Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 13. April 2006
Aktenzeichen: VI-U (Kart) 19/05

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 13.04.2006, Az.: VI-U (Kart) 19/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem Urteil entschieden, dass die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf zurückgewiesen wird. Es wurde festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise erledigt hat. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

In dem Fall vertreibt die Antragstellerin molekularbiologische Therapeutika und Diagnostika. Die Antragsgegnerin ist eine Holdinggesellschaft, die das operative Geschäft ihrer Tochtergesellschaften koordiniert. Unter diesen Tochtergesellschaften befindet sich die O. Gruppe, die therapeutische Produkte im Bereich der molekularen Orthopädie herstellt, darunter auch das "O.-Verfahren" zur Behandlung von Arthrose.

Es gab Unstimmigkeiten über die geschlossenen Alleinvertriebsverträge zwischen der Antragstellerin und der O. T. GmbH sowie der O.I. GmbH. Es wurde festgestellt, dass die Antragsgegnerin die Tochtergesellschaften dazu verleitet hat, die Verträge mit der Antragstellerin zu brechen und eigene Vertriebe aufzubauen. Die Antragstellerin hat daraufhin im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens Unterlassungsansprüche gestellt.

Das Landgericht hat dem Antrag der Antragstellerin überwiegend stattgegeben, jedoch nur bezüglich des Vertriebs in Deutschland und bis zum Ablauf des Jahres 2005. Gegen dieses Urteil hat die Antragsgegnerin Berufung eingelegt, die nun vom Oberlandesgericht Düsseldorf zurückgewiesen wurde. Das Gericht entschied, dass die Antragsgegnerin zu Recht untersagt wurde, den Vertrieb der O.-Produkte anderen Unternehmen zu ermöglichen. Der Alleinvertriebsvertrag steht weiterhin zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Düsseldorf: Urteil v. 13.04.2006, Az: VI-U (Kart) 19/05


Tenor

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 27. April 2005 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf

(34 O (Kart) 48/05) wird zurückgewiesen.

Es wird festgestellt, dass sich der Rechtsstreit in der Hauptsache bezüglich des Urteilstenors zu 1) a) und b) sowie bezüglich des Urteilstenors zu 2) a) und b) und 3) a) und b) teilweise, nämlich soweit Märkte außerhalb der U. be-troffen sind, erledigt hat.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Gründe

A.

Die Antragstellerin vertreibt molekularbiologische Therapeutika und Diagnostika.

Die Antragsgegnerin koordiniert als Holdinggesellschaft das von ihren 100 %igen Tochtergesellschaften betriebene operative Geschäft. Zu ihren Tochtergesellschaften gehören die O. I. GmbH, O. T. GmbH, O. L. S. GmbH und die O. V. GmbH. Die O. Gruppe stellt therapeutische Produkte im Bereich der molekularen Orthopädie her. Zu diesen Produkten gehört auch das sog. O.-verfahren, bei dem zur Behandlung von Arthrose die sog. O.-Spritze eingesetzt wird.

Am 22.05.2001 schloss die Antragstellerin mit der O. T. GmbH einen weltweiten Alleinvertriebsvertrag über das sog. O.-verfahren und für alle O.-Produkte, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses marktreif sind. Zudem räumte die O. T. GmbH der Antragstellerin ein Optionsrecht für den Alleinvertrieb sämtlicher von O. hergestellter Produkte ein, deren Markteinführung erst in Zukunft stattfinden wird. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt des Alleinvertriebsvertrages vom 22.05.2001 (Anlage EV 11) Bezug genommen.

Am 27.09.2001 kam es zwischen der Antragstellerin und der O. I. GmbH für die U. zum Abschluss eines separaten Alleinvertriebsvertrages. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Alleinvertriebsvertrag vom 27.09.2001 (Anlage EV 12) Bezug genommen.

Seit Mai 2004 stand das aus der Weiterentwicklung des O.-Verfahrens entstandene E.-System für den Humanmedizinischen Bereich zum Vertrieb zur Verfügung. Im Vergleich zum O.-Verfahren bedurfte es zur Herstellung des Eigenblutserums nun nicht mehr eines aufwendigen Laborverfahrens, sondern der behandelnde Arzt stellt das Serum selbst unter Einsatz eine sog. B.-L. her. Für den Veterninärmedizinischen Bereich war für die Arthrosebehandlung bei Pferden und Hunden das I.-Verfahren entwickelt worden.

In der Folgezeit kam es zwischen den Vertragsparteien zu Unstimmigkeiten über den Inhalt und Umfang der geschlossenen Alleinvertriebsverträge. Unter dem 16.12.2004 kündigte die O. T. GmbH den Alleinvertriebsvertrag vom 22.05.2001 zum 31.12.2005.

Mit e-Mail vom 27.01.2005 teilte das Vorstandsmitglied Dr. P. W. von der Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, ihre Tochtergesellschaften hätten nunmehr entschieden, dass die O. L. S. GmbH im März einen eigenen Vertrieb mit 10 Außendienstmitarbeitern in D. aufbauen werde, die O. I. GmbH die O.-Spritze demnächst in den U. anbieten werde und die O. V. GmbH auf der Suche nach einem Vertriebspartner in der EU und in den U. sei (Anlage EV 33). Auf ihrer Internetseite platzierte die Antragsgegnerin Mitte Februar 2005 eine Stellenangebot der O. L. S. GmbH, in dem sie Mitarbeiter für den deutschlandweiten Vertrieb des Produktes E. zur Arthrosebehandlung sucht.

