Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Juli 2002
Aktenzeichen: 30 W (pat) 88/01

(BPatG: Beschluss v. 29.07.2002, Az.: 30 W (pat) 88/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 29. Juli 2002 (Aktenzeichen 30 W (pat) 88/01) die Beschwerde der Widersprechenden gegen die Eintragung einer jüngeren Marke zurückgewiesen. Die Widersprechende hatte eine ältere Marke, die sie bereits 1970 für bestimmte Waren hatte eintragen lassen, gegen die jüngere Marke eingewandt. Die Markenstelle hatte in zwei Beschlüssen bereits eine Verwechslungsgefahr verneint, da die Widersprechende die Benutzung ihrer Marke nicht ausreichend glaubhaft gemacht hatte. Die Widersprechende hatte daraufhin Beschwerde eingelegt und zur Glaubhaftmachung der Benutzung Auszüge aus ihrer Webseite und Kopien aus einem Katalog vorgelegt. Das Gericht ist jedoch der Ansicht, dass diese Unterlagen nicht ausreichen, um eine ausreichende Glaubhaftmachung der Benutzung zu erbringen. Es fehlen Unterlagen, die die tatsächliche Verwendung der Marke auf den Waren oder Verpackungen zeigen. Außerdem ist nicht erkennbar, ob und welche Umsatzzahlen erzielt wurden. Das Gericht weist daher die Beschwerde zurück, da die Widersprechende die Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht hat. Es ist jedoch zu beachten, dass eine Kostenauferlegung noch nicht veranlasst ist, da die Widersprechende zumindest versucht hat, die Benutzung glaubhaft zu machen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.07.2002, Az: 30 W (pat) 88/01


Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

I.

Eingetragen ist unter 2 911 704 das Zeichensiehe Abb. 1 am Endefür zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 7, 11, 16, 17, 35 und 42.

Die Bekanntmachung ist am 10. Januar 1996 erfolgt.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin der rangälteren, seit 1970 nach einer im Jahre 2001 erfolgten Teillöschung für zahlreiche Waren der Klassen 6, 7, 9, 11 und 21 unter 874 849 eingetragenen Markesiehe Abb. 2 am Ende Die Schutzdauer des Widerspruchszeichens wurde zuletzt 1999 verlängert.

Die Markeninhaberin hat bereits im patentamtlichen Verfahren die Benutzung des Widerspruchszeichens bestritten. Die Widersprechende hat unter dem 14. November 1997 eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt.

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markensamtes hat in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr verneint. Im übrigen sind Benutzungsfragen dahingestellt gelassen, zugleich aber darauf hingewiesen worden, daß die vorgelegten Benutzungsunterlagen insbesondere im Hinblick auf die tatsächliche Markenverwendung an der Ware oder der Verpackung nicht als ausreichend angesehen werden könnten.

Die Widersprechende hat Beschwerde erhoben. Sie ist der Ansicht, zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen bestehe Verwechslungsgefahr. Zur Glaubhaftmachung der Benutzung hat sie Auszüge aus der Webseite der Widersprechenden sowie Kopien aus einem Katalog vorgelegt.

Die Widersprechende beantragt (sinngemäß), die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, eine Benutzung sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Die Vorlage von Unterlagen im Termin sei verspätet. Im übrigen bestehe auch keine Verwechslungsgefahr.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist in der Sache ohne Erfolg.

Der Widerspruch ist schon deshalb zurückzuweisen, da die Widersprechende auf die erhobene Nichtbenutzungseinrede (§ 43 Abs 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG) eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht hat (§§ 43 Abs 1 Satz 3, Abs 2 Satz 2 MarkenG).

Da die Inhaberin der angegriffenen Marke die Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke nach Ablauf der Benutzungsschonfrist erhoben und diese auch nicht in zeitlicher Hinsicht auf einen der in § 43 Absatz 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG genannten benutzungsrelevanten Zeiträume beschränkt hat, war von der Widersprechenden für die Zeiträume von fünf Jahren vor Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke (10. Januar 1996) und zusätzlich von fünf Jahren zurückgerechnet vom Entscheidungsdatum in der vorliegenden Beschwerdesache (29. Juli 2002) eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke für die eingetragenen Waren glaubhaft zu machen.

