Bundespatentgericht:
Beschluss vom 8. Dezember 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 89/04

(BPatG: Beschluss v. 08.12.2004, Az.: 29 W (pat) 89/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2004 (Aktenzeichen 29 W (pat) 89/04) den Beschluss der Markenabteilung 9.1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Februar 2004 aufgehoben. In dem Beschluss ging es um die Eintragung einer Bildmarke in der Farbe Rot und die Ausstellung einer farbigen Markenurkunde. Die Markenabteilung des Patent- und Markenamts hatte den Antrag auf Ausfertigung einer farbigen Urkunde zurückgewiesen, da es keine gesetzliche Verpflichtung für farbige Urkunden gebe. Das Amt könne die Urkunden nur in Schwarz-Weiß drucken, da farbige Ausdrucke technisch nicht möglich seien. Die Beschwerdeführerin hat gegen diesen Beschluss Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass die farbliche Gestaltung einer Marke deren Schutzgegenstand mitbestimme und eine schwarzweiße Urkunde zur Beurkundung einer farbigen Marke unzureichend sei. Das Bundespatentgericht hat der Beschwerde stattgegeben und festgestellt, dass der Inhaber einer farbigen Marke einen Anspruch auf Ausstellung einer farbigen Urkunde habe. Die vollständige farbige Markenwiedergabe in der Urkunde sei erforderlich, um den Schutzumfang der Marke angemessen zu dokumentieren. Allerdings sei die technische Umsetzung eines farbigen Ausdrucks der Urkunde mit dem aktuellen System des Patent- und Markenamts nicht möglich. Das Gericht hat jedoch darauf hingewiesen, dass ab dem Frühjahr 2006 ein neues elektronisches Datensystem in Betrieb genommen werde, das einen automatisierten Farbausdruck ermöglichen werde. Bis dahin könne das Amt farbige Urkunden auf Antrag erstellen und den entstehenden zusätzlichen Zeitaufwand gegen Gebühr in Rechnung stellen. Insgesamt ergibt sich aus der Entscheidung, dass der Inhaber einer farbigen Marke zwar einen Anspruch auf eine farbige Urkunde hat, aber erst ab dem Frühjahr 2006 automatisiert farbige Ausdrucke möglich sind.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 08.12.2004, Az: 29 W (pat) 89/04


Tenor

1. Der Beschluss der Markenabteilung 9.1 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Februar 2004 wird aufgehoben.

2. Das Deutsche Patent- und Markenamt wird angewiesen über die Eintragung der Marke 399 01 387 eine Urkunde auszustellen, die die Marke in der eingetragenen farbigen Gestaltung wiedergibt.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer in der Farbe Rot eingetragenen Bildmarke. Über die Eintragung der Marke hat sie vom Deutschen Patent- und Markenamt eine Urkunde erhalten, in der die Marke in Schwarz-Weiß abgebildet ist. Den Antrag auf Ausfertigung einer Urkunde mit farbiger Markenwiedergabe hat die Markenabteilung 9.1. des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 20. Februar 2004 zurückgewiesen. Eine gesetzliche Verpflichtung zum Ausdruck farbiger Urkunden bestehe nicht. § 19 MarkenV bestimme lediglich, dass das Amt eine Urkunde über die Eintragung sowie eine Bescheinigung über die in das Register eingetragenen Angaben ausstelle. Nähere Einzelheiten zur Gestaltung der Urkunde seien nicht geregelt. Der Ausdruck der Urkunde erfolge nach Eintragung der Marke in das elektronische Markenregister automatisch über einen Zentraldrucker, der nur in Schwarz-Weiß drucke. Selbst wenn man diesen durch einen Farbdrucker ersetze, sei der Ausdruck farbgetreuer Urkunden technisch nicht möglich. Auf Grund der zum Scannen der Markenbilder eingesetzten Hard- und Software komme es bei bestimmten Farbtönen zu erheblichen Abweichungen von der farbigen Vorlage. Sofern das Amt bisher in Einzelfällen auf Antrag hin farbige Urkunden ausgestellt habe, seien diese auf Einzeldrucker gefertigt und jeweils einzeln auf farbgetreue Übereinstimmung mit der Druckvorlagen überprüft worden. Dieser zusätzliche Zeitaufwand sei aber nur bei den gegen Gebühr erstellten Registerauszügen und Heimatbescheinigungen gerechtfertigt. Inwieweit der Ausdruck farbiger Urkunden mit dem neuen elektronischen Markensystem möglich sein werde, lasse sich noch nicht abschließend feststellen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. Zur Begründung führt sie aus, dass die Markenurkunde als öffentliche Urkunde volle Beweiskraft entfalte und sie daher der tatsächlichen Eintragung Rechnung tragen müsse. Eine schwarzweiße Urkunde sei zur Beurkundung der Eintragung einer farbigen Marke unzureichend, weil die farbliche Gestaltung einer Marke deren Schutzgegenstand mitbestimme. Vor allem beim Markenverkauf, bei dem üblicherweise die Urkunde auszuhändigen sei, müsse die Art der Marke eindeutig erkennbar sein. Ein Registerauszug könne die Markenurkunde nicht ersetzen, da er lediglich die Farben benenne, in denen die Marke eingetragen sei. Im Übrigen würden auch zu international registrierten Marken, zu Gemeinschaftsmarken und von nahezu allen nationalen Markenämtern farbige Urkunden ausgestellt.