Jeweils mit Schreiben vom 04.03.2005 kündigte die O. T. GmbH den Alleinvertriebsvertrag vom 22.05.2001 und die O. I. GmbH den Alleinvertriebsvertrag vom 27.09.2001 fristlos aus wichtigem Grund. Wegen des weiteren Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf das jeweilige Schreiben vom 04.03.2005 (Anl. AG 11 und 12) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 15.04.2005 (Bl. 149 GA) stützte die O. I. GmbH ihre vorangegangene fristlose Kündigung auf weitere Gründe.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.02.2006 erklärte die O. I. GmbH hilfsweise erneut die außerordentliche Kündigung des Alleinvertriebsvertrages vom 27.09.2001. Auf den Inhalt des Kündigungsschreibens vom 21.02.2006 wird in vollem Umfang Bezug genommen (Bl. 820 ff. GA).

Die Antragsstellerin hat im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens beantragt,

der Antragsgegnerin bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu untersagen,

eine Tochtergesellschaft oder mehrere Tochtergesellschaften aufzufordern und/oder auf diese einzuwirken, für die im Rahmen der Arthrosetherapie zur Herstellung sterilen Blutserums entwickelte O.-Spritze, einschließlich insbesondere der für humanmedizinische Indikationen weiterentwickelten und unter der Bezeichnung "E." oder "E.-Blutentnahmespritze" (vor allem als Bestandteil des sog. "E.-Systems") angebotenen Blutentnahmespritze,

den Vertrieb einem anderen als der Antragstellerin zu ermöglichen; Maßnahmen (insbesondere Werbemaßnahmen oder Stellenangebote) zu ergreifen, die einen Vertrieb durch einen anderen als durch die Antragstellerin anzukündigen;

allerdings nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005, soweit die Märkte außerhalb der U. betroffen sind;

eine Tochtergesellschaft oder mehrere Tochtergesellschaften aufzufordern und/oder einzuwirken, hinsichtlich der für veterinärmedizinische Indikationen zur Arthrosetherapie entwickelten und unter der Bezeichnung O., E. und/oder "I." (insbesondere I. B.L. TM, E. I. TM, C. I. TM) angebotenen Blutentnahmespritze,

den Vertrieb einem anderen als der Antragstellerin zu ermöglichen; Maßnahmen (insbesondere Werbemaßnahmen oder Stellenangebote) zu ergreifen, die einen Vertrieb durch einen anderen als durch die Antragstellerin anzukündigen;

allerdings nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2005, soweit die Märkte außerhalb der U. betroffen sind;

selbst Maßnahmen (insbesondere Werbemaßnahmen oder Stellenangebote) vorzunehmen, die einen Vertrieb

der für die im Rahmen der Arthrosetherapie zur Herstellung sterilen Blutserums entwickelte O.-Spritze, einschließlich insbesondere der für humanmedizinische Indikationen weiterentwickelten und unter der Bezeichnung "E." oder "E.-Blutentnahmespritze" (vor allem als Bestandteil des sog. "E.-Systems") angebotenen Blutentnahmespritze durch einen anderen als durch die Antragstellerin ankündigen; der für veterinärmedizinische Indikationen zur Arthrosetherapie entwickelten und unter der Bezeichnung O., E. und/oder "I." (insbesondere I. B.L. TM, E. I. TM, C. I. TM) angebotene Blutentnahmespritze durch einen anderen als durch die Antragstellerin anzukündigen;

allerdings nur bis Ablauf des 31. Dezember 2005, soweit Märkte außerhalb der U. betroffen sind.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Mit Urteil vom 27.04.2005 hat das Landgericht dem Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zum überwiegenden Teil stattgegeben. Es hat den Antrag indes abgelehnt, soweit sich der Antrag zu 1 in räumlicher Hinsicht auch auf das Gebiet der U. erstreckte und der Antrag zu 3 humanmedizinische Produkte bezogen auf die U. betraf. Der Verfügungsanspruch sei aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 10 UWG gerechtfertigt. Der Antragsgegnerin sei eine unlautere Wettbewerbshandlung anzulasten, denn sie habe ihre Tochterunternehmen dazu verleitet, die Alleinvertriebsverträge mit der Antragstellerin zu brechen. Der Vertragsbruch liege jeweils darin, dass die Tochterunternehmen das Alleinvertriebsrecht der Antragstellerin missachtet und die geschlossenen Verträge grundlos fristlos gekündigt hätten. Die wirksam zustande gekommenen Verträge seien nicht durch die mit Schreiben vom 04.03.2005 erklärten außerordentlichen Kündigungen beendet worden, da die Voraussetzungen für eine wirksame fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB nicht erfüllt gewesen seien. Allerdings werde der Alleinvertriebsvertrag vom 22.05.2001 durch die ausgesprochenen ordentlichen Kündigung zum 31.12.2005 beendet. Zumindest über das vertraglich vereinbarte Optionsrecht seien auch die erst nach Abschluss der Verträge zur Marktreife gelangten E.-Spritze und B.L. zum Vertragsgegenstand geworden. Eine Auslegung der Verträge führe überdies zu dem Ergebnis, dass eine Beschränkung auf reine Humanprodukte nicht erfolgt und damit auch der veterinärmedizinische Bereich mitumfasst sei.

Gegen dieses Urteils wendet sich die Antragsgegnerin mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung. Sie ist der Auffassung, dass ein etwaiger Unterlassungsanspruch nicht aus dem UWG hergeleitet werden könne. Es läge weder eine Wettbewerbshandlung vor, noch sei § 4 Nr. 10 UWG in Form einer Verleitung zum Vertragsbruch einschlägig. Im übrigen vertieft sie insbesondere hinsichtlich der Kündigungen der Verträge ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das am 27. April 2005 verkündete Urteil des Landgerichts Düsseldorf abzuändern und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und erklärt im übrigen den Rechtsstreit einseitig in der Hauptsache für erledigt, soweit die Verfügungsanträge zeitlich bis zum 31.12.2005 beschränkt waren.

Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung in der Begründung und im Ergebnis für zutreffend.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil sowie den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen in vollem Umfang Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin ist im Ergebnis nicht begründet.

Der Antragsgegnerin ist zu Recht untersagt worden, die im Tenor im einzelnen aufgeführten Handlungen vorzunehmen. Soweit die Untersagung zeitlich bis zum 31.12.2005 beschränkt war, hat die Antragstellerin die Hauptsache einseitig für erledigt erklärt. Der darin liegende Feststellungsantrag ist begründet, da die Verfügungsanträge zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses (Ablauf der Frist) zulässig und begründet waren.

Verfügungsantrag zu 1) a) und b)

Die Antragstellerin hat einen Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund glaubhaft gemacht (§ 940, 936, 920 Abs. 2 ZPO).

I. Verfügungsanspruch

Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch darauf, dass sie es unterlässt, ihre Tochtergesellschaften aufzufordern und/oder auf sie einzuwirken, anderen Unternehmen außer der Antragstellerin den Vertrieb von B. L. (O.- und E.-System) im Humanmedizinischen Bereich weltweit mit Ausnahme der U. zu ermöglichen und entsprechende Maßnahmen zu Ankündigung eines solchen Vertriebs zu ergreifen.

1.

Der Antragstellerin steht allerdings kein vertraglicher Unterlassungsanspruch zu. Der Alleinvertriebsvertrag vom 22.05.2001 ist zwischen der Antragstellerin und der O. T. GmbH zustanden gekommen. Die Antragsgegnerin ist nicht Vertragspartnerin geworden. Allein die O. T. GmbH ist im Rubrum des Vertrages aufgeführt. Überdies ist der Vertrag allein von dem Geschäftsführer der O. T. GmbH, Dr. J. R., ausdrücklich für die O. T. GmbH unterzeichnet worden. Dass ein Vorstandmitglied der Antragsgegnerin bei den Vertragsverhandlungen mitgewirkt und den Vertrag paraphiert hat, begründet keinen Beitritt der Antragsgegnerin zu diesem Vertrag. Dies gilt um so mehr, als in Ziff. 11.2 des Vertrages ausdrücklich festgehalten ist, dass Nebenabreden zu dieser - schriftlich formulierten - Vereinbarung nicht bestehen.

2.

Ein Verfügungsanspruch der Antragstellerin folgt auch nicht aus §§ 8 Abs. 1, 3, 4 Nr. 10 UWG. Es liegt keine Wettbewerbshandlung der Antragsgegnerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor.

Eine Wettbewerbshandlung setzt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus. Hierunter ist jede wirtschaftliche Tätigkeit auf dem Markt zu verstehen, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks zu dienen bestimmt ist (Fezer, UWG, § 2 Rn. 18; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 2 Rn. 15). Der erforderliche Marktbezug fehlt bei rein betriebsinternen (unternehmensinternen) Handlungen. Sie erfolgen nicht im geschäftlichen Verkehr, solange sie für einen aktuellen oder potentiellen Wettbewerb keine Außenwirkung entfalten. Eine Anweisung an Handelsvertreter, eine unlautere Werbebehauptung zu verwenden, ist zunächst ein interner Vorgang. Erst bei Befolgung der Weisung nach außen, liegt eine Handlung im geschäftlichen Verkehr vor. Betriebsinterne Maßnahmen, die eine ernst zu nehmende Gefahr begründen, als unlautere Wettbewerbshandlung am Markt umgesetzt zu werden, können jedoch eine Erstbegehungsgefahr und damit einen Abwehranspruch begründen, ein den betriebinternen Maßnahmen entsprechendes Marktverhalten zu unterbinden (Harte/Henning-Keller, UWG, § 2 Rn. 20 m.w.Nachw.). Dieselben Grundsätze gelten auch für konzerninterne Maßnahmen (BGH GRUR 1969, 479, 480; BGH GRUR 1979, 551, 552).

Die Antragstellerin hat zwar schlüssig dargetan und glaubhaft gemacht, dass die Entscheidung der O. T. GmbH, ab März 2005 der O. L. S. GmbH den Aufbau eines eigenen Vertriebs für sog. B. L. (E. Verfahren) in D. zu ermöglichen, und das Ergreifen hierauf gerichteter Maßnahmen durch die Antragsgegnerin veranlasst worden ist, indem sie ihre Tochtergesellschaft hierzu aufgefordert oder auf andere Weise auf sie eingewirkt hat. Das Landgericht hat die hierfür sprechenden Indizien in der angefochtenen Entscheidung aufgeführt und zutreffend gewürdigt (Seite 23 - 26 der Urteilsgründe). Diesen Ausführungen ist die Antragsgegnerin mit der Berufung nicht entgegen getreten.

Das Einwirken der Antragsgegnerin auf die O. T. GmbH stellt jedoch eine konzerninterne Handlung ohne Marktbezug dar. Die Antragsgegnerin bildet mit ihren Tochtergesellschaften einen Konzern im Sinne von § 18 Abs. 1 AktG. Bei der O. T. GmbH handelt es sich um eine 100 %ige Tochter der Antragsgegnerin. Es ist zumindest nach § 17 Abs. 2 AktG zu vermuten, dass sie von der Antragsgegnerin abhängig ist und mit ihr gemäß § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG einen Konzern bildet. Die konzerninterne Maßnahme ist auch nicht als unlautere Wettbewerbshandlung durch die O. T. GmbH am Markt umgesetzt worden. Die Verletzung vertraglicher Pflichten, insbesondere die Nicht- oder Schlechterfüllung, ist für sich gesehen keine Wettbewerbshandlung (BGH GRUR 2002, 1093, 1094; Hefermehl/Köhler/Bornkamm, aaO., § 2 Rn. 54).

