Oberlandesgericht München:
Urteil vom 26. November 2009
Aktenzeichen: 23 U 2306/06

(OLG München: Urteil v. 26.11.2009, Az.: 23 U 2306/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Urteil des Oberlandesgerichts München vom 26. November 2009, Aktenzeichen 23 U 2306/06: Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 01.02.2006 wird aufgehoben und die Klagen abgewiesen. Die Klagen waren darauf gerichtet, den Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 25.02.2005, mit dem die Stückaktien der Minderheitsaktionäre im Wege des Squeeze-Out gegen Gewährung einer Barabfindung auf den Hauptaktionär übertragen wurden, für nichtig zu erklären. Das Gericht hat entschieden, dass die Beschlüsse weder nichtig noch anfechtbar sind. In der Begründung wurde unter anderem festgehalten, dass eine ausreichende Prüfung der Barabfindung stattgefunden habe und dass auch keine Informationspflichtverletzung vorliege. Der Senat hat zudem festgestellt, dass die Kläger in der Hauptsache unterlegen wären, da der Jahresabschluss der Beklagten zum 31.12.2004 nicht korrekt vorgelegt worden war. Die Kosten des Verfahrens wurden dementsprechend den Klägern auferlegt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG München: Urteil v. 26.11.2009, Az: 23 U 2306/06


Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Landshut vom 01.02.2006 aufgehoben. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens und des ersten Berufungsverfahrens tragen die Kläger 10/11 und die Beklagte 1/11. Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger zu 1) bis 13) und 15) bis 18) im erstinstanzlichen Verfahren und ersten Berufungsverfahren, einschließlich der Kosten der Nebenintervention, trägt die Beklagte 1/11. Die Kläger zu 14) und zu 19) tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten des erstinstanzlichen Verfahrens und des ersten Berufungsverfahrens tragen die Kläger 10/11 und die Nebenintervenienten die der Nebenintervention ebenfalls zu 10/11. Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Kläger, die der im Revisionsverfahren angefallenen Kosten der Nebenintervention die Nebenintervenienten.

Von den Kosten des zweiten Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention trägt die Beklagte 1/11. Die Nebenintervenienten tragen die im zweiten Berufungsverfahren angefallenen Kosten ihrer Nebenintervention im Übrigen selbst. Die Kläger zu 1) bis 13) und zu 15) bis 18) tragen 10/11 der Kosten des zweiten Berufungsverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien und die Nebenintervenienten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

A) Die Kläger machen mit ihrer Klagen die Nichtigkeit eines in der Hauptversammlung der Beklagten vom 25.02.2005 unter TOP 3 gefassten Beschlusses geltend, mit dem die Stückaktien der Minderheitsaktionäre der Beklagten im Wege des Squeeze-Out gegen Gewährung einer Barabfindung auf den Hauptaktionär, die L. Beteiligungs-GmbH, übertragen wurden. Ein Teil der Kläger hat des Weiteren die unter TOP 2 beschlossene Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten zum 31.12.2004 angefochten. In der Berufungsinstanz wurde dieser Streitgegenstand übereinstimmend für erledigt erklärt.

Die Beklagte ist die Obergesellschaft der L.-Gruppe, deren unternehmerischer Kernbereich im Hochbau, der Isoliertechnik und im Umweltschutz liegt. Sie hält eine 60%ige Beteiligung an der L. AG und eine 100%ige Beteiligung an der L. Isoliertechnik und Industrieservice GmbH.

Persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten sind der Gründer des Unternehmens, Herr Johann L., sowie die J. L. GmbH. Letztere ist nach § 12 der Satzung (Anlage B11) von der Geschäftsführung der Beklagten ausgeschlossen, so lange eine natürliche Person geschäftsführungsbefugter persönlich haftender Gesellschafter ist.

Johann L. ist mit einem Stammkapitalanteil von 99,996 % an der J. L.GmbH beteiligt und deren Geschäftsführer.

Nach Rückerwerb und Einziehung von 432.000 Stückaktien im Jahr 2002 sind 3.888.000 Stückaktien der Beklagten im Umlauf. Nach einer gleichfalls im Jahr 2002 durchgeführten Kapitalherabsetzung beträgt das Grundkapital der Beklagten EUR 11.059.200,00. Ursprünglich hielten die L. Beteiligungs-GmbH rund 62,59%, die J. L. GmbH rund 31,33% und Herr Johann L. rund 1,19% des Kommanditaktienkapitals der Beklagten. Gesellschafter der L. Beteiligungs-GmbH sind die Töchter und die Ehefrau des Herrn J. L., der einer der Geschäftsführer dieser Gesellschaft ist.

Am 06.10.2004 beantragte die L. Beteiligungs-GmbH beim Landgericht München I, einen Squeeze-Out-Prüfer zu bestellen und schlug die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG vor, die mit Beschluss vom 25.10.2004 (Anlage B27) auch bestellt wurde.

Sowohl Herr Johann L. als auch die J. L. GmbH schlossen am 18.10.2004 mit der L. Beteiligungs-GmbH Wertpapierdarlehensverträge (Anlagen B4 und B5). In diesen übertragen Herr Johann L. und die J. L. GmbH 49.999 Stückaktien bzw. 1.718.125 Stückaktien an die L. Beteiligungs-GmbH als Darlehen gegen ein jährliches Entgelt von EUR 5.000,00 bzw. EUR 50.000,00. Nach § 4 der Verträge steht der Gegenwert sämtlicher während der Laufzeit des Darlehens auf die Darlehenspapiere geleisteten Barausschüttungen den Darlehensgebern zu. Auf die Darlehenspapiere entfallende Bezugsrechte hat die Darlehensnehmerin gemäß § 4 Abs. 2 der Verträge den Darlehensgebern zur Verfügung zu stellen.

