Landgericht München I:
Urteil vom 30. Juli 2008
Aktenzeichen: 21 O 12464/07

(LG München I: Urteil v. 30.07.2008, Az.: 21 O 12464/07)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht München I hat in einem Urteil vom 30. Juli 2008 (Aktenzeichen 21 O 12464/07) entschieden, dass die Beklagte keine Bildergalerien mit der Figur des "Pumuckl" im Internet vervielfältigen oder öffentlich zugänglich machen darf, ohne die Klägerin als Urheberin zu benennen. Andernfalls droht ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten. Die Beklagte wurde außerdem dazu verurteilt, der Klägerin Auskunft über die genauen Handlungen zu geben, die sie bereits vorgenommen hat, und über den damit erzielten Gewinn. Zusätzlich muss die Beklagte der Klägerin jeden zukünftigen Schaden ersetzen, der durch die Handlungen entsteht. Des Weiteren wurden die Beklagte dazu verpflichtet, die Rechtsanwaltskosten der Klägerin in Höhe von 1.005,40 Euro zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden ebenfalls der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, gegen Sicherheitsleistung.

Im Hintergrund des Falles liegt ein Verstoß der Beklagten gegen das Urheberrecht der Klägerin. Die Klägerin hat die Figur des "Pumuckl" geschaffen und ihre Rechte daran wurden verletzt. Die Beklagte hat Bildergalerien mit der Figur im Internet ohne Nennung der Klägerin als Urheberin veröffentlicht. Die Klägerin hat die Beklagte deswegen abgemahnt, aber die Beklagte hat die Forderungen nicht erfüllt. Daher hat die Klägerin Klage gegen die Beklagte eingereicht und das Landgericht München I entschied zugunsten der Klägerin. In dem Urteil wurde die Beklagte dazu verurteilt, die Handlungen zu unterlassen, Auskunft über die bereits getätigten Handlungen zu geben, Schadensersatz zu leisten und die Rechtsanwaltskosten der Klägerin zu bezahlen. Die Beklagte muss außerdem die Kosten des Rechtsstreits tragen und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, muss aber gegen Sicherheitsleistung erfolgen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG München I: Urteil v. 30.07.2008, Az: 21 O 12464/07


Tenor

I. Der Beklagten wird es bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen am Intendanten der Beklagten, verboten,

Bildergalerien mit der graphischen Figur des "Pumuckl" im Internet zu vervielfältigen und/oder öffentlich wiederzugeben bzw. Dritten zugänglich zu machen und/oder solche Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, ohne bei der bildlichen Nutzung der Figur die Klägerin als Urheberin der graphischen Figur des "Pumuckl" zu benennen, wie unter den Domain-Adressen

http://www.../kultur-szene/film/tv/0611/06891/" und/oder

http://www.../kultur-szene/film/bildergalerien/tv/0611/0689l/content.shtml€1 und/oder

http://www.../kulturszene/film/bildergalerien/tv/0611/06891/content.shtml€2 und/oder

http://www.../kultur-szene/film/bildergalerien/tv/0611/0689l/content.shtml€4 und/oder

http://www.../kultur-szene/film/bildergalerien/tv/0611/0689l/content.shtml€5 und/oder

http://www.../kultur-szene/film/bildergalerien/tv/0611/0689l/content.shtml€7 und/oder

http://www.../land-und-leute/thema/clarin/pumuckl.xml.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer I., nämlich über Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Bilder, der gewerblichen Auftraggeber, über die Menge / Anzahl der genutzten Bilder, über die erzielten Umsätze in Euro, über den erzielten Gewinn unter Angabe der Kostenfaktoren im Einzelnen sowie über Art, Umfang (Domain-Adressen, visits und pageviews) sowie Zeitraum der Nutzung.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen gemäß Ziffer I. entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

IV. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von den Kosten ihrer Rechtsanwälte ... die durch das Abmahnschreiben vom 27.04.2007 in Höhe von Euro 1.005,40 entstanden sind, durch unmittelbare Zahlung an die genannten Rechtsanwälte freizustellen.

V. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

IV. Das Urteil ist in Ziffer I. durch Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 10.000, in Ziffer II. durch Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 1.000, im übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten Ansprüche wegen Verletzung ihrer Urheberrechte geltend.

Die Klägerin hat 1963 die graphische Figur des "Pumuckl" zur Illustration der "Pumuckl"-Bücher von ... und entsprechender Tonträgerhüllen geschaffen. Diese sahen beispielsweise wie folgt aus:

An dieser Stelle folgt im Original eine Abbildung, welche hier nicht wiedergegeben werden kann.

