine Wortanalyse anstellt und den Sinn einer blassen, häufig anzutreffenden Aussage nicht hinterfragt, wird er auch keine (fast philosophischen) Überlegungen anstellen, was unter "Welt" alles verstanden werden kann. Er nimmt den Slogan so hin wie er ist, nämlich als werbeübliche und auch beschreibende Aussage über die Art, Vielzahl und Zweckbestimmung der angebotenen Produkte. Der Gedanke, dass damit Waren und Dienstleistungen identifiziert werden könnten, liegt dem Verbraucherwegen wegen des unmittelbar thematischen Bezugs fern (BGH, MarkenR 2001, 363,365 "REICH UND SCHOEN"; MarkenR 2001, 368, 370 "Gute Zeiten - Schlechte Zeiten").

Die angemeldete Marke ist daher nicht geeignet, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen der Anmelderin gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden.

Da das angemeldete Zeichen wegen des Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht schutzfähig ist, kann dahingestellt bleiben, ob das angemeldete Zeichen zusätzlich wegen des weiteren absoluten Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht eingetragen werden kann.

Nach alledem war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den dafür notwendigen Voraussetzungen, denn es war hier ausschließlich über Tatsachenfeststellungen zu entscheiden (§ 83 Abs 2 MarkenG).

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BPatG:
Beschluss v. 25.09.2002
Az: 28 W (pat) 36/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/5da29bb68564/BPatG_Beschluss_vom_25-September-2002_Az_28-W-pat-36-02




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