Landgericht Köln:
Urteil vom 12. November 2008
Aktenzeichen: 28 O 685/08

(LG Köln: Urteil v. 12.11.2008, Az.: 28 O 685/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die vorliegende Gerichtsentscheidung betrifft den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Zusammenhang mit einer Werbekampagne. Die klagende Partei, eine Werbeagentur, behauptet, dass die beklagte Partei Elemente ihres Werbekonzepts übernommen habe und daher ein Unterlassungsanspruch bestehe. Die klagende Partei behauptet weiterhin, dass Vertragsverhandlungen stattgefunden hätten und eine Übertragung der Nutzungsrechte vereinbart worden sei. Die beklagte Partei bestreitet die Vorwürfe und behauptet, dass die Konzeption von ihr selbst entwickelt worden sei, in Zusammenarbeit mit einer anderen Firma und der ESA. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass kein Unterlassungsanspruch besteht, da weder urheberrechtliche noch wettbewerbsrechtliche oder deliktsrechtliche Ansprüche gegeben sind. Es wird festgestellt, dass keine unfreie Bearbeitung oder Nachahmung des Konzepts der klagenden Partei vorliegt und dass auch keine geschützten Leistungen übernommen wurden. Das Gericht weist den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück und legt die Kosten des Verfahrens der klagenden Partei auf. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und kann nur durch Hinterlegung einer Sicherheitsleistung abgewendet werden.

Die vollständige Begründung des Gerichts umfasst weitere rechtliche Argumente und Bezugnahmen auf Urteile anderer Gerichte.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Köln: Urteil v. 12.11.2008, Az: 28 O 685/08


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 19.10.2008/20.10.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens werden der Verfügungsklägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Unterlassungsansprüche hinsichtlich der Werbekampagne "XXX im All" bzw. "XXX Goes Space".

Die Verfügungsklägerin ist eine Werbeagentur, die sich seit ca. 10 Jahren mit dem Thema "Werbung im Weltall" beschäftig. In diesem Rahmen arbeitet sie mit der ESA und dem Sojus Zulieferer F zusammen.

Im Jahr 2000 verwirklichte der Mutterkonzern der Verfügungsbeklagten die Q AG eine Werbung mit Bezug zum Weltall. Im Rahmen der Kampagne "Space Mail" wurden alle Menschen in Deutschland aufgefordert, Postkarten und Briefe einzusenden, von denen am 07.02.2000 2000 mit einer mit "Q" beschrifteten Trägerrakete ins Weltall geschickt wurden. Diese Briefe wurden - nach Rückkehr auf die Erde - auf der Erde an die jeweiligen Empfänger zugestellt. Auf die als Anlage AG 6 vorgelegte Präsentation der Werbekampagne wird Bezug genommen.

Ein für eine "Weltraumwerbung" erstelltes Konzept stellte der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin der Q AG und der Verfügungsbeklagten in verschiedenen Treffen u.a. im Juni 2004 vor. Ob dabei das Konzept auch an die Verfügungsbeklagte oder die Q AG übergeben wurde, ist umstritten.

Die Verfügungsbeklagte bzw. die Q AG bekundete zunächst ein Interesse an einer Zusammenarbeit. Am 02.11.2004 meldete die Verfügungsbeklagte im Rahmen einer Pressemitteilung auch, dass ein entsprechendes Werbekonzept geplant sei.

Sodann teilte das zuständige Vorstandsmitglied der Verfügungsbeklagten Dr. L der Verfügungsklägerin mit, dass das Projekt zunächst "auf Eis gelegt" werde.

Im Juni 2007 kam es zu einem weiteren Treffen zwischen dem Geschäftsführer der Verfügungsklägerin und dem damaligen Vorstandsvorsitzenden der Q AG. Hier wurden die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit erneut besprochen, ohne dass dies zu einem konkreten Ergebnis führte.

