Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. August 2003
Aktenzeichen: 17 W (pat) 51/01

(BPatG: Beschluss v. 26.08.2003, Az.: 17 W (pat) 51/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 26. August 2003 (17 W (pat) 51/01) die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Februar 2001 aufgehoben und das Patent erteilt. Die Erteilung basiert auf den eingereichten Patentansprüchen 1-4, der Beschreibung der Erfindung und den dazugehörigen Zeichnungen.

Die Anmeldung bezieht sich auf ein Verfahren zur Sicherung des Programmablaufs beim Aufruf von Unterprogrammen, insbesondere für die Verwendung von Chipkarten. Das Verfahren stellt sicher, dass die übermittelten Parameter bei der Übergabe nicht verändert wurden, indem das aufrufende Programm eine Checksumme bildet und diese in einem Speicher ablegt. Das aufgerufene Programm bildet ebenfalls eine Checksumme und vergleicht sie mit der vorherigen Checksumme. Bei Ungleichheit wird das Programm abgebrochen oder eine Fehlermeldung ausgegeben.

Die Prüfungsstelle hatte die Patentanmeldung zunächst aufgrund mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückgewiesen. Die Anmelderin legte jedoch in ihrer Beschwerde dar, dass das Verfahren im Vergleich zum Stand der Technik eine Verbesserung darstellt, da die Überprüfung bereits zu Beginn der Ausführung des Unterprogramms erfolgt und nicht erst beim Rücksprung. Das Gericht stellte fest, dass das Verfahren neu gegenüber dem Stand der Technik ist und auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die genannten Druckschriften, die vom Prüfungsverfahren genannt wurden, betreffen nicht die Ausführung von Unterprogrammen und können daher die Patentfähigkeit des Verfahrens nicht in Frage stellen. Auch werden im Patentanspruch 1 des Antrags weitere nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Verfahrens genannt.

Aufgrund dieser Begründung gab das Bundespatentgericht der Beschwerde statt und erteilte das Patent.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 26.08.2003, Az: 17 W (pat) 51/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse G06F des Deutschen Patent- und Markenamts vom 13. Februar 2001 aufgehoben und das Patent erteilt.

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentansprüche 1 - 4 und Beschreibung Seiten 1 - 7 mit Seite 2a, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2003, sowie 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3, eingegangen am Anmeldetag (20. September 1999).

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung wurde von der Prüfungsstelle für Klasse G 06 F des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen. In den Gründen ist ausgeführt, daß die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 2 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

"Verfahren zur Sicherung des Programmablaufs beim Aufruf von Unterprogrammen, wobei das aufgerufene Programm eine Überprüfung der vom aufrufenden Programm direkt oder indirekt übermittelten Parameter ausführtdadurch gekennzeichnet, dass - das aufrufende Programm über die zu übergebenden Parameter eine erste Checksumme bildet,

- - diese erste Checksumme in einem dafür vorgesehenen Speicherbereich abgelegt wird,

- - das aufgerufene Programm zu Beginn seiner Ausführung über die erhaltenen Parameter eine zweite Checksumme bildet und auf Gleichheit mit der ersten Checksumme überprüft und - bei Ungleichheit der ersten und der zweiten Checksumme das Programm abgebrochen oder eine Fehlermeldung ausgegeben wird."

Der Anmeldung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben, das die sichere Überprüfung von modular aufgebauten Programmen, insbesondere bei Unterprogrammaufrufen, zuläßt (Beschreibung Seite 2, Zeilen 4 bis 6).

Die Anmelderin führt aus, daß es beim vorliegenden Verfahren darum gehe, den Schutz von Programmen, die auf einer Chipkarte ablaufen, vor Manipulationen zu verbessern. Im Unterschied zum Stand der Technik erfolge die Überprüfung zu Beginn der Ausführung des Unterprogramms und nicht erst beim Rücksprung. Sie ist der Ansicht, daß der Gegenstand des nunmehrigen Patentanspruchs 1 patentfähig sei.

Sie stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das nachgesuchte Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 - 4 und Beschreibung, beides überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 26. August 2003, sowie 2 Blatt Zeichnungen mit Figuren 1 - 3 vom Anmeldetag (20. September 1999).

II.

Die Beschwerde ist frist- und formgerecht eingereicht. Sie hat auch Erfolg, da der Gegenstand des Patentanspruchs 1 patentfähig ist, insbesondere auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht (§ 4 PatG).

Mit dem Verfahren nach dem Patentanspruch 1 sollen die Übergänge zu Unterprogrammen sicherer gemacht werden, um Manipulationen bei Chipkarten zu verhindern. Dazu bildet das aufrufende Programm über die zu übergebenden Parameter eine Prüfsumme (Checksumme). Das aufgerufene Unterprogramm bildet über die empfangenen Parameter zu Beginn der Ausführung ebenfalls eine Prüfsumme. Die beiden Prüfsummen werden verglichen. So wird sichergestellt, daß die übergebenen Parameter bei der Übergabe nicht verändert worden sind.

Im Prüfungsverfahren wurden folgende Druckschriften genannt:

1. DE 197 01 166 A1 2. US-Z: IEEE Transactions on Computer-Aided Design, Vol. 9, No. 6, June 1990, Seiten 665 - 669 3. DE 35 02 387 C2 4. DE 37 09 524 C2.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 ist neu gegenüber dem aus diesen Druckschriften jeweils bekannten Stand der Technik.