3.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch der Antragstellerin ist aus Deliktsrecht gerechtfertigt.

Insoweit kann dahin stehen, ob das Verhalten der Antragsgegnerin einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Antragstellerin darstellt und daher als Anspruchsgrundlage § 823 Abs. 1 BGB in Betracht zu ziehen ist. Jedenfalls sind die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gemäss § 826 BGB i.V. m. § 1004 BGB erfüllt.

Die Antragsgegnerin hat in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise daran mitgewirkt, dass die O. T. GmbH ihr Verpflichtungen aus dem mit der Antragstellerin geschlossenen Alleinvertriebsvertrag vom 22.05.2001 verletzt.

a.

Die O. T. GmbH hat die vertraglich vereinbarte Ausschließlichkeitsbindung missachtet und zudem unberechtigterweise die fristlose Kündigung des Vertrages erklärt.

aa.

Ein Verstoß gegen das vertraglich vereinbarte ausschließliche Vertriebsrecht der Antragstellerin liegt darin, dass die O. T. GmbH zur Umsetzung ihrer mit e-Mail vom 27.01.2005 mitgeteilten Entscheidung, der O. L. S.s GmbH ab März 2005 den Aufbau eines eigenen Vertriebs für B.L. in D. zu ermöglichen, Bestellformulare hat anfertigen lassen, die als Lieferanten für die O. Produkte ist O. T. GmbH selbst und für die E.-Produkte die O. L. S. GmbH ausweist.

Darüber hinaus hat die O. T. GmbH zugelassen, dass auf der internet-Seite des O. Konzerns bereits am 14.02.2005 ein Stellenangebot der O. L. S. GmbH, mit der sie Pharmareferenten für die deutschlandweiten Vertrieb der E.-Produkte sucht, veröffentlicht wird. Hierzu war sie nicht befugt. Nach Ziffer 1.3 des Vertrages ist sie nur dann berechtigt, das Produkt selbst zu vertreiben bzw. das betreffende Produkt Dritten zum Vertrieb anzubieten, wenn die Antragstellerin das Vertriebsangebot ablehnt oder ihr Optionsrecht nicht innerhalb der Frist ausübt. Beides war hier aber nicht erfolgt. Die O. T. GmbH war gemäß Ziffer 1.2 des Alleinvertriebsvertrages vom 22.05.2001 verpflichtet, nach Eintritt der Marktreife des Produktionssystems E.-Spritze/B.L. der Antragstellerin das Alleinvertriebsrecht anzubieten. Das Landgericht hat Ziff. 1.2 des Vertrages, wonach sich das Optionsrecht auf den Alleinvertrieb "sämtlicher von O. hergestellter Produkte (..), deren Markteinführung erst in Zukunft stattfinden wird", zutreffend dahingehend ausgelegt, dass von dieser Regelung auch das System E.-Spritze/B. L. erfasst ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen.

Soweit die Antragsgegnerin erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragen hat, sie habe der Antragstellerin im Frühjahr 2004 in N./F. ein Vertriebsangebot für die E.-Spritze/B.L. unterbreitet, das jedoch von ihr abgelehnt worden sei, weil eine Einigung über Absatzmengen nicht habe erzielt werden können, kann sie hiermit aus unterschiedlichen Gründen nicht durchdringen.

Es handelt sich bei diesem Vorbringen um neuen Sachvortrag, der im Berufungsverfahren nur in den engen Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 ZPO zugelassen werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt.

Aber selbst wenn den Vortrag zuzulassen wäre, hätte er keinen Erfolg. Es kann schon nicht von einem formgerechten und damit wirksamen Vertriebsangebot der Antragsgegnerin ausgegangen werden. Nach Ziff. 1.2 Satz 2 des Alleinvertriebsvertrages vom 22.05.2001 muss das Vertriebsangebot schriftlich erfolgen. Dass das Schriftformerfordernis eingehalten worden ist, hat die Antragsgegnerin indes nicht behauptet. Von dem Schriftformerfordernis ist auch nicht wirksam Abstand genommen worden. Nach Ziff. 11.2 des Vertrages bedürfen Änderungen des Vertrages und auch der Verzicht auf das Schriftformerfordernis zur ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Ist aber für die Aufhebung der Formabrede - so wie hier - ausdrücklich Formzwang vorgesehen, ist eine mündlich getroffene Vereinbarung unwirksam (vgl. Palandt-Heinrichts, BGB, 65. Aufl., § 125 Rn. 14 m.w.Nachw.). Im übrigen hätte die Antragstellerin aber auch ein - unterstellt wirksames - Vertriebsangebot der O. T. GmbH angenommen. Der Prozessbevollmächtigte der Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung hierzu vorgetragen, die Antragsgegnerin (gemeint wohl: O. T. GmbH) "habe im Jahr 2004 zur Antragstellerin gestanden". Sie sei mit dem Vertrieb des E.-Verfahrens durch die Antragstellerin einverstanden gewesen, da zu einem späteren Zeitpunkt die Absatzmengen hätten festgelegt werden sollen. Es habe zwischen ihnen insoweit eine "Bindung geherrscht". Dieses Vorbringen kann aber nur so verstanden werden, dass die Antragstellerin das - unterstellt wirksame - Vertriebsangebot angenommen hat und lediglich im Lauf des Jahres 2004 noch eine Einigung über die Absatzmengen erzielt werden sollte. Dass es sich bei der Einigung über die Absatzmengen nach dem übereinstimmenden Willen der vertragsschließenden Parteien um eine auflösende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 2 BGB gehandelt hat, ist weder ersichtlich noch von der Antragsgegnerin behauptet worden. Dass die Antragstellerin die E.-Spritze/B. L. von der O. L. S. GmbH und nicht von ihrer Vertragspartnerin, der O. T. GmbH, erhalten hat und die Rechnungsstellung gleichfalls durch diese Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin erfolgt ist, führt zu keine anderen Ergebnis, da sich die O. T. GmbH zur Erfüllung ihrer vertraglichen Pflichten auch Dritter bedienen kann.

bb.