Die Antragstellerin beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und dem Antrag auf Ausstellung einer mit der Registereintragung übereinstimmenden Urkunde stattzugeben.

Nach Anheimgabe durch den Senat hat der Präsident des Deutschen Patent- und Markenamts gemäß § 68 Abs. 2 MarkenG seinen Beitritt zum Verfahren erklärt. Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung sei davon auszugehen, dass der Inhaber einer farbigen Marke einen Rechtsanspruch auf Ausstellung einer farbigen Urkunde habe. Der farbgetreue Ausdruck farbiger Markenwiedergaben sei mit der derzeitigen technischen Ausstattung des Deutschen Patent- und Markenamts aber nicht möglich. Im Hinblick auf die voraussichtliche Inbetriebnahme eines neuen elektronischen Datensystems im Frühjahr 2006, das die technischen Voraussetzungen für einen automatisiertem Farbausdruck erfülle, sei eine Umrüstung des bestehenden Systems für den Ausdruck farbiger Urkunden unverhältnismäßig.

II.

1. Die Beschwerde ist statthaft. Mit dem Beschluss der Markenabteilung 9.1 vom 17. Februar 2004, in dem die Herausgabe einer farbigen Markenurkunde abgelehnt worden war, ist der Beschwerdeführerin eine Rechtsbeschwer entstanden, gegen die vorzugehen ihr nach § 19 Abs 4 GG möglich sein muss. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die in dem Beschluss enthaltene Versagung einer farbigen Urkunde als Erlass eines Verwaltungsaktes oder lediglich als Realakt bewertet wird (vgl Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 42 Rn 27 mwN), denn in jedem Falle ist aufgrund der Rechtsform der Entscheidung als Beschluss von seiner Justiziablität auszugehen (vgl Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 66 Rn 2; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 66 Rn 9 und 24; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 66 Rn 9). Die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.

2. Der Antrag der Beschwerdeführerin, an den das Gericht gebunden ist, richtet sich auf Aufhebung der Ablehnung sowie auf Ausstellen der farbigen Urkunde. Aufgrund der Bindung des Gerichts an das Beschwerdebegehren (vgl. Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 70 Rn 2; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 70 Rn 7; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 70 Rn 6) ist darüber nicht in Form einer nur kassatorischen Entscheidung zu befinden, sondern die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des DPMA ist zu überprüfen im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin vorgetragenen und für sich geltend gemachten materiellrechtlichen Anspruch. Der Senat ist damit, sollte ein solcher bestehen, zum Ausspruch der Verpflichtung gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamts gehalten eine Markenurkunde mit einer Markenwiedergabe in der angemeldeten und eingetragenen Form zu erstellen und auszuhändigen. Ob dieser Antrag auf die Verpflichtung des Amtes zur Vornahme eines Realaktes oder zum Erlass eines Verwaltungssaktes gerichtet ist und demgemäß eine allgemeine Leistungsbeschwerde oder eine Verpflichtungsbeschwerde darstellt (vgl Eyermann, VwGO, 11. Aufl., § 42 Rn 27 mwN zum unterschiedlichen Meinungsstand in Lit und Rspr), ist nicht entscheidungserheblich, denn in jedem Falle bedarf es für den Erfolg der Beschwerde - und damit einer das Deutsche Patent- und Markenamt anweisenden Entscheidung - eines Rechtsanspruches der Beschwerdeführerin auf Vornahme dieser Handlung.