Gemäß § 5 der Verträge laufen die Darlehensverträge auf unbestimmte Zeit und sind mit einer Frist von drei Monaten zum Quartalsende, erstmalig zum 30.06.2007, kündbar. Die Darlehensnehmerin ist verpflichtet, bei Beendigung des Vertrages am Fälligkeitstag Darlehenspapiere derselben Wertpapiergattung und Anzahl zurückzuliefern bzw. entsprechende Aktienurkunden zu übergeben.

Unter dem 20.10.2004 wurde die Mitteilung über die Erhöhung des Aktienanteils der L. Beteiligungs-GmbH veröffentlicht.

Die L. Beteiligungs-GmbH verfügte durch die aufgrund der Wertpapierdarlehensverträge vorgenommenen Aktienübertragungen über einen Stimmrechtsanteil von 95,21%.

Mit Schreiben vom 19.10.2004 (Anlage B29) an den persönlich haftenden Gesellschafter der Beklagten forderte die L. Beteiligungs-GmbH die Durchführung eines Squeeze-Out-Verfahrens, in dessen Rahmen die Hauptversammlung die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung auf sie beschließen solle.

Unter Beratung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft S. & Partner OHG setzte die L. Beteiligungs-GmbH eine Barabfindung von 28,52 EUR je Stückakte fest (Anlage B6).

Die D. Bank AG stellte der Hauptaktionärin am 23.12.2004 einen Avalkredit von EUR 6.000.000,00 für Zwecke des Squeeze-Out zur Verfügung und übernahm mit Schreiben vom 04.01.2005 (Anlage B8) gegenüber den Minderheitsaktionären die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung der Hauptaktionärin, den Minderheitsaktionären der Beklagten nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses unverzüglich die festgelegte Barabfindung für die übergegangenen Aktien zu zahlen.

In ihrem Prüfbericht vom 13.01.2005 (Anlage B7) stellte die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG fest, dass die festgelegte Barabfindung von EUR 28,52 angemessen sei.

Am 20.01.2005 veröffentlichte der persönlich haftende Gesellschafter der Klägerin, Herr Johann L., die Einladung zur außerordentlichen Hauptversammlung am 25.02.2005 (Anlage B36). Die Tagesordnung sah unter Punkt 2 die Beschlussfassung über die Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten zum 31.12.2004 und unter Punkt 3 über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die L. Beteiligungs-GmbH gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung vor.

Vom 20.01.2005 bis zur Hauptversammlung am 25.02.2005 lagen in den Geschäftsräumen der Beklagten neben Informationen zum geplanten Squeeze-Out einschließlich der Jahresabschlüsse und der Konzernabschlüsse für die Jahre 2001, 2002 und 2003 auch der Jahresabschluss für das Jahr 2004 aus (Anlage B9). Der Konzernabschluss für Jahr 2004 lag zum Zeitpunkt der Hauptversammlung noch nicht vor.

Auf der Hauptversammlung vom 25.02.2005 wurde von den Aktionären eine Vielzahl von Fragen vor allem zum beabsichtigten Squeeze-Out und zu den Bedingungen der Wertpapierdarlehen gestellt (vgl. Protokoll der Hauptversammlung Anlage B 13.1).

Die von zwei Aktionären bzw. Aktionärsvertretern gestellten Anträge auf Sonderprüfung wurden mit der Mehrheit der Stimmen abgelehnt.

Der Antrag zu TOP 2 wurde mit 3.744.161 Stimmen bei 54.059 Gegenstimmen und TOP 3 mit 3.741.681 Stimmen bei 54.149 Stimmen angenommen.

Mit Ausnahme der Klägerin zu 14) (M. Vermögensverwaltungs- und Grundstücks GmbH) und des Klägers zu 19) (Karsten T.) waren die Kläger auf der Hauptversammlung anwesend, bzw. vertreten und haben der Beschlussfassung widersprochen.

Die Kläger sowie die Nebenintervenienten haben im Wesentlichen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Zulässigkeit eines Squeeze-Out erhoben. Des Weiteren haben sie geltend gemacht, dass keine ordnungsgemäße Einladung zur Hauptversammlung vorliege, da nur einer der beiden persönlich haftenden Gesellschafter, nämlich Herr Johann L., die Hauptversammlung einberufen habe.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für ein Squeeze-Out nicht vorliegen, da die Hauptaktionärin, die L. Beteiligungs-GmbH, aufgrund des Wertpapierdarlehens nicht Vollrechtsinhaberin von mindestens 95% der Aktien der Beklagten geworden sei. Der Aktienerwerb mittels Wertpapierdarlehen zum Zwecke des Squeeze-Out sei jedenfalls rechtsmissbräuchlich.

Die J. L. GmbH hätte ebenfalls eine Mitteilung gemäß § 21 WpHG machen müssen, was jedoch unterblieben sei.

Mangels Mitteilung dürften die Stimmen der J. L. GmbH und der L. Beteiligungs-GmbH daher nicht mitgezählt werden.

Die Bestellung des Squeeze-Out-Prüfers sei fehlerhaft und dessen Gutachten nicht von vertretungsberechtigten Personen unterzeichnet.

Der Konzernabschluss für das Jahr 2004 habe sowohl für die Feststellung des Jahresabschlusses als auch für die Beschlussfassung über das Squeeze-Out vorliegen und den Aktionären zur Information ausliegen müssen.

Verschiedene Fragen, insbesondere zur Konzernlage, zum Wertpapierdarlehen und zu den Vertragsprüfern, seien in der Hauptversammlung nicht oder nicht ausreichend beantwortet worden (vgl. hierzu im Einzelnen insbesondere: Bl. 11 ff, Bl. 272 f, Bl. 295 ff, Bl. 315 ff, Bl. 336 f, Bl. 355 ff d.A. 1 HK O 766/05; Bl. 8 f d.A. 1 HK O 845/05, Bl. 8 ff d.A. 1 HK O 805/05, Bl. 13 ff d.A. 1 HK O 828/05, Bl. 24 ff 1 HK O 851/05, Bl. 11 ff 1 HK O 856/05, Bl. 16 f d.A. 1 HK O 873/05).