Die DE 197 01 166 A1 betrifft ein Verfahren zur Überwachung der bestimmungsgemäßen Ausführung von Softwareprogrammen. Es wird, wie üblich, die Rücksprungadresse über den Stack an das Unterprogramm übergeben. Gleichzeitig wird die Rücksprungadresse auch in einem Speicher 3 hinterlegt. Bei Beendigung des Unterprogramms wird die Rücksprungadresse aus dem Unterprogramm mit der hinterlegten Adresse im Speicher 3 verglichen, um Manipulationen erkennen zu können. Im Patentanspruch 5 heißt es, daß als Sicherungsinformationen die Rücksprungadresse oder charakteristische Daten verwendet werden. Nähere Angaben hierzu enthält die Beschreibung nicht.

Unterschiedlich ist schon der Zeitpunkt der Überprüfung, beim Anmeldungsgegenstand zu Beginn des Unterprogramms und am Ende des Unterprogramms nach dieser Druckschrift.

Die Druckschrift 2 beschreibt eine Möglichkeit, Programme schneller zu testen. Dazu werden über Datenfelder Checksummen gebildet und mit Checksummen von einem Referenzprogramm verglichen, um so Fehler im Programmablauf zu entdecken.

Bei der DE 35 02 387 C2 geht es um die Überwachung von Mikroprozessorsystemen. Im Programmablauf sind eine Vielzahl von Kontrollpunkten vorgesehen, die zu vorgegeben Zeitabläufen im Programmablauf erreicht werden müssen. Dazu ist eine Uhr vorgesehen, die immer wieder nach Erreichen eines Kontrollpunktes neu "aufgezogen" wird.

Nach der DE 37 09 524 C2 werden zur Sicherung von Speicherinhalten Prüfsummen über vorgegebene Speicherbereiche gebildet und in einem Speicher abgelegt. Diese Prüfsummen können dann zu gewünschten Zeitpunkten überprüft werden.

Die Druckschriften 2 bis 4 betreffen nicht die Ausführung von Unterprogrammen; sie können schon deshalb die Neuheit des Verfahrens nach dem Anspruch 1 nicht in Frage stellen.

Das Verfahren nach dem Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Aus der DE 197 01 166 A1 ist ein Verfahren nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 bekannt, nämlich zur Sicherung des Pragrammablaufs beim Aufruf von Unterprogrammen, wobei das aufgerufene Programm eine Überprüfung der vom aufrufenden Programm direkt oder indirekt übermittelten Daten ausführt (vgl. insb. Figur 1 und zugehörige Beschreibung). Zwar ist die Verwendung beim Aufruf von Unterprogrammen nicht ausdrücklich erwähnt, doch der Fachmann erkennt, daß dieses Verfahren bei Verwendung von Unterprogrammen angewendet wird (vgl. insb. Spalte 2, Zeilen 51 bis 63).

Dazu legt das aufrufende Programm Parameter in einem dafür vorgesehenen Speicherbereich (3) ab, das aufgerufene Programm überprüft die vom aufrufenden Programm erhaltenen Parameter (in 1) auf Gleichheit (in 5) mit den abgelegten Parametern. Bei Ungleichheit wird das Programm abgebrochen oder eine Fehlermeldung ausgegeben.

Nach dem Ausführungsbeispiel der Figur 2 dieser Druckschrift ist noch ein Schreibschutzbit für die Rücksprungadressen im Stack vorgesehen.

Im Patentanspruch 5 ist aufgeführt, daß als Sicherungsinformation die Rücksprungadresse selbst oder diese repräsentierende oder charakterisierende Daten verwendet werden können. Zusätzliche Hinweise hierzu gibt es in den übrigen Unterlagen nicht. Der Fachmann weiß zwar, daß hierunter eine Quer- oder Checksumme fallen kann, doch führt die Beschreibung, insb der Figur 2 mit dem Schreibschutz, vor allem Spalte 6, Zeilen 50 bis 58, ihn in eine andere Richtung. Dies hängt vor allem mit der unterschiedlichen Überprüfung zusammen. Der Schreibschutz ist vorgesehen, weil der Vergleich erst nach Beendigung des Unterprogramms erfolgt und die Daten deshalb geschützt werden müssen. Im Gegensatz hierzu erfolgt beim Anmeldungsgegenstand der Vergleich zu Beginn des Unterprogramms, wo ein Überschreiben noch nicht zu befürchten ist.

Dadurch werden nach dem beanspruchten Verfahren Auswirkungen von Fehlern von vornherein verhindert.

Die Druckschriften 2 (US-Z: IEEE Transactions on Computer-Aided Design, Vol. 9, No. 6, June 1990, Seiten 665 - 669) und 3 (DE 35 02 387 C2) befassen sich nicht mit Unterprogrammen. Bei der Druckschrift 4 (DE 37 09 524 C2) werden feste Parameter (Speicherplätze) überprüft und keine sich während des Programmablaufs ergebenden Parameter.

Auch bei Kenntnis der DE 197 01 166 A1 ergibt eine Zusammenschau mit diesen Druckschriften nicht das Verfahren nach dem Patentanspruch 1.

Die Patentansprüche 2 bis 4 enthalten nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Verfahrens nach dem Patentanspruch 1.

Der Beschwerde ist somit stattzugeben und das nachgesuchte Patent zu erteilen.

Bertl Dr. Schmitt Dr. Kraus Prasch Bb






BPatG:
Beschluss v. 26.08.2003
Az: 17 W (pat) 51/01


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