Ein Verstoß der O. T. GmbH gegen den Alleinvertriebsvertrag stellt auch die mit Schreiben vom 04.03.2005 erklärte fristlose Kündigung des Vertrages dar. Sie war zur fristlosen Kündigung des Vertrages nicht gemäß § 314 BGB berechtigt.

(1)

Es ist bereits zweifelhaft, ob überhaupt ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Vertrages im Sinne von § 314 Abs. 1 BGB vorlag.

Gestützt ist die fristlose Kündigung auf einen Verstoß der Antragstellerin gegen die aus Ziff. 3.1 des Vertrages folgende Verpflichtung, sich nach Kräften für den Absatz der O.-Spritze einzusetzen. Gegen diese Verpflichtung habe die Antragstellerin verstossen, weil sie die Anzahl ihrer Vertriebsmitarbeiter von Ende 2001 bis Mitte 2004 von 16 auf 2 abgebaut und bis Ende 2004 nur auf 5 erhöht habe. Dies sei nicht ausreichend, um einen Vertrieb zu gewährleisten.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine eklatante Vertragsverletzung und damit unter Umständen einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung im Sinne von § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB zu begründen. Dem unstreitigen Akteninhalt ist ein plausibler Grund für einen kontinuierlichen Abbau der Vertriebsmitarbeiter bis Mitte 2004 zu entnehmen. Die O.-Spritze und das damit verbundene O.-Verfahren hat sich wegen der hohen Kosten, des aufwendigen Laborverfahrens (zweiwöchige Verzögerung des Behandlungstermins) und der Tatsache, dass die Kosten nicht von der Krankenversicherung erstattet werden, letztlich nicht am Markt durchsetzen können. Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass sich die anfänglich erzielten Umsätze im Laufe der Zeit verringert haben und die Antragstellerin als Reaktion hierauf die Anzahl ihrer Vertriebsmitarbeiter reduziert hat. Darüber hinaus hat die Antragstellerin, nachdem im Mai 2004 das verbesserte E.-Verfahren zum Vertrieb zur Verfügung stand, die Anzahl ihrer Vertriebsmitarbeiter wieder von zwei auf fünf erhöht. Zudem hat sie - unstreitig - 23 Mitarbeiter der A. GmbH für den Vertrieb der E.-Produkte geschult.

(2)

Aber selbst wenn von einem wichtigen Grund gemäss § 314 Abs. 1 BGB ausgegangen werden sollte, so scheitert eine wirksame fristlose Kündigung daran, dass der Kündigung keine Abmahnung vorausgegangen ist.

Eine nach § 314 Abs. 2 BGB erforderliche Abmahnung der Antragstellerin war nicht ausnahmsweise entbehrlich. Weder hat die Antragstellerin die Erfüllung des Vertrages ernsthaft und endgültig verweigert, noch war das Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragsparteien so schwerwiegend gestört, dass eine sofortige Beendigung des Vertrages gerechtfertigt erscheint. Unstreitig hatte die Antragstellerin ihre Bemühungen zum Absatz der O.-Spritze nicht eingestellt. Von einer ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung kann daher nicht die Rede sein. Auch hat die Antragsgegnerin keine Tatsachen vorgetragen, die für eine schwerwiegende Störung des Vertragsverhältnisses sprechen und eine sofortige Beendigung des Vertrages rechtfertigen könnten. Allein die Tatsache, dass nach Auffassung der O. T. GmbH fünf Vertriebsmitarbeiter einen ausreichenden Vertrieb nicht gewährleisten können, reicht hierfür nicht aus. Hieraus ergibt sich nicht, dass eine Abmahnung keinen Erfolg versprochen hätte oder die Basis für eine weitere Zusammenarbeit entfallen ist. Eine schwerwiegende Störung des Vertrauensverhältnisses kann auch nicht aus der Reaktion der Antragstellerin auf die e-Mail der Antragsgegnerin vom 30.08.2004 hergeleitet werden. Die Antragstellerin hat eine verstärkte Anstellung von ABS Vertriebsmitarbeitern sowie eine intensives Training für über 20 Mitarbeitern der A. GmbH zugesagt. Es kann nicht festgestellt werden, dass sie sich bis zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 04.03.2005 nicht an ihre Zusage gehalten hat. Unstreitig hat die Antragstellerin die Anzahl ihrer Vertriebsmitarbeiter im Herbst 2005 erhöht. Dass sie Vertriebsmitarbeiter der A. GmbH entgegen ihrer Zusage nicht geschult hat, ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsgegnerin nicht.

cc.

Entgegen dem Vorbringen der Antragsgegnerin ist die mit Schreiben vom 04.03.2005 erklärte fristlose Kündigung des Vertrages auch nicht in ein sog. Änderungskündigung umzudeuten. Ein entsprechender Wille der O. T. GmbH auf Abschluss eines geänderten Vertrages ist nicht zu erkennen. Es ging ihr im Gegenteil vielmehr darum, sich endgültig von der Antragstellerin zu trennen und die Vertragsbeziehung zu beenden.

b.

