Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. Februar 2006
Aktenzeichen: 25 W (pat) 34/05

(BPatG: Beschluss v. 06.02.2006, Az.: 25 W (pat) 34/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 6. Februar 2006 entschieden, dass die Beschwerde gegen die Ablehnung der Eintragung der Marke "Danceline" zurückgewiesen wird. Der Anmelder hatte die Marke für verschiedene Dienstleistungen im Bereich eines Tanzstudios angemeldet. Die Markenstelle hatte die Anmeldung jedoch aufgrund fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG abgelehnt. Das Gericht urteilte, dass die angemeldete Marke von den Verkehrskreisen lediglich als sachlicher Hinweis auf Dienstleistungen im Bereich des Tanzes verstanden wird und keine betriebliche Herkunftskennzeichnung darstellt. Die einzelnen Dienstleistungen können einen engen Bezug zum Tanzbereich haben, was die Bezeichnung "Danceline" zu einem reinen Sachhinweis macht. Das Gericht wies darauf hin, dass es nicht erforderlich ist, dass die Bezeichnung lexikalisch nachweisbar ist. Das Wort "dance" (Tanz) ist allgemein bekannt und "line" kann auf einen bestimmten Geschäftsbereich hinweisen. Somit fehlt der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft. Die Beschwerde des Anmelders wurde daher zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 06.02.2006, Az: 25 W (pat) 34/05


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Bezeichnung Dancelineist am 30. Mai 2001 für die Dienstleistungen

"Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten im Bereich eines Tanzstudios ; Erteilung von Tanzunterricht und Durchführung von Tanzveranstaltungen; Bewirtung und Verpflegung von Gästen; Betrieb einer Sport- und Tanzschule sowie Tanzcafes einschließlich Gästebewirtung; Verpflegung; Veranstaltung von Workshops für Ballett, Kindertanz, Stepptanz, Kinderstepptanz, Aerobic, Jazztanz, Flamenco, Jazzkids, Hip Hop, Gesellschaftstanz, Fitnessgymnastik, Training nach Pilates; Darbietung von Musik- und Konzertveranstaltung"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden, wobei die korrekte Bezeichnung der Marke lediglich aus dem Anschreiben und der beigefügten Vollmacht ersichtlich ist, im Anmeldeformular sie dagegen "Daneline" geschrieben wurde. Mit Eingabe vom 5. Juni 2001 teilte der Anmelder mit, dass die Marke "Danceline" lautet und es sich bei "Daneline" um einen Schreibfehler gehandelt habe.

In zwei Beschlüssen der Markenstelle für Klasse 41 vom 13. Februar 2002 und vom 28. August 2003, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, wurde die Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen. In Verbindung mit den beanspruchten Dienstleistungen werde das angemeldete Zeichen "Danceline" als Gesamtaussage in dem Sinne verstanden, dass es sich bei den so gekennzeichneten Dienstleistungen um solche aus dem Bereich des Tanzes handele bzw. dass die Dienstleistung "Bewirtung und Verpflegung von Gästen" im Zusammenhang mit Tanzveranstaltungen erbracht werde. Dieser Sinngehalt erschieße sich dem Verkehr auch ohne nähere analysierende Betrachtungsweise. Bei "dance" und "line" handele es sich um leichtverständliche, zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehörende Begriffe, die wegen ihrer Ähnlichkeit zu den entsprechenden deutschen Begriffen zur Bezeichnung einer Reihe, eines Sortiments, einer Kategorie, einer Branche oder eines Tätigkeitsbereichs üblich geworden seien. Die beiden Wörter seien zu einer grammatikalisch korrekten, sprachüblichen Kombination zusammengefasst. Der Bestandteil "line" werde nicht nur im Mode- und Haushaltswarenbereich als beschreibender Hinweis auf eine Produktlinie verstanden. Auf den Umstand, dass das Markenwort lexikalisch nicht nachweisbar sei, komme es nicht an. Der Verkehr sei daran gewöhnt, ständig mit neuen Begriffen konfrontiert zu werden, durch die ihm sachbezogene oder ausschließlich werbemäßige Informationen in einprägsamer Form übermittelt würden.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders mit dem Antrag (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben.

Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft liege nicht vor. Das von der Markenstelle ins Feld geführte Merkmal der betrieblichen Herkunftskennzeichnung gelte nicht mehr als ausschließliches Kriterium zur Unterscheidungskraft einer Marke. Vielmehr müsse der Multifunktionalität der Marke bereits im Eintragungsverfahren Rechnung getragen werden, was vorliegend versäumt worden sei. Die Wortfolge "Danceline" sei geeignet, die angebotenen Dienstleistungen des Markeninhabers zu identifizieren. Außerdem sei die Wortfolge im Hinblick auf die angemeldeten Dienstleistungen nicht rein deskriptiv, sondern einer darüber hinausgehenden Interpretation zugänglich. Es sei nicht ausreichend für die Annahme eines absoluten Schutzhindernisses, dass die angesprochenen Verkehrskreise hinter der Wortfolge irgendetwas im Zusammenhang mit "Tanz" vermuteten. Die interpretationsbedürftige Mehrdeutigkeit einer Marke indiziere deren Unterscheidungskraft. Um auf ein Tanzstudio zu schließen, bedürfe es einiger Phantasie bzw. Interpretation, so dass die Wortfolge im Bezug auf die hier ausschlaggebende Waren- und Dienstleistungsgruppe nicht rein beschreibend sei. Insbesondere beschreibe die Bezeichnung nicht die Dienstleistung "Bewirtung und Verpflegung von Gästen". Die Anmeldemarke insgesamt stelle weder in der deutschen noch in der englischen Sprache ein lexikalisch gebräuchliches Wort dar. Außerdem habe der Begriff "line" mehrere Bedeutungen. Es dränge sich kein beschreibender Bedeutungsinhalt in den Vordergrund. Es bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, denn der Eintragung der Bezeichnung "Danceline" steht für die beanspruchten Dienstleistungen zumindest ein Schutzhindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

Angemeldet ist die Wortmarke "Danceline", auch wenn sie im Anmeldeformular "Daneline" geschrieben wurde, denn es handelt sich dabei um einen offensichtlichen Schreibfehler. In dem Anschreiben vom 30. Mai 2001, dem das Anmeldeformular beigefügt war, sowie in der gleichzeitig eingegangenen Vollmacht wird die Marke jeweils mit "Danceline" wiedergegeben. Auch wenn regelmäßig eine Berichtigung der Marke mit einem offensichtlichen Rechtschreibfehler nicht in Betracht kommt (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., Rdn. 15), da ein den Orthographieregeln widersprechendes Markenwort nicht ohne weiters als ersichtlicher Schreibfehler gewertet werden darf, sondern als Phantasiewort verstanden werden kann, ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass sich aus dem Anschreiben und der beigefügten Vollmacht bereits im Anmeldezeitpunkt ergibt, welches Markenwort angemeldet werden sollte, und dass es sich bei der Wiedergabe im Formular um einen Tippfehler handelt. Dies hat der Anmelder mit Schreiben vom 5. Juni 2001 auch bestätigt.

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. zur st. Rspr. BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor). Es muss also eine Kennzeichnungskraft mit der Eignung zur Ausübung der Herkunftsfunktion verbunden sein (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl. § 8 Rdn. 42), auch wenn eine Marke zusätzlich noch weitere Funktionen haben kann.

Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren und Dienstleistungen abzustellen ist.

Keine Unterscheidungskraft besitzen nach der Rechtsprechung vor allem solche Marken, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, 678 - Postkantoor). Jedoch hat der EuGH auch darauf hingewiesen, dass eine unmittelbar beschreibende Bedeutung nicht Voraussetzung für die Annahme fehlender Unterscheidungskraft ist. Vielmehr kann die Unterscheidungskraft auch aus anderen Gründen fehlen (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 - Postkantoor; GRUR 2004, 680 - Biomild).

Die hier zu beurteilenden Dienstleistungen können breite Verkehrskreise ansprechen. Diese allgemeinen Verkehrskreise werden die angemeldete Marke nicht als betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich als sachlichen Hinweis verstehen, dass es sich um Dienstleistungen in einem Geschäftsbereich handelt, die den Tanz zum Gegenstand hat.

Das aus dem Englischen stammende Wort "dance" (Tanz) gehört zum Grundwortschatz der englischen Sprache und ist auch deutschen Verkehrskreisen allgemein bekannt. Der ebenfalls englische Begriff "line" weist auf einen bestimmten Geschäfts- oder Tätigkeitsbereich bzw. bei Waren auf eine Produktsparte hin (vgl. EuGH GRUR Int 2003, 56 - COMPANYLINE; BGH GRUR 1998,394 - Active Line; PAVIS PROMA, Kliems, 25 W (pat) 134/01 - c@rline ). In der Gesamtheit weist die angemeldete Marke daher darauf hin, dass es sich um einen Tätigkeitsbereich auf dem Gebiet des Tanzes handelt. Es ist auch nicht erforderlich, dass die sprachüblich gebildete Bezeichnung lexikalisch nachgewiesen werden kann (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, - marktfrisch).