Auch unter dem Gesichtspunkt, dass bei einer Klage gegen einen Träger öffentlicher Gewalt wie dem Deutschen Patent- und Markenamt im Regelfall kein Zweifel am Rechtsschutzbedürfnis für eine isolierte Anfechtungsbeschwerde besteht, weil zu erwarten ist, dass sich eine staatliche und damit nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebundene Behörde an der gerichtlichen Entscheidung unter Einbeziehung der Gründe auch ohne Anweisungsdruck orientieren wird, kann sich der Senat angesichts des eindeutigen Beschwerdebegehrens nicht auf die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beschränken. Denn das Beschwerdebegehren ist eine Frage des materiellen Rechtsanspruchs und nicht lediglich prozessualer Natur. Die Kassation einer rechtswidrigen Entscheidung ist ausreichend, wenn mit ihr allein dem Rechtsschutz Genüge getan ist, nicht jedoch wenn die Frage nach einer Verpflichtung zu einem bestimmten Handeln der Behörde aufgrund eines materiellen Rechtsanspruches zu klären ist (Eyermann, VwGO, 11. Aufl. § 42 Rn 21 aE).

3. Die Beschwerdeführerin hat einen Anspruch auf Aushändigung einer farbigen Markenurkunde, die mit drucktechnisch bedingten und damit - wie allgemein bekannt - geringfügigen Abweichungen im Wesentlichen einen der Anmeldung entsprechenden Gesamteindruck der farbigen Marke und der Verteilung der Farben wiedergibt.

3.1. Rechtsgrundlage für die Beurkundung der Eintragung einer Marke war im Zeitpunkt der Eintragung der verfahrensgegenständlichen Marke § 19 Abs. 1 MarkenV iVm § 65 Abs. 1 Nr. 7 MarkenG, § 1 Abs. 2 der Verordnung über das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMAV). Die Vorschrift lautete:

§ 19 Urkunde; Bescheinigungen

(1) Der Inhaber der Marke erhält eine Urkunde über die Eintragung einer Marke in das Register nach § 41 des Markengesetzes.

(2) Der Inhaber der Marke erhält außerdem eine Bescheinigung über die in das Register eingetragenen Angaben, soweit er hierauf nicht ausdrücklich verzichtet.

Mit Inkrafttreten der Neufassung der Verordnung über das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMAV) und der Markenverordnung zum 1. Juni 2004 gilt nunmehr für alle Schutzrechtsarten einheitlich die Vorschrift des § 25 Abs. 1 DPMAV:

§ 25 Urkunden, Schmuckurkunden

(1) Das Deutsche Patent- und Markenamt fertigt für die Schutzrechtsinhaber gedruckte Urkunden über die Erteilung des Patents, die Eintragung des Gebrauchsmusters, der Marke, des Geschmacksmusters sowie des Schutzes der Topografie in das jeweilige Register.

Hinsichtlich der Markenurkunden wird diese Vorschrift ergänzt durch § 26 MarkenV:

§ 26 Urkunde, Bescheinigungen Der Inhaber der Marke erhält neben der Urkunde über die Eintragung der Marke in das Register nach § 25 der DPMA-Verordnung eine Bescheinigung über die in das in das Register eingetragenen Angaben, soweit er hierauf nicht ausdrücklich verzichtet.

3.2. Als Rechtsgrundlage für das Verpflichtungsbegehren sind die zum Zeitpunkt der Entscheidung durch den Senat geltenden Normen zugrunde zu legen.

3.3. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung im MarkenG ist die Beurkundung der Eintragung nach den oben genannten Verordnungsvorschriften iVm § 41 MarkenG nach Sinn und Zweck von der Verordnungsermächtigung gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 7 MarkenG gedeckt. Die Urkunde ist eine Art der Bescheinigung, der im Rechtsverkehr besondere Bedeutung zukommt. Im Hinblick auf die freie Übertragbarkeit der Marke nach § 27 Abs. 1 MarkenG und ihres Wertes als Wirtschaftsgut im Rahmen von Verkauf oder Lizenzierungen ist es im Rechtsverkehr üblich, beim Verkauf oder der Lizenzerteilung dem Vertragspartner eine Bestätigung der Existenz der Marke vorzulegen (vgl. RPA BlPMZ 1929, 227 für die Patenturkunde).

3.4. Einzelheiten zum Inhalt der Markenurkunde, insbesondere zur hier verfahrensgegenständlichen Frage der Beurkundung einer Farbmarke, ergeben sich aus den genannten Vorschriften nicht. Die Formulierung in § 25 MarkenV "eine Urkunde über die Eintragung einer Marke" stellt lediglich auf die Beurkundung der Marke als solcher ab und läßt Details offen. Der Normtext kann im Hinblick darauf in viererlei Weise verwirklicht werden:

- Es wird ausschließlich die Tatsache der Eintragung einer Marke unter einer bestimmten Registernummer und zu einem bestimmten Datum ohne Markenwiedergabe beurkundet.