Der Vertragsbruch der O. T. GmbH führt auch zur Schädigung der Antragstellerin, da mit der Verletzung der Ausschließlichkeitsbindung Umsatzeinbußen verbunden sind.

c.

Die Antragsgegnerin hat an der Vertragsverletzung der O. T. GmbH in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise mitgewirkt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt eine sittenwidrige Mitwirkung an der Verletzung von Vertragsrechten Dritter vor, wenn in seinem Eindringen in die Vertragsbeziehungen ein besonderes Maß an Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Betroffenen hervortritt. Eine solche Rücksichtslosigkeit kann vor allem in einem kollusiven Zusammenwirken mit dem Vertragsschuldner gerade zur Vereitelung der Ansprüche des betroffenen Vertragsgläubigers liegen. Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit ist aber nur dann begründet, wenn es sich um schwerwiegende Verstöße gegen das Anstandsgefühl handelt; er stützt sich auf ein Vorgehen des Dritten, das mit den Grundbedürfnissen loyaler Rechtsgesinnung unvereinbar ist (BGH NJW 1994, 128 f. m.w.Nachw.; BGH NJW-RR 1999, 1186).

Hiervon ist vorliegend auszugehen. Wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, hat die Antragstellerin schlüssig dargetan und glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin in Kenntnis der Ausschließlichkeitsbindung des Alleinvertriebsvertrages auf die O. T. GmbH eingewirkt und sie dazu veranlasst hat, die Vertragsrechte der Antragstellerin zu verletzen und den Vertrieb der in Rede stehenden Produkte durch andere Tochtergesellschaften der Antragsgegnerin zu ermöglichen. Die Mitwirkung an der Vertragsverletzung stellt zwar - wie oben ausgeführt - selbst keine Wettbewerbshandlung dar, erfolgt sie aber gleichwohl zu Wettbewerbszwecken ist sie ohne Hinzutreten weiterer Umstände sittenwidrig (BGH DB 1981, 1668; Palandt-Sprau, BGB, 64. Aufl., § 826 Rn. 53). Die Antragsgegnerin hat die O. T. zu Wettbewerbszwecken zum Vertragsbruch verleitet. Nicht mehr die Antragstellerin, sondern der O. Konzern selbst bzw. die genannten Tochtergesellschaften sollten die O. Produkte vertreiben. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin sind als Hersteller und Händler der in Rede stehenden O.-Produkte Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Sie gehören zwar unterschiedlichen Wirtschaftsstufen an. Dies ist jedoch unerheblich, weil sie sich im Ergebnis an dieselben Abnehmer, nämlich die behandelnden Ärzte, richten. Dass es der Antragsgegnerin (auch) darum gegangen ist, das Unternehmen vor drohender Insolvenz zu retten, lässt die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nicht entfallen.

4.

Die Antragsgegnerin kann sich gegenüber dem aus §§ 826, 1004 BGB folgenden Unterlassungsanspruch nicht mit Erfolg die Einrede des nichterfüllten Vertrages (§ 320 BGB) berufen. Die Antragsgegnerin ist nicht aus einem gegenseitigen Vertrag mit der Antragstellerin verpflichtet. Vertragspartnerin ist die O. T. GmbH.

II. Verfügungsgrund

Auch von dem Vorliegen eines Verfügungsgrundes ist gemäß §§ 935, 940 ZPO auszugehen.

Voraussetzung hierfür ist, dass die Regelung des einstweiligen Zustandes zur Abwendung wesentlicher Nachteile, Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Hiervon ist vorliegend auszugehen. Die Antragstellerin hat dargetan, dass ihr ein nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht, wenn die Antragsgegnerin weiterhin ihre Tochtergesellschaften dazu veranlasst, Dritten den Vertrieb der hier in Rede stehenden O. Produkte zu ermöglichen. Der Schaden kann durch die nachträgliche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die damit verbundenen erheblichen Beweisschwierigkeiten nicht ausgeglichen werden.

Verfügungsantrag zu 2) a) und b)

I. Verfügungsanspruch

Auch für die im veterinärmedizinischen Bereich zur Behandlung von Arthrose bei Pferden und Hunden eingesetzten O.-Produkte, insbesondere I. B.L., steht der Antragstellerin ein aus §§ 826, 1004 BGB folgender Unterlassungsanspruch in dem tenorierten Umfang zu. Die hiergegen mit der Berufung vorgebrachten Angriffe bleiben ohne Erfolg.

1.

Das durch den Vertrag vom 22.05.2001 weltweit und speziell für die U. durch den Vertrag vom 27.09.2001 eingeräumte Alleinvertriebsrecht der Antragstellerin bezieht sich auch auf veterinärmedizinische Erzeugnisse der Antragsgegnerin.

