Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Oktober 2005
Aktenzeichen: 30 W (pat) 70/04

(BPatG: Beschluss v. 24.10.2005, Az.: 30 W (pat) 70/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In der Gerichtsentscheidung geht es um die Eintragung einer Wortmarke "NOBLESSE" für verschiedene Produkte im Bereich Türen und Türgriffe. Die zuständige Markenstelle hat die Anmeldung abgelehnt, da die Marke nach ihrer Auffassung keine Unterscheidungskraft besitzt und ein Freihaltebedürfnis besteht. Die Beschwerde der Anmelderin wurde nun vor dem Bundespatentgericht verhandelt.

Das Bundespatentgericht bestätigte die Entscheidung der Markenstelle. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Marke nur dann schutzfähig, wenn sie vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen erkannt wird. In diesem Fall erfüllt die Marke "NOBLESSE" diese Anforderungen nicht, da sie lediglich eine beschreibende Aussage über die Eigenschaften der Produkte darstellt.

Das Wort "Noblesse" bedeutet sowohl in Deutsch als auch in Französisch "Adel" und deutet auch auf einen vornehmen, eleganten Stil hin. Es wird häufig in der Werbung verwendet, um Produkte von besonders hoher Qualität und Exklusivität zu beschreiben. Die Verkehrskreise erkennen daher in der Marke "NOBLESSE" lediglich eine werbeartige Anpreisung der Produkte und nicht einen betrieblichen Herkunftshinweis.

Die Anmelderin konnte mit ihren Argumenten nicht überzeugen. Auch Verweise auf Voreintragungen des Begriffs "Noblesse" konnten keine entscheidungsrelevanten Gründe liefern. Aufgrund dieser Feststellungen besteht auch ein berechtigtes Freihaltebedürfnis der Mitbewerber an der Marke.

Damit wurde die Beschwerde der Anmelderin abgewiesen und die Marke "NOBLESSE" wird nicht in das Markenregister eingetragen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 24.10.2005, Az: 30 W (pat) 70/04


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister als Wortmarke angemeldet für die Waren

"Innentüren und Wohnungstüren sowie Türblätter dafür (jeweils nicht aus Metall), insbesondere aus Holzwerkstoffen, Spanmaterialien, einschließlich Spanplatten, Fasermaterialien, einschließlich Hartfaserplatten, MDF-Platten und HDF-Platten, oder Massivholz, Zargen für Innentüren und Wohnungstüren (jeweils nicht aus Metall), Türdrücker und Türgriffe für Innentüren und Wohnungstüren"

ist die Bezeichnung NOBLESSE.

Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft und eines bestehenden Freihaltebedürfnisses zurückgewiesen. Im Zusammenhang mit den benannten Waren vermittle die Marke den beschreibenden Sinngehalt, dass es sich um Waren handele, die eine elegante Erscheinung und eine vornehme Wirkung haben und die sich durch ihre noble Art und ihre "Erhabenheit" auszeichnen. "NOBLESSE" werde im Sinne einer Beschaffenheits- und/oder Bestimmungsangabe als Qualitätsberühmung verstanden. Der Begriff sei in allen Branchen beliebt, um auf eine besondere Exklusivität der Waren hinzuweisen.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt.

Die Markenstelle habe einen zu weiten Bedeutungsgehalt für den Begriff "NOBLESSE" angenommen, der mit "Adel" und im übertragenen Sinne "das Edle, Erhabenheit" zu übersetzen sei. Dadurch, dass mit dem Begriff Assoziationen verbunden seien, werde der Begriff per se nicht beschreibend. Im übrigen verweist sie auf Voreintragungen dieses Begriffes.

Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 vom 23. Januar 2003 aufzuheben.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten und die der Anmelderin übersandten Internetrechercheergebnisse Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete Marke "NOBLESSE" ist gemäß § 8 Absatz 2 Nr 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, weil ihr für die angemeldeten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion einer Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren bzw Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden (BGH MarkenR 2004, 39 - City Service). Die Unterscheidungskraft einer Marke ist dabei zum einen in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen, die sich aus den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchern dieser Waren oder Durchschnittsempfängern dieser Dienstleistungen zusammensetzen (vgl EuGH MarkenR 2004, 99 - Postkantoor).

