Landgericht Köln:
Urteil vom 4. April 2012
Aktenzeichen: 84 O 188/11

(LG Köln: Urteil v. 04.04.2012, Az.: 84 O 188/11)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Köln hat in einem Urteil festgestellt, dass die Klage abgewiesen wird. Die Kosten des Rechtsstreits werden von der Klägerin getragen. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages erbracht wird.

Der Sachverhalt stellt sich wie folgt dar: Die Klägerin betreibt eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis. Die Beklagte ist Trägerin einer privaten Krankenversicherung und Muttergesellschaft der H GmbH. Im Dezember 2010 erstellte die Klägerin für den Patienten T einen Heil- und Kostenplan für eine zahnprothetische Versorgung, den Herr T bei der Beklagten einreichte. Im Januar 2011 gab die Beklagte eine Kostenzusage und wies darauf hin, dass Herr T eine zweite Meinung bei anderen Zahnärzten einholen könne. Herr T reagierte nicht auf dieses Schreiben.

Im Februar 2011 rief ein Mitarbeiter der Beklagten unaufgefordert bei Herrn T an und schlug vor, dass er sich von anderen Zahnärzten Angebote einholen solle. Herr T stimmte schließlich zu, dass die Beklagte ihm eine Liste mit Zahnärzten zukommen lassen darf. Die Beklagte benannte daraufhin drei Zahnärzte aus Herrn T's Umfeld.

Die Klägerin sieht darin einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und die Berufsordnung der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein. Sie beantragt, dass die Beklagte es unterlässt, im Rahmen der Prüfung von Heil- und Kostenplänen, die von der Klägerin erstellt wurden, unaufgefordert andere Zahnärzte zur Einholung einer Zweitmeinung zu benennen. Alternativ beantragt sie, dass die Beklagte ohne vorherige Einwilligung keine anderen Zahnärzte zur Einholung einer Zweitmeinung nennt.

Die Beklagte argumentiert, dass kein Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien besteht und sie daher nicht gegen die Berufsordnung verstößt. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Beklagte nicht direkt der Berufsordnung unterliegt und daher nicht für ein Verhalten in Anspruch genommen werden kann, das von einem Zahnarzt als Verstoß gegen die Berufsordnung angesehen werden würde. Das Gericht argumentiert weiter, dass die Benennung anderer Zahnärzte durch die Beklagte nicht darauf abzielt, die Berufsordnung zu umgehen, sondern im Interesse der Beklagten und ihrer Versicherungsnehmer liegt, um Kosten zu reduzieren.

Das Gericht weist die Klage sowohl in Bezug auf den Hauptantrag als auch den Hilfsantrag ab. Der Anruf eines Mitarbeiters der Beklagten bei Herrn T stellt keine Werbung dar, da er im Rahmen des Versicherungsvertrags und speziell in Bezug auf die geplante zahnprothetische Behandlung erfolgte.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Köln: Urteil v. 04.04.2012, Az: 84 O 188/11


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis.

Die Beklagte ist Trägerin einer privaten Krankenversicherung und 100prozentige Muttergesellschaft der H GmbH, einem Franchise-Anbieter für Zahnarztpraxen.

Am 25.12.2010 erstellte die Klägerin für den Patienten T einen Heil- und Kostenplan für eine zahnprothetische Versorgung. Diesen reichte Herr T bei der Beklagten ein. Mit Schreiben vom 25.01.2011 machte die Beklagte eine Kostenzusage und wies darauf hin, dass Herr T eine zweite, unverbindliche Meinung insbesondere wegen der Kosten bei anderen Zahnärzten einholen könne. Wegen der Einzelheiten verweist die Kammer auf das als Anlage K 1 vorgelegte Schreiben der Beklagten.

Herr T reagierte auf dieses Schreiben nicht, weil er sich in der Praxis der Klägerin behandeln lassen wollte.

Am 22.02.2011 rief ein Mitarbeiter der Beklagten unaufgefordert bei Herrn T an und unterbreitete den Vorschlag, Herr T solle sich von anderen Praxen Alternativangebote einholen. Herr T lehnte dies zunächst ab, stimmte schließlich jedoch zu, dass die Beklagte ihm eine Liste mit anderen Zahnärzten zukommen lassen dürfe. Daraufhin benannte die Beklagte Herrn T mit Schreiben vom 23.02.2011 drei Zahnärzte aus seinem Umkreis, einer davon aus dem H-Qualitätsnetzwerk. Wegen der Einzelheiten nimmt die Kammer auf das als Anlage K 2 vorgelegte Schreiben Bezug.

