Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Dezember 2002
Aktenzeichen: 7 W (pat) 21/02

(BPatG: Beschluss v. 04.12.2002, Az.: 7 W (pat) 21/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Beschwerde der Einsprechenden wird vom Bundespatentgericht zurückgewiesen. Die Beschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, in dem das fragliche Patent nach einer Prüfung des Einspruchs in vollem Umfang aufrechterhalten wurde. Im Einspruchsverfahren hat die Einsprechende verschiedene Druckschriften zu Stand der Technik genannt. Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht wurden zusätzlich weitere Druckschriften genannt. Die Einsprechende behauptet, dass die Erfindung des fraglichen Patents keine patentfähige Erfindung sei, da sie nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Die Patentinhaberin dagegen beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent in der erteilten Fassung oder in beschränkter Form aufrechtzuerhalten. Das Bundespatentgericht kommt zu dem Schluss, dass der Gegenstand des fraglichen Patents eine patentfähige Erfindung darstellt. Es stellt fest, dass die Bedienungseinrichtung, wie sie in Anspruch 1 des Patents beschrieben ist, sich von den in den genannten Druckschriften offenbarten Erfindungen unterscheidet. Das Bundespatentgericht erkennt an, dass die Patentinhaberin eine erfinderische Tätigkeit geleitet hat. Das Patent bleibt daher in vollem Umfang bestehen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 04.12.2002, Az: 7 W (pat) 21/02


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Beschwerde der Einsprechenden ist gegen den Beschluß der Patentabteilung 34 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Dezember 2001 gerichtet, mit dem das Patent 44 35 931 nach Prüfung des auf den Einspruchsgrund der fehlenden Patentfähigkeit gestützten Einspruchs in vollem Umfang aufrechterhalten worden ist.

Im Einspruchsverfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat die Einsprechende zum Stand der Technik folgende Druckschriften genannt:

deutsche Gebrauchsmusterschrift 94 00 564, deutsche Offenlegungsschrift 42 29 731, Alfred Goldbacher, EDV-Chinesisch kommt aus der Mode, Elektronik 5/91, Seiten 58 bis 60, Druckschrift der Firma Andromeda, Infrarot-Daten-Kommunikation - Information, immer am richtigen Ort.

Im Verfahren vor dem Bundespatentgericht hat die Einsprechende zusätzlich noch auf folgende Druckschriften hingewiesen:

deutsche Offenlegungsschrift 35 31 842, deutsche Offenlegungsschrift 39 27 234, deutsche Offenlegungsschrift 40 39 562.

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung Unterlagen gemäß Hilfsanträgen I, II und III vorgelegt.

Die Einsprechende macht geltend, daß der Gegenstand des angefochtenen Patents - auch in den hilfsweise verteidigten Fassungen - keine patentfähige Erfindung darstelle, da er nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe. Sie beantragt, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und das Patent aufrechtzuerhalten in der erteilten Fassung (Hauptantrag), hilfsweise beschränkt aufrechtzuerhalten mit den jeweils am 4. Dezember 2002 überreichten Patentansprüchen mit Beschreibung gemäß Hilfsanträgen I bis III.

Sie vertritt die Auffassung, daß der Patentgegenstand, zumindest in einer der hilfsweise verteidigten Fassungen, neu sei und auch auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhe.

Der Patentanspruch 1 des angefochtenen Patents lautet:

"Bedienungseinrichtung für ein Gargerät mit einer im Gargerät eingebetteten Steuerung für die Regelung von Garprozessen, deren verschiedene Parameter durch Betätigungselemente am Gargerät einstellbar sind, mit einem tragbaren Handprogrammiergerät für die Erstellung und Speicherung verschiedener Gar-, Diagnose- und Bedienprogramme und für die drahtlose Übertragung derselben auf die Steuerung des Gargerätes, wobei das Handprogrammiergerät eine Klartextanzeige sowie Bedienerführung aufweist."

Laut Beschreibung (Sp 1 Z 55 bis 60) soll die Aufgabe gelöst werden, eine Bedienungseinrichtung für ein Gargerät zu schaffen, mit deren Hilfe jedes beliebige Gar-, Diagnose- und Bedienungsprogramm in einfacher Weise vor Ort, unabhängig von dem Gargerät, also außerhalb dessen Steuerung, erstellt und auf die Steuerung des Gargerätes übertragbar ist.

Die Ansprüche 2 bis 5 sind auf Merkmale gerichtet, mit denen die Bedienungseinrichtung nach Anspruch 1 weiter ausgebildet werden soll.

Zum Wortlaut der Patentansprüche gemäß den Hilfsanträgen wird auf die Akten verwiesen.

II Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht gerechtfertigt.

Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt eine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis § 5 dar.

In der deutschen Offenlegungsschrift 42 29 731 ist beschrieben, daß die Betätigungs- und Steuerelektronik für ein Haushaltsgerät, zB für einen Küchenherd, in einem Gehäuse eingebaut ist, das vom Haushaltsgerät trennbar und an beliebiger Stelle einer Einbauküche eingebaut werden kann. Das Einbaugehäuse weist ein Bedienungsfeld und ggf auch ein Anzeigefeld auf. Alternativ oder zusätzlich kann die Betätigungs- und Steuerelektronik auch über eine Infrarot-Fernbedienung schaltbar sein (Ansprüche 5 und 9). Ein Tastenfeld an der Vorrichtung und/oder an der Fernbedienung dient dabei zum Eintasten von Programmabläufen für das Haushaltsgerät. Für den Fachmann, als welcher hier ein Ingenieur des Maschinenbaus mit Erfahrungen auf dem Gebiet der Bedienungs- und Steuereinrichtungen für Haushaltsgeräte, insbesondere Gargeräte, anzusehen ist, liegt es auf der Hand, daß in der Betätigungs- und Steuerelektronik ein Speicher für die Speicherung der eingetasteten Programmabläufe vorhanden sein muß. Die Infrarot-Fernbedienung enthält dagegen keinen Speicher. Sie weist lediglich ein Tastenfeld und ggf ein Anzeigefeld auf. Sie ermöglicht keine zusätzlichen Funktionen, sondern lediglich die Bedienung des Haushaltsgeräts aus einiger Entfernung, wobei aber auf jeden Fall ein Sichtkontakt zwischen der Fernbedienung und einem Infrarotsensor an der Betätigungs- und Steuerelektronik vorhanden sein muß.