Die angemeldete Marke ist für sämtliche angemeldeten Dienstleistungen lediglich ein Sachhinweis, da alle angemeldeten Dienstleistungen einen engen Zusammenhang mit dem Tanzbereich haben können. Es kann sich z. B. um Dienstleistungen von Tanzschulen oder bei Tanzveranstaltungen handeln. Dies gilt nicht nur für die Dienstleistungen "sportliche und kulturelle Aktivitäten im Bereich eines Tanzstudios; Erteilung von Tanzunterricht und Durchführung von Tanzveranstaltungen; Betrieb einer Sport- und Tanzschule sowie Tanzcafes einschließlich Gästebewirtung; Veranstaltung von Workshops für Ballett, Kindertanz, Stepptanz, Kinderstepptanz, Aerobic, Jazztanz, Flamenco, Jazzkids, Hip Hop, Gesellschaftstanz", die schon in der Formulierung sich auf den Tanzbereich beziehen. Auch die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung; Bewirtung und Verpflegung von Gästen; Verpflegung; Veranstaltung von Workshops für Fitnessgymnastik, Training nach Pilates; Darbietung von Musik- und Konzertveranstaltung" können einen engen Bezug zum Tanzbereich haben, der bei den verwendeten Oberbegriffen nicht ausgenommen ist. So können die Dienstleistungen "Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung; Darbietung von Musik- und Konzertveranstaltung" den Tanz zum Gegenstand haben oder ihn einbeziehen. Die Dienstleistungen hinsichtlich der Fitnessgymnastik und des Trainings nach Pilates können auch im Rahmen einer Tanzschule angeboten werden, um den Tänzern bzw. Tanzschülern für das Tanzen zu mehr körperlicher Fitness zu verhelfen. Soweit der Beschwerdeführer meint, die Bezeichnung "Danceline" beschreibe insbesondere nicht die Dienstleistungen "Bewirtung und Verpflegung von Gästen", ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei um Oberbegriffe handelt, die auch die "Bewirtung und Verpflegung von Gästen" z. B. in Tanzstudios umfasst. Auch sind Tanzveranstaltungen häufig mit "Bewirtung und Verpflegung von Gästen" verbunden. Zudem setzt das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht voraus, dass die Dienstleistung durch die Bezeichnung unmittelbar beschrieben wird.

Der Bezeichnung "Danceline" ist nicht deshalb eine Unterscheidungskraft zuzubilligen, weil man aus ihr noch nicht ersehen kann, dass es sich z. B. um Dienstleistungen eines Tanzstudios handelt. Vielmehr ist die Unterscheidungskraft zu verneinen, wenn der Verkehr in der Bezeichnung in Verbindung mit den jeweils angemeldeten Dienstleistungen einen Sachhinweis sieht und die Bezeichnung - wie hier - nicht als Marke versteht. Die mit einer verallgemeinernden Aussage wie "Danceline" einhergehende Unbestimmtheit einer Angabe oder die Unkenntnis der durch den Begriff im Einzelfall repräsentierten tatsächlichen Inhalte steht einem Verständnis als bloße Sachangabe nicht entgegen (vgl. für die Sammelbezeichnung "Bücher für eine bessere Welt" auch BGH MarkenR 2000, 330, 332; BGH WRP 2003, 1429 - Cityservice). Eine begriffliche Unbestimmtheit kann insoweit sogar gewollt sein, um einen möglichst weiten Bereich dienstleistungsbezogener Eigenschaften zu erfassen, ohne diese im Einzelnen benennen zu müssen.

Der Hinweis des Anmelders, dass das englische Wort "line" viele Bedeutungen haben kann, rechtfertigt nicht die Bejahung der Schutzfähigkeit. Im vorliegenden Fall steht nämlich die Bedeutung im Sinne von Produktbereich, Branche im Vordergrund. In der konkreten Wortverbindung und im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen ist nicht damit zu rechnen, dass der Verkehr die Bezeichnung in einem anderen Sinne (z. B. als Tanztelefonverbindung) versteht. Zudem kann auch nach EuGH GRUR 2004, 147 "DOUBLEMINT" ein Wortzeichen von der Eintragung ausgeschlossen sein, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der Waren/Dienstleistungen bezeichnet.

Voreintragungen mit dem Bestandteil "line" wie die Bezeichnung "STARTLINE", auf die der Anmelder in seiner Beschwerdebegründung hingewiesen hat, rechtfertigen demgegenüber keine andere Beurteilung, da der jeweilige Einzelfall zu beurteilen ist und zudem die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage darstellt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl. § 8 Rdn. 262). Der vorliegende Fall unterscheidet sich zudem von dem oben genannten Fall, den der 33. Senat (BPatGE 46,17 - STARTLINE) entschieden hat, da der Verkehr bei "STARTLINE" zwar an eine Startlinie im sportlichen Wettkampf denken mag, jedoch das deutsche Wort "Tanzlinie" im Sinne einer Linie, die getanzt wird, dem Verkehr nicht so geläufig ist, dass diese Bedeutung für den Verkehr bei dem Verständnis der angemeldeten Marke im Vordergrund stünde.

Da die Eintragung der angemeldeten Bezeichnung für die beanspruchten Dienstleistungen bereits gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu versagen ist, kann dahingestellt bleiben, ob auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt.

Die Beschwerde des Anmelders war deshalb zurückzuweisen.






BPatG:
Beschluss v. 06.02.2006
Az: 25 W (pat) 34/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/27ae5393c230/BPatG_Beschluss_vom_6-Februar-2006_Az_25-W-pat-34-05




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