Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. März 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 233/00

(BPatG: Beschluss v. 12.03.2001, Az.: 30 W (pat) 233/00)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 12. März 2001 die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung abgewiesen. Bei der angemeldeten Wortmarke "DVBox" handelt es sich um eine unmittelbar beschreibende Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder Bestimmung der Waren oder Dienstleistungen dienen kann. Das Gericht führt aus, dass "DV" sowohl für "Datenverarbeitung" als auch für "Digital Video" im Bereich der Videotechnik steht. Der Bestandteil "Box" hat die Bedeutungen "Kiste, Schachtel, Kassette" sowie Gehäuse für elektrotechnische oder elektronische Geräte. Die angemeldete Bezeichnung "DVBox" beschreibt somit ein Gerät zum Empfang, zur Bearbeitung und zur Weitergabe von Videodaten in digitalisierter Form sowie die dazu gehörende Software und Baugruppen. Da die Marke somit einen eindeutigen Sinngehalt verkörpert und auch von Mitbewerbern beschreibend verwendet wird, ist sie nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen. Die Beschwerde wurde daher abgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 12.03.2001, Az: 30 W (pat) 233/00


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist als Wortmarke DVBoxals Kennzeichnung für die Waren und Dienstleistungen

"Elektrische Apparate und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte und Datenverarbeitungsprogramme zur Aufzeichnung, Verarbeitung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Datenverarbeitungsgeräte, Computer, Baugruppen für Computer und Computersoftware, soweit in Klasse 9 enthalten; Geräte und Bauelemente zur Verschlüsselung und/oder Entschlüsselung von Ton- und Bildinformationen; Geräte und Bauelemente zur Komprimierung und/oder Dekomprimierung von Ton- und Bildinformationen; Satellitenempfänger, Software für die Verarbeitung von Ton- und Bilddaten; Fernseh- und Radiogeräte; Set-Top-Boxen; Videokonferenzsysteme; Halbleiterbauelemente; Geräte zum Senden, Speichern, Übertragen und Empfangen von Daten;

Telekommunikation;

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung und von Baugruppen, insbesondere Entwicklung und Spezifikation von Algorithmen, integrierten Schaltungen und/oder elektronische Baugruppen für die Daten-, Audio- und Videoverarbeitung".

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat durch Beschluss eines Beamten des höheren Dienstes die Anmeldung wegen eines Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Begründend ist ausgeführt, "DV" stelle im Bereich der Videotechnik die Abkürzung für "Digital Video" dar. Bei dem Wort "box" handle es sich um ein geläufiges und inzwischen eingedeutschtes Wort des englischen Grundwortschatzes, das für "Kasten, Kassette" stehe. Zwar sei die Anmeldemarke als solche lexikalisch nicht nachweisbar und es seien möglicherweise auch andere Bedeutungen für "DV" und "Box" zu finden, da jedoch neben der Anmelderin auch andere Anbieter den Begriff "DV-Box" beschreibend verwenden, wie die Verwendungsbeispiele ergäben, liege im Ergebnis eine beschreibende Angabe vor.

Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben. Sie hält die angemeldete Marke für schutzfähig. In den Verwendungsbeispielen zeige sich keine beschreibende, sondern eine markenmäßige Verwendung des Begriffs. Zudem sei die Bezeichnung "DV" nicht eindeutig, da sie auch für Datenverarbeitung stehe.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 24. Oktober 2000 aufzuheben.

Ergänzend wird auf das schriftsätzliche Vorbringen und den Inhalt des patentamtlichen Beschlusses sowie die der Anmelderin übermittelten Verwendungsbeispiele Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache ohne Erfolg. Die angemeldete Wortmarke ist nach den Vorschriften des Markengesetzes von der Eintragung ausgeschlossen. Sie erschöpft sich in einer beschreibenden und daher freihaltungsbedürftigen Angabe, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG.

Gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung unter anderem der Art, der Beschaffenheit oder Bestimmung der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die angemeldete Bezeichnung DVBox ist in ihrer Gesamtheit im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine unmittelbar beschreibende Angabe und muss daher den Mitbewerbern zum freien Gebrauch erhalten bleiben.

Das angemeldete Zeichen setzt sich, abgesehen von der Zusammenschreibung, in sprachüblicher Weise ohne Besonderheit aus den beiden Bestandteilen "DV" und "Box" zusammen. Beide Einzelbegriffe werden dabei entsprechend ihrem Sinngehalt verwendet und bilden auch in der Gesamtheit keinen neuen, über die bloße Kombination hinausgehenden Begriff.

Die Bezeichnung "DV" ist zwar einerseits die Abkürzung für "Datenverarbeitung", gleichzeitig aber auch im hier maßgeblichen Bereich der Videotechnik die Abkürzung für "Digital Video" in allen Formen (vgl Monaco, Film und neue Medien, Lexikon der Fachbegriffe, S 51; Linke/Winkler, M & T Computer-Lexikon 2001, S 234; Microsoft Press, Computer Fachlexikon, Ausgabe 2000, S 231 zu DV-I, DVI). Insoweit sind auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen abzustellen (vgl BGH, GRUR 1994, 730 VALUE) durch die sich ebenso wie bei gewöhnlichen Wörtern mit Doppelsinn auch bei mehrdeutigen Abkürzungen deren Bedeutung konkretisieren kann. Das ist hier der Fall. Der Begriff "DV" ist zwischenzeitlich in der deutschen Sprache in diesem Zusammenhang als Bezeichnung eines bestimmten Aufzeichnungsverfahrens für Videodaten allgemein geläufig, wie auch die Verwendungsnachweise zeigen.