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH sind Wortmarken nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft von der Eintragung ausgeschlossen, wenn ihnen entweder ein für die fraglichen Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden kann oder es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache handelt, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (vgl BGH aaO - City Service). So kann auch solchen Bezeichnungen, die keine beschreibenden Angaben im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellen und die auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörtern der Alltagssprache gehören, jegliche Unterscheidungskraft fehlen. Das ist insbesondere bei allgemein warenanpreisenden Ausdrücken oder Wortfolgen anzunehmen, bei denen - ohne eine warenbeschreibende Sachangabe zu sein - ein auf die Ware bezogener Sinngehalt so stark im Vordergrund steht, dass der Gedanke fern liegt, es könnte sich - über eine Werbeaussage hinaus - um einen Herkunftshinweis handeln (vgl BGH GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns; GRUR 2000, 323, 324 - Partner with the Best).

Bei der Prüfung ist von einem großzügigen Maßstab auszugehen, dh jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl BGH GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Allerdings darf die Prüfung dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern sie muß vielmehr streng und vollständig ausfallen (vgl EuGH WRP 2003, 735 - Libertel-Orange; aaO - Postkantoor).

Nach diesen Grundsätzen erfüllt die angemeldete Marke selbst diese geringen Anforderungen nicht, da sie eine Sachaussage beinhaltet, die sich ausschließlich in der Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erschöpft (vgl BGH aaO - marktfrisch).

Das Wort "Noblesse" bedeutet in der deutschen wie in der französischen Sprache "Adel" aber auch "Vornehmheit, noble Art; vornehme, elegante Erscheinung, Wirkung" (vgl Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl. CD-ROM; LEO Onlinewörterbuch - Französisch-Deutsch der TU München).

In seiner übertragenen Bedeutung wird "Noblesse" daher verwendet, um auf etwas "Nobles, Edles, Stilvolles" und damit besonders Gelungenes, etwas besonders Formvollendetes, Fehlerfreies von hervorragender Qualität und Exklusivität hinzuweisen. Der Begriff "Noblesse" wird deshalb wie der vergleichbare Begriff "Elegance" im Sinne von "nobel, elegant, exklusiv, stilvoll, luxuriös" deshalb auch in Zusammensetzungen mit weiteren Adjektiven gerade in der Werbesprache benutzt, um das Produkt oder dessen konkrete Eigenschaften besonders hervorzuheben und werbeanpreisend herauszustellen.

Die Verwendung des Begriffes "Noblesse" in dieser Bedeutung läßt sich für den hier vorliegenden und weitere Warenbereiche feststellen. So wird mit dem Begriff "Klassische Noblesse in Edel-Ausführung" für einen Schrank geworben, der in "massivem Lindenholz, cremefarbener Lackierung und exklusivem Kranzprofil" ausgestattet ist (vgl. http://www2.otto.de/cat/Wohnen/K%FCche%20&%20Esszimmer/Highboards.php). mit "Naturwüchsige Wärme oder elegante Noblesse" wirdgeworben für Holzarbeiten einer Schreinerei (vgl http://www.schreinereimrupp.de/moebel.html). Im Zusammenhang mit der Grundrissgestaltung eines Wohnraumes durch Fenster und Türen wird der Eindruck des Raumes beschrieben mit " Die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster und Türen geben der räumlichen Sparsamkeit eine gewisse Noblesse" (vgl http://plottegg.tu- wien.ac.at/seiersb.htm).

Dem allgemeinen Verkehr ist der Begriff "Noblesse" als Synonym für Eleganz und Luxus und einen vornehmen Stil insbesondere aus dem Kraftfahrzeugmarkt bekannt. Luxusklassewägen stammen von bekannten "Nobelmarken" und zeichnen sich neben besonderen technischen Merkmalen auch durch eine gewisse "Noblesse" aus (vgl http://www.managermagazin.de/magazin/artikel/0,2828,214531,00.html). All diese Fundstellen sind der Anmelderin mit der Ladung zum Termin zugestellt worden.

Von der Anmelderin selbst wird die Bezeichnung "Noblesse" in der Zusammensetzung "Zarge Noblesse- diese Zarge veredelt Türen" verwendet, um auf ein besonders markantes Design einer von ihr angebotenen Türzarge hinzuweisen, die auch eine schlichte glatte Türe optisch aufwerten könne (vgl http://compacttueren.de/zargen_noblesse.html).

