Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Mai 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 251/02

(BPatG: Beschluss v. 14.05.2003, Az.: 29 W (pat) 251/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 14. Mai 2003 über eine Markenanmeldung entschieden. Die Anmelderin wollte die Bezeichnung "Isar Anzeiger" als Wortmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen anmelden. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Anmeldung teilweise zurückgewiesen. Es war der Meinung, dass die Marke aus einer geografischen Herkunftsangabe und einer Gattungsbezeichnung besteht und daher nicht unterscheidungskräftig sei. Die Beschwerde der Anmelderin hatte teilweise Erfolg. Das Bundespatentgericht hob die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts bezüglich einiger Waren auf, da es kein Freihaltungsbedürfnis für diese gab. Bei den Waren "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften" sah das Gericht jedoch ein Eintragungshindernis, da die Marke aus beschreibenden Angaben bestehe. Auch eine Verkehrsdurchsetzung konnte nicht nachgewiesen werden. Daher wurde die Beschwerde insoweit zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 14.05.2003, Az: 29 W (pat) 251/02


Tenor

1. Der Beschluß der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 28. Juni 2002 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren "Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Bücher, Unterrichtsmittel in Form von Druckereierzeugnissen" zurückgewiesen worden ist.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I Die Bezeichnung Isar Anzeigerist als Wortmarke für die Waren und Dienstleistungen Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten Klasse 16: Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Unterrichtsmittel in Form von Druckereierzeugnissen Klasse 41: Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitätenzur Eintragung in das Markenregister angemeldet.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung durch Beschluß vom 28. Juni 2002 teilweise zurückgewiesen und zwar für die Waren

"Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften, Bücher, Unterrichtsmaterial in Form von Druckereierzeugnissen."

Die angemeldete Marke sei aus den Wörtern "Isar" und "Anzeiger" zusammengesetzt, wobei unter einem Anzeiger eine insbesondere in kleinen Orten anzutreffende Zeitungsbezeichnung bzw. der Werbung dienende Blätter mit Unterhaltungsbeilagen verstanden werden. Bei "Isar" handele es sich um den rechten Nebenfluss der Donau in Bayern. In Zusammenhang mit Druckereierzeugnissen und deren Titel könne mit "Isar" nicht nur ein Hinweis auf den Fluss selbst, sondern auf die gesamte Isar-Region und deren Bewohner gegeben werden. Das Wort "Anzeiger" sei als Gattungsbezeichnung im Zusammenhang mit Druckschriften ebenso wie mit Magnetaufzeichnungsträgern und Schallplatten einzustufen. Die Gesamtbezeichnung stelle eine freihaltebedürftige und nicht unterscheidungskräftige Verbindung einer geografischen Herkunftsangabe mit einer Gattungsbezeichnung in der Bedeutung von "Nachrichtenüberbringer aus dem Isargebiet" bzw. "Das Neueste von der Isar" dar. Die behauptete Verkehrsdurchsetzung sei in keiner Weise glaubhaft gemacht. Die angemeldete Marke genüge zwar den Erfordernissen, die an den Titelschutz, nicht aber an den Markenschutz zu stellen seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, es bestehe kein aktuelles Freihaltungsbedürfnis, weil es nicht nur an potentiellen Mitbewerbern, sondern auch an einem tatsächlichen Bedarf gerade im regionalen Zeitungsmarkt fehle. Die Wochenzeitung Isar-Anzeiger werde seit Jahrzehnten unter diesem Namen für die Gemeinde Grünwald als deren ausschließliche Rechtsinhaberin gedruckt und vertrieben. Es sei auch nicht richtig, daß es eine Isarregion gebe, sondern lediglich einen bestimmten Bereich, der als sogenanntes Isartal bezeichnet werde. Der Bestandteil "Anzeiger" stelle keine homogene Gattung wie Zeitung oder Nachrichten dar. Die angemeldete Marke "Isar Anzeiger" ergebe insgesamt eine regional eingrenzbare und charakteristische Bezeichnung, der auch nicht jegliche Unterscheidungskraft fehle. Die ausreichende Unterscheidungskraft sei durch den begrenzten Verkehrskreis der Bürger der Gemeinde Grünwald bedingt, denen der "Isar Anzeiger" als Informations- und Amtsblatt der Gemeinde bekannt sei. Der "Isar Anzeiger" habe sich außerdem in dem begrenzten Verkehrskreis der zeitungslesenden Bürger der Gemeinde Gründwald als Zeitung und Begriff durchgesetzt. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs "St. Pauli-Nachrichten" könne durchaus so gesehen werden, daß eine regional begrenzte Verkehrsdurchsetzung für eine Markeneintragung ausreichend wäre.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg und zwar hinsichtlich der Waren "Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten, Bücher und Unterrichtsmittel in Form von Druckereierzeugnissen" der Teilzurückweisung. Nach Auffassung des Senats steht der angemeldeten Marke aber für "Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften" das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.

1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr insbesondere zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können. Nach dieser Vorschrift ist die Eintragung auch dann zu versagen, wenn die Benutzung des angemeldeten Zeichens als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber in Zukunft jederzeit erfolgen kann (vgl BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE - mwN). Dies ist hier der Fall.

Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um einen Zeitungstitel, der als solcher abstrakt markenfähig ist, dessen weitere Eintragungsvoraussetzungen als Marke sich jedoch nach den für Wortzeichen geltenden Voraussetzungen des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG bemessen (vgl BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt - mwN).

