Landgericht Köln:
Urteil vom 24. Juli 2014
Aktenzeichen: 81 O 41/14

(LG Köln: Urteil v. 24.07.2014, Az.: 81 O 41/14)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Köln hat in einem Urteil vom 24. Juli 2014 (Aktenzeichen 81 O 41/14) eine einstweilige Verfügung bestätigt, die von der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin beantragt wurde. Die Antragstellerin ist ein Unternehmen, das ein Kabelnetz in Nordrhein-Westfalen betreibt, während die Antragsgegnerin bundesweit Telekommunikationsnetze betreibt. Die Beteiligten sind auch Konkurrenten im Bereich der Telekommunikationsdienstleistungen. Die Antragstellerin hat die Antragsgegnerin auf Unterlassung der Verbreitung eines Werbevideos verklagt, da sie irreführende Aussagen in dem Video festgestellt hat.

Der Hintergrund der Werbung der Antragsgegnerin ist eine Veränderung ihrer Strategie. Ursprünglich hatte die Antragsgegnerin die Absicht, ihr Glasfasernetz bis zu den Hausanschlüssen zu führen, möchte aber nun die Glasfasertechnik so nah wie möglich an die Häuser heranführen und dann auf Kupferdrahtverbindungen bis zu den Hausanschlüssen setzen, um den Aufwand für die Hausanschlüsse zu minimieren. Um die Datenübertragungsrate zu verbessern, wird die sogenannte Vectoring-Technik eingesetzt, die Interferenzen zwischen benachbarten Kupferleitungen verringert und die Übertragungsrate nahezu verdoppelt. Die tatsächlich erzielbare Übertragungsrate hängt jedoch von verschiedenen Faktoren ab.

Die Antragstellerin bietet in ihrem Kabelnetz Anschlüsse mit Übertragungsraten von bis zu 150 MBit/s im Download an. Die Antragsgegnerin bietet ebenfalls Produkte an, die höhere Übertragungsraten im Glasfaserbereich und im LTE-Bereich ermöglichen. Die Antragstellerin hat das Werbevideo der Antragsgegnerin aus drei Gründen beanstandet und erfolgreich eine einstweilige Verfügung erwirkt, die die Verbreitung des Videos verbietet.

Die Antragsgegnerin hat gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt, jedoch hat das Landgericht Köln diesen Widerspruch unter Zurückweisung der Argumente der Antragsgegnerin bestätigt. Das Gericht hat dabei festgestellt, dass das Video tatsächlich irreführende Werbeaussagen enthält und eine Irreführung der Verbraucher dahingehend vorliegt, dass durch den Einsatz der Vectoring-Technik eine stabile Übertragungsrate von 100 MBit/s im Download und 40 MBit/s im Upload erreicht werden könne. Das Gericht hat außerdem geurteilt, dass die weiteren Beanstandungen der Antragstellerin keine Wettbewerbsverstöße darstellen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Die Entscheidung des Gerichts ist vorläufig vollstreckbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Köln: Urteil v. 24.07.2014, Az: 81 O 41/14


Tenor

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 28.4.2014 - 81 O 41/14 - wird unter Zurückweisung des Widerspruchs der Antragsgegnerin bestätigt.

Die weiteren Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin auf Unterlassung der Verbreitung eines Werbevideos wegen irreführender Äußerungen in Anspruch.

Die Beteiligten sind gerichtsbekannt. Die Antragstellerin betreibt in Nordrhein-Westfalen ein Kabelnetz, die Antragsgegnerin betreibt bundesweit Telekommunikationsnetze, die Beteiligten sind zudem Mitbewerber bei dem Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen.

Die Antragsgegnerin warb im Internet mit einem Video, wie in dem Story-Board in der einstweiligen Verfügung wiedergegeben. Die Beteiligten streiten, ob das Video beanstandenswerte Werbebotschaften enthält.