In der Werbesprache allgemein und auch gerade in dem hier maßgeblichen Bereich ist dem Publikum der Begriff "Noblesse" vertraut, so dass es den Bedeutungsgehalt von "nobel, elegant, luxuriös, exklusiv" als im Vordergrund stehenden beschreibenden Sinngehalt deutlich, unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken erkennen wird. Dieser beschreibende Aussagegehalt ist dabei so deutlich und unmißverständlich, dass seine Funktion als sachbezogener Begriff nahegelegt ist und die beteiligten Verkehrskreise in dem Zeichen lediglich eine werbeschlagwortartige Anpreisung der Waren, nicht jedoch einen betrieblichen Herkunftshinweis erkennen.

Dabei ist es in der Werbesprache üblich, Begriffe für Hinweise auf Eigenschaften der Waren schlagwortartig sowohl mit dem Adjektiv als auch mit dem entsprechenden Substantiv zu verwenden und auch die Großschreibung einzusetzen, um die Begriffe besonders hervorzuheben.

Die Bedeutung des Begriffes "Noblesse" im Sinne von "Adel" ist in bezug auf die beanspruchten Waren daher nicht nahe liegend.

Auch die von der Anmelderin vorgelegten Internetrecherchebeispiele ergeben keine andere Beurteilung des Begriffes "Noblesse" in Alleinstellung. Vielmehr wird auch in den zusammengesetzten Begriffen die beschreibende Bedeutung des Bestandteils "Noblesse" deutlich. Aus dem vorgelegten Testbericht "Noblesse Design-Tower Review" wird deutlich, dass sich der sog "Noblesse Meditower" durch sein "mattschwarzes extravagantes Aussehen" und auch von seinem Aufbau her von "der breiten Gehäuse-Masse" abhebt. So handelt es sich um ein "qualitativ hochwertiges Gehäuse...Die Frontseite wirkt edel und der Kunststoff macht alles andere als einen billigen Eindruck..." (vgl http://www.au.ja.org/reviewnoblesse.phtml).

Somit wird die hier angemeldete Bezeichnung "NOBLESSE" in dem angeführten Bedeutungsgehalt von den angesprochenen Verkehrskreisen als werbeschlagwortartige Anpreisung der Waren in dem Sinne verstanden werden, dass es sich um Waren von "ausgesuchter Qualität, Exklusivität, Eleganz und Luxus" handelt.

Eine schutzbegründende Unbestimmtheit oder Mehrdeutigkeit ist daher nicht zu erkennen. Im übrigen besteht ein Schutzhindernis bereits dann, wenn eine von mehreren möglichen Bedeutungen eine beschreibende Angabe darstellt (vgl EuGH MarkenR 2003, 450 DOUBLEMINT).

Zudem genügt es für die Unterscheidungskraft des Wortzeichens nicht schon, dass es seinem semantischen Gehalt nach keine Informationen über die Art der bezeichneten Waren enthält. Das Fehlen der Unterscheidungskraft kann nämlich bereits festgestellt werden, wenn der semantische Gehalt des Wortzeichens den Verbraucher auf ein Merkmal der Ware hinweist, das deren Verkehrswert betrifft und, ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde, oder eine Werbebotschaft enthält, die von den maßgebenden Verkehrskreisen in erster Linie als eine solche und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Dienstleistungen wahrgenommen werden wird (vgl EuG MarkenR 2003, 314 - Best Buy).

Soweit sich die Anmelderin auf Voreintragungen des Begriffes "Noblesse" beruft, vermag dies für sich oder in Verbindung mit dem Gleichheitssatz keine anspruchsbegründende Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamtes ergeben, da die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens- sondern eine reine Rechtsfrage darstellt (Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 8 Rdn 262).

Aufgrund der vorgenannten Feststellungen bestehen auch hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass das angemeldete Zeichen im Hinblick auf die beanspruchten Waren eine beschreibende Angabe im Sinne des § 8 Absatz 2 Nr 2 MarkenG darstellt, an der die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltebedürfnis haben.

Dr. Buchetmann Winter Hartlieb Hu






BPatG:
Beschluss v. 24.10.2005
Az: 30 W (pat) 70/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/3b6ef0cdf253/BPatG_Beschluss_vom_24-Oktober-2005_Az_30-W-pat-70-04




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