Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Mai 2001
Aktenzeichen: 7 W (pat) 13/99

Tenor

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Patentanmeldung ist am 22. August 1992 unter Inanspruchnahme der Priorität einer Voranmeldung in Japan vom 3. September 1991 (Aktenzeichen P 253 024/91) beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Die Prüfungsstelle für Klasse F 22 B des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Patentanmeldung durch Beschluß vom 21. Oktober 1998 zurückgewiesen, weil die mit Prüfungsbescheid vom 2. Mai 1997 mitgeteilten formalen Bedenken gegen eine Patenterteilung nicht ausgeräumt worden sind.

Gegen diesen Beschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie hat am 27. April 2001 überarbeitete neue Unterlagen sowie in der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2001 neue Patentansprüche 1 und 2 und eine neue Seite 2 der Beschreibung eingereicht.

Die Patentansprüche 1 und 2 lauten:

"1. Verfahren zur Nutzung der Abhitze eines Abgaserzeugers in einem Abhitzekessel - mit einer Befeuerung der Abgase mittels eines zugeführten Brennstoffes, dadurch gekennzeichnet,

- daß der Abgasstrom durch einen Abhitzekessel in der Bauweise eines kompakten Wasserrohrkessels mit einer Rohrbündelbrennkammer gemäß der DE 39 30 037 C2 hindurchgeleitet wird - und daß die Zufuhr des Brennstoffes für die Abgas-Befeuerung und/oder eine Zufuhr von Luft und Brennstoff für eine normale Verbrennung gleichzeitig oder unabhängig voneinander direkt in die Rohrbündelbrennkammer erfolgt.

2. Abhitzekessel zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,

- daß der Abhitzekessel in der Bauweise eines kompakten Wasserrohrkessels mit einer Rohrbündelbrennkammer gemäß der DE 39 30 037 C2 ausgebildet ist,

- daß ein Brenner direkt im Abgas-Eingang zur Brennkammer positioniert ist derart, daß die Brennerflamme die Rohrbündel in der Brennkammer beaufschlagt,

- und daß dem Brenner gleichzeitig oder unabhängig voneinander Brennstoff für eine Abgas-Befeuerung und/oder Luft und Brennstoff für eine normale Verbrennung zuführbar ist."

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent zu erteilenmit den Patentansprüchen 1 und 2 und Beschreibung Seite 2, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2001, Beschreibung Seiten 1, 3 bis 6 und 1 Blatt Zeichnungen, Figuren 1 - 3, jeweils eingegangen am 27. April 2001 (Hauptantrag), hilfsweise nur mit Patentanspruch 2 vom 2. Mai 2001, im übrigen gemäß Hauptantrag.

Zur Begründung ihrer Beschwerde trägt die Anmelderin im wesentlichen vor, daß der Kern der Anmeldung darin liege, die - in den Anmeldungsunterlagen erläuterten - gewünschten drei Betriebszustände bei einem Abhitzekessel in kompakter Bauweise zu verwirklichen. Dieser erfinderische Kern werde durch den nachgewiesenen Stand der Technik nicht nahegelegt. So sei der Kessel nach der deutschen Offenlegungsschrift 38 42 325 ein Mehrzugkessel, was schon gegen eine kompakte Bauweise spreche. Außerdem seien dort die beiden Baueinheiten Brenner und Wärmetauscher hintereinandergeschaltet und so angeordnet, daß die Heizfläche nicht beflammt werde, wodurch sich ebenfalls eine größere Bauweise ergebe. Der aus der japanischen Offenlegungsschrift 2-272 207 (entsprechend der deutschen Patentschrift 39 30 037) bekannte Wasserrohrkessel werde ausschließlich als Heizkessel verwendet. Heizung und Abgaswärmerückgewinnung seien jedoch verschiedenartige Techniken.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.

II Die Beschwerde ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Die Patentanmeldung betrifft ein Verfahren und einen Abhitzekessel zur Nutzung der Abhitze eines vorgeschalteten Abgaserzeugers.