Dem der englischen Sprache entstammenden Bestandteil "Box" kommt einerseits die Bedeutung von "Kiste, Schachtel, Kassette, Fach" (vgl Langenscheidts Handwörterbuch Englisch, S 94) zu, andererseits werden damit aber auch Gehäuse für elektrotechnische oder elektronische Geräte bezeichnet (vgl Eichborn, Die Sprache unserer Zeit, Englisch-Deutsch, Bd I, 1990, S 190: Radiogerät, Fernsehgerät). "Box" hat aber auch direkt Eingang in die deutsche Sprache gefunden, wie die Bezeichnungen "Lautsprecherbox" oder "Musikbox", neben den, von der Anmelderin im Warenverzeichnis genannten "Set-Top-Boxen" zeigen, die in Kabelfernsehsystemen zur Aufbereitung der Videosignale notwendige (vgl Microsoft Press, Computer Lexikon, aaO, S 638) und im zahlungspflichtigen Privatfernsehen zur Entschlüsselung notwendige Geräte bezeichnen. Im Bereich der Telekommunikation wiederum wird unter "Mailbox" ein Speicher verstanden, in dem Nachrichten, Dokumente oder sonstige Informationen hinterlegt werden können (vgl Hans Herbert Schulze, Computerenzyklopädie, Bd 6, S 2617). "Box" bildet daher eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG (vgl HABM, R0229/00-1 - POWERBOX, PAVIS PROMA CD-ROM).

Unter der angemeldeten Bezeichnung DVBox ist somit auf der Hardwareseite ein Gerät zum Empfang, zum Bearbeiten und zur Weitergabe von Videodaten in digitalisierter Form zu verstehen. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen ergibt sich die sinnvolle und zur Beschreibung geeignete Sachaussage, dass es sich um Geräte und die dazu gehörende Software handelt, die nach Art, Beschaffenheit und Bestimmung im Bereich der Be- und Verarbeitung von in digitaler Form vorliegenden Videosignalen eingesetzt werden können (vgl Althammer/Ströbele, aaO, Rdnr 142). Das deckt sich mit den übermittelten Verwendungsnachweisen, in denen derartige Geräte beschrieben sind. So wird etwa von der G... mbH und von dem "DV-Box Team" der Begriff "DV-Box" be schreibend und nicht markenmäßig verwendet. Unerheblich ist dabei die dortige Schreibweise mit Bindestrich im Gegensatz zum zusammengeschriebenen Anmeldezeichen, weil diese Abweichung nichts am beschreibenden Charakter ändert und ebenso wie im Widerspruchsverfahren (vgl Althammer/Ströbele, aaO, § 9 Rdn 186) auch für die Schutzfähigkeit in der Regel keine Bedeutung hat.

Abgesehen davon ist darauf abzustellen, dass es bei der Prüfung eines Freihaltebedürfnisses nur auf die Frage ankommt, ob das angemeldete Zeichen im Zusammenhang mit der konkreten Ware oder Dienstleistung einen eindeutigen Sinngehalt verkörpert. Nur wenn dies nicht der Fall wäre, wäre das angemeldete Zeichen ob dieser unbestimmten Aussagekraft nicht zur Beschreibung geeignet (vgl BGH GRUR 1995, 269 - U-KEY; BlPMZ 1997, 360 - à la Carte). So verhält es sich hier aber nicht.

Im Bereich der beantragten Dienstleistungen liegt, soweit die Erstellung von Software und die Entwicklung von Baugruppen betroffen sind, ebenfalls eine beschreibende Angabe vor, da zum Betrieb derartiger Geräte eine Softwareausstattung unabdingbar notwendig ist, beispielsweise zur Komprimierung der Videodateien bei der Aufzeichnung (vgl Microsoft Press Computer Lexikon aaO, S 751). Insofern kann hier die Hardwarekomponente nicht ohne die zu ihrem Betrieb notwendige Software gesehen werden, zumal gerade im Bereich der digitalen Bildbearbeitung die Übergänge zwischen Hard- und Software fließend sind und es im wesentlichen nur von der Prozessorleistung abhängt, ob eine Hardware- oder eine Softwarelösung bevorzugt wird. Hinsichtlich der Erstellung von Baugruppen und integrierten Schaltungen für die Daten-, Audio- und Videobearbeitung folgt der beschreibende Charakter aus dem Bestimmungszweck der beantragten Dienstleistungen.

Auch soweit die Dienstleistung Telekommunikation in der Anmeldung aufgeführt wird, liegt eine beschreibende Sachaussage im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vor, da die Telekommunikation als Sammelbegriff die Datenübermittlung schlechthin beschreibt und damit als Oberbegriff für das Senden, Übertragen und Empfangen von Daten steht (vgl Brockhaus, Naturwissenschaften und Technik, 1989, Band 5, S 110).

Schließlich kommt es für die Frage eines Freihaltebedürfnisses vor allem auf die Belange der Mitbewerber der Anmelderin an. Deren Interesse an der freien Verwendbarkeit des Zeichenwortes entfällt erst, wenn davon auszugehen wäre, dass die angemeldete Bezeichnung für das angesprochene Publikum völlig unverständlich ist und bleiben wird und nicht bereits dann, wenn ein gewisser, weniger sachkundige Teil des Publikums das Zeichen nicht oder nicht richtig übersetzt (vgl Althammer/Ströbele, aaO, Rdnr 69).

Die Marke ist damit wegen eines Freihaltebedürfnisses von der Eintragung ausgeschlossen. Die Beschwerde ist daher ohne Erfolg.

Dr. Buchetmann Schwarz-Angele Voit Hu






BPatG:
Beschluss v. 12.03.2001
Az: 30 W (pat) 233/00


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/50992e7c1bab/BPatG_Beschluss_vom_12-Maerz-2001_Az_30-W-pat-233-00




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