- Es wird eine in schwarzweiß gehaltene Urkunde ausgehändigt, die lediglich einen ungefähren Eindruck von der eingetragenen Marke wiedergibt.

- Es wird eine schwarzweiß gehaltene Urkunde ausgehändigt, die im Urkundentext die Farben der Eintragung benennt.

- Die Urkunde gibt das Schutzrecht in der angemeldeten und im Register eingetragenen Form wieder.

3.5. Angesichts dieser Unklarheiten zum Regelungsgehalt der genannten Vorschriften bedarf es daher der ergänzenden Auslegung, da sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Verordnungsgeber hier bewußt einer der möglichen Interpretationen den Vorzug geben wollte.

3.5.1. Die grammatikalische Auslegung geht vom allgemeinen Sprachgebrauch, der üblichen Rechtssprache und von der Ausdrucksweise des Gesetzgebers im betreffenden Rechtsgebiet aus.

Im deutschen Sprachgebrauch bezeichnet "über" als Akkusativpräposition Inhalt oder Thema einer mündlichen oder schriftlichen Äußerung, z.B. ein Essay über Schiller, einen Bericht über eine Reise verfassen (vgl Duden, Deutschen Universalwörterbuch, 4. Aufl. 2001 [CD-ROM]). In diesem Sinne bedeutet auch die in § 26 MarkenV nF (§ 19 Abs. 2 MarkenV aF) vorgesehene Regelung einer Bescheinigung "über die in das Register eingetragenen Angaben", dass diese Bescheinigung den Inhalt der eingetragenen Angaben wiedergibt.

Dementsprechend ist der Verordnungswortlaut "über die Eintragung der Marke" so zu verstehen, dass der Inhalt der Eintragung zu beurkunden ist. Da der Begriff der Eintragung aber sowohl den eigentlichen Verwaltungsakt der Registrierung als auch die Gesamtheit der eingetragenen Angaben umfasst, gibt die grammatikalische Auslegung keine Anhaltspunkte für Einzelheiten des Urkundeninhalts und damit keine Antwort auf die Frage, ob die farbige Wiedergabe Gegenstand der Beurkundung sein muss.

3.5.2. Bei Auslegung der Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck ist zu berücksichtigen, dass die Marke als Immaterialgüterrecht ein Wirtschaftsgut ist und die Markenurkunde daher nach den allgemeinen Gepflogenheiten im Rechtsverkehr beim Verkauf übergeben oder bei einer Lizenzvereinbarung dem Vertragspartner vorgelegt wird. Eine Urkunde, die die vertragsgegenständliche Marke nur unvollständig wiedergibt, ist für diese Zwecke nur von eingeschränktem Nutzen. Darüber hinaus entfaltet die Markenurkunde als öffentliche Urkunde i.S. § 418 Abs. 1 iVm § 415 Abs. 1 ZPO volle Beweiskraft für den Inhalt des beurkundeten Rechts. Berücksichtigt man, dass sich der Schutzumfang einer farbigen Marke nach der konkret eingetragenen Form bestimmt, so kann nur eine vollständige Markenwiedergabe diese Beweisfunktion erfüllen. Die Marke bildet nämlich ab dem Zeitpunkt ihrer Anmeldung eine unveränderliche Einheit und kann anders als das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis weder im Anmeldeverfahren noch nach Eintragung der Marke geändert werden (vgl. BGH GRUR 2004, 502, 503 - Gabelstapler II; GRUR 2001, 239 - Zahnpastastrang). Bei teleologischer Auslegung muss die Markenurkunde daher farbig ausgestellt werden.

3.5.3. Die gesetzessystematische Auslegung ergibt ebenfalls den Anspruch auf die farbige Beurkundung.

3.5.3.1. Zunächst ist festzustellen, dass nach § 26 MarkenV (§ 19 MarkenV aF) Urkunde und Bescheinigung nach Inhalt und Rechtswirkung unterschiedlich sind. Aus der Differenzierung zwischen einer Urkunde nach § 25 Abs. 1 DPMAV einerseits und einer Bescheinigung über die Registerangaben, auf die der Markeninhaber verzichten kann, ergibt sich, dass die Urkunde nur bei Eintragung der Marke ausgestellt wird (vgl. Mitteilung des Präsidenten des DPMA Nr. 13/97, BlPMZ 1997, 413) und nicht alle in das Register eingetragenen Angaben enthält, sondern lediglich die Existenz der Marke als solcher beurkundet. Die Bescheinigung wird hingegen zusätzlich über die im Register eingetragenen Angaben erteilt, kann aber auch abgelehnt werden. Darüber hinaus können weitere Bescheinigungen als sogenannter Registerauszug in beglaubigter oder unbeglaubigter Form gegen Zahlung einer Gebühr jederzeit beantragt werden, die dann, weil nicht in Verbindung mit der Urkunde erteilt, jeweils die Markenwiedergabe in Schwarz-Weiß enthalten (§ 64a MarkenG iVm § 1 Abs. 2 Nr. 1 PatKostG, § 2 Abs. 1 DPMA-Verwaltungskostenverordnung, Kostenverzeichnis Nr. 301 100 und 301 110).