Eine ausreichende Garantieerklärung der D. Bank AG habe nicht vorgelegen. Ferner hat ein Teil der Kläger die Anfechtung darauf gestützt, dass die festgesetzte Abfindung nicht angemessen sei.

Die Kläger haben beantragt, den Beschluss zu TOP 3 der Hauptversammlung vom 25.02.2005 für nichtig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss nichtig sei.

Die Kläger zu 1), 2), 4), 9), 10), 11), 12) und 13) haben ferner beantragt, auch den Beschluss zu TOP 2 für nichtig zu erklären, hilfsweise festzustellen, dass der Beschluss nichtig sei.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und unter anderem eingewandt, dass die Klagen rechtsmissbräuchlich seien. Mit Ausnahme der Kläger zu 1) und zu 5) hätten die Kläger ihre Aktien erst zwischen der Übernahmemitteilung und der Hauptversammlung erworben. Im Übrigen verfügten die Kläger nur über 0,18% der Aktien der Teilnehmer an der Hauptversammlung.

Die Hauptaktionärin sei Vollrechtsinhaberin aufgrund der Wertpapierdarlehen geworden und verfüge damit über mehr als 95% der Aktien der Beklagten. Es gebe keine in absehbarer Zeit fällige Verpflichtung, die darlehensweise übernommenen Aktien zurückzugeben. Das Gesetz sehe im Übrigen keine Haltefristen für die Aktien nach Durchführung eines Squeeze-Out vor.

Es habe bereits im Jahr 2004 die Überlegung gegeben, sämtliche Aktien der Familie bei der L. Beteiligungs-GmbH zu bündeln. Der Squeeze-Out habe vorrangig dem Ziel dienen sollen, die Beklagte schnell und sicher von der Börse zu bringen und Kosten zu sparen.

Die Vorlage des noch gar nicht vorhandenen Konzernabschlusses für das Jahr 2004 sei weder für das Squeeze-Out-Verfahren noch für die Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten erforderlich gewesen.

Ergänzend wird hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

B) Das Landgericht hat mit Endurteil vom 01.02.2006 festgestellt, dass der am 25.02.2005 gefasste Beschluss zu TOP 3 betreffend die Übertragungen der Aktien der Minderheitsaktionäre der Beklagten auf die Mehrheitsaktionärin nichtig ist. Ferner hat es die Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten zum 31.12.2004 gemäß TOP 2 für nichtig erklärt.

Das Landgericht hat ausgeführt, dass die Klagen ordnungsgemäß erhoben wurden. Die Anfechtungsfrist sei gewahrt; mit Ausnahme der Klägerin zu 14) seien auch alle Kläger anfechtungsbefugt. Die Klagen seien nicht missbräuchlich. Zwar seien die Beschlüsse nicht gemäß § 241 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 121 Abs. 2, 283 Satz 1 Nr. 6 AktG nichtig. Es könne insoweit offenbleiben, ob die Einberufung der Hauptversammlung durch den persönlich haftenden Gesellschafter, Herrn Johann L., allein ausreiche, da jedenfalls die Voraussetzungen des § 121 Abs. 2 Satz 2 AktG vorlägen.

Ein Verstoß gegen § 124 Abs. 3 Satz 1 AktG führe nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit. Es sei jedoch ausgeschlossen, dass sich hier ein Verfahrensfehler auf das Beschlussergebnis ausgewirkt habe.

Der Beschluss zum Squeeze-Out sei jedoch nichtig gemäß § 241 Satz 1 Nr. 3 AktG in Verbindung mit § 327 a Abs. 1 Satz 1 AktG. Zwar spreche nicht allein der sich aufgrund der Wertpapierdarlehen ergebende Rückgewähranspruch gegen eine Berechtigung zum Squeeze-Out. Aufgrund der übrigen Gestaltung in den Darlehensverträgen sei hier die Darlehensnehmerin jedoch nicht in einem genügenden Umfang Inhaberin der Eigentumsrechte geworden. Neben der Regelung des darlehensüblichen Entgelts sei nämlich vereinbart worden, dass die während der Laufzeit geleisteten Barausschüttungen ebenso wie die Bezugsrechte im Ergebnis den Darlehensgebern zustünden. Die Bezugsrechte und der Gewinnanteilsanspruch seien untrennbar mit dem Aktienrecht verbunden und deshalb nicht abtretbar. Habe - wie hier - der Übernehmende im Ergebnis die Nutzungen dieser wesentlichen Rechte aus der Aktie endgültig und nicht nur zur Sicherheit abgetreten, so habe er sich damit eines wesentlichen Teils der Aktie, nämlich ihres wirtschaftlichen Wertes begeben. Hinzukomme noch die für das Darlehen typische Rückgabepflicht nach Kündigung. Da der Übernehmende nur formal die Stellung eines Übernahmeberechtigten erlangt habe, handele es sich um ein rechtsmissbräuchliches Umgehungsgeschäft. Die gewählte Konstruktion habe offensichtlich den Zweck, ohne Veränderung des wirtschaftlichen Ergebnisses der Darlehensnehmerin eine rechtliche Position einzuräumen, die allein zum Squeeze-Out berechtigt, zu Lasten der grundrechtlich geschützten Eigentümerposition der Minderheitsaktionäre.

Der Squeeze-Out-Beschluss sei zudem wegen des Fehlens des Konzernabschlusses für das Jahr 2004 in Verbindung mit den dazu verweigerten Auskünften für nichtig zu erklären. § 327 c Abs. 3 AktG verlange die Auslegung unter anderem der Jahresabschlüsse für die letzten drei Geschäftsjahre. Die Jahresabschlüsse der Beklagten seien zwar ausgelegt worden. Bei einer reinen Holding-Gesellschaft, wie der Beklagten, seien unter den auszulegenden Jahresabschlüssen aber auch die Konzernabschlüsse zu verstehen.