4Die Beklagte, ein öffentlich-rechtliches Rundfunkunternehmen, nutzte auf ihren Internetseiten unter der Domain "www..." die graphische Figur des "Pumuckl", indem sie Bildergalerien mit der Figur des "Pumuckl" zum freien Abruf und Download bereithielt (Anlagen K 4, 5, 6). In diesen Bildergalerien finden sich etwa folgende Bilder:

An dieser Stelle folgen im Original zwei Abbildungen, welche hier nicht wiedergegeben werden können.

Die Klägerin wurde dabei nicht als Urheberin dieser Figur benannt.

Wegen der unterlassenen Urheberbenennung wurde die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben der Klägerin vom 27. April 2007 erfolglos abgemahnt und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung aufgefordert. Das Schreiben lautet auszugsweise wie folgt:

"...

2. Ferner ist unsere Mandantin darauf aufmerksam geworden, dass in dem Online-Angebot des ... ebenfalls die grafische Figur des "Pumuckl" genutzt wird. ... Jedenfalls wird trotz umfangreicher Nutzung der Figur des "Pumuckl" an keiner Stelle darauf hingewiesen, dass Frau ... deren urheberein ist. Entsprechende Abbildungen der Figur finden sich unter www.../land-und-leute/thema/clarin/pumuckl.xml" oder "www.../kultur-szene/film/tv/0611/06891/" (teilweise mit ganzen Bildergalerien des "Pumuckl").

..."

Die Klägerin ist der Ansicht, als Schöpferin der grafischen Figur des "Pumuckl" € der Werkschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 7 UrhG zukomme € gegenüber der Beklagten Unterlassungs-, Auskunfts- und Schadensersatzansprüche zu haben. Die Beklagte habe nämlich durch die Verwendung der "Pumuckl"-Figur in ihrem Internet-Auftritt € jedenfalls € das Urheberbenennungsrecht der Klägerin gemäß § 13 Satz 1 UrhG schuldhaft verletzt. Die geltend gemachten außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten für die Abmahnkorrespondenz habe die Beklagte sowohl als Folgeschaden nach § 97 Abs. 1 UrhG als auch verschuldensunabhängig nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 683 Satz I, 677, 670 BGB zu tragen. Die Abmahnschreiben berechnet die Klägerin wie folgt:

Gegenstandswert: 30.000,00 Euro 1,3 Geschäftsgebühr, §§ 13, 14 RVG, Nr. 2300 W RVG985,40 EuroPost und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG20,00 EuroGesamtbetrag1.005.40 EuroDie Klägerin hat daher zuletzt beantragt ,

1. es der Beklagten bei Meidung eines für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Euro 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollziehen am Intendanten der Beklagten, zu verbieten,

Bildergalerien mit der grafische Figur des "Pumuckl" im Internet zu vervielfältigen und/oder öffentlich wiederzugeben bzw. Dritten zugänglich zu machen und/oder solche Handlungen durch Dritte vornehmen zu lassen, ohne bei der bildlichen Nutzung der Figur die Klägerin als Urheberin der grafischen Figur des "Pumuckl" zu benennen, wie unter den Domain-Adressen

http://www.../kultur-szene/film/tv/0611/06891/" und/oder

http://www.../kultur-szene/film/bildergalerien/tv/0611/0689l/content.shtml€l und/oder

http://www.../kulturszene/film/bildergalerien/tv/0611/06891/content.shtml€2 und/oder

http://www.../kultur-szene/film/bildergalerien/tv/0611/0689l/content.shtml€4 und/oder

http://www.../kultur-szene/film/bildergalerien/tv/0611/0689l/content.shtml€5 und/oder

http://www.../kultur-szene/film/bildergalerien/tv/0611/0689l/content.shtml€7 und/oder

http://www.../land-und-leute/thema/clarin/pumuckl.xml.

2. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über den Umfang der Handlungen gemäß Ziffer 1, nämlich über Namen und Anschriften der Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Bilder, der gewerblichen Auftraggeber, über die Menge / Anzahl der genutzten Bilder, über die erzielten Umsätze in Euro, über den erzielten Gewinn unter Angabe der Kostenfaktoren im Einzelnen sowie über Art, Umfang (Domain-Adressen, visits und pageviews) sowie Zeitraum der Nutzung.

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeden Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen gemäß Ziffer 1 entstanden ist und/oder noch entstehen wird.

4. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten ihrer Rechtsanwälte ..., die durch das Ab-mahnschreiben vom 27.04.2007 in Höhe von Euro 1.005,40 entstanden sind, durch unmittelbare Zahlung an die genannten Rechtsanwälte freizustellen.

Die Beklagte hat beantragt ,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die streitgegenständlichen Online-Darstellungen seien durchweg programmbegleitende Darstellungen zum individuellen Abruf anläßlich der Ausstrahlung von Pumuckl-Filmen bzw. des Todes von ... im Programm der Beklagten. In diesen Fällen einen Hinweis auf die Urheberin vorzusehen, sei unüblich.