Hintergrund der Bewerbung durch die Antragsgegnerin ist ein Strategiewechsel. Während die Antragsgegnerin zunächst die in nur geringem Umfang realisierte Absicht verfolgte, ihr Glasfasernetz bis zu den Hausanschlüssen zu führen, beabsichtigt sie künftig, die Glasfasertechnik möglichst in die Nähe der Häuser zu führen. Sodann bleibt es zur Vermeidung des mit den Hausanschlüssen verbundenen hohen Aufwands bei den Kupferdrahtverbindungen bis zu den Hausanschlüssen. Zur Verbesserung der Datenübertragungsrate wird die sog. Vectoring-Technik eingesetzt, die Interferenzen zwischen benachbarten Kupferleitungen vermindert und hierdurch die Übertragungsrate deutlich verbessert, nahezu verdoppelt. Die jeweils zu erzielende Übertragungsrate hängt auch bei Einsatz der Vectoring-Technik zudem von verschiedenen Umständen ab, so etwa von der Länge der Kupferzuleitung, von der Anzahl der angeschlossenen Benutzer sowie von der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Servers.

Die Antragstellerin bietet in ihrem Kabelnetz Anschlüsse mit Übertragungsraten bis zu 150 MBit/s im Download an. Die Antragsgegnerin bietet ebenfalls Produkte an, die höhere Übertragungsraten im Glasfaserbereich mit bis zu 200 MBit/s und im LTE-Bereich mit bis zu 150 MBit/s im Download ermöglichen.

Die Antragstellerin, die den Spot unter drei Gesichtspunkten beanstandet, erwirkte nach erfolgloser Abmahnung die nachstehend wiedergegebene, auf die erste Beanstandung beschränkte einstweilige Verfügung:

Landgericht Köln

BESCHLUSS

81 O 41/14

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

der W GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer,

Antragstellerin,

- Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwälte T in Köln -

gegen

die U GmbH, vertreten durch die Geschäftsführer

Antragsgegnerin,

hat die Antragstellerin die Voraussetzungen für die nachstehende einstweilige Verfügung glaubhaft gemacht durch Vorlage von Internet-Ausdrucken, einer CD sowie sonstiger Unterlagen.

Die vorgerichtliche Korrespondenz hat vorgelegen.

Auf Antrag der Antragstellerin wird gemäß §§ 3, 5, 8, 12, 14 UWG sowie §§ 91, 890, 936 ff., 944 ZPO - und zwar nur wegen der rechtlichen Begründung zu B. I 1 der Antragsschrift - im Wege der einstweiligen Verfügung und zwar wegen der Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung und durch den Vorsitzenden anstelle des Prozessgerichts Folgendes angeordnet:

1. Die Antragsgegnerin hat es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,-, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

geschäftlich handelnd mit dem Video zu werben und/oder werben zu lassen, das durch das nachstehend wiedergegebene "Storyboard" gekennzeichnet ist:

2. Der Antragsgegnerin ist eine anwaltlich beglaubigte Abschrift der Antragsschrift mit Anlagen zu Informationszwecken zuzustellen.

3. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

4. Die Beschränkung auf eine Beanstandung der Antragsbegründung enthält keine teilweise Abweisung des Antrags, da der Antrag auf die konkrete Verletzungsform gerichtet ist (BGH, Urteile vom 30.6.2011 - I ZR 157/10 - Branchenbuch Berg - und vom 13.9.2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser).

5. Streitwert: 50.000,00 €

6. Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen diesen Beschluss kann durch die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt werden. Dieser ist bei dem Landgericht Köln, Luxemburger Straße 101, 50939 Köln, durch einen bei dem Landgericht zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen und soll begründet sein.

Landgericht Köln, den 28.04.2014

1. Kammer für Handelssachen

Der Vorsitzende

--------------------

Gegen diese einstweilige Verfügung wendet sich die Antragsgegnerin mit dem Widerspruch. Die Antragstellerin verteidigt die einstweilige Verfügung.

Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass der Spot unter drei Gesichtspunkten zu beanstanden sei.

Zunächst werde über die Geschwindigkeit von VDSL 2-Anschlüssen bei Vectoring im eigenen Netz irregeführt. Dies geschehe dadurch, dass die Werbebotschaft laute, die Geschwindigkeit verdoppele sich generell und durchgängig auf 100 MBit/s.

Dies ergebe sich aus den - unstreitigen - Begleittexten, zunächst bei Sekunde 27:

"Und auch die Geschwindigkeit wird dank Vectoring deutlich höher."

Der parallel eingeblendete Geschwindigkeitsmesser pendelt sich von 50 bei 100 MBit/s ein.

Bei Minute 1:11 heiße es sodann:

"Beim Herunterladen verdoppelt sich die Geschwindigkeit im VDSL-Netz von max. 50 MBit/s auf 100 MBit/s. Beim Heraufladen vervierfacht sich die Geschwindigkeit sogar: Von 10 auf 40 MBit/s."