Im Oktober 2008 stellte die Verfügungsklägerin fest, dass die Verfügungsbeklagte das Thema "Weltraum" in einem Werbekonzept umsetzte. Dieses Konzept enthält einige Elemente, die den Elementen des Konzepts der Verfügungsklägerin ähnlich sind. Ob es sich hierbei um eine Übernahme handelt, ist zwischen den Parteien umstritten. Hinsichtlich der einzelnen ähnlichen Punkte wird auf die als Anlage 1b vorgelegte Gegenüberstellung Bezug genommen.

Auf die Abmahnung durch den Prozessbevollmächtigten der Verfügungsklägerin wurde eine strafbewährte Unterlassungserklärung nicht abgegeben.

Die Verfügungsklägerin trägt vor, dass der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin gemeinsam mit der ESA in den Jahren 2003 bis 2004 ein Werbekonzept entworfen habe, das eine Werbekampagne der Verfügungsbeklagten mit dem Thema "Weltraum" beinhaltete. Auf das als Anlage 1a vorgelegte Konzept wird Bezug genommen. Der Geschäftsführer der Verfügungsklägerin habe mit der Verfügungsklägerin die Übertragung sämtlicher Nutzungsrechte an dem streitgegenständlichen Konzept vereinbart.

Die Verfügungsklägerin behauptet, die Präsentation ihres Konzeptes sei in ihrem Namen erfolgt. Auch seien die sich daran anschließenden Vertragsverhandlungen soweit fortgeschritten gewesen, dass bereits schriftlich fixierte Vertragsentwürfe vorgelegen hätten.

Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass die wesentlichen Elemente des Konzepts der Verfügungsklägerin von der Verfügungsbeklagten übernommen worden seien. Daher bestehe ein Unterlassungsanspruch aus § 97 UrhG. Auch sei das Verhalten der Verfügungsbeklagten wettbewerbswidrig. Insoweit seien die Parteien auch Wettbewerber, da die Verfügungsbeklagte sowohl ihren eigenen Wettbewerb zu anderen Logistikdienstleitstern fördere als auch den Wettbewerb der auf der Homepage - unstreitig - als für die Werbekampagne verantwortlichen Firmen. Die dort genannten Firmen sind - unstreitig - wie die Verfügungsklägerin auf dem Gebiet des "Space Marketing" tätig.

Jedenfalls bestehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 826 BGB.

Die Verfügungsklägerin beantragt,

der Verfügungsbeklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Haft oder Haft zu untersagen, ihre Kampagne "XXX im All" entsprechend der "XXX-Kampagne" 2008 Anlage 1b rechte Seite wie folgt zu verbreiten und zu bewerben:

1. das vorgelegte Projektlogos "XXX im All" gemäß Anlage 1b zu verbreiten und damit zu werben;

2. eine Abbildung einer Trägerrakete zur Belieferung der ISS gemäß Anlage 1b zu verbreiten und zu bewerben;

3. die Abbildung eines "XXX im All" - Paketes gemäß Anlage 1b als Sonderedition zu verbreiten und zu bewerben;

4. die Abbildung von Kosmonauten gemäß Anlage 1b, die an Bord der ISS ein XXX-Paket entgegennehmen, zu verbreiten und zu bewerben.

5. das Alleinstellungsmerkmal von XXX als erstem Logistiker, der in den Weltraum zustellt, zu verbreiten zu bewerben,

6. Fotomontagen von Raumfahrt-Sujets mit XXX-Logos gemäß Anlage 1b zu verbreiten und zu bewerben,

7. Gewinnspiele mit Raumfahrtbezug zu veranstalten und zu bewerben.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte trägt vor, dass ihr die Verfügungsklägerin als solche nicht bekannt sei. Für die im Jahr 2004 geplante Kampagne sei die Mitarbeit einer Firma namens "M GmbH" im Gespräch gewesen. Die heutige Kampagne sei durch die Q AG und die Verfügungsbeklagte konzipiert worden. Dies sei in den Jahren 2007/2008 in Zusammenarbeit mit der ESA geschehen. Eine Kooperation mit der ESA fände jedoch entgegen dem Konzept der Verfügungsklägerin nicht statt. Vielmehr gäbe es eine Zusammenarbeit mit "Jugend forscht" und einem Anbieter privater Weltraumflüge.