1.1 Das angemeldete Zeichen ist aus den beiden Bestandteilen "Isar" und "Anzeiger" zusammengesetzt. Die Bezeichnung des Flussnamens "Isar" weist dabei auf die geographische Herkunft der beanspruchten Waren hin und zwar in dem Sinne, daß mit dem Namen z.B. eines Berges oder eines Sees auch eine geografische Herkunft beschrieben wird, wenn er von dem angesprochenen Publikum dahingehend verstanden werden kann, daß er die Umgebung des Berges oder die Ufer des Sees umfaßt (vgl EuGH GRUR 1999, 723 - Chiemsee). Für einen Fluß gilt gleiches. Dem steht nicht entgegen, daß es keinen einheitlichen Begriff der Isarregion gibt und mit Isar allein - anders als etwa mit Isar-Athen oder Isarmetropole - nicht auf München hingewiesen wird. Denn auch wenn unter dem Bestandteil Isar die Gegend südlich von München, das sogenannte Isartal verstanden wird, wird damit ein geografisch begrenzter Herkunftshinweis hergestellt ebenso wie bei den zahlreichen Titeln von Tageszeitungen, die einen Flussnamen enthalten, zB Donaukurier, Donau-Zeitung, Main-Echo, Mainpost, Main-Spitze, Die Neckarquelle, Rhein-Lahn-Zeitung, Rhein-Neckar-Zeitung, Rhein-Sieg-Rundschau, Rhein-Zeitung, Weser-Kurier.

1.2 Bei dem weiteren Bestandteil "Anzeiger" handelt es sich um die Bezeichnung einer kleineren Zeitung oder Zeitschrift, die oft im Titel von Zeitungen anzutreffen ist (vgl DUDEN Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden, 4. Aufl, S 155). Wegen seiner historischen Herkunft als offizielles Verlautbarungsorgan begegnet die Bezeichnung dem Verkehr häufig als Amtsblatt, wird aber auch in Titel von Anzeigenblättern verwendet. Eine Mehrdeutigkeit ergibt sich daraus nicht, da es sich jeweils um Zeitungen oder sonstige Druckschriften handelt.

1.3 In seiner Gesamtheit besteht das Zeichen daher lediglich aus zwei beschreibenden Angaben, nämlich einer Ortsangabe und einer Gattungsbezeichnung, die den Mitbewerbern der Anmelderin zum ungehinderten Gebrauch frei zu halten sind (stRspr seit 1974, vgl BGH GRUR 1974, 661 - St. Pauli-Nachrichten). Denn in Verbindung mit den beanspruchten Druckereierzeugnissen erschöpft sich das Zeichen in dem sachlichen Hinweis auf eine Zeitung oder Zeitschrift, die über eine geografisch begrenzte Isargegend berichtet oder für Leserkreise des Isartals bestimmt ist. Das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG trägt dabei den berechtigten Interessen des Wirtschaftsverkehrs Rechnung, Ausschließlichkeitsrechte an beschreibenden Angaben zu verhindern und zu gewährleisten, dass beschreibende Angaben von allen Mitbewerbern frei verwendet werden können (vgl Berlit, Das neue Markenrecht, 5. Aufl 2003, Rdn 66; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl 2001, § 8 Rdn 118; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 1998, § 8 Rdn 52; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl 2003, § 8 Rdn 228). Es hängt insbesondere nicht davon ab, ob potentielle Mitbewerber zu erwarten sind noch, ob ein tatsächlicher Bedarf auf einem gesättigten bzw schrumpfenden Zeitungsmarkt besteht.

2. Eine Überwindung des Eintragungshindernisses im Wege der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 MarkenG kommt auf der Grundlage der vorgetragenen Angaben nicht in Betracht. Eine Verkehrsdurchsetzung für die Eintragung als Marke muß sich auf das gesamte Bundesgebiet beziehen. Auch wenn die Marke nicht in allen Teilen Deutschlands in gleichem Maße bekannt sein muß, erfüllen das eng begrenzte Verbreitungsgebiet mit vorwiegend lokaler oder allenfalls regionaler Ausrichtung und die geringe Auflagenhöhe von 2900 Stück nicht die Voraussetzungen für die Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung, damit die Einleitung eines Verfahrens zu deren Nachweis erfolgen kann. Etwas anderes läßt sich auch nicht der Entscheidung "St. Pauli-Nachrichten" (GRUR 1974, 661, 662) entnehmen. Der Bundesgerichtshof hat dort klargestellt, daß es bei Mitteilung einer Auflagenhöhe von 650 000 Stück nahegelegen hätte, bei der Anmelderin durch Rückfrage zu klären, ob Verkehrsdurchsetzung geltend gemacht werde.

3. Nachdem der angemeldeten Marke für "Druckschriften, Zeitungen, Zeitschriften" das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, kam es nicht mehr darauf an, ob ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt oder ob sie diese als Zeitungstitel nicht zuletzt aufgrund ihres langjährigen Marktauftritts besitzt.

4. Hinsichtlich der im Tenor genannten Waren kann der Senat jedoch weder ein Freihaltungsbedürfnis (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG) feststellen noch fehlt jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG). Nach den Ermittlungen des Senats ist nicht anzunehmen, dass diese üblicherweise nach ihrer geografischen Herkunft und Zeitungsart bezeichnet oder beschrieben werden.

Grabrucker Pagenberg Richter Voit ist abgeordnet und kann daher nicht unterzeichnen.

Grabrucker Cl






BPatG:
Beschluss v. 14.05.2003
Az: 29 W (pat) 251/02


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