Zumindest für den letztgenannten Zeitraum ist eine ausreichende Glaubhaftmachung nicht erfolgt.

Als Mittel zur Glaubhaftmachung kommen alle präsenten Beweismittel, in erster Linie eine eidesstattliche Versicherung über Art und Umfang der Benutzung durch die Angabe von Umsatzzahlen in Betracht. Außerdem können auch sonstige Unterlagen wie zB Preislisten, Prospekte, Etiketten, Rechnungskopien usw als Glaubhaftmachungsmittel geeignet sein und insbesondere zur Erläuterung, Ergänzung und Verdeutlichung einer eidesstattlichen Versicherung dienen (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 43 Rdn 44, 50 mwNachw). Da die Form der Benutzung regelmäßig nicht durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht werden kann, bedarf es hierfür der Vorlage der tatsächlich verwendeten Markenform, entweder auf der Originalware oder -verpackung oder in sonstigen Wiedergabearten (zB Photos usw), die hinreichend deutlich erkennen lassen, in welcher Form die Marke als Kennzeichnung von Waren und Dienstleistungen eingesetzt worden ist (Althammer/Ströbele aaO Rdn 53 mwNachw).

Diesen vorstehend aufgezeigten Anforderungen genügen die für den späteren Benutzungszeitraum vorgelegten Unterlagen nicht. Die im Termin überreichten Auszüge aus dem Internet lassen die Form der Markenverwendung in keiner Weise erkennen. Auch die vorgelegten Kopien aus einem Katalog der Widersprechenden sind hierzu nicht geeignet. Auf einigen der dort enthaltenen Konstruktionszeichnungen mag zwar das Widerspruchszeichen erkennbar sein. Derartige Zeichnungen lassen jedoch keinen hinreichenden Rückschluß darauf zu, ob und in welcher Weise die Marke auch auf den Waren bzw Warenverpackungen selbst erscheint. Hierzu hätte es der Vorlage der Waren oder von photographischen Abbildungen davon bzw von Verpackungsmustern bedurft.

Darüber hinaus ist mangels Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung nicht erkennbar, ob und ggf welche Warenumsätze im einzelnen getätigt worden sind. Rückschlüsse aus der eidesstattlichen Versicherung vom 14. November 1997 auf den hier gegenständlichen zweiten Benutzungszeitraum können nicht gezogen werden. Zum einen ist der zeitliche Abstand der dort glaubhaft gemachten Umsatzzahlen aus dem Jahr 1994 zu dem hier gegebenen Benutzungszeitraum zu groß. Im übrigen läßt auch die eidesstattliche Versicherung vom 14. November 1997 nicht erkennen, daß es sich bei den genannten Zahlenwerten um für das hier vorliegende Verfahren einschlägige Inlandsumsätze handelt.

Da die im Termin vorgelegten Unterlagen für eine Glaubhaftmachung der Benutzung nicht ausreichend sind, kann die Frage einer Zurückweisung als verspätet vorliegend dahinstehen.

Gerichtliche Aufklärungshinweise nach § 82 Absatz 1 Satz 1 MarkenG in Verbindung mit §§ 139, 278 ZPO waren nicht veranlaßt. Der im Rahmen des Benutzungszwangs herrschende Beibringungsgrundsatz verbietet es unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Unparteilichkeit, einem Verfahrensbeteiligten im einzelnen aufzugeben, wie und durch welche Unterlagen eine Glaubhaftmachung erfolgen kann (vgl Althammer/Ströbele aaO Rdn 38 mwNachw). Ungeachtet dessen waren Aufklärungshinweise schon deshalb nicht geboten, weil die Markenstelle im angefochtenen Erinnerungsbeschluß bereits deutliche Bedenken im Hinblick auf die Glaubhaftmachung der konkreten Markenverwendung geäußert hat.

Eine Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 MarkenG) ist noch nicht veranlaßt. Ein Verstoß gegen die prozessuale Sorgfaltspflicht liegt regelmäßig erst vor, wenn nicht einmal versucht wird, die bestrittene Benutzung glaubhaft zu machen. Das ist hier nicht der Fall.

Dr. Buchetmann Voit Schramm Hu Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)88-01.1.3.gif Abb. 2 http://agora/bpatgkollision/docs/30W(pat)88-01.2.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 29.07.2002
Az: 30 W (pat) 88/01


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