Der festgestellte Jahresabschluss für das Jahr 2004 sei zwar nicht nichtig, jedoch für nichtig zu erklären. Gemäß § 175 AktG müsse von der Einberufung der Hauptversammlung an nicht nur der Jahresabschluss und der Lagebericht, sondern auch der hier unstreitig grundsätzlich nötige Konzernabschluss und Konzernlagebericht zur Information der Aktionäre ausgelegt werden. Daraus folge, dass der Jahresabschluss nicht in einer außerordentlichen Hauptversammlung zu einer Zeit festgestellt werden könne, zu der der Konzernabschluss noch nicht gefertigt war.

C) Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Die Beklagte macht geltend, dass ein Teil der Klagen nicht ordnungsgemäß erhoben worden sei, da in diesen nicht der Aufsichtsrat als vertretungsberechtigtes Organ, sondern die einzelnen Aufsichtsratmitglieder persönlich benannt worden seien. Die Klägerin zu 17) habe in ihrer Klage als vertretungsberechtigtes Organ den Vorstand der L. AG, die eine bloße Konzerngesellschaft sei, benannt. Mit Ausnahme der Kläger zu 1) und zu 5) hätten alle Kläger und Nebenintervenienten erst nach Einberufung der Hauptversammlung ihre Aktien erworben und daher keine Anfechtungsbefugnis. Es komme insoweit die Neufassung von § 245 Nr. 1 AktG zur Anwendung, da der Gesetzgeber eine Übergangsregelung nicht getroffen habe.

Die Kläger nützten ihre Aktionärsstellung missbräuchlich aus. Ein schützenswertes Interesse der Kläger bestehe nicht. Bis auf die Klägerin zu 1) hätten diese ihre Aktien in Kenntnis der geplanten Umstrukturierung erworben.

Die L. Beteiligungs-GmbH habe über die erforderliche Beteiligungshöhe von 95% der Aktien der Beklagten verfügt. Es liege eine wirksame Übertragung der Aktien aufgrund der Wertpapierdarlehen vor. Hieran ändere das in den Wertpapierdarlehen vorgesehene Kündigungsrecht nichts. Die vorgenommene Gestaltung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Für das Squeeze-Out sei keine sachliche Rechtfertigung erforderlich. Eine Missbrauchskontrolle komme daher nur in extremen Ausnahmefällen in Betracht. Ein solcher sei hier nicht gegeben.

Der Konzernabschluss sei nach § 327 c Abs. 3 AktG nicht vorzulegen, dies gelte erst recht, wenn er noch gar nicht vorhanden sei. Konzern- und Einzelabschluss müssten nicht gemeinsam vorgelegt werden. Dies gelte auch für den Jahresabschluss zum 31.12. 2004. Im Übrigen habe die Beklagte unter Auslegung des Konzernabschlusses auf ihrer Hauptversammlung vom 27.07.2006 nochmals den Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses zum 31.12.2004 gefasst und den Beschluss vom 25.02.2005 damit bestätigt.

Eine Verletzung des Informationsrechts der Aktionäre liege nicht vor. Es seien vielmehr alle Fragen, zu deren Beantwortung die Beklagte verpflichtet gewesen sei, zutreffend beantwortet worden.

Ferner liege auch ein ordnungsgemäßer Prüfungsbericht vor, insbesondere sei dieser von zeichnungsberechtigten Personen unterschrieben worden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Landshut vom 01.02.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger sowie die Nebenintervenienten zu 2), 4), 6), 7), und 11) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Kläger zu 1), zu 2), zu 4) und zu 9) bis zu 13) sowie der Nebenintervenient zu 11) haben mit Schriftsätzen vom 06.10., 11.10.,12.10., 24.10., 02.11. und 14.11.2006 im Hinblick auf die erneute Beschlussfassung der Beklagten zur Feststellung des Jahresabschlusses 2004 die Hauptsache hinsichtlich der Anfechtung von TOP 2 der Hauptversammlung vom 25.02.2006 für erledigt erklärt.

Die Beklagte hat sich mit Schriftsatz vom 12.10.2006 mit der Erledigterklärung einverstanden erklärt.

Die Kläger sind der Meinung, dass ordnungsgemäße Klageerhebungen vorlägen.

Die Behauptung der Beklagten zu einem späten Aktienerwerb der Kläger erfolge ins Blaue hinein. Im Übrigen sei § 245 AktG n. F. nicht auf Altfälle anwendbar. Der Zeitpunkt des Aktienerwerbs sei daher unerheblich.

Eine wirksame Einladung zur Hauptversammlung liege nicht vor, da nur einer der beiden persönlich haftenden Gesellschafter eingeladen habe.

Die Erlangung der Hauptaktionärsstellung durch die L. Beteiligungs-GmbH sei missbräuchlich.

Wegen des Rechtsverlusts gemäß § 28 WpHG seien alle Beschlüsse auf der Hauptversammlung vom 25.02.2005 rechtswidrig. Ein Konzernabschluss sei erforderlich, um ein angemessenes Bild zur erhalten, da es sich bei der Beklagten um eine bloße Holding-Gesellschaft handele.

Die Beklagte habe das Informationsrecht der Aktionäre verletzt, da sie eine Reihe von Fragen nicht oder nicht zutreffend beantwortet habe.

Eine ordnungsgemäße Prüfung der Barabfindung liege ebenso wenig vor wie ein wirksamer Prüfungsbericht.

Der Senat hat mit Endurteil vom 23.11.2006 die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Die Revision der Beklagten war erfolgreich. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 16.03.2009, Az.: II ZR 302/06, die Endurteile des Senats vom 23.11.2006 und des Landgerichts Landshut vom 01.02.2006 aufgehoben, soweit sie den Klagen der Kläger zu 14 und zu 19 stattgegeben haben und insoweit die Klagen abgewiesen. Im Übrigen hat er die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebeninterventionen, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Senat hat nach der Zurückverweisung Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen D. und Dr. C. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 01.10.2009 (Blatt 1072/1085 d. A.) verwiesen.

Ergänzend wird auf die Sitzungsprotokolle vom 21.09.2006 und 01.10.2009 sowie auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet.