Von diesem Stand der Technik unterscheidet sich die Bedienungseinrichtung nach Anspruch 1 des angefochtenen Patents dadurch, daß das Handprogrammiergerät zur Erstellung und Speicherung von Programmen für das Gargerät und zur drahtlosen Übertragung dieser Programme an das Gargerät ausgebildet ist. Bei der Erstellung der Programme braucht kein Sichtkontakt und auch keine andere Kommunikationsmöglichkeit zwischen dem Handprogrammiergerät und dem Gargerät zu bestehen.

In der deutschen Gebrauchsmusterschrift 94 00 564 ist beschrieben, daß ein Gargerät mit einem Speicher zur Speicherung von Garprogrammen ausgestattet ist, der eine Leseeinrichtung zum Einlesen von Garprogrammen von einem externen Datenträger aufweist. Hierdurch soll eine einfache Programmumstellung ohne großen baulichen Aufwand und Hilfe eines Service-Technikers ermöglicht werden (S 3 Abs 1 und 2). Das Gargerät weist Betätigungselemente, zB Tasten, zur Auswahl verschiedener Programme auf. Eine Einstellung von Parametern des Garprozesses oder eine Programmierung ist weder am Gargerät noch am Datenträger vorgesehen. Es ist auch nicht angegeben, wo und wie die auf dem Datenträger gespeicherten Programme erstellt werden. Ein Handprogrammiergerät für die Erstellung und Speicherung von Garprogrammen und für die drahtlose Übertragung auf die Steuerung des Gargerätes wie beim Gegenstand des angefochtenen Patents ist nicht offenbart.

Eine Bedienungseinrichtung für ein Gargerät mit einem Handprogrammiergerät ist auch in keiner der übrigen zum Stand der Technik aufgezeigten Druckschriften offenbart. Bei dem Handheld-Computer "AndroCom", der in "EDV-Chinesisch kommt aus der Mode" und in der Andromeda-Druckschrift beschrieben ist, handelt es sich um einen tragbaren Computer mit einer tastenlosen Bedienoberfläche ("der intelligente Schreibblock"), der Daten und Kommandos drahtlos mit anderen Datenverarbeitungskomponenten austauscht. Die deutschen Offenlegungsschriften 35 31 842, 39 27 234 und 40 39 562 betreffen Bedienerführungen für Datenverarbeitungsprogramme und -geräte.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist auch das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Eine Fernbedienung hat typischerweise keine eigene Funktionen, sondern soll die Bedienung eines Geräts ermöglichen, ohne daß die Bedienungsperson sich zum Gerät begibt. Mit der Fernbedienung verbindet der Fachmann somit die Vorstellung, daß sie lediglich eine gewisse räumliche Unabhängigkeit bei der Bedienung ermöglicht. Wenn in der deutschen Offenlegungsschrift 42 29 731 vom Eintasten von Programmabläufen über das Tastenfeld der Fernbedienung die Rede ist, denkt der Fachmann dabei nur an eine räumliche Trennung des Tastenfeldes von dem zu programmierenden Gerät, wobei aber die Erstellung und Speicherung von Programmen in dem Gerät selbst erfolgt. Da die Druckschrift die Steuerung von Haushaltsgeräten betrifft, dh eine Umgebung, in der üblicherweise nur ein Gargerät einer bestimmten Art, zB ein Backofen, vorhanden ist, gibt die Druckschrift auch keine Veranlassung eine externe Programmierung vorzusehen, die auf einfache Weise an verschiedene Gargeräte übertragbar ist.

Durch das Einlesen von Programmen von einem externen Datenträger gemäß der deutschen Gebrauchmusterschrift 94 00 564 soll ein aufwendiger, durch einen Service-Techniker vorzunehmender Umbau des Gargerätes vermieden werden. Die Datenträger können zB von einer Zentrale per Post oder durch Auslieferungsfahrer an die Filialen überbracht werden. Eine Anregung, zur Programmierung ein Handprogrammiergerät im Sinne des Streitpatentes zu verwenden, resultiert daraus nicht.

Da die Problemlösungen nach den beiden vorgenannten Druckschriften sehr unterschiedlich sind - einerseits die Steigerung des Bedienungskomforts im Haushalt und andererseits die Vereinfachung und Verbilligung der Umprogrammierung von Gargeräten im Gewerbe - resultiert auch aus der Zusammenschau dieser Druckschriften kein Vorbild für die Lehre des angefochtenen Patents.

Die übrigen Druckschriften liegen noch weiter ab und haben auch in der mündlichen Verhandlung keine Rolle mehr gespielt. Diese Druckschriften stellen die Erfindungsqualität des Gegenstands des angefochtenen Patents ebenfalls nicht in Frage.

Das angefochtene Patent hat somit in vollem Umfang Bestand. Bei dieser Sachlage braucht auf die Ansprüche gemäß den Hilfsanträgen nicht eingegangen zu werden.

Dr. Schnegg Eberhard Dr. Pösentrup Frühauf Fa






BPatG:
Beschluss v. 04.12.2002
Az: 7 W (pat) 21/02


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