Nach den Ausführungen der Anmelderin in der Beschreibungseinleitung (S 2 Abs 3 bis S 3 Abs 3) besteht bei einer bekannten derartigen Wärme-Stromerzeugungsanlage mit Abgas-Befeuerung, wie sie in Figur 2 dargestellt ist, der Nachteil, daß der dort angeordnete Rohrbrenner wegen des geringen Sauerstoffanteils im Abgas relativ groß ausgelegt sein muß. Weil sich dementsprechend auch die Brennerflamme, die innerhalb des nachfolgenden Rohrleitungsstücks vollständig ausgebrannt sein muß, über eine längere Strecke erstreckt, resultiert hieraus ein erheblicher Raumbedarf für die Anordnung und Auslegung des Rohrbrenners und des Rohrleitungsstücks. Nach weiteren Angaben in der Beschreibungseinleitung (S 4 Abs 2) ergeben sich für den Betrieb derartiger Anlagen insgesamt drei Forderungen, nämlich zum einen der Betrieb mit dem Abhitzekessel allein, zum anderen der Betrieb des Abhitzekessels mit einer vorgeschalteten Befeuerung der Abgase und zum dritten der Betrieb des Abhitzekessels mit einer normalen Verbrennung zur Erhöhung des Wärmezu-Elektrizitäts-Verhältnisses.

Die zu lösende Aufgabe besteht nach der Angabe in der Beschreibung (S 4 Abs 4) darin, nicht nur den vorstehend beschriebenen erheblichen Raumbedarf solcher Anlagen zu verringern, sondern auch einen neuen Abhitzekessel und ein Verfahren zu dessen Betrieb zu entwickeln, mit dem die vorgenannten drei Forderungen erfüllbar sind.

Diese Aufgabe soll nach dem Hauptantrag durch die jeweils im Patentanspruch 1 bzw 2 angegebenen Merkmale und nach dem Hilfsantrag allein durch die im Patentanspruch 2 angegebenen Merkmale gelöst werden.

2. Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 ist nicht patentfähig, weil die Lehre nach diesem Anspruch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Der Frage über die Zulässigkeit dieses Patentanspruchs - zB im Hinblick auf die möglicherweise unzulässige Bezugnahme auf eine Entgegenhaltung (Schulte PatG 5. Auflage § 35 Rdn 54i) - braucht daher nicht weiter nachgegangen zu werden.

Aus der einen "Mehrzug-Abhitzekessel mit Zusatzfeuerung" betreffenden deutschen Offenlegungsschrift 38 42 325 ist - durch die Betriebsweise dieses Kessels - auch ein Verfahren zur Nutzung der Abhitze eines Abgaserzeugers in einem Abhitzekessel mit einer zusätzlichen Befeuerung der Abgase mittels eines zugeführten Brennstoffs bekannt (Sp 1 Abs 1 und 2). Bei diesem bekannten Verfahren, bei dem der Abgasstrom durch einen Abhitzekessel 1 hindurchgeleitet wird, erfolgt ebenfalls die Zufuhr des Brennstoffs für die Abgas-Befeuerung und/ oder eine Zufuhr von Luft und Brennstoff für eine normale Verbrennung gleichzeitig oder unabhängig voneinander direkt in die Brennkammer eines Brenners 18 (Sp 1 Z 67 bis Sp 2 Z 10 und Sp 2 Z 42 bis 51 iVm der Zeichnung). Durch diese Betriebsweise werden auch bei dem bekannten Verfahren die eingangs genannten drei Forderungen für den Betrieb erfüllt, nämlich ein reiner Abhitzebetrieb, ein Betrieb mit Zusatzfeuerung und ein reiner Frischluftbetrieb, dh eine normale Verbrennung (Sp 2 Z 52 - 56).