Soweit hier von maximal gesprochen werde, beziehe sich das sprachlich nur auf den Wert von 50 MBit/s, nicht aber auf die Erhöhung auf 100 MBit/s. Hierdurch werde der Eindruck erweckt, es könne künftig eine durchgehende Bandbreite von 100 MBit/s im Download und 40 MBit/s im Upload erzielt werden.

Zu beanstanden sei die weitere Botschaft über die erreichbare maximale Geschwindigkeit bei Internetanschlüssen im Allgemeinen. Es werde nämlich der Eindruck erzeugt, die erreichbare maximale Geschwindigkeit bei Internetanschlüssen betrage generell 100 MBit/s. Dies ergebe sich aus einem Zusammenspiel von verschiedenen Aussagen, nämlich Minute 2:41: "topmodernen Infrastruktur", Minute 2:33: "schnelles Internet" für Haushalte außerhalb des Versorgungsgebiets "unerreichbar", Minute 1:02: erst durch Vectoring würden "höhere Übertragungsgeschwindigkeiten möglich". Hinzu komme die bereits zitierte Aussage bei Sekunde 27, die Geschwindigkeit durch Vectoring werde deutlich höher. Dies zusammen begründe die Annahme, es werde eine technisch überhaupt realisierbare maximale Höchstgeschwindigkeit von 100 MBit/s erzielt.

Die dritte Beanstandung betrifft die Irreführung über schnelles Internet als Verdienst der Vectoring-Technologie bezogen auf die Aussage bei Minute 2:25:

"Die Multifunktionsgehäuse müssen so über das Ausbaugebiet verteilt werden, dass jeder Nutzer einen schnellen Internetanschluss bekommen kann. Sonst würde im Ausbaugebiet ein Loch entstehen und schnelles Internet für mehrere 100 Familien und Unternehmen blieben unerreichbar."

Hinzu komme die Aussage bei Minute 1:40:

"Die anderen Anbieter können Netzkapazitäten kaufen und ihren Kunden so ebenfalls schnellere Anschlüsse bieten."

Hierdurch werde der Eindruck erzeugt, der von der Antragsgegnerin betriebene Netzausbau sei eine Grundvoraussetzung für schnelles Internet.

Die Bewerbung der Vectoring-Technologie der Antragsgegnerin sei deshalb irreführend, weil der Ausbau einen gegenüber der Glasfasertechnik technisch veralteten Standard betreffe. Die von der Antragstellerin genutzte Glasfasertechnik sei überlegen, was in der beanstandeten Bewerbung nicht zum Ausdruck komme.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 28.4.2014 zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 28.4.2014 aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin weist darauf hin, auch die Antragstellerin könne nicht in ihrem gesamten Netz Downloadgeschwindigkeiten von bis zu 150 MBit/s anbieten, da sie ebenfalls von Beeinflussungen des Netzes betroffen sei.

Soweit die Antragstellerin das konkrete Video angegriffen habe, müsse berücksichtigt werden, dass dieses nur über mehrere Links zu erreichen sei. Das Video selbst sei in eine Seite eingebettet, die die Vectoring-Technologie erkläre und in diesem Zusammenhang darauf hinweise, dass die maximale Datenübertragungsrate von 50 auf 100 MBit/s erhöht werden solle. Die Werbeaussage des Videos sei in diesem Zusammenhang zu würdigen. Der Antragstellerin sei bei ihren Beanstandungen vorzuhalten, dass diese das Video in verschiedene Werbeaussagen zergliedere und teilweise die Reihenfolge der Wiedergabe und damit den Sinnzusammenhang abändere. Im Zusammenhang sei die Werbeaussage nicht zu beanstanden. Auch bei isolierter Kenntnisnahme des Videos gehe der Verbraucher nicht davon aus, dass die Vectoring-Technik zu einer stabilen Übertragungsrate von 100 MBit/s im Download und 40 MBit/s im Upload führe. Sprachlich könne die beanstandete Äußerung auch dahin verstanden werden, dass sich der Begriff maximal auch auf die durch die Vectoring-Technik erzielbaren Werte beziehe. Die Geschwindigkeitsanzeiger würden ebenfalls nicht für eine bestimmte Datenübertragungsgeschwindigkeit stehen, da die Zeiger nach dem Story-Board "pendeln" und damit gerade keinen stabilen Wert signalisieren würden.