Der Beschluss vom 25.02.2005 zu TOP3 betreffend die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der Beklagten auf die L. Beteiligungs-GmbH ist weder nichtig noch anfechtbar.

Die Klagen der Kläger zu 14 und zu 19 wurden durch Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.03.2009 rechtskräftig abgewiesen, so dass der Senat hierüber nicht mehr zu befinden hat. Die Klagen der übrigen Kläger sind zwar zulässig, bleiben in der Sache jedoch ohne Erfolg. Die verbliebenen Kläger sind zwar anfechtungsbefugt (vgl. hierzu Seite 16 ff des Endurteils des Senats vom 23.11.2006 sowie Tz. 21 ff des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 16.03.2009), es liegen aber weder Nichtigkeits- noch Anfechtungsgründe vor.

681. Aufgrund der bindenden Feststellungen des Bundesgerichtshofs steht fest, dass die Verschaffung der für § 327 a AktG erforderlichen Kapitalmehrheit von 95 % auf dem Wege eines Wertpapierdarlehens in der vorliegenden Ausgestaltung weder zur Nichtigkeit noch zur Anfechtbarkeit des Übertragungsbeschlusses vom 25.02.2005 führt.

692. Ebenso wie der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 16.03.2009 (Tz. 27) vermag der Senat darin, dass lediglich der persönlich haftende Gesellschafter der Beklagten Johann L. die Hauptversammlung vom 25.02.2005 einberufen und Vorschläge zur Beschlussfassung gemacht hat, einen Einberufungs- oder Bekanntmachungsmangel im Sinne von § 245 Nr. 2 AktG zu sehen.

70Der Senat macht sich ferner die Darlegungen des Bundesgerichtshofs zu Eigen, wonach die Erklärung der D. Bank AG vom 04.01.2005 den gesetzlichen Anforderungen entspricht (Tz. 28), eine Anfechtung nicht auf die fehlende Vorlage eines Konzernabschlusses für das Jahr 2004 gestützt werden kann (Tz. 29), die Art und Weise des Aktienerwerbs im Hinblick auf § 327 a Abs. 2 i. V. m. § 16 Abs. 2 AktG unerheblich ist (Tz. 30), hinsichtlich des angegriffenen Beschlusses mit der Ablehnung eines Antrags auf Stellung eines Sonderprüfers nicht besteht (Tz. 31), Einwände gegen die Bestellung des Prüfers der Barabfindung nicht erhoben werden können (Tz. 32), eine Nichtigkeit des Übertragungsbeschlusses schon aufgrund von § 327 f Satz 1 AktG nicht auf einen Sondervorteil für die Beteiligungs-GmbH gestützt werden kann (Tz. 33) und ein Rechtsverlust gemäß § 28 WpHG wegen der Verletzung von Mitteilungspflichten nicht gegeben ist (Tz. 34 und 35). Bereits durch die von Klägerseite in erster Instanz vorgelegte Mitteilung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Anlage K 1 zum Schriftsatz des Klägervertreters zu 1 und 2 vom 06.10.2006) ist nachgewiesen, dass die L. Beteiligungs-GmbH die Mitteilung über das Erreichen einer Beteiligung von 95,21 % am 20.10.2004 ordnungsgemäß veröffentlicht hat.

3. Der Senat ist aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass eine ordnungsgemäße Prüfung der Barabfindung gemäß § 327 c Abs. 2 Satz 2 AktG stattgefunden hat.

a) Eine Formunwirksamkeit des Berichts nach § 327 c Abs. 2 Satz 2 AktG über die Angemessenheit der Barabfindung liegt nicht vor. Nach § 327 c Abs. 2 Satz 4 i. V. m. § 293 e Abs. 1 Satz 1 AktG ist über das Ergebnis der Prüfung schriftlich zu berichten. Aus diesem Schriftformerfordernis im Sinne von § 126 BGB folgt, dass die Vertragsprüfer ihren Bericht zu unterzeichnen haben (Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 293 e Rn. 2). Als Vertragsprüferin wurde hier mit Beschluss des Landgerichts München I vom 25.10.2004 die KPMG D. T.-Gesellschaft AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: KPMG) bestellt. Der Prüfungsbericht vom 13.01.2005 (Anlage B 5 c) wurde im Namen der KPMG von Dr. Marc C. und Herrn Ralph W. unterzeichnet. Zur Einhaltung der Schriftform ist erforderlich, dass diese als Vertretungsberechtigte für die KPMG gehandelt haben. Es ist unstreitig, dass Dr. C. zum Zeitpunkt seiner Unterschrift Prokurist der KPMG - und somit vertretungsberechtigt - war.

Der Senat hat zu der Frage, ob auch der zweite Unterschriftsleistende, Herr Ralph W., zum Zeitpunkt der Unterzeichnung Prokurist war, Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugen D. und Dr. C.

Der Zeuge Dr. C. hat ausgesagt, dass Herrn W. mit einer e-Mail vom 22.07.2003 Prokura erteilt worden sei. Peter We., der damals Vorstand der KPMG gewesen sei, habe einer Prokurabestellung von Herrn W. zugestimmt. Es habe später noch ein offizielles Prokuraschreiben an Herrn W. gegeben, wonach die Prokura am 01.10.2004 erweitert worden sei auf die Hauptniederlassung in Berlin und Frankfurt.

Die Aussage des Zeugen stimmt mit der von ihm übergebenen e-Mail vom 22.07.2003 und einem Schreiben der KPMG vom 26.04.2005 überein (vgl. Anlage zum Sitzungsprotokoll vom 01.10.2009). In der e-Mail vom 22.07.2003 bekundet Herr We. gegenüber Frau D, dass er u. a. der Erteilung einer Prokura für Herrn Ralph W. für die KPMG zustimme.