Vor diesem Hintergrund seien weder urheberrechtliche noch sonstige Unterlassungsansprüche gegeben. Die Kampagne als solche sei nicht schutzfähig. Die angeblich übernommenen Elemente könnten daher keine Rechtsverletzung begründen. Auch seien die einzelnen im Rahmen der Synopse dargestellten Elemente für sich betrachtet nicht schutzfähig. Auch Ansprüche aus Wettbewerbsrecht bestünden nicht, da die wettbewerbliche Eigenart der streitgegenständlichen Elemente nicht gegeben sei und die Parteien keine Wettbewerber seien. Ansprüche nach §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB, 18 UWG bestünden genauso wenig wie Ansprüche aus § 826 BGB. Zum einen sei keine Übernahme anzunehmen. Auch seien der Verfügungsbeklagten keine Unterlagen im Sinne des § 18 UWG anvertraut worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die von ihnen eingereichten Urkunden, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Der Unterlassungsantrag ist zulässig. Insbesondere ist er ausreichend bestimmt (§ 253 ZPO), da durch die Bezugnahme auf die Anlage 1b die zu unterlassende Handlung ausreichend und unmissverständlich umschrieben wird.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin gegen die Verfügungsbeklagte ist jedoch aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben, da weder aus Urheber- noch aus Wettbewerbsrecht oder dem allgemeinen Deliktsrecht ein entsprechender Unterlassungsanspruch besteht. Im Einzelnen:

Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 97 UrhG besteht nicht. Zwar kann ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich eines Werbekonzeptes gemäß § 97 UrhG bestehen. Die hierfür erforderliche Übernahme eines schutzfähigen Konzeptes im Rahmen einer unfreien Bearbeitung ist jedoch nicht gegeben:

Fraglich ist dabei schon, ob die Verfügungsklägerin aktivlegitimiert ist. Hier hat die Verfügungsklägerin nicht glaubhaft gemacht, dass ihr Geschäftsführer der Urheber der Konzeption der Werbekampagne ist. Aus seiner eidesstattlichen Versicherung ergibt sich lediglich, an wen die entsprechenden Nutzungsrechte übertragen worden sein sollen. Wer jedoch als Urheber der Kampagne anzusehen ist, wird nicht ausgeführt. Dies kann jedoch letztlich auch offen bleiben, da der Unterlassungsanspruch insbesondere mangels einer unfreien Bearbeitung nicht gegeben ist.

Dabei kann offen bleiben, ob das Konzept als Ganzes ein Werk darstellt, da das Konzept der Werbekampagne jedenfalls nicht im Rahmen einer unfreien Bearbeitung übernommen wurde.

Die Kammer neigt allerdings dazu, in der als Anlage vorgelegten Konzeption ein schutzfähiges Werk zu sehen, da die notwendige Schöpfungshöhe erreicht sein dürfte und es daher als Werk einzuordnen ist (vgl. Schricker in GRUR 1996, 815 ff).

Die streitgegenständliche Werbekonzeption stellt jedenfalls keine Grundlage für die spätere Werbekonzeption der Verfügungsbeklagten dar. Die prägenden Elemente der ursprünglichen Konzeption wurden nicht im Rahmen einer Bearbeitung oder Umgestaltung im Sinne des § 23 UrhG von der Verfügungsbeklagten verwandt.