Ein Anspruch im Hinblick auf die zweite Beanstandung sei nicht berechtigt. Es werde gerade keine Aussage zu anderen Technologien oder Mitbewerbern getroffen. Die Antragsgegnerin bewerbe selbst - unstreitig - einzelne Produkte im Glasfaserbereich mit bis zu 200 MBit/s und im LTE-Bereich mit bis zu 150 MBit/s.

Auch die dritte Beanstandung sei unberechtigt. Der Spot könne nicht dahin verstanden werden, dass schnelles Internet allein Verdienst der Vectoring-Technologie sei.

Die Kammer hat sowohl in der Beratung als auch nochmals durch Vorspielen durch den Antragstellervertreter im Termin das Video in Augenschein genommen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen, der statthafte Widerspruch ist nicht begründet.

1.

Bezogen auf die erste Beanstandung der Antragstellerin ist die Annahme einer irreführenden Werbung (§§ 3, 5, 8 UWG) berechtigt.

a.

Im Gesamtbild erweckt das Werbevideo den unrichtigen und damit irreführenden Eindruck, durch Einsatz der Vectoring-Technik werde eine stabile Übertragungsrate von 100 MBit/s im Download und von 40 MBit/s im Upload erreicht. Das trifft unstreitig nicht zu.

Auch die Antragsgegnerin räumt ein, dass verschiedene Faktoren, insbesondere die Länge der Kupferleitung und die Anzahl der zusammengefassten Verbraucheranschlüsse die Übertragungsrate deutlich vermindern kann.

Ob das auch im Netz der Antragstellerin der Fall ist, kann dahinstehen, weil es nicht um eine Bewerbung der Antragstellerin geht.

Dass die beanstandete Irreführungsgefahr bei einem nicht unerheblichen Teil der Verbraucher entstehen kann, vermögen die Kammermitglieder, die zu den betroffenen Verbrauchern gehören, aus eigener Anschauung zu beurteilen.

Maßgeblich ist hier zum einen die Aussage, die Geschwindigkeit erhöhe sich von max. 50 MBit/s auf 100 MBit/s. Sprachlich bezieht sich das "maximal" gerade nicht auf die Angabe 100. Hierdurch wird der Eindruck erweckt, dass die Vectoring-Technik über die erzielbare Verbesserung hinausgeht, indem sich die Geschwindigkeit von einer nur maximal erreichbaren Übertragungsrate auf eine stets und stabil zu erreichenden Übertragungsrate verdoppelt. Dieser unrichtige Eindruck, es werde eine stabile Übertragungsrate von 100 MBit/s erzielt, stellt eine irreführende bessere Darstellung der technischen Möglichkeiten dar. Entsprechendes gilt für die Aussage zum Upload.

Berücksichtigt man, dass die Beteiligten wegen einer Vielzahl von Wettbewerbsverstößen wechselseitig außergerichtliche und gerichtliche Beanstandungen erheben und hierbei einen engen Maßstab an die Werbeaussagen legen, kann an das Verständnis der Werbeaussage hier kein großzügiger Maßstab angelegt werden.

b.

Die Annahme der Antragsgegnerin, der Verbraucher sei daran gewöhnt, dass Angaben zu Übertragungsraten Maximalangaben seien und werde daher nicht darüber getäuscht, dass stabile Übertragungsraten erzielt werden, verkennt, dass das Video die Bewerbung einer von der Antragsgegnerin als neu beworbenen Technik betrifft. Gerade wegen der positiven Bewerbung einer neuen Technik, mit der die Verbraucher bislang keine Erfahrung haben, werden irreführende Annahmen des Verbrauchers begünstigt. Warum dieser trotz der Bewerbung davon ausgehen sollte, dass keine stabile Übertragungsrate möglich sein soll, erschließt sich ohne Hintergrundwissen gerade nicht.

c.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin ferner darauf, das Video sei eingebettet in einer Erläuterung. Zwar ist es richtig, dass auf der von der Antragsgegnerin angeführten Seite eine entsprechende Erläuterung vorhanden ist, aus der ersichtlich ist, dass auch die Übertragungsrate von 100 MBit/s ein Maximalwert ist. Allerdings ist schon nicht zwingend, dass jeder Verbraucher, der sich das Video anschaut, vorher diese schriftliche Erläuterung zur Kenntnis nimmt. Zum anderen hat die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass das Video auch andere andere Weise im Internet aufrufbar sei, also keineswegs stets nur in der Situation zur Kenntnis genommen werden konnte, wie die Antragsgegnerin vorgetragen hat. Soweit die Antragsgegnerin diesen Vortrag der Antragstellerin "nicht als unstreitig" ansieht, handelt sich nicht um substanziiertes Bestreiten. Die Antragsgegnerin dürfte sehr genaue Kenntnis über die Verfügbarkeit des Videos haben und konnte die von der Antragstellerin vorgetragenen Quellen ohne weiteres kurzfristig prüfen.