Die Zeugin D. hat bestätigt, dass Herr W. am 13.01.2005 Prokura für die KPMG Niederlassung München hatte. Herr W. sei bereits am 10.01.2001 bei der Bayerischen Treuhand (BTG) Prokurist geworden. Am 14.07.2003 habe sie in einer Sitzung in einer Führungsgruppe den zuständigen Vorstand u. a. um die Prokuraerteilung für vier BTG-Prokuristen gebeten, ebenso für vier von der KPMG. Diesem Wunsch sei der Vorstand in einer e-Mail vom 22.07.2003 nachgekommen. Die e-Mail stamme von Herrn Peter We., dem damals zuständigen Vorstand. Mehr sei nicht passiert. In der e-Mail sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass eine Beglaubigung nicht notwendig sei und aus Kostengründen unterbleiben könne. Weiter sagte die Zeugin aus, dass sie selbst 1998 Partnerin geworden sei und zeitnah auch Prokura für die KPMG erhalten habe. In dem erwähnten Meeting habe sie Herrn We. gesagt, dass sie die Prokuren bräuchte. Er habe geantwortet, dass er sich darum kümmere. Sie selbst habe am 22.07. Herrn W. mitgeteilt, dass er nunmehr als Prokurist unterzeichnen könne.

Der Senat hält beide Zeugen für glaubwürdig und ihre Aussagen für glaubhaft. Die Zeugen haben kein Eigeninteresse am Ausgang des Rechtsstreits. Ihre Aussagen waren in sich stimmig und überzeugend.

Aufgrund der Aussagen der beiden Zeugen und der vorgelegten e-Mail vom 22.07.2003 ist der Senat davon überzeugt, dass zu diesem Zeitpunkt eine Prokuraerteilung für Herrn W. erfolgt ist. Die Prokura ist ausdrücklich zu erteilen, d. h. nicht nur stillschweigend (Baumbach/Hopt, HGB, 33. Aufl., § 48 Rn. 3). Dies ist geschehen, und zwar durch das damalige Vorstandsmitglied We. und Frau D., die Prokuristin der KPMG war. Die beiden waren zur Erteilung der Prokura berechtigt. Nach dem vom Prozessbevollmächtigten der Kläger zu 1) und zu 2) vorgelegten Handelsregisterauszug (Anlage zu Blatt 1070 ff) wurde die KMPG D. T.-Gesellschaft AG durch zwei Vorstandsmitglieder oder durch ein Vorstandsmitglied gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. Diese Voraussetzung war bei der Prokuraerteilung für Herrn W. gegeben. Als Vorstandsmitglied hat Herr We. bekundet, dass er eine Prokuraerteilung für Herrn W. wünscht. Dies entsprach auch dem geäußerten Willen der Zeugin D., die ausgesagt hat, dass sie Herrn W. nach Erhalt der e-Mail vom 22.07.2003 mitgeteilt habe, dass er nunmehr als Prokurist unterzeichnen könne. Nach ganz herrschender Auffassung (RGZ 134, 303, 305 ff; BGHZ 13, 61, 64; 62, 166, 170; 99, 76, 79; Baumbach/Hopt, aaO. § 49 Rn. 3; a.A.: Krebs in Münchner Kommentar zum HGB, 2. Aufl., § 48 Rn. 89 ff), der sich der Senat anschließt, wird in den Fällen der gemischten Gesamtvertretung die Vertretungsbefugnis des Prokuristen im Umfang der gesetzlichen Vertretungsmacht des Gesellschaftsorgans erweitert und umfasst daher auch die Befugnis einen weiteren Prokuristen zu berufen. Die Zulässigkeit der gemischten Gesamtvertretung ergibt sich bereits unmittelbar aus dem Gesetz, nämlich hier aus § 78 Abs. 3 AktG.

Der Umstand, dass Herr W. zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Unterschriftsleistung am 13.01.2005 nicht im Handelsregister als Prokurist für die KPMG eingetragen war, ist unschädlich, da die Prokura gemäß § 53 HGB zwar anzumelden ist, aber die Eintragung lediglich deklaratorischer Natur ist (Baumbach/Hopt, a.a.O. , § 53 Rn. 1).

Es kann daher offenbleiben, ob auch dann, wenn eine Prokuraerteilung fehlgeschlagen wäre, zumindest aufgrund der Erklärung der Prokuristin D. gegenüber Herrn W. von dessen rechtsgeschäftlicher Bevollmächtigung, Prüfberichte im Namen der KPMG zu unterzeichnen, auszugehen wäre (vgl. Baumbach/Hueck, a.a.O. , § 48 Rn. 1) oder zumindest eine nachträgliche Genehmigung des Handels des Herrn W. durch die KPMG vorläge.

b) Soweit die Kläger geltend machen, eine Ordnungswidrigkeit der Prüfung ergebe sich auch aus der Aussage der Zeugin D., wonach die Bewertungsbereiche der KPMG und ihrer 100 %-igen Tochter Bayerische Treuhand zusammengelegt worden waren, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das Landgericht hatte in seinem Beschluss vom 25.10.2004 die KPMG als Prüfer bestellt. Diese ist auch nach außen hin tätig geworden und hat die Verantwortung für den Prüfungsbericht übernommen. Die Prüfung durch die KPMG wird nicht unzulässig oder stellt sich als eine Prüfung durch eine andere Gesellschaft, nämlich die Bayerische Treuhand, dadurch dar, dass Prüfer, wie auch Herr W., sowohl für die Bayerische Treuhand als auch für die KPMG als Prokuristen bestellt waren. Aus dem Prüfungsbericht ergibt sich vielmehr eindeutig, dass ein Tätigwerden lediglich für die KPMG erfolgt ist. Irgendwelche Interessenkollisionen, die ausnahmsweise ein derartiges Handeln als unzulässig erscheinen lassen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