Dass nach dem wirklichen Willen der vertragsschließenden Parteien entgegen dem Wortlaut von Ziff. 1.2 des Vertrages vom 22.05.2001 bzw. Ziff. 1.3 des Vertrages vom 27.09.2001, der sich jeweils auf "sämtliche" von O. entwickelte therapeutische Erzeugnisse bezieht, veterinärmedizinischen Erzeugnisse von dem Optionsrecht nicht umfasst sein sollen, vermag der Senat nicht zu erkennen. Bereits im Juni 2001 sind erste Anwendungen der O.-Spritze bei Pferden erfolgt. Bei Abschluss der Verträge erschien ein zukünftiger Einsatz des Produktes im Veterinärbereich daher zumindest möglich. Hätte es dem tatsächlichen Willen der Vertragsparteien entsprochen, das Alleinvertriebsrecht der Antragstellerin auf den Humanmedizinischen Bereich zu beschränken, so hätte es bei dieser Sachlage nahe gelegen, eine solche Beschränkung in den Vertrag aufzunehmen und nicht die umfassende Formulierung in Ziff. 1.2 bzw. Ziff. 1.3 des jeweiligen Vertrages zu wählen. Darüber hinaus steht dem Vortrag der Antragsgegnerin ihr eigenes vorprozessuales Verständnis vom Inhalt des Vertrages entgegen. So unterscheidet das Vorstandsmitglied W. in seiner e-Mail vom 23.03.2004 an die Antragstellerin zur Vorbereitung eines Besprechungstermins zwischen B.L. (human) und B.L. (veterinär) in den U. und anderen Ländern. Er geht selbstverständlich davon aus, dass die Antragstellerin auch zum Vertrieb des B.L. im Veterinärbereich berechtigt ist. Dies wird gestützt durch den Inhalt der e-Mail des Vorstandsmitglieds W. vom 22.06.2003 an die Antragstellerin (Bl. 477, 480 GA). Darin wird der Produktvertrieb im Veterinär-Bereich thematisiert, aber nicht in dem Sinne, dass diese Produkte gar nicht Vertragsgegenstand seien, sondern dass zum jetzigen Zeitpunkt keine solidem wissenschaftliche Fundierung für eine Vermarktung vorlägen.

2.

Ebenso wie der weltweite Alleinvertriebsvertrag vom 22.05.2001 ist auch der auf die U. beschränkte Alleinvertriebsvertrag vom 27.09.2001 unberechtigterweise fristlos gekündigt worden. Weder die mit Schreiben vom 04.03.2005 erklärte fristlose Kündigung, noch die während des laufenden Berufungsverfahrens mit anwaltlichem Schreiben vom 21.02.2006 ausgesprochene fristlose Kündigung führen zur Beendigung des Vertrages.

a.

Der Alleinvertriebsvertrag vom 27.09.2001 ist nicht durch die mit Schreiben der O. I. GmbH vom 04.03.2005 erklärte fristlose Kündigung beendet worden. Die in § 314 BGB geregelten Voraussetzungen für eine wirksame fristlose Kündigung sind nicht erfüllt.

aa.

Soweit die O. I. GmbH die fristlose Kündigung darauf stützt, dass die Antragstellerin ihre vertragliche Verpflichtung zur Einholung der für den Vertrieb in den U. erforderlichen behördlichen Genehmigung (FDA-Zulassung) nicht erfüllt hat, ist bereits zweifelhaft, ob die - unstreitige - Tatsache, dass auch die zweite bei der C. eingereichte 510(k)-Anzeige mangels Erfolgsaussichten zurückgenommen werden musste, überhaupt ein wichtiger Grund zur Kündigung darstellt. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin auf diese Weise die FDA-Zulassung bewusst verschleppt und zögerlich behandelt hat, so wie die Antragsgegnern behauptet, sind nicht vorhanden. Die Antragstellerin ist dem Vorbringen der Antragsgegnerin vielmehr dezidiert entgegengetreten und hat durch Vorlage eidesstattlicher Versicherungen der Herren P. und M. (Bl. 698-702, 706 ff., 711 GA) vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass es nachvollziehbare Gründe dafür gegeben hat, auch die zweite 510(k)-Anzeige am 30.06.2004 wiederum bei der C. einzureichen, obwohl bereits der erste dort eingereichte Antrag am 01.10.2003 zurückgenommen werden musste, weil nach Ansicht der C. das angezeigte O. Produkt von der C. geprüft werden müsse. Herr M., der ab Dezember 2003 für die Antragstellerin tätig war, hatte bereits für ein mit O. vergleichbares Produkt (S.) erfolgreich eine Freigabe durch eine 510(k)-Anzeige bei der C. erwirkt und war der Ansicht, dass ein erneuter Versuch erfolgsversprechend sein könnte.

Dessen ungeachtet wäre aber selbst bei Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäss § 314 Abs. 2 BGB ein Abmahnung des als pflichtwidrig beanstandeten Verhaltens erforderlich gewesen, die unstreitig jedoch nicht erfolgt ist. Überdies ist die Kündigung nicht innerhalb angemessener Frist gemäss § 314 Abs. 3 BGB erklärt worden. Unstreitig hatte die Antragstellerin ihrer Vertragspartnerin im November 2004 mitgeteilt, dass auch der zweite Zulassungsantrag zurückgenommen werden musste. Ein Zuwarten von mehr als drei Monaten bis zum Ausspruch der fristlosen Kündigung ist indes nicht mehr angemessen.

bb.

Auch die mit Schreiben vom 15.04.2005 nachgeschobenen weiteren Kündigungsgründe rechtfertigen eine fristlose Kündigung des Vertrages vom 27.09.2001 nicht.

Ein Verstoß gegen das in Ziff. 1.2 i.V.m. Ziff. 5.2 vereinbarte Wettbewerbsverbot ist der Antragstellerin nicht anzulasten. Die von der Antragstellerin vertriebenen mechanischen Instrumente (Lavage Instrumente, arthroskopische Instrumente, Umstellungsplatten und Schulterendoprothese) sind nicht als Vertragserzeugnisse anzusehen, "die die gleiche oder ähnliche medizinische Indikation wie die B.L. haben". Zwar kommen sie auch im Zusammenhang mit einer Arthrosebehandlung zum Einsatz. Den mechanischen Instrumenten kommt aber selbst keine therapeutische Wirkung zu, so wie es bei der Herstellung und Injizierung eines Eigenblutserums der Fall ist.

