Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. Oktober 2002
Aktenzeichen: 32 W (pat) 294/01

(BPatG: Beschluss v. 23.10.2002, Az.: 32 W (pat) 294/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 23. Oktober 2002 (Aktenzeichen 32 W (pat) 294/01) die Entscheidungen des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 12. Oktober 1999 und vom 11. September 2001 aufgehoben.

In der Entscheidung ging es um die Anmeldung einer Bildmarke für "Speiseeis". Die Markenstelle hatte die Anmeldung abgelehnt, da das angemeldete Zeichen auf Englisch "größer" bedeute und keine Unterscheidungskraft aufweise. Laut der Markenstelle sei das graue Viereck lediglich Hintergrund, die Schriftart üblich und die Überlappung der beiden G falle nicht auf. Die Eintragung von Drittzeichen gebe keine rechtlichen Ansprüche und sei keine Ermessensentscheidung.

Die Anmelderin legte daraufhin Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Sie argumentierte, dass der Verbraucher das angemeldete Zeichen als "Bagger" und nicht als Komparativ von "big" wahrnehmen würde. Sie forderte daher die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse und die Eintragung ihrer Marke.

Das Bundespatentgericht gab der Beschwerde statt. Es stellte fest, dass weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch das einer Angabe im Sinne des Markenrechts entgegenstehe. Zur Beurteilung der Schutzfähigkeit sei nicht von der Bezeichnung "bigger" auszugehen, sondern allein auf die schriftbildliche Gestaltung des Zeichens. Unterscheidungskraft sei die Eignung einer Marke, dem Verkehr als Unterscheidungsmittel zu dienen. Hierbei sei ein großer Maßstab anzulegen und sogar eine geringe Unterscheidungskraft ausreichend, um das Schutzhindernis zu überwinden. Bei graphisch ausgestalteten Worten sei das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft nur dann gegeben, wenn die Graphik eine warenbeschreibende Angabe oder werbliche Gestaltungselemente darstelle.

Das angemeldete Zeichen wurde als Gesamtheit zur betrieblichen Herkunftsbezeichnung gesehen, da es charakteristische Merkmale aufweise, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis erkenne. Der optische Gesamteindruck der Marke erwecke bereits beim ersten Betrachten einen wiedererkennbaren Effekt. Daher werde das angemeldete Zeichen nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der beanspruchten Waren dienen.

Der Beschluss des Bundespatentgerichts hat somit zur Folge, dass die beantragte Marke zur Eintragung ins Markenregister zugelassen wird.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 23.10.2002, Az: 32 W (pat) 294/01


Tenor

Auf die Beschwerde werden die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 30 - vom 12. Oktober 1999 und vom 11. September 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Anmeldung der Bildmarkesiehe Abb. 1 am Endefür "Speiseeis" hat die Markenstelle für Klasse 30 in zwei Beschlüssen, von denen einer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen, weil das angemeldete Zeichen auf Englisch "größer" bedeute. Die Graphik führe nicht zur Unterscheidungskraft. Das graue Viereck sei lediglich Hintergrund. Die Schriftart sei üblich. Die Überlappung der beiden G falle nicht auf. Die weiße Umrandung hebe das Wort nur hervor. Diagonale Schriften seien nicht originell. Die Eintragung von Drittzeichen gebe keine rechtlichen Ansprüche; die Eintragung sei keine Ermessensentscheidung.

Gegen diese Entscheidung hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, der Verbraucher nehme BIGGER wie "Bagger" und nicht als Komparativ von "big".

Sie beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Eintragung der angemeldeten Marke zu beschließen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) noch das einer Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen.

Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit ist nicht von der Bezeichnung "bigger" auszugehen. Ob es als Größenangabe schutzunfähig wäre, ist unerheblich, denn zur Feststellung der Schutzunfähigkeit ist allein auf die gewählte schriftbildliche Gestaltung abzustellen (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN).

Unterscheidungskraft im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende Eignung, dem Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer zu dienen.

Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH MR 2000, 48 - Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the Best).

Bei graphisch ausgestalteten Wörtern fehlt jegliche Unterscheidungskraft nur, wenn es sich auch bei der Graphik um eine warenbeschreibende Angabe oder werbeübliche Gestaltungselemente handelt.

Das angemeldete Zeichen zeigt in der Schreibweise graphische Elemente, die keinen beschreibenden Aussagegehalt aufweisen. Die das Zeichen beherrschende graphische Gestaltung ist als Gesamtheit zur betrieblichen Herkunftsbezeichnung geeignet, weil die graphischen Elemente charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (vgl. BGH aaO. - NEW MAN). Der optische Gesamteindruck der angemeldeten Marke vermittelt bereits beim ersten Anschauen durch die schräge Anordnung und die Umrahmung der Buchstaben den grauen Hintergrund sowie einen wiedererkennbaren Effekt. Das letztgenannte Merkmal bewirkt eine Zäsur zwischen BIG im Vordergrund und GER im Hintergrund (BIG GER).

Das angemeldete Zeichen zeigt damit nicht nur einfachste geometrische Formen, die in der Werbung und auf Verpackungen üblicherweise in bloß schmückender Form verwendet werden.

Ohne beschreibende Aussage der graphischen Elemente fällt die angemeldete Marke auch nicht unter § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Danach ist die Eintragung von Marken, nur ausgeschlossen, wenn Sie ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen nach Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, Wert, geographischer Herkunft, Zeit der Herstellung der Waren bzw. Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale dienen (vgl. BGH GRUR 2002, 64 -Individuelle).

Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Ko/Na Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/32W(pat)294-01.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 23.10.2002
Az: 32 W (pat) 294/01


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