c) Nach der Aussage des Zeugen Dr. C. ist der Senat auch davon überzeugt, dass eine ordnungsgemäße Prüfung stattgefunden hat. Der Zeuge C. hat ausgesagt, dass sie am 26.10.2004 mit der Bewertung begonnen hätten. Ein erstes Bewertungsmodell sei ihnen schon zuvor am 22.10. zugesandt worden. Am 28.10. habe es das erste offizielle Meeting in Arnstorf gegeben. Am 03.11.2004 habe es ein Meeting mit der Fa. S. gegeben. Dort seien spezielle Projekte der Planung durchgegangen worden. Am 05.11. hätten sie einen zweiten Entwurf des Bewertungsmodells erhalten. Dazu habe es Nachfragen ihrerseits bis 20.12., als sie einen 3. Entwurf und Textteile des späteren Berichts erhalten hätten, gegeben. Am 23.12.2004 hätten sie das finale Bewertungsmodell erhalten und am 04.01.2005 einen kompletten Entwurf des gesamten Berichts. Den finalen Bericht hätten sie am 11.01. erhalten, am 13.01. sei ihr Prüfungsbericht ausgelaufen. Es habe sich hierbei um einen Aufwand von rd. 35 Mann-Tagen gehandelt.

Der Senat geht aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen C. davon aus, dass tatsächlich eine Angemessenheitsprüfung der Barabfindung durch die KPMG im Sinne von § 327 c Abs. 2 Satz 2 AktG stattgefunden hat. Anhaltspunkte dafür, dass überhaupt keine Prüfung oder lediglich eine pro-forma-Prüfung vorgenommen worden sein könnte, haben sich nicht ergeben. Allein aus den zeitlichen Gegebenheiten lässt sich hierauf nicht rückschließen. Der Zeuge C. hat vielmehr im Einzelnen erläutert, in welchen zeitlichen Schritten die Prüfung durchgeführt worden ist. Auch der Umfang von 35-Mann-Tagen spricht dafür, dass eine ordnungsgemäße Prüfung stattgefunden hat.

d) Der Prüfungsbericht weist ferner auch keinen ihn entwertenden Fehler dadurch auf, dass darin nicht auf die Erlangung der Aktien durch Wertpapierdarlehen hingewiesen worden ist. Entscheidend ist vielmehr allein die zutreffende Feststellung, dass der Hauptaktionär die 95 %-Schwelle gem. § 327 a Abs. 1 S.1 AktG erreicht hat (BGH Urteil vom 16.03.2009, Tz. 11 ff).

3. Der Senat konnte auch keine Informationspflichtverletzung im Sinne von § 131 AktG feststellen.

a) Abfindungsbezogene Informationsmängel können gemäß § 327 f Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 AktG eine Anfechtbarkeit von vornherein nicht begründen (BGH-Urteil vom 16.03.2009, Tz. 36).

Dies gilt daher insbesondere für folgende Fragen:

- Wie hoch wäre der Unternehmenswert, wenn das eigene Beta der L. Holding KG aA von Minus 0,3 berücksichtigt worden wäre€

- Wie hoch wäre der Unternehmenswert nach der Methodik des alten IDW S 1€ In welcher Position in der Unternehmensbewertung sind diese Werte enthalten€

- Wie hoch ist der Bewertungsbeitrag der E. GmbH zum Unternehmenswert€

- Wie hoch ist der überschlägige übermittelte Liquidationswert€ An welchen Positionen der Aktiva und Passiva wurden Zu- oder Abschläge vorgenommen€ Welches sind die zehn größten Abschläge auf die Aktive und die zehn größten Zuschläge auf die Passiva€

- Ob und inwieweit haben sie geprüft, ob die Ausschüttungsfähigkeit im Bereich der Isoliertechnik durch eine Kapitalherabsetzung und somit durch eine Beseitigung der handelsrechtlichen Verlustvorträge wieder hergestellt werden kann€ Was war das Ergebnis dieser Prüfung€ Welche Auswirkungen auf den Unternehmenswert würden sich ergeben, wenn auch im Bereich der Isoliertechnik von der Vollausschüttungshypothese ausgegangen würde€

- Wie hoch ist der Bewertungsbeitrag der Hibernia Beta zum Gesamtunternehmenswert€

b) Es kann offen bleiben, ob alle Fragen zur Konzernlage ausreichend beantwortet wurden (vgl. hierzu Schriftsatz der Beklagten vom 20.05.2005, Bl. 106 ff d.A.). Keiner abschließenden Entscheidung bedarf auch die Frage, ob insoweit eine Verletzung der Informationspflicht schon deshalb ausscheidet, weil § 327 c Abs. 3 AktG eine Vorlagepflicht hinsichtlich des Konzernabschlusses nicht vorsieht (vgl. BGH Urteil vom 16.03.2009, Tz. 29) oder ob sich trotz fehlender Vorlagepflicht dennoch Informationspflichten ergeben können. Insoweit fehlt es jedenfalls an der Relevanz einer Verletzung einer solchen Informationspflicht für die Beschlussfassung über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre. Im Wege des Squeeze-Out. Auch die von den Klägern gestellten Fragen zur Konzernlage (vgl. hierzu Blatt 108 ff d. A.) spielen wiederum lediglich für Bewertungsfragen eine Rolle, auf die eine Anfechtung des Squeeze-Out-Beschlusses nicht gestützt werden kann.

c) Soweit die Fragen der Kläger den Hauptaktionär betrafen, war die Beklagte allenfalls im Rahmen der ihr vorliegenden Kenntnisse zu einer Beantwortung verpflichtet. Im Einzelnen gilt zu diesen Fragen folgendes:

aa. Die Frage nach Vorlage des Jahresabschlusses der L. Beteiligungs-GmbH hat die Beklagte dahingehend beantwortet, dass diese Frage nicht die L. Holding KG aA betreffe und die Bekanntgabe daher nicht auf der Hauptversammlung erfolgen könne. Eine Aushändigung von Jahresabschlüssen der L. Beteiligungs-GmbH sei nicht möglich. Die Gesellschaft habe jedoch keinen Zweifel an deren Bonität.