Soweit die O. I. GmbH im übrigen geltend macht, die Antragstellerin habe auf ihr Schreiben vom 11.03.2005 nicht reagiert und Unterlagen des 2. Zulassungsantrages entgegen ihrer vorherigen Zusage nicht übersandt, kann hierauf die fristlose Kündigung vom 04.03.2005 schon deshalb nicht gestützt werden, weil diese Verhalten zeitlich nach Ausspruch der Kündigung liegt.

b.

Das Schreiben vom 15.04.2005 kann auch nicht gemäß Ziff. 8.2 des Vertrages als ordentliche Kündigung zum 31.12.2006 verstanden werden. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Schreibens vom 15.04.2005 (dort letzter Absatz) soll für den Fall, dass die außerordentliche Kündigung vom 04.03.2005 unwirksam sein sollte, dieses Schreiben als Abmahnung und damit nicht als ordentliche Kündigung verstanden werden.

c.

Der Alleinvertriebsvertrag vom 27.09.2001 ist schließlich nicht durch die mit anwaltlichem Schreiben vom 21.02.2006 erklärte außerordentliche Kündigung beendet worden. Auch insoweit sind die Voraussetzungen einer wirksamen fristlosen Kündigung nicht erfüllt.

aa.

Ein wichtiger Grund zur Kündigung wird nicht dadurch begründet, dass die Antragstellerin im Rahmen des Berufungsverfahrens durch ihren Prozessbevollmächtigten hat vortragen lassen, die O.-Spritze habe sich als "Produkt der Scharlatanerie" erwiesen und, dass zwei renommierte Orthopäden auf Befragen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin die E.-Spritze als "Bullshit" bezeichnet hätten.

Diese Äußerungen machen unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der O. I. GmbH die Fortsetzung des Alleinvertriebsvertrages nicht unzumutbar. Zwar steht ein widerrechtlicher Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragsgegnerin durch rufschädigende Äußerungen über die Qualität der von ihr hergestellten O. Produkte in Rede. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Antragstellerin selbst die E.-Spritze nicht als "Bullshit" bezeichnet hat. Vielmehr handelt es sich um die Erklärung Dritter, die von dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin nach der E.-Spritze befragt worden sind. Zuzurechnen ist der Antragstellerin allerdings die Meinungsäußerung, die O.-Spritze habe sich als "Produkt der Scharlatanerie" erwiesen. Jedoch ist die in Rede stehenden Äußerungen nicht im Geschäftsverkehr gegenüber Konkurrenten oder potentiellen Verwendern der O.-Spritze, sondern im Rahmen des hiesigen Rechtsstreits getätigt worden, in dem nicht zuletzt auch deshalb intensiv gegensätzliche Meinungen und Standpunkte ausgetauscht werden, weil die früher freundschaftlich miteinander verbundenen Prozessparteien nunmehr über das wechselseitige Verhalten und die wirtschaftliche Entwicklung der Produkte enttäuscht sind. Im Hinblick auf diese konkrete Situation ist die in Rede stehende Meinungsäußerung nicht als so gravierend einzustufen, dass eine weitere Zusammenarbeit zwischen der Antragstellerin und der O. I. GmbH und damit eine Fortsetzung des Vertrages unzumutbar ist.

bb.

Darüber hinaus stützt die O. I. GmbH ihr Kündigung vom 21.02.1006 auch darauf, dass sich die Antragstellerin beharrlich weigert, ihr die Unterlagen bezüglich des zweiten FDA-Zulassungsverfahrens herauszugeben. Es bedarf keiner Entscheidung, ob das Verhalten der Antragstellerin pflichtwidrig ist und zu einer fristlosen Kündigung berechtigt. Jedenfalls ist die Kündigung nicht innerhalb einer angemessenen Frist, nachdem die O. I. GmbH Kenntnis von der verweigerten Herausgabe der Unterlagen erlangt hat, gekündigt worden (§ 314 Abs. 3 BGB). Sie hat die Antragstellerin bereits mit Schreiben vom 11.03.2005 unter Fristsetzung bis zum 18.03.2005 zur Herausgabe der Unterlagen aufgefordert. Dieses Verhalten hat sie in ihrem weiteren Schreiben vom 15.04.2005 unter Ziffer 3 erneut angemahnt. Obwohl die Antragstellerin hierauf geantwortet und eine Herausgabe der Unterlagen endgültig verweigert hat (Bl. 155 GA), hat die O. I. GmbH mehr als zehn Monate zugewartet, um auf dieses Verhalten gestützt die fristlose Kündigung des Vertrages zu erklären. Diese Zeitspanne kann nicht mehr als angemessen im Sinne von § 314 Abs. 3 BGB angesehen werden.

II. Verfügungsgrund

Hinsichtlich des Verfügungsgrundes kann auf die obigen Ausführungen zu dem Verfügungsantrag zu 1 verwiesen werden.

Verfügungsantrag zu 3) a) und b)

Auch bezüglich des Verfügungsantrags zu 3 hat die Antragstellerin einen aus §§ 826 i.V.m. 1004 BGB folgenden Verfügungsanspruch und einen Verfügungsgrund dargetan und glaubhaft gemacht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die obigen Ausführungen und die Ausführungen in den Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Soweit in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 28.03.2006 neuer Tatsachenvortrag enthalten ist, konnte dieser gemäß § 296 a ZPO keine Berücksichtigung mehr finden. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung kam nicht in Betracht (§ 156 Abs. 1 ZPO) und war auch gemäß § 156 Abs. 2 ZPO nicht geboten.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Wert des Berufungsverfahrens: 500.000 €.

B. K. Dr. M.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 13.04.2006
Az: VI-U (Kart) 19/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/059dc2d648f9/OLG-Duesseldorf_Urteil_vom_13-April-2006_Az_VI-U-Kart-19-05


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