Die Klägerin sieht hierin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 8 Abs. 2 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein vom 26.06.2006 (BO). Den Telefonanruf hält die Klägerin gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG für wettbewerbswidrig.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

im Rahmen der Prüfung der Kostenübernahme von Heil- und Kostenplänen, die seitens der Klägerin für deren Patienten bzw. Versicherungsnehmer der Beklagten erstellt wurden, diese zu kontaktieren, um andere Zahnärzte - insbesondere solche des Zahnärzte-Netzwerkes H - für die Einholung einer Zweitmeinung zu benennen, ohne hierzu von dem betreffenden Patienten der Klägerin zuvor ausdrücklich aufgefordert worden zu sein;

hilfsweise,

andere Zahnärzte für die Einholung einer Zweitmeinung mit einem Telefonanruf gegenüber Patienten der Klägerin ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung zu benennen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, zwischen den Parteien bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Ein Verstoß gegen § 8 Abs. 2 BO liege bereits deshalb nicht vor, da sie, die Beklagte, nicht Normadressat sei. Ihr Anruf erfülle nicht das Tatbestandsmerkmal der Werbung, so dass auch der Hilfsantrag nicht begründet sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

I. Der Hauptantrag der Klägerin, der allein auf § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 8 Abs. 2 BO gestützt ist, hat keinen Erfolg.

Es kann dahin stehen, ob zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis besteht.

Die Beklagte kann bereits deshalb nicht aus § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 8 Abs. 2 BO auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, da die Beklagte nicht Normadressat der ärztlichen Berufsordnungen ist.

Die Beklagte ist Trägerin einer privaten Krankenversicherung und bietet selbst keine zahnärztlichen Leistungen an. Sie unterliegt daher nicht unmittelbar dem § 8 Abs. 2 BO, der sich nur und ausschließlich an Zahnärzte richtet (vgl. BGH, Urteil vom 26.02.2009 - I ZR 222/06 - Mac Dent, GRUR 2009, 883 ff., aus Juris Rn. 12, 16 zu § 29 Abs. 1 Satz 2 SchlHZÄBerufsO). Die Beklagte kann deshalb nicht mit der Begründung in Anspruch genommen werden, dass ein entsprechendes Verhalten eines Zahnarztes, der sich von sich aus an den Patienten eines Kollegen mit dem Angebot wendet, ein günstigeres Behandlungsangebot abzugeben (vgl. BGH, Urteil vom 01.12.2010 - I ZR 55/08 - GRUR 2011, 343 ff. Tz. 15), berufswidrig wäre.

Die Beklagte würde nur dann aus § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 8 Abs. 2 BO haften, wenn die Benennung anderer Zahnärzte für die Einholung einer Zweitmeinung dem Zweck dienen würde, § 8 Abs. 2 BO zu umgehen (BGH, Urteil vom 26.02.2009 - I ZR 222/06 - Mac Dent, GRUR 2009, 883 ff., aus Juris Rn. 17).

Hiervon kann aber nach dem Vortrag der Parteien nicht ausgegangen werden.

Zum einen hat die Beklagte vorgetragen, dass die von ihr benannten Zahnärzte nach dem Zufallsprinzip ausgesucht würden, keinerlei Kenntnis von ihrer Benennung hätten und auch zu den Zahnärzten des H-Netzwerkes keinerlei vertragliche Beziehungen oder Absprachen bestünden. Dem ist die Klägerin nicht, jedenfalls nicht substantiiert, entgegen getreten. Eine Beihilfe der Beklagten zu einem Wettbewerbsverstoß der von ihr benannten Zahnärzte (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 11 Rn. 11.113) kann daher nicht angenommen werden.

Zum anderen ist das Verhalten der Beklagten nicht darauf gerichtet, anderen Zahnärzten Behandlungsmöglichkeiten zu eröffnen. Vielmehr handelt die Beklagte, wenn sie ihre Versicherungsnehmer zwecks Einholung einer Zweitmeinung anspricht, im Rahmen ihrer ureigensten Aufgaben als Krankenversicherung und in eigenem Interesse, die Kosten zu reduzieren und letztlich auch im Interesse ihres Versicherungsnehmers, dessen Eigenanteil im Falle einer kostengünstigeren Behandlung sinkt.

II. Die Klage hat auch mit dem Hilfsantrag keinen Erfolg.

Der Anruf eines Mitarbeiters der Beklagten bei Herrn T verstößt nicht gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG.

Der Anruf stellt keine Werbung dar, da er im Zuge der Durchführung des zwischen Herrn T und der Beklagten bestehenden Krankenversicherungsvertrages und konkret bezogen auf die geplante zahnprothetische Behandlung ihres Versicherungsnehmers erfolgte (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, § 7 Rn. 129). Herr T sollte daher nicht zum Eingehen, zur Fortsetzung, zur Wiederaufnahme, zur Änderung oder Erweiterung eines Vertragsverhältnisses bestimmt werden.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert: 15.000,00 € (§ 45 Abs. 1 Satz 3 GKG)






LG Köln:
Urteil v. 04.04.2012
Az: 84 O 188/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/05a1d963eee4/LG-Koeln_Urteil_vom_4-April-2012_Az_84-O-188-11




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