Eine weitergehende Informationspflicht der Beklagten bestand nicht. Insbesondere musste sich die Beklagte nicht die Jahresabschlüsse der L. Beteiligungs-GmbH beschaffen, um diese in der Hauptversammlung erläutern zu können.

bb. Soweit die Kläger behaupten, die Beklagte habe auf die Frage €Wie lauten die Bedingungen des Wertpapierdarlehens€ Welche Kündigungs- und/oder Rücktrittsrechte sieht der Vertrag vor€€ dahingehend geantwortet habe, dass ihr der Vertrag nicht vorliege und ihr nicht bekannt sei, besteht ebenfalls keine Informationspflichtverletzung, da die Wertpapierdarlehensverträge Angelegenheit der Hauptaktionäre sind und die Beklagte daher hierüber weder Auskunft geben muss noch verpflichtet ist, sich selbst entsprechende Informationen zu beschaffen.

cc. Auf die Frage, wie die Gesellschaft überprüft habe, ob die Voraussetzungen für einen Übertragungsbeschluss - also das Erreichen der 95 %-igen Mehrheit - überhaupt vorlägen, hat die Beklagte u. a. geantwortet, dass die L. Beteiligungs-GmbH dargelegt habe, dass sie zusätzliche Aktien von den beiden persönlich haftenden Gesellschaftern erworben habe. Dies - und die Umbuchung der Aktien in das Depot der L. Beteiligungs-GmbH - habe die L. Beteiligungs-GmbH der Gesellschaft vor Einberufung der Hauptversammlung noch mal bestätigt (vgl. Ziff. 13.1.3 des Protokolls der Hauptversammlung, Anlage B 13.1). Die von der Gesellschaft gegebene Information ist ausreichend. Die Kläger legen selbst nicht dar, welche weiteren Informationen die Beklagte hierzu hätte abgeben müssen.

dd. Auch die Fragen nach der Bürgschaftserklärung der D. Bank wurden durch den Hinweis der Beklagten, die Gewährleistungserklärung sei eine nicht akzessorische Sicherung der Minderheitsaktionäre; es handle sich um einen Vertrag zwischen der L. Beteiligungs-GmbH und der D. Bank in München zu Gunsten der Aktionäre (vgl. Protokoll der Hauptversammlung, Anlage B 13.1) hinreichend beantwortet. Soweit Aktionäre diese Antwort im Einzelnen als unzureichend erachtet haben, hätten sie ggf. nachfragen müssen (Hüffer, a.a.O. , § 131 Rn. 21).

ee. Soweit die Kläger bemängeln, dass Fragen nach den Kosten der Prüfung durch die KPMG, deren Bezahlung und deren frühere Mandate sowie Fragen nach den Kosten der Bewertung durch S. und deren Bezahlung nicht beantwortet worden seien, trifft dies nicht zu. Die Beklagte hat vielmehr hinsichtlich des Honorars der KPMG und der S. darauf hingewiesen (vgl. Ziff. 13.1.5 und Ziff. 13.1.6 des Protokolls der Hauptversammlung, Anlage B 13.1), dass die Kosten von der Hauptaktionärin getragen würden. Hierdurch ist dem Informationsinteresse der Aktionäre Rechnung getragen, dass diese damit Kenntnis davon erlangt haben, dass die Kosten jedenfalls nicht von der Beklagten getragen wurden.

ff. Soweit geltend gemacht wird, dass Fragen in Zusammenhang mit dem Antrag auf Abwahl des Versammlungsleiters nicht beantwortet worden seien (vgl. Blatt 12 d. A.), liegt schon keine Relevanz vor, da die Abstimmungsempfehlung zurückgezogen wurde (vgl. Seite 22 des Protokolls, Anlage B 9).

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 91 a, 100, 101, 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2, 543 Abs. 2 ZPO.

Die Parteien haben hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 2 über die Feststellung des Jahresabschlusses der Beklagten zum 31.12.2004 die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Insoweit sind die Kosten der Beklagten aufzuerlegen. Nach § 175 Abs. 2 Satz 1 AktG ist der Jahresabschluss von der Einberufung der Hauptversammlung an zur Aussicht der Aktionäre auszulegen. Nach § 299 Abs. 1 HGB ist auch der Konzernabschluss auf den Stichtag des Jahresabschlusses des Mutterunternehmens aufzustellen. Die Beklagte hatte als Mutterunternehmen auch den Konzernabschluss, den Konzernlagebericht und den Prüfungsbericht des Aufsichtsrats gemäß § 175 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 AktG auszulegen. Dies ist unstreitig nicht geschehen, da der Konzernabschluss zum Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht vorlag. Diese Pflichtverletzung stellt daher einen Anfechtungsgrund dar (Hüffer, a.a.O. , § 175 Rn. 5). Die Beklagte wäre daher ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses voraussichtlich unterlegen. Lediglich die Kläger zu 14) und zu 19) wären auch insoweit unterlegen, da sie nicht anfechtungsberechtigt waren.

Dieser Streitgegenstand war allerdings nicht mehr Gegenstand der Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs. Hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens ist daher von einem vollständigen Unterliegen der Kläger auszugehen.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 16.03.2009 über die Zulässigkeit von Ausschlussverlangen gemäß § 327 a Abs. 1 AktG im Zusammenhang mit der Gewährung von Wertpapierdarlehen abschließend entschieden. Die weiteren Fragen, insbesondere die einer Informationspflichtverletzung, sind bereits höchstrichterlich entschieden und haben keine Bedeutung über den Einzelfall hinaus.

<Anmerkung der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofs: Der Berichtigungsbeschluss vom 8. Juni 2010 ist in den Tenor eingearbeitet worden und wurde wie folgt begründet:

Gründe:

Es handelt sich um eine offenbare Unrichtigkeit hinsichtlich der Kostenentscheidung über die Nebenintervention i.S.v. § 319 Abs. 1 ZPO.>






OLG München:
Urteil v. 26.11.2009
Az: 23 U 2306/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/47b50c753a9c/OLG-Muenchen_Urteil_vom_26-November-2009_Az_23-U-2306-06




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share