Daraus folgt, dass die Urkunde die Existenz der Marke bestätigt und die weiteren Einzelheiten der eingetragenen Marke, die ihr weiteres Leben ausmachen in der beigefügten Bescheinigung aufgeführt sind, die ihrerseits keine Markenwiedergabe enthält. Notwendig ist daher auch im Zusammenspiel von Urkunde und Bescheinigung eine Urkunde, die einen vollständigen Eindruck der angemeldeten und eingetragenen Marke einschließlich ihrer Farbigkeit wiedergibt.

3.5.3.2. Der Vergleich mit in anderen Gesetzen vorgesehenen Urkunden spricht ebenfalls für die Beurkundung mit vollständiger - also farbiger - Markenwiedergabe.

Nach § 61a des Personenstandgesetzes (PersStdG) stellt der Standesbeamte als Personenstandsurkunden sowohl beglaubigte Abschriften aus den Personenstandsbüchern als auch Geburts-, Heirats-, Sterbe- und Abstammungsurkunden aus. Der Inhalt der jeweiligen Urkunden ist ausdrücklich geregelt (§§ 62 ff. PersStdG). Danach werden alle Eintragungen mit Ausnahme der möglicherweise wechselnden Berufsbezeichnungen und den Angaben zu dem zur Anzeige Erschienenen in die Urkunde aufgenommen (§§ 11, 21, 37 PersStdG).

Über die Eintragungen in das öffentlich geführte Handelsregister werden nach § 9 Abs. 2 bis 4 HGB Abschriften, Zeugnisse und Negativatteste erstellt, die zum Nachweis bestimmter Rechtsverhältnisse jeweils die einschlägigen Eintragungen bzw. die Nichtvornahme bestimmter Eintragungen bescheinigen.

3.5.3.3. Die vollständige farbige Beurkundung kommt auch in Regel 24 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zur Gemeinschaftsmarkenverordnung zum Ausdruck. Danach stellt das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt eine Eintragungsurkunde aus, die alle in Regel 84 Absatz 2 vorgesehenen Eintragungen in das Register und die Erklärung enthält, dass die betreffenden Angaben in das Register eingetragen worden sind. Zu den einzutragenden Angaben zählt nach Regel 84 Absatz 2 Buchst. f auch die Wiedergabe der Marke. Ebenso erhält der Markeninhaber bei der internationalen Registrierung einer Marke eine farbige Urkunde. Weltweit und beurkunden nahezu alle nationalen Markenämter die Eintragung einer Marke in den angemeldeten Farben.

4. Der Anspruch auf Aushändigung einer farbigen Urkunde ist jedoch nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen. Danach hat die Beschwerdeführerin keinen Anspruch auf Ausdruck der farbigen Urkunde im Rahmen der automatisierten Abläufe des Eintragungsverfahrens. Wie vom Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts in seiner Stellungnahme ausgeführt, ist der automatisierte Ausdruck zwar technisch möglich, im Hinblick auf die vorhandene technische Ausstattung aber mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden, die mit Inbetriebnahme des neuen elektronischen Datenverarbeitungssystems im Frühjahr 2006 hinfällig werden. Es wäre im Hinblick auf die Belastung des öffentlichen Haushalts unverhältnismäßig für eine Übergangszeit von voraussichtlich einem Jahr die Anschaffung der notwendigen technischen Geräte in Höhe von mindestens EUR ... zu verlangen. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Beschwer- deführerin ihren Anspruch nach dem das Verwaltungsverfahren beherrschenden Kostendeckungsprinzip daher nur geltend machen, wenn sie die für die erforderliche Einzelanfertigung der farbigen Urkunde anfallenden Kosten übernimmt. Da das Amt als Auslage für eine Farbkopie zur Zeit EUR 2,00 verlangt (§ 2 Abs. 1 DPMA-Verwaltungskostenverordnung, Kostenverzeichnis Nr. 302 200), ist dies auch zumutbar. Gleiches gilt für alle anderen Inhaber farbig eingetragener Marken.

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BPatG:
Beschluss v. 08.12.2004
Az: 29 W (pat) 89/04


Link zum Urteil:
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