Die Beurteilung der Frage der Nachahmung bzw. der Entnahme setzt grundsätzlich die Prüfung voraus, durch welche objektiven Merkmale die schöpferische Eigentümlichkeit des Originals bestimmt wird (BGH GRUR 1988, 812- Ein bisschen Frieden). Dabei ist von übereinstimmenden Merkmalen auszugehen und nicht von unterschiedlichen. Maßgeblich ist der Eindruck, den die miteinander zu vergleichenden Gestaltungen nach dem Urteil des für Kunst empfänglichen und mit Kunstdingen einigermaßen vertrauten Menschen vermitteln (vgl. BGH in GRUR 1994, 206, 209 Alcolix). Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Idee als solche nicht geschützt ist (vgl. Dreier/Schulze, UrhG, 2. Auflage, § 2 Rn. 37).

Nach diesen Grundsätzen kann nicht von einer Übernahme der prägenden Elemente ausgegangen werden, da eine solche Übernahme hinsichtlich der einzelnen vom Verfügungskläger dargelegten Elemente nicht gegeben ist.

Soweit beide Kampagnen auf der Idee beruhen, dass Werbung im Zusammenhang mit dem Weltraum gemacht werden soll, handelt es sich nur um eine nicht schutzfähige Idee, die auch schon im Jahr 2000 durch den Mutterkonzern der Verfügungsbeklagten die Q AG umgesetzt wurde.

Richtig ist dabei zwar, dass bei der Kampagne aus dem Jahr 2000 eine Zustellung im Weltraum nicht stattfand. Jedoch ist auch die Zustellung eines Paketes auf der ISS nicht schutzfähig. Denn das in den Mittelpunkt-Stellen der Raumstation ISS ist in diesem Zusammenhang lediglich eine Idee, die nicht schutzfähig ist. Die Überlegung, dass an diesen Ort ein Paket geliefert werden soll, ist naheliegend und begründet keine schöpferische Leistung. Tatsächlich ist die ISS der einzige Ort im Weltraum, an dem sich Menschen über eine längere Zeit aufhalten und auch von "Transportern" regelmäßig "beliefert" werden. Daher kann ein Paket auch im Weltall sinnvoll nur an diesen Ort geliefert werden. Die sich aus der Gegenüberstellung ergebende Darstellung enthält an Übereinstimmungen sodann lediglich die ISS als solche. Diese Darstellung ist jedoch für die Verfügungsklägerin nicht geschützt. Im übrigen sind die Darstellungen erheblich unterschiedlich.

Auch die Idee, ein eigenes Logo für die Werbung zu entwerfen, ist nicht schutzfähig, da dies eine in der Werbung gängige Methode ist, einen neue Werbekampagne zu platzieren. Die Ausgestaltung der Logos ist wiederum in erheblichem Maß verschieden, so dass dies eine Übernahme nicht begründen kann. Soweit hier ein Slogan "XXX goes Space" bzw. "XXX im All" verwandt wird, sind ebenfalls keine schutzfähigen Elemente übernommen worden. Hierbei ist festzustellen, dass der Slogan lediglich die Werbeidee als solche beschreibt und daher die notwendige Schöpfungshöhe nicht erreicht. Auch wurde vorliegend nicht der Slogan als solcher übernommen, sondern trotz des rein beschreibenden Inhaltes eine andere Wortwahl genutzt. Vor diesem Hintergrund führen auch die durch das KG Berlin (GRUR 1988, 702) genannten Grundsätze nicht zu einer anderen Entscheidung. Bei der Übernahme, die das KG zu beurteilen hatte, wurde ein kurzer, aber prägnanter Werbespruch übernommen, der auch die Bedeutung des Namens der dortigen Beklagten mit einbezog und ihn insoweit besonders hervorhob. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da lediglich eine Werbung im Weltraum Thema des nur im Kern gleichen Slogans ist. Eine Übernahme ist daher nicht zu sehen.