Ohne Erfolg ist der Einwand, der Vortrag weiterer Internetabrufbarkeit sei dringlichkeitsschädlich und daher nicht zu beachten. Der Antrag und die einstweilige Verfügung beziehen sich nicht auf die Wiedergabe von bloß einer Internetseite, sondern auf alle Wiedergaben. Die Antragstellerin war nicht gehalten, sämtliche Abrufbarkeiten im Internet vorzutragen, sondern konnte sich darauf beschränken, exemplarisch eine Verfügbarkeit vorzutragen. Dass damit auch sämtliche Verfügbarkeiten, ob bekannt oder unbekannt, erfasst sein sollten, beinhaltet der Vortrag.

2.

Wegen der weiteren Beanstandungen der Antragstellerin sind Wettbewerbsverstöße nicht anzunehmen.

Im Ausgangspunkt ist darauf hinzuweisen, dass die einstweilige Verfügung zwar nur bezogen auf die erste Beanstandung erlassen worden ist. Das bedeutet indes nicht, dass die weiteren Beanstandungen nicht von der Antragstellerin - wie geschehen - weiter verfolgt werden können. Da die Antragstellerin sich gegen das Werbevideo in der konkreten Verletzungsform wendet, kann sie mehrere Beanstandungen erheben, die aber keine unterschiedlichen Streitgegenstände bilden, weil sie stets auf die Unterlassung der Wiedergabe des Videos gerichtet sind. Es handelt sich damit - wie schon in der einstweiligen Verfügung angegeben - um mehrere Begründungen für einen einheitlichen Streitgegenstand (BGH, Urteile vom 30.6.2011 - I ZR 157/10 - Branchenbuch Berg - und vom 13.9.2012 - I ZR 230/11 - Biomineralwasser).

Die zweite Beanstandung der Antragstellerin ist im Gesamtzusammenhang nicht berechtigt. Soweit die Antragstellerin meint, dem Spot sei zu entnehmen, dass die maximal erreichbare Geschwindigkeit 100 MBit/s im Download betrage, bezieht sich diese Aussage nur auf die Bewerbung der Vectoring-Technik. Dem Verbraucher ist durchaus bekannt, dass es - wenn auch nur in geringem Umfang - Glasfasertechnik gibt, die bis ins Haus geführt wird. In dem Video wird auch hinreichend darüber aufgeklärt, dass bei Vectoring-Technik zuletzt Kupferleitungen eingesetzt werden. Zudem ist dem Verbraucher bekannt, dass es andere Übertragungswege (LTE-Technik) gibt. Daher kann auch im Zusammenhang das Video nicht so verstanden werden, dass 100 MBit/s das technisch erzielbare Maximum sein soll. Zu Recht weist die Antragsgegnerin im Übrigen darauf hin, dass sie selbst Produkte anbietet, die höhere Übertragungsraten aufweisen und daher auch kein Interesse an einer solchen Aussage hat.

3.

Ebenfalls ist die Annahme einer Irreführung darüber, dass schnelles Internet nur über Vectoring-Technologie zu erreichen sei, unbegründet. Wie schon dargelegt, handelt es sich um eine Bewerbung von Vectoring-Technologie und nicht um eine Bewerbung sämtlicher Technologien oder um einen entsprechenden Vergleich. Daher wird der Verbraucher die getroffenen Aussagen auch nur in Beziehung zu der Vectoring-Technologie setzen und nicht annehmen, es gebe keine anderen Technologien, die zu gleich guten oder besseren Ergebnissen führen würden.

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Streitwert: 50.000,00 €






LG Köln:
Urteil v. 24.07.2014
Az: 81 O 41/14


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/02b1a9073d07/LG-Koeln_Urteil_vom_24-Juli-2014_Az_81-O-41-14




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