Landesarbeitsgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 27. Mai 2004
Aktenzeichen: 16 Ta 274/04

(LAG Düsseldorf: Beschluss v. 27.05.2004, Az.: 16 Ta 274/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in einem Beschluss vom 27. Mai 2004 (Aktenzeichen 16 Ta 274/04) entschieden, dass es den Parteien eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht erlaubt ist, entgegen der gesetzlichen Regelung in §12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einen Kostenerstattungsanspruch zu vereinbaren. Dies kann auch in einem gerichtlichen Vergleich geschehen. Allerdings kann die materiellrechtlich wirksame Vereinbarung über die Erstattung der gesetzlich nicht erstattungsfähigen Kosten nach §12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§103 ff. ZPO durchgesetzt werden. In diesem Fall muss der Anspruchsteller den Prozessweg beschreiten.

In dem konkreten Fall hatte der Kläger in einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht vereinbart, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits, insbesondere die Rechtsanwaltskosten des Klägers, trägt. Der Kläger hat daraufhin im Kostenfestsetzungsverfahren beantragt, seine Kosten festsetzen zu lassen, was jedoch vom Arbeitsgericht abgelehnt wurde.

Das Landesarbeitsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte, dass das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren nach §§103 ff. ZPO nur der Festsetzung gesetzlicher Prozesskosten dient und nicht der Durchsetzung von vertraglich vereinbarten Erstattungsansprüchen, die gesetzlich nicht vorgesehen sind. Somit muss sich der Anspruchsteller im Falle einer Streitigkeit über diese Ansprüche auf den Prozessweg verweisen lassen.

Die sofortige Beschwerde des Klägers wurde daher kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung beruht auf §97 Abs. 1 ZPO und es besteht kein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LAG Düsseldorf: Beschluss v. 27.05.2004, Az: 16 Ta 274/04


1. Den Parteien eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht bleibt es unbenommen, entgegen der Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG einen Kostenerstattungsanspruch zugunsten einer Partei zu vereinbaren. Eine solche Vereinbarung kann auch in einem gerichtlichen Vergleich erfolgen.

2. Die materiellrechtlich wirksame Vereinbarung über die Erstattung der nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gesetzlich nicht erstattungsfähigen Kosten kann jedoch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO durchgesetzt werden. Sind diese Ansprüche in einem etwaigen Vergleich nicht bereits auch der Höhe nach tituliert, muss sich der Anspruchsteller bei einem Streit hierüber auf den Prozessweg verweisen lassen.

Tenor

1.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 13.04.2004 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 29.03.2004 6 Ca 4634/03 -, zugestellt am 01.04.2004, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2.

Beschwerdewert: 1.776,54 €.

Gründe

I.

Mit Vergleich vor dem Arbeitsgericht haben die Parteien ihren Rechtsstreit beigelegt und zusätzlich im Vergleich vereinbart, dass der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits, insbesondere die Rechtsanwaltskosten des Klägers, trägt. Im vorliegenden Kostenfestsetzungsverfahren hat der Kläger/Antragsteller seine Kosten auf 1.776,54 € beziffert und Kostenfestsetzung gemäß §§ 103, 104 ZPO beantragt. Das Arbeitsgericht (Rechtspfleger) hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.

II.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig: Sie ist nach §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO statthaft und auch fristgerecht (§ 569 Abs. 1 ZPO) eingelegt worden.

2. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Kostenfestsetzungsantrag zutreffend zurückgewiesen.

a) Zwar bleibt es den Parteien eines Rechtsstreits vor dem Arbeitsgericht unbenommen, entgegen der gesetzlichen Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG, wonach in Urteilsverfahren des ersten Rechtszuges kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung unter anderem der entstandenen Rechtsanwaltskosten besteht, eine Vereinbarung zu treffen, dass diese Kosten gleichwohl erstattet werden sollen. Eine solche Vereinbarung kann, wie hier geschehen, auch in einem gerichtlichen Vergleich erfolgen. Gegen die materiellrechtliche Wirksamkeit dieser Vereinbarung bestehen keine Bedenken. Der gesetzliche Ausschluss der Erstattungsfähigkeit aufgewandter Anwaltskosten steht nach allgemeiner Rechtsauffassung der Rechtswirksamkeit einer vertraglich vereinbarten Kostenübernahme nicht entgegen. § 12 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beinhaltet kein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB (vgl. u. a. GK-ArbGG/Wenzel, § 12 Rdn. 39 m. w. N.).

b) Die materiellrechtlich wirksame Vereinbarung über die Erstattung der nach § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG gesetzlich nicht erstattungsfähigen Kosten kann jedoch nicht im Kostenfestsetzungsverfahren durchgesetzt werden. Das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO dient allein der Festsetzung gesetzlicher Prozesskosten, nicht auch der Festsetzung darüber hinaus vertraglich vereinbarter Erstattungsansprüche, die von Gesetzes wegen nicht vorgesehen sind (so bereits die Beschwerdekammer des erkennenden Gerichts im Beschl. v. 13.05.1982 7 Ta 106/82 EzA § 12 a ArbGG 1979 Nr. 3; vom 01.04.1986 7 Ta 93/86 - LAGE § 12 a ArbGG 1979 Nr. 9 = JurBüro 1987, 289; Hess. LAG v. 04.08.1999 9 Ta 570/99 LAGE § 12 a ArbGG 1979 Nr. 20 = NZA-RR 2000, 500; LAG Nürnberg vom 08.02.1999 4 Ta 13/99 JurBüro 1999, 366; OLG Koblenz v. 06.09.2001, MDR 2002, 357 = NJW-RR 2002, 719; ebenso GK-ArbGG/Wenzel, § 12 a Rdn. 118 a m. w. N. auch zur a. A. in der älteren Rspr.; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG 4. Aufl., § 12 a Rdn. 27; Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO 8. Aufl., § 62 Rdn. 11; Hansens, BRAGO 8. Aufl., § 62 Rdn. 8; Hartmann, KostG 33. Aufl., § 62 BRAGO Rdn. 9; Zöller/Herget, ZPO 24. Aufl., § 104 Rdn. 21 Stichw. Materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch ).

c) Der gegenteiligen Auffassung in der Kommentierung von v. Eicken (Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO 15. Aufl., § 62 Rdn. 13), auf die sich der Antragsteller hier beruft, ist nicht zu folgen. Sie wird zum einen dort nicht näher begründet. Zum anderen beinhaltet nach der in der Kommentierung bei v. Eicken/Hellstab/Lappe/Madert (Die Kostenfestsetzung, 18. Aufl. 2003, Rdn. C 8) vertretenen Auffassung die Regelung in § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG sogar ein striktes öffentlichrechtliches Festsetzungsverbot (ebenso Tschischgale/Satzky, Das Kostenrecht in Arbeitssachen, 3. Aufl. 1982, Seite 168; GK-ArbGG/Wenzel, a. a. O.). Im Übrigen übersieht der Antragsteller, dass das vereinfachte Kostenfestsetzungsverfahren der §§ 103 ff. ZPO nur der Ermittlung und Festsetzung gesetzlicher Prozesskosten dient und diese der Höhe nach bestimmt, hingegen nicht für die Durchsetzung sonstiger materiellrechtlicher Ansprüche vorgesehen ist. Sind diese Ansprüche im Vergleichstext nicht bereits auch der Höhe nach tituliert, muss sich der Antragsteller auf den Prozessweg verweisen lassen (ebenso GK-ArbGG/Wenzel, a. a. O.).

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) liegen nicht vor.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :

Gegen diese Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.

Dr. Kaup






LAG Düsseldorf:
Beschluss v. 27.05.2004
Az: 16 Ta 274/04


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