Das gleiche gilt für die Präsentation einer Rakete. Auch hier wird allenfalls die Idee übernommen. Die Tatsache, dass beide Raketen im Rahmen der Kampagne mit "XXX Look" dargestellt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch die Q AG als Mutterkonzern bei der Aktion "Space Mail" eine Rakete in den Mittelpunkt stellte, die - wie vorliegen in der Konzeption der Verfügungsklägerin - ein Logo der Q AG trug. Darüber hinaus wird wiederum lediglich die Idee als solche übernommen, nicht aber die konkrete Ausgestaltung. Diese unterscheidet sich vielmehr in entscheidenden Punkten: Einmal wird ein Lichtbild einer tatsächlichen Rakete verwandt, während die Verfügungsbeklagte eine stark stilisierte, eher einem Comic entnommene Rakete zum Gegenstand ihrer Darstellung macht. Insoweit ist auch zu unterscheiden, dass die von der Verfügungsklägerin konzipierte Rakete lediglich ein Logo der Verfügungsbeklagten trägt, während die von der Verfügungsbeklagten genutzte Rakete insgesamt in den für die Verfügungsbeklagte prägenden Farben gehalten ist.

Auch die Idee, ein Paket im Rahmen der Kampagne in einer besonderen Optik anzubieten, führt nicht zu einer Übernahme. Diese Idee, ein Produkt mit den Motiven, für die es stehen soll, zu verbinden, ist vorbekannt und daher nicht schutzfähig. Die Ausgestaltung der Pakete ist wiederum so unterschiedlich, dass eine Übernahme nicht zu erkennen ist.

Auch die Idee, ein Paket in den Weltraum zu befördern, das ein Astronaut (also ein Mensch) entgegen nimmt, ist nicht schutzfähig. Die konkrete Ausgestaltung ist wiederum in keiner Weise ähnlich.

Für das von der Verfügungsklägerin genannte "Alleinstellungsmerkmal", dass die Verfügungsbeklagte als einziges und erstes Unternehmen ein Paket in den Weltraum zustellt, gilt nichts anderes. Es handelt sich wiederum um eine (nicht neue) Idee, die im Rahmen einer Weltraumwerbung naheliegend und daher nicht schutzfähig ist. Die in Ziff. 6 und 7 gegenübergestellten konkreten Formulierungen und Gestaltungen dieses Ziels sind wiederum abgesehen von der nicht schutzfähigen Idee nicht übernommen.

Die Einstellung eines eigenen "Missionsauftritts" im Internet ist auch lediglich eine Idee, die im Rahmen der Werbung üblich ist. Die konkrete Darstellung ist wiederum vollkommen unterschiedlich.

Auch die Idee ein Gewinnspiel im Rahmen der Werbekampagne anzubieten, ist nicht neu und als Idee nicht schutzfähig. Sie ist vielmehr vorbekannt. Die eigentliche Darstellung des Gewinnspiels ist erheblich unterschiedlich.

Soweit die Preise des Gewinnspiels identisch sind (Zero-Gravity-Flug), geht der Antrag hierauf nicht ein. Nach dem Wortlaut des Antrages soll der Verfügungsbeklagten verboten werden, Gewinnspiele mit Raumfahrtbezug anzubieten. Dies beinhaltet jedenfalls lediglich die Idee eines Gewinnspiels und ist nicht schutzfähig. Aber auch die Übernahme der konkreten Preise führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn auch diese stellt lediglich eine Idee dar. Dabei ist die Frage zu beurteilen, welcher Preis eine Möglichkeit bietet, eine Nähe zu der Werbeidee zu erreichen. Da die meisten Projekte (beispielsweise der Flug in den Weltall) als Preise nicht realisierbar sind, ist es naheliegend, einzelne Elemente aus dem Bereich eines Astronautentrainings herauszunehmen und ein solches Element zum Gegenstand eines Preisausschreibens zu machen. Genau dies ist vorliegend geschehen. Die Ausgestaltung ist zwar auch insoweit ähnlich, als jeweils Personen bei einem entsprechenden Flug gezeigt werden. Weitere Elemente sind jedoch nicht übernommen. Vor diesem Hintergrund ist auch dieser angeblich übernommene Teil nicht schutzfähig.

