Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 21. März 2013
Aktenzeichen: AnwZ (Brfg) 53/12

(BGH: Beschluss v. 21.03.2013, Az.: AnwZ (Brfg) 53/12)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 21. März 2013 (Aktenzeichen AnwZ (Brfg) 53/12) den Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 10. Juli 2012 abgelehnt. Der Kläger muss die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen. Der Wert des Zulassungsverfahrens wurde auf 50.000 € festgesetzt.

In dem Rechtsstreit geht es um den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft durch die Beklagte wegen Vermögensverfalls. Die Klage gegen diesen Widerrufsbescheid war erfolglos. Nun beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

Das Gericht erklärt, dass der Antrag des Klägers nach den relevanten Rechtsvorschriften statthaft und auch im Übrigen zulässig ist. Jedoch bestehen nach Ansicht des Gerichts keine ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Ein Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. In diesem Fall konnte der Kläger jedoch keine solche Infragestellung vorbringen.

Das Gericht erläutert weiter, dass nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO die Zulassung zur Anwaltschaft widerrufen werden kann, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete finanzielle Verhältnisse geraten ist, aus denen er sich nicht absehen kann und seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann. Im vorliegenden Fall war der Kläger zum Zeitpunkt des Widerrufsbescheids im Schuldnerverzeichnis eingetragen und das Finanzamt vollstreckte gegen ihn. Der Kläger behauptet zwar, über umfangreiches Vermögen zu verfügen, konnte dies jedoch nicht nachweisen. Daher bleibt die Vermutung des Vermögensverfalls bestehen.

Des Weiteren hat der Kläger keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen könnte. Das Gericht stellt fest, dass der Anwaltsgerichtshof nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen hat und dass die Ablehnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ebenfalls keinen Verfahrensfehler darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf den entsprechenden Rechtsvorschriften und die Streitwertfestsetzung ebenfalls. Diese Entscheidung des Bundesgerichtshofs bestätigt somit das Urteil des Anwaltsgerichtshofs und weist den Antrag auf Zulassung der Berufung ab.

Vorinstanz: AGH Celle, Entscheidung vom 10.07.2012 - AGH 35/11 - 13.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 21.03.2013, Az: AnwZ (Brfg) 53/12


Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs vom 10. Juli 2012 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Verfügung vom 20. September 2011 widerrief die Beklagte die Zulassung wegen Vermögensverfalls. Die Klage gegen diesen Bescheid ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs.

II.

Der Antrag des Klägers ist nach § 112e Satz 2 BRAO, § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 3; BVerfGE 110, 77, 83; BVerfG, NVwZ 2000, 1163, 1164; NVwZ-RR 2008, 1; NJW 2009, 3642; vgl. ferner BVerwG, NVwZ-RR 2004, 542, 543; Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 112e BRAO Rn. 77).

a) Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Anwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (BGH, Beschlüsse vom 16. April 2007 - AnwZ (B) 6/06, ZVI 2007, 619 Rn. 5; vom 29. Juni 2011 - AnwZ (Brfg) 11/10, BGHZ 190, 187 Rn. 4). Ein Vermögensverfall wird vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts eröffnet oder der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis eingetragen ist (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO). 2 b) Nach den Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs war der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids im Schuldnerverzeichnis eingetragen; außerdem betrieb das Finanzamt die Zwangsvollstreckung gegen ihn. Der Kläger zieht die Richtigkeit dieser Feststellungen nicht in Zweifel, behauptet jedoch, über umfangreiches Vermögen - ein Depot im Wert von 27.927,93 €, einen PKW BMW 520d, vier Eigentumswohnungen - zu verfügen. Damit ist die Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 Halbsatz 2 BRAO jedoch nicht widerlegt. Die im Hinweisbeschluss des Anwaltsgerichtshofs vom 19. März 2012 angeforderte Vermögensaufstellung per 20. September 2011 hat der Kläger im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof nicht beigebracht und legt er auch jetzt nicht vor.

2. Der Kläger hat keinen Verfahrensfehler dargelegt, auf dem die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs beruhen kann (§ 112e Satz 2 BRAO, § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Der Anwaltsgerichtshof hat nicht gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen.

aa) Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, 5 deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (BVerwG, NJW 1997, 3328; Schmidt-Räntsch in Gaier/Wolf/Göcken, Anwaltliches Berufsrecht, § 112e Rn. 82).

bb) Diesen Voraussetzungen genügt der Zulassungsantrag nicht. Überdies ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 19. März 2012 zu seinen Steuerschulden angehört worden. Ihm ist mit Beschluss vom selben Tage aufgegeben worden, die Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 nebst Anlagen zu den Akten zu reichen. Diese Auflage hat er entgegen seiner Ankündigung im Termin nicht erfüllt. Da der Kläger auch den übrigen Auflagen nicht nachgekommen ist, insbesondere die verlangte Vermögensaufstellung per 20. September 2011 nicht vorgelegt hat, lässt sich schließlich auch die Erheblichkeit der Tatsachen, welche der Anwaltsgerichtshof nach Ansicht des Klägers hätte ermitteln sollen, nicht beurteilen.

b) Die Ablehnung der Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 112c Abs. 1 BRAO, § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO) stellt ebenfalls keinen Verfahrensfehler dar.

aa) Der Kläger hat sein Ausbleiben im Fortsetzungstermin am 11. Juni 2012 nicht hinreichend entschuldigt. Er hatte sich infolge eines Staus auf der Autobahn A 2 verspätet, hätte nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Anwaltsgerichtshofs den Gerichtsort C. aber über Nebenstrecken rechtzeitig erreichen können, wenn er nicht in seine Kanzlei zurückgekehrt und dort geblieben wäre; dass der Termin noch nicht stattgefunden hatte, war ihm von der Vertreterin der Beklagten mitgeteilt worden.

bb) Anlass zur Einräumung einer weiteren Frist zur Einreichung der mit Beschluss vom 19. März 2012 angeforderten Unterlagen bestand nicht, nachdem der Kläger die ihm dort eingeräumte Frist ohne Angabe von Gründen nicht eingehalten hatte. Dass er einige - nicht alle - Belege im Termin am 11. Juni 2012 habe überreichen wollen, hat der Kläger erstmals in der Begründung des Zulassungsantrags behauptet; in seinem Vertagungsantrag vom Tag der Verhandlung hat er insoweit um Einräumung einer Nachfrist gebeten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 BRAO.

Tolksdorf Lohmann Fetzer Frey Martini Vorinstanz:

AGH Celle, Entscheidung vom 10.07.2012 - AGH 35/11 - 13






BGH:
Beschluss v. 21.03.2013
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