Dies gelte umso mehr, als lediglich der Original-Entwurf, nicht aber die aktuelle Figuren-Gestaltung auf die Klägerin zurückgehe. Die Klägerin habe ursprünglich den Pumuckl nach den detaillierten literarischen und hörspielmäßigen Vorgaben der literarischen Urheberin ... abhängig bearbeitet. Sämtliche charakteristischen Merkmale der Figur seien vorgegeben gewesen und daher nicht der eigenschöpferischen Leistung der Klägerin zuzuordnen. In der Folgezeit sei die von der Klägerin gestaltete Figur von anderen Zeichnern für die fernsehmäßige Auswertung deutlich abgewandelt worden. Diese von der Beklagten genutzte Figur sei graphisch deutlich anders gestaltet als der Original-Entwurf der Klägerin. Die Klägerin habe daher an der von der Beklagten genutzten, modernen "Pumuckl-Figur" kein alleiniges Urheberrecht.

Gründe

Die Klage hat in vollem Umfang Erfolg.

I.

Durch die Verwendung der streitgegenständlichen Bildergalerien auf der Internetseite der Beklagten ohne Nennung der Klägerin als Urheberin der graphischen Figur des "Pumuckl" wird das Benennungsrecht der Klägerin verletzt, §§ 97, 13 UrhG. Die Klägerin hat daher die geltend gemachten Unterlassungs- und Auskunftsansprüche; aus dem gleichen Grund war auch die Verpflichtung zur Schadensersatzleistung festzustellen.

1. Wie zwischen den Streitparteien mit Urteil des OLG München vom 20. Dezember 2007 (angedruckt in GRUR-RR 2008, 37) festgestellt, genießt die von der Klägerin geschaffene graphische Figur des Pumuckl Urheberrechtsschutz. Dem steht insbesondere nicht entgegen, dass die Klägerin ihre Zeichnungen in Anlehnung an die von Frau Kaut geschaffene literarische Figur gestaltet hat. Im übrigen kann es die Kammer bei einem Verweis auf die Urteilsgründe des genannten OLG-Urteils belassen.

2. Die von der Beklagten in ihren Bildergalerien verwendete Figur des "Pumuckl" weist im Wesentlichen dieselben Merkmale auf, die den Werkcharakter der graphischen Figur der Klägerin ausmachen. Soweit Änderungen an der Gestaltung vorgenommen wurden, handelt es sich allenfalls um abhängige Umgestaltungen, die den wesentlichen Charakter des Werks der Klägerin unberührt ließen. Auch insoweit kann auf das genannte Urteil des OLG München verwiesen werden, das dieselben Figuren zum Gegenstand hat.

323. Die Beklagte ist nach § 13 UrhG auch verpflichtet, das Werk der Klägerin mit deren Urheberbezeichnung zu versehen (vgl. insofern schon OLG München in GRUR-RR 2004, 33 € Pumuckl-Illustrationen). Das gilt jedenfalls dann, wenn € wie hier € nicht nur einzelne Bilder, sondern ganze Bildergalerien im Internet eingestellt werden.

Die Kammer braucht auch nicht darüber zu entscheiden, ob im Falle einer programmbegleitenden Bebilderung hinsichtlich der Verpflichtung zur Urheberbenennung etwas anderes gilt. Denn um programmbegleitende Bebilderung handelt es sich in keinem der streitgegenständlichen Fälle; weder wird die Meldung über den Tod Hans Clarins in einen Zusammenhang mit dem aktuellen Programm der Beklagten gebracht, noch steht der Artikel über den Film "Pumuckl und sein Zirkusabenteuer" in einem zeitliche Zusammenhang zur Ausstrahlung dieses Films bei der Beklagten.

Die Beklagte beruft sich auch ohne Erfolg auf eine Branchenübung, nach der in vergleichbaren Fällen eine Nennung angeblich nicht erfolgt. Eine solche Branchenübung ist zumindest hinsichtlich des Einstellens ganzer Bildergalerien weder bekannt noch belegt. Im übrigen ist es auch mit dem Wesen und der Natur des Rechts auf Anbringung der Urheberbezeichnung kaum vereinbar, das seinem Wortlaut nach uneingeschränkt gewährte Recht aufgrund von Verkehrsgewohnheiten oder Branchenübung von vornherein entfallen zu lassen (dazu eingehend BGH, GRUR 1995, 671 € Namensnennungsrecht des Architekten).

II.

Auch der Anspruch auf Begleichung der Abmahnkosten ist begründet. Die Klägerin hat die streitgegenständlichen Verstöße ausdrücklich abgemahnt. Die Kostenberechnung begegnet € auch seitens der Beklagten € keinen Bedenken.

III.

1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 709, 108 ZPO.






LG München I:
Urteil v. 30.07.2008
Az: 21 O 12464/07


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/22d05504a8c2/LG-Muenchen-I_Urteil_vom_30-Juli-2008_Az_21-O-12464-07




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