Die einzelnen Elemente aus dem Konzept der Verfügungsbeklagten stellen damit keine entsprechende Übernahme von geschützten Leistungen der Verfügungsklägerin dar.

Auch eine Übernahme im Rahmen einer unfreien Bearbeitung der Gesamtkonzeption ist nicht gegeben. Eine solche wäre nur dann anzunehmen, wenn prägende Elemente übernommen wurden. Wie dargelegt sind jedoch im Rahmen der Werbekampagne der Verfügungsbeklagten keine prägenden Elemente von der Verfügungsklägerin übernommen worden. Diese Elemente ergeben sich nämlich nur aus der konkreten Ausgestaltung und nicht aus den der Kampagne zugrundeliegenden Ideen, die naheliegend und daher nicht urheberrechtlich geschützt sind.

Vor diesem Hintergrund kommt auch ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 823 Abs. 2, 1004 BGB i.V.m. § 18 UWG nicht in Betracht (vgl. Wüterich in GRUR 2004, 389, m.w.N.).

Zwar kann ein solcher Anspruch gegeben sein, weil eine Werbeagentur regelmäßig nicht nur Vorschläge für einzelne Werbemaßnahmen entwickelt, sondern darüber hinaus ein schriftliches und/oder grafisches Konzept als Grundlage einer ganzheitlichen Werbe- oder Imagekampagne für die Steuerung kommunikativer Prozesse des jeweiligen Unternehmens erstellt, so dass die Gesamtheit der Konzeption als geschützt im Sinne des § 18 UWG angesehen werden kann. Dass die Konzeption dabei nicht als Vorbild zur Herstellung einer verkörperten "Sache” i.S. des § 90 BGB dient, ist dabei unschädlich, da in § 18 UWG auch das Rezept genannt wird.

Eine Übernahme im Sinne des § 18 UWG liegt jedoch nur dann vor, wenn das Schutzgut abgrenzbar und damit für die am Geschäftsleben Beteiligten im Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit eindeutig erkennbar ist. Dies hat zur Folge, dass die bloße Idee, eine allgemeine Vorstellung oder Planung diesen Voraussetzungen nicht genügen kann. Die erforderliche Ausgestaltung ist daher nur dann anzunehmen, wenn sie den Inhalt und die zeitliche Abfolge einer Werbe- oder Imagekampagne unter zumindest beispielhafter Nennung einzelner Maßnahmen und ihres Zusammenspiels in konkreter schriftlicher oder digitalisierter Form fixieren.

Darüber hinaus müssen die Vorlagen der Verfügungsbeklagten anvertraut im Sinne des § 18 UWG gewesen sein. Dies setzt voraus, dass die Verfügungsbeklagte mit der Verfügungsklägerin vereinbart hätte, dass die Vorlagen ihr geistiges Eigentum sind und nicht ohne ihre Zustimmung verwertet werden dürfen. Dies kann auch stillschweigend geschehen sein.

Nach diesen Grundsätzen ist von einer Übernahme nicht auszugehen. Dabei kann offen bleiben, ob die Konzeption der Verfügungsbeklagten anvertraut wurde, da jedenfalls eine Übernahme nicht vorliegt.

