Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 16. November 2009
Aktenzeichen: 6 W 130/09

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird die einstweilige Verfügung der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 12.10.2009 - 33 O 294/09 - wie folgt abgeändert:

Der Antragsgegnerin wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen jeweils an den Gesellschaftern, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr für ein Tabakentwöhnungsseminar zu werben:

Nichtraucher in 5 Stunden

Möchten Sie ganz einfach zum Nichtraucher werden€ Ohne Entzugs-erscheinungen oder das Gefühl, dass Ihnen etwas fehlt€ Keine Sorge, das werden Sie schaffen: Fünf Stunden Seminar reichen dafür aus.

sofern dies geschieht wie nachstehend wiedergegeben:

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gegenstandswert: 20.000 €.

Gründe

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers hat Erfolg und führt zum Erlass der einstweiligen Verfügung auch hinsichtlich der Aussage "Nichtraucher in 5 Stunden", denn auch insoweit ist die Werbung der Antragsgegnerin irreführend, § 8 Abs. 1, 3, § 3, § 5 Abs. 1 UWG.

1. Gegenstand des Angriffs ist der gesamte im Tenor aufgeführte Text, wie er in der konkreten Verletzungsform wiedergegeben ist. Die im Verfügungsantrag unter den Ziffern 1 und 2 getrennt wiedergegebenen Aussagen stehen in der konkreten Verletzungsform in einem derartig engen räumlichen und vom übrigen Text abgehobenen Zusammenhang, dass sie von einem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher nicht isoliert wahrgenommen werden können. Der Verbraucher wird sich daher von dem im Tenor wiedergegebenen Text ein einheitliches Verständnis bilden. Es ist ausgeschlossen, dass der Verbraucher die eine Aussage als Erfolgsgarantie versteht, während er zugleich der anderen Aussage entnimmt, dass ein Erfolg nicht garantiert werden kann. Daraus folgt, dass die Aussagen nur einheitlich und im Zusammenhang, nämlich so wie sie in der konkreten Verletzungsform enthalten sind, verboten werden können; ein isoliertes Verbot (was auch nicht beantragt ist) kommt dagegen nicht in Betracht, denn die jeweiligen Aussagen können in einem anderen Zusammenhang eine andere Bedeutung haben, insbesondere ist es denkbar, dass der weitere Text es ausschließt, den fraglichen Aussagen ein wie auch immer geartetes Erfolgsversprechen zu entnehmen.

2. Die angegriffene Aussage in ihrer Gesamtheit, wie sie in der konkreten Verletzungsform wiedergegeben ist, ist irreführend.

a) Die Aussage enthält entgegen der in der Antwort auf das Abmahnschreiben ausgeführten Ansicht der Antragsgegnerin eine Tatsachenbehauptung: sie suggeriert - was die Antragsgegnerin für sich ja auch in Anspruch nimmt -, dass eine Raucherentwöhnung innerhalb eines Seminars mit der Dauer von fünf Stunden möglich ist. Darüber hinaus versteht der Verbraucher den Text dahin, dass diese Entwöhnung zu einem dauerhaften Erfolg führt. Denn die Antragstellerin weist zutreffend darauf hin, dass der Verkehr unter einem Nichtraucher nicht eine Person versteht, die lediglich für einen kurzen Zeitraum nicht raucht, sondern jemand, der seine Tabaksucht überwunden hat. Der Verkehr wird zwar nicht verkennen, dass die Antragsgegnerin mit der beanstandeten Werbung keine unbedingte Erfolgsgarantie abgibt, weil sie eine solche gar nicht abgeben kann; einen seriösen Aussagegehalt hat die Werbung aber nur dann, wenn der Verkehr sie dahin versteht, dass die von der Antragsgegnerin entwickelte Methode der Raucherentwöhnung im Regelfall, d.h. bei einem durchschnittlichen Teilnehmer des Seminars, erfolgreich ist und in der Vergangenheit bereits war. Da die Antragsgegnerin Seriösität für sich in Anspruch nimmt und der Verkehr auch keinen Anlass hat, diese in Frage zu stellen, wird er also die beanstandete Werbung dahin verstehen, dass in der Vergangenheit die Teilnehmer eines von der Antragsgegnerin angebotenen Seminars im "Normalfall" jedenfalls in dem ersten Jahr nach der Teilnahme nicht mehr geraucht haben. Dabei stellt die Unbestimmtheit des Begriffs "Normalfall" nicht in Frage, dass es sich um eine Tatsachenbehauptung handelt. Ausreichend ist insofern, dass die Aussage einen objektivierbaren Kern enthält, der nachprüfbar ist. Dazu ist keine zahlenmäßig genaue Vorstellung des Anteils der erfolgreichen Teilnehmer der Seminare erforderlich. Es genügt, dass der Verkehr aufgrund dieser Aussage davon ausgehen muss, dass die deutlich überwiegende Mehrheit der Teilnehmer des Seminars zu Nichtrauchern wird.

Es handelt sich hierbei auch nicht um eine unverbindliche Anpreisung. Einem solchen Verständnis steht bereits die von der Antragsgegnerin gewährte "Geldzurück-Garantie" entgegen. Diese versteht der Verkehr - entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin - nicht als Hinweis auf die Unsicherheit des Erfolgs des Seminars, sondern als Bekräftigung der Wirksamkeit. Denn ein Anbieter, der mit einer "Geldzurück-Garantie" wirbt, macht dadurch deutlich, dass er von seinem Angebot überzeugt ist. Der Verkehr geht davon aus, dass der Anbieter "im Normalfall" nicht das Geld zurückgeben will und daher eine Verpflichtung hierzu nur dann eingehen wird, wenn Garantiefälle Ausnahmefälle sind.

b) Mit diesem Inhalt ist die Aussage insgesamt irreführend. Die Antragsgegnerin hat selbst in ihrem Antwortschreiben auf die Abmahnung vom 25.9.2009 dargelegt, dass die Rückfallquote nach ein bis zwei Jahren 30 bis 60 % beträgt. Selbst wenn man diese Zahlen, von denen nicht ersichtlich ist, wie die Antragsgegnerin sie ermittelt hat, zugrunde legt, kann nicht die Rede davon sein, dass die von der Antragsgegnerin angebotenen Seminare im Normalfall erfolgreich sind. Die Seminare mögen damit im Vergleich zu anderen Mitteln oder Verfahren zur Raucherentwöhnung ungewöhnlich erfolgreich sein. Gleichwohl kann bei einer Misserfolgsquote von mindestens 30 % keine Rede davon sein, dass ein Misserfolg einen Ausnahmefall darstellt; vielmehr ist er auch für einen durchschnittlichen Teilnehmer eine nicht nur fernliegende Möglichkeit.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.






OLG Köln:
Beschluss v. 16.11.2009
Az: 6 W 130/09


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