Von dem aus der genannten Offenlegungsschrift bekannten Verfahren unterscheidet sich das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 lediglich durch das Vorrichtungsmerkmal, daß der Abhitzekessel in der Bauweise eines kompakten Wasserrohrkessels mit einer Rohrbündelbrennkammer gemäß der deutschen Patentschrift 39 30 037 ausgebildet ist. Die japanische Offenlegungsschrift 2-272 207 (auf die die nicht vorveröffentlichte deutsche Patentschrift 39 30 037 zurückgeht), zeigt in der Tat einen Wasserrohrkessel mit einer sogenannten Rohrbündelbrennkammer, in der die Brennerflamme die Rohrbündel direkt beaufschlagt (Fig 2). Dieser Kessel wird offensichtlich als Heizkessel zur Dampferzeugung verwendet. Wenn nun dem Fachmann - einem Heizungstechniker oder -ingenieur - die bei der Anlage nach der deutschen Offenlegungsschrift 38 42 325 angewendete Kesselbauweise hinsichtlich des Raumbedarfs als zu aufwendig erscheint, so wird er an deren Stelle ohne weiteres auf die aus der genannten japanischen Offenlegungsschrift bekannte Kesselbauweise zurückgreifen, zumal er dort bereits auf die erzielbare Verringerung des Raumbedarfs hingewiesen wird, wie aus der parallelen deutschen Patentschrift 39 30 037 aus Spalte 1, Zeile 42 bis 51 hervorgeht. Dieser - nicht erfinderischen - Übertragung steht nicht entgegen, daß der bekannte Wasserrohrkessel "nur" als Heizkessel verwendet wird. Bei der Anlage nach der deutschen Offenlegungsschrift 38 42 325 - wie auch beim Anmeldungsgegenstand - wird nämlich der Kessel in der Betriebsweise "normale Verbrennung" ebenfalls ausschließlich als Heizkessel betrieben. Im übrigen befaßt sich der hier zuständige Fachmann nach Überzeugung des Senats sowohl mit der Heizungstechnik als auch mit der Technik der Abgaswärmerückgewinnung.

3. Auch der Abhitzekessel nach dem Patentanspruch 2 beruht nicht auf erfinderischer Tätigkeit und ist daher ebenfalls nicht patentfähig. Der Frage der Zulässigkeit dieses Patentanspruchs braucht daher auch hier nicht weiter nachgegangen zu werden.

Wie vorstehend unter Ziffer 2 bereits näher erläutert, ist aus der deutschen Offenlegungsschrift 38 42 325 ein Abhitzekessel 1 zur Durchführung des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1 bekannt, bei dem ein Brenner 18 direkt im Abgas-Eingang (Brennerzuführung 12) zur Brennkammer (Flammrohr 3) positioniert ist (vgl Zeichnung), dem gleichzeitig oder unabhängig voneinander Brennstoff für eine Abgas-Befeuerung und/oder Luft und Brennstoff für eine normale Verbrennung zuführbar ist. Von diesem bekannten Abhitzekessel unterscheidet sich der Gegenstand nach Patentanspruch 2 durch die kennzeichnenden Merkmale, daß der Kessel in der Bauweise eines kompakten Wasserrohrkessels mit einer Rohrbündelbrennkammer gemäß der deutschen Patentschrift 39 30 037 ausgebildet ist und daß der Brenner derart positioniert ist, daß die Brennerflamme die Rohrbündel in der Brennkammer beaufschlagt. Diese unterschiedlichen kesselbaulichen Merkmale sind - wie ebenfalls unter Ziffer 2 schon ausgeführt - vollständig aus der japanischen Offenlegungsschrift 2-272 207 bekannt. Die aus den in Ziffer 2 erläuterten Gründen für den Fachmann naheliegende Übertragung dieser bekannten Kesselbauweise auf die Ausbildung des aus der deutschen Offenlegungsschrift 38 42 325 bekannten Abhitzekessels führt damit ohne weiteres zum gesamten Gegenstand des Patentanspruchs 2.

4. Wie vorstehend ausgeführt, kommt weder den Patentansprüchen 1 und 2 zusammen noch dem Patentanspruch 2 allein eine erfinderische Bedeutung zu, so daß weder dem Hauptantrag noch dem Hilfsantrag stattgegeben werden konnte.

Dr. Schnegg Eberhard Hochmuth Frühauf Cl/Fa






BPatG:
Beschluss v. 02.05.2001
Az: 7 W (pat) 13/99


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