Für die Übernahme der Konzeption kommt vorliegend allenfalls eine nachschaffende Übernahme, wie sie im Rahmen des UWG zu prüfen ist, in Betracht. Eine nachschaffende Leistungsübernahme liegt vor, wenn die fremde Leistung nicht unmittelbar oder fast identisch übernommen, sondern lediglich als Vorbild benutzt und nachschaffend unter Einsatz eigener Leistung wiederholt wird (BGH GRUR 1992, 523, 524 - Betonsteinelemente), somit eine bloße Annäherung an das Originalprodukt vorliegt (BGH WRP 2007, 1076 Tz 22 - Handtaschen). Entscheidend ist, ob die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweist oder sich deutlich davon absetzt (vgl. OLG München GRUR-RR 2003, 329, 330). Geringfügige Abweichungen vom Original sind unerheblich, solange das Original als Vorbild erkennbar bleibt (OLG Köln GRUR-RR 2003, 84, 85). Bei der Annäherung an eine fremde Kennzeichnung kommt es auf die Ähnlichkeit der Zeichen an, worüber der Gesamteindruck entscheidet (BGH GRUR 2003, 973, 974 - Tupperwareparty). Bei einem nur geringen Grad der Zeichenähnlichkeit müssen weitere Umstände hinzutreten, um eine unlautere Rufausbeutung zu begründen. Dazu reicht es nicht aus, dass die Aufmerksamkeit von Teilen des Verkehrs erweckt wird, weil sie das nachgeahmte Kennzeichen kennen (BGH GRUR 2003, 973, 975 - Tupperwareparty).

Nach diesen Grundsätzen ist eine nachahmende Übernahme nicht gegeben. Vielmehr sind, wie oben dargestellt, lediglich einzelne Ideen übernommen, die naheliegend erscheinen. Dies ist nicht unzulässig, da auch im Rahmen des Wettbewerbsrechts nicht verboten werden soll, verschiedene Ideen aufzugreifen, sondern - wie im Urbeberrecht auch - die wesentlichen (also prägenden) Elemente des Ausgangsproduktes geschützt werden sollen.

Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass der Unterscheidung im Rahmen der Wechselwirkung der Tatbestandsmerkmale (Nachahmung und die Unlauterkeit) von Bedeutung ist. Je mehr die Nachahmung dem Original gleichkommt, desto geringere Anforderungen sind an die weiteren wettbewerblichen Umstände zu stellen (BGH GRUR 1992, 523, 524 - Betonsteinelemente; BGH GRUR 1999, 923, 927 - Tele-Info-CD). Vorliegend sind die Ähnlichkeiten allenfalls im Bereich der Ideen gegeben, so dass die Übernahme auch vor diesem Hintergrund nicht als unlauter angesehen werden kann. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass "Weltraumwerbung" als gängig anzusehen ist. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Sendung von Briefen in den Weltraum bereits im Jahr 2000 Grundlage einer Kampagne der Q AG war, die - wie dargelegt - ebenfalls verschiedene auch der vorliegenden Werbung zugrundeliegende Ideen enthielt.

Auch die Berücksichtigung der Brombeer-Muster Entscheidung des BGH (GRUR 1983, 377) führt zu keinem anderen Ergebnis, da auch nach dieser Entscheidung die Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch grundsätzlich die Übernahme von geschützten Elementen darstellt, die vorliegend nicht anzunehmen ist.

Da eine nachschaffende Übernahme nicht vorliegt, kommen Unterlassungsansprüche - unabhängig von der Frage, ob die Parteien Wettbewerber sind - gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 9 c. UWG ebenfalls nicht in Betracht, da eine unlautere Leistungsübernahme nicht gegeben ist. Auch ein Anspruch aus § 826 BGB scheidet aus diesem Grund aus.

Soweit die Verfügungsklägerin in tatsächlicher Hinsicht nach der mündlichen Verhandlung zur Sache weiter schriftsätzlich vorgetragen hat, ist dieser Vortrag als verspätet gemäß § 296 a ZPO zurückzuweisen. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO scheidet vorliegend aus, da dies zu einer Verzögerung des einstweiligen Verfügungsverfahrens führen würde. Dies würde dem Charakter des einstweiligen Verfügungsverfahrens als Eilverfahren widersprechen (vgl. OLG München NJW-RR 1994, 556).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 6, 711 ZPO.

Streitwert: 100.000,00 EUR.






LG Köln:
Urteil v. 12.11.2008
Az: 28 O 685/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/2661e3addb4f/LG-Koeln_Urteil_vom_12-November-2008_Az_28-O-685-08




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share